
- Europa braucht verantwortliche Politik und keine Gesinnungsethik
Zwischen unregulierter Zuwanderung und inneren Sicherheitsmängeln besteht ein offensichtlicher Zusammenhang. Um den Problemen Herr zu werden, hilft vor allem die unbefangene Diskussion und freie wissenschaftliche Forschung. Ein Essay von Bassam Tibi
Darf man Migration, Flucht und Sicherheitsprobleme in einem Atemzug mit dem Terroranschlag von Barcelona am 17. August – der fünfter dieser Art nach Nizza, Berlin, London und Stockholm – nennen? Bisher galt: nein. Man darf es nicht. Nun hat der jüngste Terroranschlag in Europa veranschaulicht, wie sehr medial tabuisiert wird. Der Zusammenhang von Migration und Sicherheitsproblematik im islamischen Kontext gilt als Tabu. Aber alle zwölf Attentäter in Barcelona waren arabisch-islamische Migranten beziehungsweise Flüchtlinge. Was lernen wir daraus auch für die Islam-Konferenz, die der damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble vor vielen Jahren gründete?
Bisher sind auch alle Nachfolger Schäubles daran gescheitert, die organisierten Islam-Verbände dazu zu bringen, die Sicherheitsproblematik auf die Tagesordnung dieser Islam-Konferenz zu setzen. Diese Islam-Funktionäre behaupten immer, dieser islamistisch-djihadistische Terrorismus habe mit dem Islam nichts zu tun, und lehnen eine Diskussion über Sicherheitspolitik ab. Wer widerspricht, wird der Islamophobie bezichtigt. Selbst Muslim und Migrant, aber zugleich „Security Studies“-Experte empfehle ich, dieses Theater zu beenden.
Bei der Erörterung des Zusammenhangs von Migration und Sicherheit muss zwischen unterschiedlichen Arten der Migration differenziert werden. So besteht in Deutschland eine ungeregelte Zuwanderung von Kollektiven, die die innere Sicherheit bedroht und Kriminalität befördert, im Gegensatz zur regulierten Einwanderung in den traditionellen Immigrationsländern USA, Kanada und Australien.
Unregulierte Einwanderung
Schauen wir uns das Muster der Terroranschläge an. Ein passendes Beispiel ist der zurückliegende Anschlag in Manchester im Mai 2017, als Islamisten im Namen des Dschihad töteten, Dutzende Menschen verletzten und weitere Hunderte Zivilisten, verfemt als Ungläubige, traumatisierten. Der Haupttäter kam aus einer Familie im Flüchtlingsmilieu, begleitet von weiteren islamistischen Hintermännern.
Die Zahl der europäischen Opfer dieser Islamisten, die Zuwanderer als „unwanted migrants“ und keine Einwanderer sind, beträgt für Europa inzwischen mehrere hundert Zivilisten. Allein in Paris vor zwei Jahren waren es auf einen Schlag 130 Ermordete. Die BILD-Zeitung gibt einem islamischen Imam ein Forum, um propagandistisch und eiskalt zu behaupten, dass Muslime, die solchen Djihadismus betreiben, als Opfer reagieren und allein in Abwehr der Islamophobie handeln (BILD-Zeitung vom 28.05.2017). In vielen europäischen Medien, vor allen in den deutschen, wird der Propaganda-Slogan „Islamophobie“ hoffähig gemacht. Bei Islamisten redet man dagegen – politisch korrekt – von Personen, also reichlich undefiniert.
In diesem Artikel weiche ich vom politisch korrekten medialen Narrativ ab und spreche aus Anlass des jüngsten Barcelona-Terrors zwei Zusammenhänge an:
1. Der Zusammenhang von Zuwanderung und Sicherheit sowohl in Bezug auf religiöse Radikalisierung als auch auf Kriminalität
2. Der Zusammenhang von Anschlägen und dem Islam.
Endlich muss eine freie Diskussion und freie wissenschaftliche Forschung über diese Themen möglich sein.
Geschönte Realität
Die britische Zeitung Financial Times hat drei Tage nach dem Barcelona-Anschlag auf der Basis von Recherchen nach der Befragung von Experten den Fall wie keine andere Zeitung präzise angesprochen, der Anschlag sei „explained largely by the presence of an established migrant community […] of migrants from majority Muslim countries“ (FT vom 20. August 2017, S.3). Warum tun Migranten und gerade die Muslime unter ihnen dies gegen die Aufnahmegesellschaft, der sie dankbar sein müssten, weil sie ihnen Schutz bietet. Die FT-Recherchen ergeben diesen Befund, den ich so in keiner anderen deutschen Zeitung las. Muslimische Migranten werden ideologisiert und radikalisiert „in mosques and centers where there is self-segregation and a rejection of the values an legal order that exist in this country”. Dies stehe im Kontext einer Krise der Identität. Denn, so der Bericht weiter: „Muslims do not feel French or Spanish […] in that situation the jihadist message can be very powerful”.
