Kita-Broschüre gegen Rassismus - Ene, mene, muh – und raus bist du

Eine von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey geförderte Broschüre zum Umgang mit Rechtspopulismus und Menschenfeindlichkeit in Kitas geht manchen zu weit. Sie fürchten gar eine Gesinnungskontrolle von Eltern. Machen Sie sich selbst ein Bild

Angesichts solcher 1001-Nacht-Märchen-Spielplätze befürchten manche Eltern Islamisierung / Screenshot aus der Broschüre
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Die Amadeu-Antonio-Stiftung hat eine Handreichung zum Umgang mit Rechtspopulismus und Menschenfeindlichkeit in Kitas herausgegeben, samt Vorwort von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey. Weil „die Kinder von heute morgen unsere demokratische Gesellschaft tragen werden“, schreibt Giffey, sei es wichtig, „die frühkindliche Bildung demokratisch zu gestalten und an Kinderrechten zu orientieren“. Das ist zunächst einmal uneingeschränkt zu begrüßen.

Nach Meinung von Gunnar Schupelius, Kolumnist bei der Boulevardzeitung BZ, gehen aber sowohl die Autoren der vom Bund geförderten Stiftungsbroschüre, als auch die Ministerin mit den Inhalten „zu weit“. Denn die erwähnten Fallbeispiele würden zeigen, wie Eltern und ihre Lebensweise fortan überprüft und korrigiert werden könnten. So werde in einem Fall etwa erklärt, wie „Kinder aus völkischen Elternhäusern“ erkannt werden könnten. In der Broschüre werden dazu Indizien beschrieben wie:

„In einer Kita fallen zwei Geschwister auf, die besonders zurückhaltend sind und wenig von zu Hause, z.B. vom Wochenende, erzählen. So verhalten sie sich im Morgenkreis zum Wochenbeginn schweigsam und passiv. Gleichzeitig gibt es keine sogenannten Disziplinprobleme, diese Kinder scheinen besonders ‚gut zu spuren‘. Außerdem sind traditionelle Geschlechterrollen in den Erziehungsstilen erkennbar: Das Mädchen trägt Kleider und Zöpfe, es wird zu Hause zu Haus- und Handarbeiten angeleitet, der Junge wird stark körperlich gefordert und gedrillt. Beide kommen häufig am Morgen in die Einrichtung, nachdem sie bereits einen 1,5-km-Lauf absolviert haben.“

Der Rat für diesen Fall lautet: „In der konkreten Situation ist es hilfreich, die Eltern zum persönlichen Gespräch in die Kita einzuladen.“

Für Schupelius geht das aus folgendem Grund zu weit: „Die Meinungsfreiheit muss uns ebenso heilig sein wie die Privatsphäre.“ Wenn man dem Staat erst einmal zugestehe, sich in dieser Weise zur Privatsphäre von Familien Zugriff zu verschaffen, dann werde eine prinzipielle Grenze überschritten. Dann könne sehr schnell wieder geschehen, was in den deutschen Diktaturen schon einmal geschah: „In der DDR und im NS-Staat wurden Kinder einer Gesinnungskontrolle unterzogen und sogar als Spitzel gegen ihre Eltern eingesetzt“, schreibt er.

Ganz im Sinne von Giffeys Vorwort schreibt Schupelius: „Erzieher sollten nach ihrer Ausbildung in der Lage sein, eigenständig und ohne staatliche Anweisung zu entscheiden, ob ein Kind durch radikale Einstellungen des Elternhauses leidet.“ Dann könnten sie das Gespräch suchen. Ihnen aber vorzugeben, welche politischen Einstellungen sie als gefährlich einzustufen haben, sei ein Eingriff, den es in einem freien Land nicht geben dürfe.

Geht Schupelius mit seinem NS- und DDR-Vergleich vielleicht auch zu weit? Machen Sie sich selbst ein Bild: Die Broschüre zum Download.

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