
- Ein altbekannter jämmerlicher Spaß um Maxim Biller
Der Schriftsteller Maxim Biller hat in einem Beitrag für die „Zeit“ die Haltung der Deutschen zu Israel polemisch kritisiert. Nach Beschwerden von Lesern, die sich gemeint fühlten, „depublizierte“ die Redaktion die Online-Fassung. Ein jämmerliches Einknicken.
Soll man jemandem beispringen, den man nicht mag? Maxim Billler gar? Unbedingt - wenn man überzeugt ist, dass dem Motzkopf nun Unrecht geschieht. Ich weiß, dass der Bursche mich danach für einen Narren halten wird und die meisten Zaungäste empört sind, weil der Kerl sie schon angepinkelt hat. Biller hat wieder einmal Stunk gemacht. Dafür ist er bekannt, und deshalb ist er wohl auch von der Zeit engagiert worden. Wer Biller kauft, bekommt ihn.
Nunmehr hat er in seinem Beitrag „Morbus Israel“ die Haltung der Deutschen sowie einige ihrer allzeit rechtschaffenen Medienfiguren zum jüngsten Mehrfrontenkrieg Zions gegen eine Reihe seiner arabischer Nachbarn sowie Irans aufgegriffen: „Ja, wenn es um Israel geht, um Benjamin Netanjahu und die strategisch richtige, aber unmenschliche Hungerblockade von Gaza oder die rein defensive Iran-Kampagne der IDF, kennen die meisten Deutschen keinen Spaß ...“
Biller wollte keine fein säuberliche Anlayse des Kriegsgeschehens darlegen. Das war nie sein Ding. Allein, ihm ergeht es wohl wie den meisten Juden dieses Landes vor und während des Krieges. Permanent werden wir darauf angesprochen, „was IHRE Leute da tun, ist unrecht, unmenschlich“, etc. Hunderttausende geben die Völkerrechtler wie einstens Annalena Baerbock. Nebbich! Selbst Israel habe die Menschenwürde zu beachten: Steht schließlich im Artikel 1 des Grundgesetzes. Unlängst fragte mich eine Rundfunkmoderatorin, ob ich „auch Mitleid mit palästinensischen Kindern“ empfände. Die Frage ist niederträchtig – 400 Jahre nach Shylocks Monolog: „Wenn ihr uns stecht, bluten wir nicht, wenn ihr uns kitzelt, lachen wir nicht? Wenn ihr uns vergiftet, sterben wir nicht?“
Die Juden und Israelis legen immer wieder den Finger in die Wunde
Die Ausgrenzung der Juden in Deutschland und vielen anderen Ländern hat keineswegs mit der tödlichen Antwort der israelischen Armee auf den Terrorangriff von Hamas & Co. am 7. Oktober begonnen. Dabei sind tausende Terroristen, aber eben auch zehntausende arabische Zivilisten, Kinder, Mütter, Alte, Männer umgebracht worden. Das quält jeden mitleidsfähigen Menschen. Wer kümmert sich noch darum, dass seither hunderte israelische Geiseln ermordet wurden, dass nach wie vor noch etwa zwei Dutzend Geiseln gefangen gehalten werden? Selbst in den meisten deutschen Medien fand der 600. Tag der Gefangenschaft kaum Beachtung. Stattdessen erklärte der diplomatische Novize Johann Wadephul, Deutschland dürfe sich nicht in eine „Zwangssolidarität“ mit Israel drängen lassen. Einer seiner Vorgänger, Frank Walter Steinmeier, erklärte mir vor Jahren strahlend, es werde mich freuen, dass er in Kürze „meinen Außenminister“ (also jenen Israels) besuchen werde.
Das ist des deutschen Pudels Kern. Man ist über den Völkermord unglücklich, hat ein schlechtes Gewissen wegen einst. Die Juden und Israelis legen immer wieder den Finger in die Wunde. Da baut sich Wut auf. Prompt schlägt Israel los. Begeht Verbrechen. Jeder Krieg ist ein großes Verbrechen. Selbst die Kampagne der Amerikaner nach den Terrorangriffen des 11. September. Deutschland stand damals fest an Amerikas Seite. So gut wie niemand redete damals über das Völkerrecht.