In klarem Deutsch: Nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa ist es bisher, bis auf eine äußerst kleine Minderheit, nicht gelungen, Muslime in das europäische Gemeinwesen zu integrieren. In Deutschland verschließt man die Augen vor diesen Tatsachen dermaßen, dass sogar die renommierte Bertelsmann-Stiftung in einer Studie die Nachricht verbreitete, 96 Prozent der in Deutschland lebenden Muslime seien diesem Lande verbunden, also integriert. Kann eine Fehlinformation, Fälschung und Verdummung noch größer sein als diese?
Zusätzlich zu dem zugewanderten Dschihad-Terror religiös-politischer Natur kommt weiterhin die Problematik von Zuwanderung und Kriminalität. Der US-amerikanische Wall Street Journal veröffentlichte einen Bericht (Wall Street Journal vom 25. April 2017), wonach die Kriminalität in Deutschland, die allein durch Zuwanderer verübt wird, um 52 Prozent zugenommen hat. Im Jahr 2016, so der Bericht, haben Flüchtlinge allein 174.438 kriminelle Taten in Deutschland verübt; ein Jahr davor waren das „nur“ 114.238, die Tendenz steigt also. Die Kriminalität durch deutsche Bürger verringerte sich dagegen im selben Zeitraum um 3,4 Prozent. Wenn dies kein Thema für Sicherheit ist, was dann?
Zusammenhang von Einwanderung und Sicherheit
Die unbequeme und tabuisierte Frage nach dem Kontext oder dem Zusammenhang von Zuwanderung, Flüchtlingen und Sicherheitspolitik ist wissenschaftlich Gegenstand der Security Studies. Aus dieser Perspektive ist zunächst faktenmäßig festzustellen, dass im Zeitraum von 2016 bis 2017 Millionen von Flüchtlingen aus der Welt des Islam nichtidentifiziert nach Europa gekommen sind. Dies ist ein Sicherheitsrisiko, mit dem man sich auseinandersetzen muss. Europa benötigt verantwortliche Politik in Sinne von Policy, keine Gesinnungsethik und erst recht keine Flüchtlingsromantik, um mit dieser Realität einer steigenden Kriminalität und religiösen Radikalisierung umgehen zu können. Wir sollten nicht auf linksgrüne und kulturprotestantische Ideologen, sondern auf die internationale Forschung über „Migration and Security Studies“ hören und diese konsultieren.
Das Standardwerk von Myron Weiner – „The Global Migration Crisis“- ragt hervor; es enthält ein umfangreiches Kapitel über Sicherheit, worin die Unterscheidung zwischen „wanted migrants“ (erwünschte Einwanderer, die das Land wirtschaftlich benötigt) und „unwanted migrants“ (unerwünschte Flüchtlinge und illegale Zuwanderer, die nicht nur eine wirtschaftliche Belastung sind, sondern auch Kriminalität und Sicherheitsprobleme mit sich bringen) vorgenommen wird. Das ist nicht nur ideologiefreie Wissenschaft, sondern auch Verantwortungsethik.
Jenseits der Desinformation deutscher Medien und deutscher Politik benötigt Deutschland in der Sicherheitspolitik einen „Security Approach“, der ohne Rücksicht auf Political Correctness im Umgang mit dem Islamismus (nicht die Religion des Islam) einräumt, dass sowohl Gewalttaten islamischer Zuwanderer als auch generell religiöse Radikalisierung von den Betroffenen eine islamische Legitimation bekommen. Es geht dabei nicht um „den Islam“ als Religion, sondern um die gesellschaftliche Realität.
Es sei gleich klargestellt, dass dieser Security Approach niemals vollständig auf polizeilichem Wege verfolgt werden kann, denn Sicherheitspolitik ist nicht mit Polizeipolitik zu verwechseln. Die Auseinandersetzung mit dem Islamismus ist deshalb auch ein kultureller Kampf, der aus einem weltanschaulichen Konflikt resultiert, auszutragen im Sinne dessen, was in den USA „War of Ideas“ genannt wird. Es geht darum, dass der dschihadistische Terrorismus nicht nur eine kriminelle Gewalt, sondern auch eine religiöse Weltanschauung ist. Wer sagt „Das hat mit dem Islam nichts zu tun“ streut Sand in die Augen.
Islamismus ist mehr als nur Terror
Vom Standpunkt der Sicherheitsproblematik ist es wichtig, zu begreifen, dass der Islamismus weit mehr als Terror und ein Element einer sozialen und politischen Krisenerscheinung in der Welt des Islam ist – sondern auch eine Identitätskrise zum Ausdruck bringt. Die Beiprodukte dieser Krisenerscheinung kommen mit den Flüchtlingsströmen nach Europa, ein Phänomen, das nicht einfach nur verschlafen wird, sondern schon durch Tabus in der Sicherheits- und Migrationspolitik aus der Wahrnehmung zu verschwinden scheint.
