- Das war‘s
Die Jamaika-Sondierungen sind gescheitert. Das ist politisch richtig. Die Folgen der Grenzöffnung vom September 2015 holen Angela Merkel nun ein. Ob Neuwahlen kommen oder doch eine Große Koalition – fest steht, dass das alte Personal nicht mehr zu halten ist
Es gibt sie doch. Späte politische Gerechtigkeit. Angela Merkels Ende als Kanzlerin wird eingeläutet, obwohl ihre Abwahl im September nur eine halbe war und sie alles versucht hat, ihrem Ende zu trotzen. Aber die quälenden Versuche, aus den Resten ihrer Macht ein tragfähiges Ganzes namens Jamaika zu formen, sind an den Folgen ihres Fehlers gescheitert. Die Frage des Familiennachzugs, Knackpunkt der Sondierungen, ist die Folgewirkung ihres Flüchtlingsfehlers von vor mehr als zwei Jahren. Er hat sie jetzt eingeholt. Und das ist politisch richtig so.
Dieses „Nein“ der FDP zu einer Koalition, die sie nicht mittragen kann, wird die politische Landschaft umpflügen, auch und gerade personell. Es werden die fallen, die schon nach der Bundestagswahl hätten fallen müssen. Diese Nacht vom 19. auf den 20. November 2017 markiert das politische Ende der drei Schlüsselfiguren der Bundestagswahl: Martin Schulz, Horst Seehofer und Angela Merkel.
Merkel wird fallen
An CSU-Chef Horst Seehofer werden schon öffentlich Baumfällarbeiten vorgenommen, aufs Feinste vorgeführt heute morgen von Fraktionschef Thomas Kreuzer im Deutschlandfunk. Seehofers Hin und Her hat ein Ende, und die CSU kann mit neuem Personal bei der Landtagswahl im Herbst 2018 antreten.
Das gleiche Schicksal wird auch Angela Merkel ereilen. Auch wenn da die Baumfäller nicht so öffentlich und vor aller Augen ihre Äxte einschlagen. Wenn es zu Neuwahlen kommt und Merkel keine persönlichen Konsequenzen aus ihrer Wahlschlappe zieht plus den gescheiterten Versuchen, eine letzte übrig bleibende Koalition zu zimmern, dann wird die Wählerschaft sie fällen. Niemals wird es ein zweites Mal knapp 33 Prozent für sie geben. Und für eine schwarz-gelbe Option wird es auch dann nicht reichen, selbst wenn die FDP als Drachentöter des Monstrums namens Jamaika nach Lage der Dinge noch mehr Prozente als dieses Mal beisteuern würde. Es wird nicht reichen. Das wissen auch in der CDU alle. Also ist Merkel entweder vor der Neuwahl weg. Oder danach. Das Ergebnis ist das gleiche.
Die andere Option
Es gäbe allerdings noch eine Option jenseits von Neuwahlen, eine durchaus überlegenswerte. Und die hat mit der dritten Person zu tun, die auch fallen wird: SPD-Chef Martin Schulz. Auch die SPD weiß, dass sie mit dem Wahlverlierer der Bundestagswahl nicht mehr anzutreten braucht bei einer etwaigen Neuwahl. Und sie weiß auch, das sie sich schwer tun wird, aus dem Stand sonderlich mehr als die 20,5 Prozent bei der Bundestagswahl zu holen. Deshalb wäre es ein Gebot der Vernunft, der staatspolitischen wie der parteipolitischen, sich auf Verhandlungen über eine Große Koalition ohne Martin Schulz und Angela Merkel einzulassen. Man könnte es den „Thomas-Oppermann-Weg“ nennen, der aber wohl nicht kommen wird.
In der Nacht von Fukushima soll Angela Merkel zu einer ihrer engsten Mitarbeiterinnen zu der von ihr zuvor beschlossenen Verlängerung der Laufzeiten deutscher Kernkraftwerke gesagt haben: „Das war’s.“
Dieser Satz gilt jetzt auch für sie und ihre zwölfjährige Kanzlerschaft. Statt einer Laufzeitverlängerung steht ein abruptes Ende an.
Ein guter Tag für die Demokratie
Klar ist in jedem Fall: Von diesem Montag an wird das politische Deutschland nach dem diffusen Wahlausgang vom September mit ein paar Wochen Verzögerung eben doch komplett neu geordnet, wie es der Wahlausgang schon implizierte, auch wenn Merkel dessen Botschaft einfach ignorierte.
Dieser Montag ist ein guter Tag für die lebendige Demokratie in Deutschland.
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