Bei Israel verhält es sich anders. Etwa bei den unverhältnismäßigen Attacken Jerusalems gegen Gaza. 46 Jahre droht das iranische Revolutionsregime Israel nun mit der Vernichtung. Es bleibt nicht bei Drohungen. Trotz des Anti-Atomwaffenabkommen mit Iran 2015, bei dem Israel wie 1938 die Tschechoslowakei beim Münchner Abkommen nicht mitverhandeln durfte, stand Teheran an der Schwelle zum Bau von Atombomben. Trägerwaffen besitzt man bereits. Welcher bedrohte Staat wäre da passiv geblieben? Dennoch, man kann sich heute als Jude in Deutschland, Europa kaum bewegen, ohne belehrt, beschimpft, bedroht zu werden.
Wer macht sich Sorgen um Israel?
Wer schert sich darum, wie es den famosen „jüdischen Mitbürgern“ da geht? Wer macht sich Sorgen um Israel? Man hat ja seine „Musterjuden“, die bei jeder passenden und vor allem unpassenden Gelegenheit krähen, der offiziöse vermeintliche „jüdische, israelische Standpunkt“ sei falsch, inhuman, weiß-der-Teufel-was. Biller hat sich verhalten wie stets zuvor, er hat geschrieben, was er und andere denken oder tun. Aber den Juden wegen ihrer vermeintlichen moralischen Überlegenheit, die nichts weiter war und bleibt als ein Opfer von sechs Millionen Menschen, verwehrt wird.
Maxim Biller irrt, die Strategie des israelischen Gaza-Kriegs ist ärger als ein Verbrechen, sie ist ein Fehler. Unmenschlich ist Aushungern ohnehin. Doch das wollten die politisch Korrekten in ihrem rechtschaffenen Zorn nicht erkennen, obgleich Biller zumindest letzteres schrieb. Sie haben den Autor beschimpft. Das ist ihr gutes Recht. Wir besitzen Meinungsfreiheit. Doch dass der Verlag davor sogleich einknickt und „mehrerer Formulierungen“ wegen den Beitrag Billers depubliziert, ist jämmerlich. Wehe uns, wenn solche schwächlichen Publizisten dereinst die Meinungsfreiheit bewahren sollen. Sie würden wohl beigeben wie einst die „unerschrockenen“ Liberalen des Simplicissimus während der Hitlerjahre.
Der Wille, dem anderen beizustehen, wenn er bedroht wird, selbst wenn man ihn nicht mag, hat mich seit meiner Kindheit begleitet. In meinem neuen Buch „Keine Schonzeit für Juden“ beschreibe ich, wie ich als Zehnjähriger nach Deutschland kam. Einer meiner Klassenkameraden war Erwin, eine „Heulsuse“ und Jude obendrein. Als er von den anderen verprügelt wurde, sprang ich ihm bei. Warum? Weil ich „musste“. Da kam seine Mutter herbei und befreite Erwin von den Raufbolden. Ich blieb zurück und wurde verhauen. Ich würde es wieder tun. Denn ich kenne diesen Spaß.
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Hervorragendes geleistet. Um ein Mehrfaches größer ist die Zahl der Gefolgstrottel und potenziellen Denunzianten. Luthers Anregung "Selber denken macht klug" ist der Hinweis darauf, dass es schon zu seinen Lebzeiten nicht anders war. Im übrigen hätte man es aufgrund des Holocaust noch vor Kurzem für unmöglich gehalten, dass Antisemitismus wieder da ist und selbst an Hochschulen und in der Politik gepflegt wird, tätig befeuert von zugezogenen Islamisten. Es fällt überaus schwer, zwischen dem. jüdischen Volk und dem zu unterscheiden, was die israelische Regierung tut.
Das wäre also auch "jüdischer Humor", evtl. eher Sarkasmus?
Ich bin, wenn auch im Kommentarbereich, von zeit-online bemängelt, vlt. auch mal depubliziert worden.
Ich war nicht amüsiert und bin gegangen.
Vorher wollte ich noch meine Kommentare löschen, bei standard-online auch einmal.
Das ging glaube ich nicht, da habe ich mich meiner Erinnerung nach bei zeit-online selbst gesperrt.
Cicero löscht auch manchmal, mittlerweile habe ich mich an Netiquette! gewöhnt.
Ich weiss, dass ich denke, wenn zu problematisch, bitte sehr.
Was weg ist, ist weg, ich bin ausgesprochen tradierungsavers.
Auch wenn ich jahrelang andere Leute lesen muss/te (Studium), nimmt mir das meine Zeit.
