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(picture alliance) Linke-Vorsitzende Gesine Lötzsch

Gesine Lötzsch - Eine Genossin führt ihre Partei ins Abseits

Die Linke befindet sich im politischen Sturzflug. Dabei könnte man meinen, gerade sie müsste von der allgemeinen Verunsicherung durch Börsencrashs und Finanzkrise profitieren. Doch seitdem Lafontaine das Führungszepter an Gesine Lötzsch und Klaus Ernst übergeben hat, macht die Linke nur noch durch interne Streitereien, DDR-Nostalgie und rückwärtsgewandte Kommunismus-Huldigungen auf sich aufmerksam. Vor allem Gesine Lötzsch profiliert sich als Gallionsfigur der ewig Gestrigen.

Das Motto "Es gibt keine schlechte Werbung" gilt im Allgemeinen nicht für die  Politik. Der Börsencrash der vergangen Wochen hätte das Fukushima der Linkspartei werden können, doch die schlittert unter ihrem Führungsduo Lötzsch und Ernst von einem Skandal in den nächsten. In Anbetracht der Regelmäßigkeit der politischen Fauxpas, drängt sich unweigerlich die Frage auf: Wird hier aus schierer Blödheit gehandelt oder steckt dahinter politisches Kalkül?

Frau Dr. Gesine Lötzsch eine derartige Dummheit zu unterstellen, mutet irgendwie falsch an, offensichtlich fährt die Frau hier eine politische Strategie. Schon vor ihrem Amtsantritt als Vorsitzende der Linken war sie mit ihren Verklärungen des SED-Regimes in die Schlagzeilen geraten. Explizit sprach sie sich für die Duldung ehemaliger Stasimitarbeiter in Parlamenten und Ministerien aus, wenn diese vom Volk gewählt würden.

Das Amt der Parteivorsitzenden zügelte die Zunge der Genossin kein bisschen. Fröhlich fabulierte sie im ehemaligen FDJ-Organ „Junge Welt“ über Wege in den Kommunismus. Dann folgten die peinliche Antisemitismusdebatte und der Skandal um den Mauerbau. Lötzsch hielt es trotz ihrer missverständlichen Äußerungen über die Unausweichlichkeit des Mauerbaus nicht mal für nötig, an der offiziellen Gedenkfeier an der Bernauer Straße teilzunehmen.

Ihre Rechtfertigungsversuche waren ermüdend: Lötzsch verstrickte sich immer tiefer in Missverständnissen, während Gregor Gysi versuchte, die Scherben hinter ihr aufzukehren. Doch gegen den Polterabend kann selbst der Bundestags-Fraktionsvorsitzende nicht mehr viel ausrichten. Als Gysi beispielsweise Lötzschs missverständliche Ausführungen zum Mauerbau mit einem klaren: "Die Mauer war nun mal Mist" ins rechte Licht rückte, rechtfertigte Genossin Lötzsch ihre eigene Aussage erneut mit mehrdeutigen Formulierungen. Anstatt die Mauer zu verurteilen, erzählte sie in jeder Talkshow ihre Vision vom Sozialismus ohne Mauern: "Stell dir vor, es ist Sozialismus und keiner geht weg."

Auch Gysis Distanzierung vom ehemaligen FDJ-Blatt "Junge Welt" will Lötzsch nicht teilen. Sie hält einen Boykott der Zeitung für unnötig, man müsse verantwortlich entscheiden, ob Annoncen, Beiträge oder Interviews in der "Jungen Welt" nützlich seien oder nicht. Die linke Tageszeitung hatte am 13. August auf ihrem Titel dem 28jährigen Bestehen der Mauer gehuldigt mit einem "Wir sagen an dieser Stelle einfach mal: Danke".

So reiht sich an der Spitze der Linken Fettnäpfchen an Fettnäpfchen. Der jüngste Fall der Pannenchronologie soll nun wieder ein Fall von Misskommunikation sein: Der von Lötzsch und Ernst unterzeichnete solidarische Geburtstagsgruß an Fidel Castro liest sich wie ein Best of des SED-Politbüro-Sprech. Lang und breit wird hier dem 85jährigen zu seinen Leistungen und seinem Einfluss auf die Welt, insbesondere Lateinamerika, gratuliert. Dort würden, inspiriert vom kubanischen Vorbild, einige Staaten endlich ihr Schicksal in die eigenen Hände nehmen und nicht mehr nur den Interessen des internationalen Kapitals folgen. Indirekt beglückwünschte das Führungsduo damit also gleich mehrere Menschenrechtsverletzer.

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Nicht der Glückwunsch an sich ist so schlimm, sondern die Unfähigkeit der Parteiführung, Fehler einzugestehen. Rügen und Tadel hätten schließlich keinen Platz in einem Glückwunschschreiben gehabt, rechtfertigte sich Lötzsch und fügte hinzu, man könne Formulierungen immer besser und schöner finden, das sei doch völlig klar

Besser und schöner würden wahrscheinlich auch diejenigen Parteimitglieder, die ein ernsthaftes Interesse am Regieren haben, ein etwas weniger polarisierendes Verhalten des Führungsduos finden. Im September stehen Landtagswahlen in Berlin und Mecklenburg Vorpommern an. In Berlin steht immerhin die Regierungsbeteiligung der Linken auf dem Spiel.

Doch von schlechten Umfragewerten gibt sich die Genossin Lötzsch unbeeindruckt. Erst kürzlich sagte sie nach einer Wahlkampfveranstaltung in Rostock, für Landtagswahlergebnisse seien in allererster Linie Landesvorsitzender und Spitzenkandidat verantwortlich. Typisch Lötzsch, Selbstreflexion gehört nicht zu ihren Stärken. Da hätte sie sich ja gleich die Reise nach Rostock sparen können. Ihre Uneinsichtigkeit ist zur Routine geworden.

Sicherlich geht man mit den Linken härter ins Gericht als mit anderen Parteien. Aber so wie Lötzsch den Mauerbau in einen historischen Kontext mit dem Überfall Deutschlands auf die Sowjetunion rückte, so sieht auch der Wähler die Linke im historischen Zusammenhang, als Nachfolgepartei der SED. Die DDR war nun mal ein Unrechtsstaat, die Mauer kein Schutzwall, sondern ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Deshalb ist es für die Linke so wichtig, mit ihrer Vergangenheit aufzuräumen und eine klare Stellung zum Kommunismus zu beziehen. Doch genau da versagt das Führungsduo Lötzsch und Ernst. In ihnen manifestiert sich das grundlegende Strukturproblem der Linken, zwischen Reformern, die in der Gegenwart angekommen sind und den Fundamentalisten, die noch immer meinen, Gleichheit sei Glück. Vor allem Lötzsch profiliert sich als Gallionsfigur der ewig Gestrigen.

Derzeit versuchen die Genossen ihre Reihen zu schließen, den Streit unter der Decke zu halten. Doch spätestens nach den Landtagswahlen in Mecklenburg Vorpommern und Berlin werden die internen Streitereien wieder aufkochen. Dann wird es gegenseitige Schuldzuweisungen und sicherlich auch Rücktrittsforderungen an die Parteispitze geben. Ob Gesine Lötzsch dann endlich Verantwortung für ihre politischen Fehler übernimmt und ihren Platz räumt, oder die Partei lieber weiter ins Abseits manövriert, wird sich zeigen.

 

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