Die mit den seit 2015 stattfindenden Migrationsschüben gekommenen Personen haben bisher zu Gewaltzunahme in der Gesellschaft und Destabilisierung des politischen Systems beigetragen. Hierüber sollten freiheitliche Demokratien nicht schweigen und, nach Myron Weiner, das Recht haben, „zu bestimmen, wer ins Land kommt“ und auch verhindern dürfen, dass bestimmte Migranten, die ein Sicherheitsrisiko darstellen, wie etwa Islamisten, einreisen. Wenn sie dennoch kommen, muss es möglich sein, sie als Gefährder abzuschieben. Von diesem Recht machte beispielsweise die demokratisch gewählte britische Regierung Gebrauch und verweigerte 10.000 afrikanischen Armutsflüchtlingen in Calais die Einreise.
Dafür wurde sie von der NGO „Pro Asyl“ verfemt. Die Bilder zeigen die Antwort der Flüchtlinge auf Ablehnung: abscheuliche Gewalt, von Brandstiftung bis zu Gewaltangriffen auf die Polizei. Das darf nicht sein. Warum ist es nicht korrekt, wenn demokratische europäische Länder ihre Grenzen schützen und kontrollieren? Der EuGH hat entsprechend Mitte Juli 2017 in Luxemburg geurteilt: Ein Land hat das Recht, Personen ohne Papiere und Visum, sozusagen als „unwanted migrants“ abzuweisen. Das ist kein Verstoß gegen Grundgesetz-Artikel 1.
Was tun?
Als Migrationsforscher gehe ich von der soliden wissenschaftlichen Aussage der Security Studies aus, dass die islamische Migration nach Europa alle damit verbundenen konfliktbeladenen Folgen mit sich bringt. Vor der Flüchtlingskrise war dies besorgniserregend genug, aber im Ausmaß bei weitem nicht so dramatisch wie sich die Lage heute, im Jahr 2017, darstellt. 2002 gehörten nur circa vier Millionen Muslime zur Wohnbevölkerung Deutschlands. Mehr als 60 Prozent davon waren damals Türken, der Rest kam vor allem aus Nahost und Afrika. Im folgenden Jahrzehnt und bis zum Beginn der Flüchtlingskrise stieg diese Zahl bis 2015 auf 5 Millionen. Heute, zwei Jahre nach der Krise, ist die islamische Wohnbevölkerung Deutschlands von 5 Millionen auf circa 6,5 Millionen gewachsen. Ich räume ein, dass diese Zahlen auf Schätzungen beruhen. Denn die Zahlen, die uns Behörden und Presse präsentieren, sind ungenau bis zur Unbrauchbarkeit. Durch das Recht auf Familienzusammenführung werden sich diese Zahlen rapide steigern.
Unter den in diesem Artikel erläuterten Bedingungen stellt sich die Frage: Was tun? Das ist nicht meine Aufgabe. Hier will ich allein den Zusammenhang zwischen Migration und Sicherheit beleuchten. Eine „Policy“ ist im politikwissenschaftlichen Sinne eine Politik, die von einem Konzept geleitet wird. Im Deutschen werden die beiden Begriff „Politics“ und „Policy“ mit dem einem Wort „Politik“ wiedergegeben und verlieren an Inhalt eben weil sie unterschiedliche Inhalte haben. Die erste Voraussetzung für eine Migrations- und Sicherheitspolicy ist die Normativität des Artikels 5, Abs. 1 und 3, des Grundgesetzes in eine politische Praxis zu übersetzen. Um die Frage „Was tun?“ zu beantworten, müssen wir jenseits der Vorschriften der Political Correctness das Recht haben, frei und unzensiert über die Probleme sprechen zu dürfen. Wenn die Freiheit zu denken und zu sprechen nicht von den Vorschriften der Political Correctness abgekoppelt wird, dann kann es niemals möglich sein, eine Policy und entsprechend politische Handlungen im Bereich der Migrations- und Sicherheitspolitik zu erreichen.
Freies Denken ist notwendig
Wir müssen über den inneren Frieden nachdenken, frei schreiben dürfen und ohne Wunschdenken sowie den damit korrespondierenden bösartigen Verdrehungen der Tatsachen Aufklärung über diese Gefahren betreiben dürfen. Der propagandistische Vorwurf „Islamophobie“, den ich in aller Schärfe verurteile und zurückweise, stigmatisiert jeden, der sich kritisch über Islam und Islamismus äußert. Nach dem erweiterten Sicherheitsbegriff ist dies auch ein Sicherheitsproblem, weil ein Grundrecht angetastet wird.