Resümé:
Wenn ich Sie richtig verstehe, Herr Seligmann, dann sollte Herr Biller meiner Meinung nach die Situation aushalten.
Ich verstehe da zwar auch keinen Spass, habe auch viel geweint in meinem Leben, so dass ich einen Vergleich mit den Meeren nicht scheute in einem Schreiben an Prof. Sloterdijk, aber wir weinen alle!
Warum steht überall depubliziert und nicht zensiert was es in Wirklichkeit ist?
... "Die Zeit" passt eben in "die Zeit"!
Hoffentlich gehört "die Nänzi" nicht schon zum Herausgeberkreis!
Ich wollte heute zwar wegend er Hitze garnicht erst anfangen mit Zeitung lesen und schon garnichts kommentieren aber Ihr Artikel tat Not und tut gut in diesen Zeiten, in denen das Pharisäertum wieder mal Hochkonjunktur hat. Vor allem Ihr Talleyrand-Zitat bez. der israelischen Strategie, die schlimmer sei als ein Verbrechen - nämlich ein Fehler- ist der Situation wahrlich angemessen. Besser kann man das Dilemma Israels nicht auf den Punkt bringen. Daß nun ausgerechnet in dem Land, das mit dem in einem eigentlich zivilisierten Land des Westens eigentlich unvorstellbaren Verbrechen des Holocausts die maßgeblichste Ursache für die Gründung des Staates Israel gesetzt hat, jetzt Völkerrechtsseminare auf dem Niveau unserer " Ober-Feministin mit Kammerzofe"- Hochkonjunktur haben, ist zum Fremdschämen. Ja, es ist schrecklich, was im Gaza-Streifen geschieht, daß der Konflikt nicht zivil gelöst werden kann, liegt aber maßgeblich an der Loser-Mentalität der beteiligten Araber-Führung.
Wir befinden uns mitten in einem Kulturkrieg, links gegen rechts, woke gegen, na ja, räächts, und Israel ist eines „unserer“ Schlachtfelder in diesem Krieg. Ich bin rechts (ich erinnere mich an einen Cartoon, da sollte ein Freiwilliger einen Schritt nach vorn machen; stattdessen machten Alle bis auf Einen einen Schritt zurück; auf diese Weise bin ich „rechts“ geworden) und stehe fest an der Seite Israels und noch loyaler an der Seite jüdischer Deutscher.
Generell ist es verwerflich, jemanden wegen einer anderen Meinung zu „depublizieren“. Es mag zwar hier natürlich auch darüber diskutiert werden, das es um Israel geht und einen kritischen Juden der als Schriftsteller tätig sich zu einem typischen deutsch-jüdischen Thema äußert. Aber für mich ist Jude hin oder es generell die Meinungsfreiheit einschränkend, wenn man mittels Selbstzensur Kritiker ausgrenzt. Ja, das mag man auch noch entsprechend unserer Geschichte emotional aufladen und wegen der jüdischen Herkunft des Schriftstellers besonders betrachten. Für mich aber geht es eigentlich in erster Linie darum, dass die *Zeit* wegen ein paar Leserbriefen *einknickt*. Ich lese auch beim Focus oder eben hier Leserbriefe und da wird auch manchmal ein Artikel kritisch beleuchtet und auch mal geschimpft *wie Herr Funke bei Herr Graus Artikel*, aber ich gehe nicht davon aus, dass jetzt der Cicero deshalb die Zensurtaste drückt, wenn die *andere* Meinung nicht gegen die Regeln verstößt.
Lieber ein Narr (im Auge des Betrachters, sogar Feindes) und glücklich, als weise und unglücklich? Da könnte je aus welcher Warte man es betrachtet was dran sein? In Ihrem Fall verehrter Herr Seligmann würde ich persönlich es jedoch als Ausdruck von Größe interpretieren wollen, zu der man mittels einer gewissen Weisheit gelangen muss? Zum Thema Narren fiel mir überdies spontan die nicht ungefährliche Rolle der sogenannten "Hofnarren" unter den meist absolutistischen Herrschern früherer Zeiten ein, welche als einzige gewisse Freiheiten genossen ihrer Majestät Gewissen mutig herauszufordern.
