
- „Die Staatsbürgerschaft eignet sich nicht als Wahlgeschenk“
Wie die neue Ampel-Koalition will der Berliner Senat Einbürgerungen erleichtern, damit Zugewanderte auch politisch aktiv werden können. Der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Jan-Marco Luczak, findet, der Schritt gehe in die falsche Richtung. Dabei ist gerade seine Partei bei Zugewanderten ausgesprochen beliebt.
Herr Luczak, der rot-rot-grüne Berliner Senat will Einbürgerungen erleichtern, indem er zum Beispiel die Hürden dafür senkt. Sie haben auf Twitter behauptet, R2G verschleudere Staatsbürgerschaften. Nehmen Sie den Mund da nicht ein bisschen voll?
Wir haben aktuell im Jahr etwa 7.000 Einbürgerungen in Berlin. Es hapert an vielen Stellen, vor allen Dingen dauern diese Einbürgerungen manchmal viel zu lang. Das ist von Bezirk zu Bezirk sehr unterschiedlich. Ich finde es richtig, dass man die Verfahren beschleunigt. Darum geht es R2G aber nicht, das Ziel ist vielmehr offensichtlich, die Zahl der Einbürgerungen in der Summe zu erhöhen. Die Spitzenkandidatin der Grünen, Bettina Jarasch, hat schon gesagt, dass die Voraussetzungen für die Einbürgerung gesenkt werden sollen. Das ist etwas, was ich sehr kritisch sehe.
R2G verschleudert in Berlin künftig deutsche #Staatsbürgerschaft - Zahl #Einbürgerungen soll verdreifacht werden. Sprachkenntnisse u Arbeitstätigkeit sollen nicht mehr so wichtig sein.
— Dr. Jan-Marco Luczak (@JM_Luczak) November 16, 2021
So sieht das aus, wenn polit Ideologie über Recht u Gesetz obsiegt.👎@cduberlin @Tagesspiegel pic.twitter.com/w5e34pC10b
Warum?
Ich finde, dass die Verleihung der deutschen Staatsbürgerschaft etwas Besonderes ist. Das Bundesverfassungsgericht definiert die Staatsbürgerschaft als ein rechtliches Band, das die Mitglieder zu einer Schicksalsgemeinschaft verbindet. Ein deutscher Pass ist der Abschluss einer erfolgreichen Integration ...
... der unter anderem dazu berechtigt, an Wahlen teilzunehmen.
Genau, man bestimmt über das Schicksal mit. Deswegen muss man mit der Verleihung der Staatsbürgerschaft sehr sorgsam umgehen. Deshalb ist es wichtig, dass ausreichend Deutschkenntnisse vorhanden sind, dass man die Grundlagen unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens, die Werte die unseres Grundgesetzes akzeptiert und sich damit identifiziert, man seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten kann und acht Jahre hier gelebt hat. Selbstverständlich muss man sich auch an Recht und Gesetz gehalten haben und ein einwandfreies polizeiliches Führungszeugnis haben. Ich finde diese Voraussetzungen richtig, man muss sich sehr genau überlegen, ob man diese absenken möchte.
Nach Angaben von SPD-Chefin Franziska Giffey leben in Berlin 400.000 Menschen, die die Anforderungen an Einbürgerung erfüllen. Was spricht dagegen, dass der Senat diesen Menschen entgegenkommt?
Ich führe oft Gespräche darüber, warum sich Menschen nicht einbürgern lassen. Darauf gibt es unterschiedliche Antworten. Manche haben noch Familie in dem Land, aus dem sie kommen. Ich weiß nicht, ob die Zahl 400.000 stimmt und ob jeder von denen auch einen Antrag gestellt hat. Das Ziel von Rot-Rot-Grün ist aber ein anderes. Es geht dem Senat nicht darum, die Verwaltungsprozesse zu beschleunigen. Da wäre ich ja dafür.
Der SPD geht es offenbar schon darum. Frau Giffey möchte die Bezirksämter entlasten und einen Teil der Verfahren an das neu gegründete Landesamt für Einbürgerungen delegieren.
Dem Senat und insbesondere den Grünen geht es um die Frage, welche Voraussetzungen man für einen deutschen Pass erfüllen muss. Diese Voraussetzungen definiert das Einbürgerungsrecht sehr klar. R2G will mit diesen Voraussetzungen nun offensichtlich anders umgehen, nämlich sie großzügiger handhaben.
Die Idee stammt aber ursprünglich gar nicht von den Grünen. Im Mai hat der Sachverständigenrat für Integration und Migration – ein Gremium von unabhängigen Wissenschaftlern, das vom Bundesinnenministerium bezahlt wird – die „Turbo-Einbürgerung“ innerhalb von vier Jahren vorgeschlagen und Kompromisse bei der Mehrstaatlichkeit in Aussicht gestellt. Der Rat reagiert damit auf die Tatsache, dass bundesweit nur 2,5 Prozent der Ausländer eingebürgert wurden, die die Voraussetzungen dafür erfüllen. Damit liege Deutschland im europäischen Vergleich weit hinten, heißt es. Und das habe „einen Mangel an politischer Beteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund zur Folge“.