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Linke - Moskaus fünfte Kolonne

In der Ukraine-Krise zeigt Die Linke ihr wahres Gesicht – als eine Partei, der die Gefolgschaft Putins wichtiger ist als das Selbstbestimmungsrecht der Bevölkerung. Mit solchen Leuten darf man in einer Demokratie keine Politik machen

Alexander Marguier

Autoreninfo

Alexander Marguier ist Chefredakteur von Cicero.

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Wozu brauchen wir in Deutschland noch das politische Kabarett, wo es doch die Linke gibt? Obwohl: So lustig ist es eigentlich gar nicht, wie diese Partei sich bei der politischen Krise in der Ukraine an Wladimir Wladimirowitsch Putin ranschmeißt. Der russische Autokrat scheint bei seinen deutschen Freunden die niedersten Instinkte zu wecken – und vielleicht zeigt die Linkspartei bei dieser Gelegenheit ja ihren wahren Kern. Nämlich den einer Ansammlung von Wirrköpfen, die mental noch immer mitten im Kalten Krieg stecken, obwohl die Welt sich seither von Grund auf verändert hat.

Jedenfalls scheint es bei vielen Linken immer noch nicht angekommen zu sein, dass Moskau keineswegs mehr für das gloriose Projekt eines globalen Sozialismus‘ steht, sondern vielmehr für dessen exaktes Gegenteil: eine eurasische Union mit neokonservativer Agenda unter der Führung einiger sich selbst bereichernder Quasi-Diktatoren. Aber all das spielt eben keine Rolle, wenn es bereits reicht, sich dem auftrumpfenden Antagonisten der Vereinigten Staaten und der Europäischen Union verzückt an die Brust zu werfen. Ganz nach dem Motto: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Dafür nimmt man dann auch gern allerlei intellektuelle Verrenkungen in Kauf.

Die linke Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke hat sich ja bekanntlich nicht entblödet, den Umsturz in der Ukraine als eine „Tragödie“ zu bezeichnen; der Ex-Diktator Janukowitsch habe in Sachen Annäherung an die EU „erst im allerletzten Moment die Reißleine“ gezogen, so Jelpkes Wortwahl in ihrem Beitrag für die Tageszeitung Junge Welt. Woraus ziemlich klar hervorgeht, dass aus Sicht dieser Frau die Assoziierung mit einem demokratischen Europa nichts anderes bedeutet hätte als eine harte Landung mit tödlichem Ausgang (zumindest, wenn man ihre Fallschirm-Metaphorik ernst nimmt).

Es kommt aber noch besser: „Brüssel seinerseits hat nicht gezögert, sich die Naivität der Maidan-Demonstranten zunutze zu machen“, so Jelpke im Originalton. Das muss man sich tatsächlich auf der Zunge zergehen lassen: eine Bundestagsabgeordnete aus Deutschland bescheinigt Menschen, die sich unter Lebensgefahr gegen eine kleptokratische Oligarchen-Marionette auflehnen, naiv zu sein. Also dumm, unreif, politisch nicht satisfaktionsfähig. Wir sollten uns nicht scheuen, diese Haltung als das zu bezeichnen, was sie ist: als linkes Herrenmenschentum der widerlichsten Art.

Unter dem Deckmantel aufrechter Empörung empfinden maßgebliche Vertreter der Linkspartei offensichtlich eine klammheimliche Freude über die Beteiligung der rechtsextremen Swoboda-Partei an der ukrainischen Übergangsregierung. Denn das ist der Basso continuo ihrer antiwestlichen Klagelieder, mit dem sie den ukrainischen Aufstand ganz im Sinne der russischen Regierung zu desavouieren und zu delegitimieren suchen.

Die Linke erklärt Swoboda eine größere Macht zu, als sie besitzt, um ihre pro-russische Position zu stärken
 

Ich habe an dieser Stelle bereits klar und deutlich gemacht, dass ein Phänomen wie Swoboda keineswegs ignoriert werden darf; bei der bevorstehenden Präsidentschaftswahl am 25. Mai wird sich denn auch zeigen, wie stark der Rückhalt von Swoboda in der ukrainischen Bevölkerung tatsächlich ist (nach derzeitigem Stand äußerst gering). Der Popanz, den die deutsche Linke wegen einer angeblich drohenden Herrschaft von Rechtsextremen aufbaut, dient jedenfalls erkennbar zu nichts anderem als der eigenen, verlogenen Selbstvergewisserung. Das ist ein Armutszeugnis, wie ich es nicht für möglich gehalten hätte.