Währenddessen die üblichen Hofschranzen vorzugsweise unter dem Radar blieben und den Narren als einen solchen bezeichneten. Die Rolle des Narren in heutigen Zeiten ist glaube ich nicht weniger anspruchsvoll. Auch und gerade weil er an Gewissen o. Gerechtigkeit appellierend Vielen, inkl. seinen Feinden den Spiegel vorhält u. beiderseitiges heucheln entlarvt. Wie bemerkt, kein leichtes Unterfangen. MfG
nimmt in Deutschland allmählich Formen an, die mit Freiheit nun wirklich nichts mehr zu tun haben.
Offenbar haben viele Leute heute nichts anderes zu tun, als gesprochene oder geschriebene Standpunkte Anderer (die eine gewisse Bekanntheit in de Gesellschaft haben) auf mögliche "Grenzüberschreitungen" hin zu untersuchen und dann zu skandalisieren bzw. ganz aus dem Verkehr zu ziehen.
Der Kontroll- und Verbots-Druck von oben (von Regierung, amtl. Institutionen und Medien her) lastet inzwischen wie ein zentner-schweres Joch auf allen Bürgern in Deutschland.
Die Angst davor, etwas "Falsches" zu sagen, zu schreiben oder zu posten, frißt sich immer tiefer in die Herzen unzähliger Bürger ein und bringt Viele zum Verstummen.
Eine lockere und sachliche Diskussion ist unter diesen Umständen gar nicht mehr möglich.
Wo wird dies alles nur enden?
Bin bei Ihnen liebe Frau Wallau! In der Tat ist es leider bisweilen ziemlich ziemlich ungesund wenn man aus seinem Herzen keine Mördergrube zu machen gewillt ist;) und Berichten zufolge mit solch einer Einstellung am besten in einen soliden TV-tauglichen Morgenmantel investiert;). Eine "lockere", da musste ich schmunzeln, sowie sachliche Diskussion setzt wie Sie zurecht bemerken so einiges voraus was wie ich auch denke schon flächendeckend bzw. rein erziehungstechnisch verloren gegangen ist. Nämlich der Respekt gegenüber dem Nächsten und seinen Standpunkten. Um Anstrengungen dieser Art zu vermeiden, empfehle ich daher zur Ergänzung selbst auferlegten Verstummens die vorbildhaften Methoden der beiden übrigen Affen😉. Die nach Meinung unserer Politikeliten am besten wie der Wackeldackel auf meiner Kofferraumabdeckung in jedem deutschen Gelsenkirchener Barockwohnzimmerschrank einen Ehrenplatz erhalten sollten. Dann hat die gute Seele Ruh! LG
Solange Deutschland Andere für die Drecksarbeit hat, kann man in der deutschen Öffentlichkeit Tugendhaftigkeit vorgaukeln. "Die DDR ist ein sauberer Staat." (Erich Honecker, 1965)
Der Biller ist einfach ein mieser Autor, der von Zeit zu Zeit durch kleine oder größere Skandale sein Image aufbläht. Ein Autor, der direkte politische Statements nötig hat, der nicht ad hoc durch sein Werk politisch wirkt, taugt nicht viel. Ich gestehe, ich habe Billers Werke nur am Rande und sehr flüchtig zur Kenntnis genommen, und ich werde da auch nichts intensivieren. Er langweilt mich, der Herr Maxim Biller. Eine andere Sache ist das Verhalten der Zeit. Aber über dieses in jeder Hinsicht abgewirtschaftete Blatt muss man nicht mehr viele Worte machen. Die Zeit hat ihre Zeit gehabt. Und die ist mit den neuen Verlegerverhältnissen für immer vorbei. Ich weiß nicht, ob das schade ist - wahrscheinlich nicht.
meines Erachtens unter dem neuen Herausgeberkreis konsolidiert.
Deshalb wundert mich diese Aktion schon ein bisschen.
Kann man es nicht stehen lassen und eine Gegen-/ und/oder Zeit-Meinung veröffentlichen?
Herr Biller ist ein geachteter Publizist und Schriftsteller, also sicher nicht mit "mir" zu vergleichen.
Ich schrieb nicht einmal unter Klarnamen im Kommentarbereich, so auch nicht bei standard-online.
Hoffentlich gibt es eine das Gesicht wahrende Lösung.
Wie gesagt, die ZEIT ist m.E. wieder besser geworden und dass ich nicht soviel finde, das mich interessiert, liegt an meinem Alter.
Ich bin aber Abonnentin.
Ich denke gerne zurück an die Zeiten, als wir in der Familie zig Zeitungen und Zeitschriften abonniert hatten.
DAMIT waren wir REICH!