
- Das verhunzte Gesellenstück
Gegen alle politische Wahrscheinlichkeit ist der Sozialdemokrat Karl Lauterbach Bundesgesundheitsminister geworden – und wird jetzt in diesem Amt mit neuen Realitäten konfrontiert. Denn seine Fachexpertise ist nicht mehr gefragt, stattdessen geht es um Handlungsfähigkeit. Der aktuelle Streit um die Novellierung des Infektionsschutzgesetzes zeigt: Lauterbach wird sich neu erfinden müssen.
Dass Karl Lauterbach vor einigen Monaten zum Bundesgesundheitsminister aufstieg, ging gegen alle politische Wahrscheinlichkeit. Um Spitzenämter im Staate zu erklimmen, gibt es für gewöhnlich nämlich nur zwei Wege: Entweder gehört man zum Lager der skrupellosen Machtpolitiker, denen es um die eigene Karriere weit mehr geht als um die Sache. Mangelnde Sachkenntnis wird hier einfach durch politische Brutalität wettgemacht, die zumindest Respekt verschaffen kann. Oder man ist ein ausgesprochener Teamplayer und wird auf einer Woge der institutionsinternen Sympathie nach oben getragen. Karl Lauterbach aber ist weder das eine noch das andere.
Politiker mit autistischen Zügen
Am ehesten kann man ihn wohl als einen Wissenschaftler mit autistischen Zügen in einem Staatsamt charakterisieren, und das ist gar nicht despektierlich gemeint. Man erinnere sich: Während die Republik in der Pandemie ein ums andere Mal kopfstand und nicht recht wusste, was zu tun ist, pilgerte Lauterbach von Talkshow zu Talkshow und vermittelte beharrlich den aktuellen Stand der Wissenschaft. Die Voraussetzung hierfür war, dass er selbst schon fast manisch alle aktuellen Studien gelesen und persönlich ausgewertet hatte. Und das ging nur, weil er kein Staatsamt inne- und deshalb Zeit hatte.