Selbiges gilt für das „Netzwerk Friedensinitiative“, das sich darin gefällt, mit einer komplett einseitigen Pro-Russland-Haltung die diesjährigen Ostermärsche einzuläuten. Netzwerk-Geschäftsführer Manfred Stenner wörtlich: „Seit der sukzessiven Erweiterung der EU und besonders der Nato auf den vormaligen Einflussbereich Russlands wurde mutwillig versäumt, diese massiven Machtverschiebungen halbwegs fair mit russischen Interessen abzugleichen.“ Schon irgendwie komisch, wenn deutsche Pazifisten plötzlich argumentieren wie knallharte Geostrategen (selbstverständlich in der ihnen genehmen Variante). Die Frage, warum der „vormalige Einflussbereich Russlands“ mit dem russischen Einfluss offenbar nicht ganz so glücklich war, scheint solchen Links-Peacaniks nicht einmal in den Sinn zu kommen. Hauptsache, der Westen ist Schuld!

Um diese Wahnvorstellung bestätigt zu sehen, ist der Linkspartei kein Argument zu abwegig. Da lässt sich dann zum Beispiel die Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen von der regimetreuen „Stimme Russlands“ (einstmals: „Radio Moskau“) interviewen, um Janukowitschs Absetzung zu beklagen und Sätze wie diesen zum Besten zu geben: „Der Westen hat in Europa einen Regime-Change mit Beteiligung von Faschisten schon im Vorfeld unterstützt.“ Es waren übrigens Dagdelens Parteifreunde, die bei der Abstimmung auf der Krim als treudoofe Wahlbeobachter von Putins Gnaden in Erscheinung traten – Seit an Seit mit rechtsgerichteten Populisten und Neonazis aus ganz Europa. Aber das ist dann schon okay, denn es dient ja der guten Moskauer Sache. Herzlichen Glückwunsch!

Ein Schmankerl der ganz besonderen Art bot vor einigen Tagen das Handelsblatt in Form eines Gesprächs mit Sahra Wagenknecht. Auch von ihr wieder die alte Leier: Russland sei vom Westen „gedemütigt“ worden, „eine solche Politik provoziert Gegenreaktionen. Das erleben wir jetzt“. Ob die ukrainische Bevölkerung womöglich auch eine Meinung und eine eigene Vorstellung von ihrer Zukunft hat, ist Wagenknecht in diesem Zusammenhang herzlich egal. Dem Handelsblatt übrigens auch, denn kritische Nachfragen an die Frontfrau der deutschen Kapitalismuskritik bleiben selbst bei den hanebüchensten Argumenten komplett aus.

Kein Wunder, weil es den beiden Redakteuren im Sinne ihrer Leserschaft einzig darum geht, Wagenknecht ein beherztes Statement gegen Wirtschaftssanktionen zu entlocken. Ein Wunsch, den sie auch brav erfüllt: Siemens-Chef Joe Kaeser habe während seines umstrittenen Putin-Besuchs „ein sachliches Gespräch geführt, das halte ich aus seiner Interessenlage heraus durchaus für vernünftig“. Um Putin zu schonen, hält es die Linke dann zur Not eben sogar mit der Großindustrie.

Nein, diese Partei ist nicht nur nicht regierungsfähig. Als fünfte Kolonne Moskaus ist sie im Zweifel auch eine Gefahr für die Demokratie.

 

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Robert Hagen | Mo., 28. August 2017 - 19:07

Und trotz allem - und es wäre über Gysi, Wagenknecht und Co. K.G. ja noch sehr viel mehr zu sagen - verkneift es sich eine alterwürdige Partei, einen klaren, ihren Wahlkampf entkrampfenden Satz auszusprechen: kein Koalition und keine Koabitation. Angie hat es auf ihrer Seite glasklar gemacht - gibt denn, wenn die im Artikel benannten Gründe bei einigen nicht ziehen, nicht wenigstens der Erfolg recht?