
- „Die Wirkungskette ist komplexer als oft dargestellt“
Fassungslos verfolgt Deutschland die Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. Rufe nach einer strengeren Klimapolitik werden lauter. Ein Gespräch mit dem Klimaforscher Hans von Storch über die Frage, inwieweit der Klimawandel für die Überschwemmungen ursächlich ist.
Hans von Storch ist Klimaforscher, Meteorologe und ehemaliger Direktor des Helmholtz-Zentrum Geesthacht für Küstenforschung. Bis 2015 war er Professor am Institut für Meteorologie an der Universität Hamburg.
Herr von Storch, die Überschwemmungskatastrophe in Rheinland-Pfalz und NRW hat viele Menschen das Leben gekostet, viele stehen vor dem Nichts. Müssen wir uns darauf einstellen, dass so etwas häufiger passieren wird?
Das kommt ganz darauf an, was die Erklärung für diese Katastrophe ist. Zum einen wäre eine Erklärung der physikalische Anlass, also der starke Niederschlag, wenn dieser unvorbereitet stark gewesen und außerhalb des Erwartbaren gewesen wäre. Die andere Erklärung wäre ein unzureichender Katastrophenschutz. Ich erwarte, dass beide Erklärungen zusammen gültig sind.
Was ist denn Ihre Erklärung, warum es aktuell in Westdeutschland zu so heftigen Niederschlägen gekommen ist?
Die Zahlen, die wir bis jetzt haben, sind noch nicht sehr belastbar. Aber bis jetzt scheint es, dass der Niederschlag in einer solchen Heftigkeit nicht völlig außerhalb des Vorstellbaren gelegen hat. In wenigen Wochen werden die Daten belastbarer sein, und es werden Einschätzungen von wissenschaftlichen Initiativen wie der World Weather Attribution vorliegen, inwiefern die Regenfälle vom eingetretenen Klimawandel verstärkt wurden.
Das hört sich so an, als ob das noch gar nicht klar wäre, ob die Überschwemmungen im Kausalzusammenhang mit dem Klimawandel stünden.
Solche Umweltkatastrophen haben schon etwas mit dem Klimawandel zu tun. Es handelt sich aber um eine komplexere Wirkungskette, als oft dargestellt wird. In letzter Zeit werden summarisch alle extremen Ereignisse dem Klimawandel zugeschrieben.
Aber durch den Klimawandel werden solche Extremwetterlagen doch weiter verschärft?