
- Was war gut, was war schlecht?
Die CDU erreichte bei der Bundestagswahl 33 Prozent – Demoskopen gingen von etwa 36 Prozent aus. Und das obwohl neue Techniken der Datenerhebung angewendet wurden. Wie gut waren also die Vorhersagen?
Ja, es gab sie in diesem Wahlkampf, die positiven Entwicklungen im Bereich der Demoskopie. Es gab zum Beispiel ernsthafte Bemühungen, die mit Umfragen verbundenen statistischen Unsicherheiten durch die Angabe von Schwankungsbreiten zu visualisieren. In denen lagen die wahren, aber naturgemäß unbekannten Werte der einzelnen Parteien. Also nicht 38 Prozent, sondern 36 bis 40 Prozent. Es gab auch einen nie gekannten Pluralismus eingesetzter Methoden: Wie früher gab es klassische Befragungen von Wählern, von Angesicht zu Angesicht oder am Telefon. Es gab aber auch mehr Versuche denn je, neue Webtechnologien zu bemühen, um so Stimmungsbilder zu zeichnen. Ist das gut? Ja! Denn alle Verfahren und Ansätze haben Probleme, das wissen wir doch. Daher ist es gut, wenn verschiedene Ansätze eingesetzt werden, mit ihren spezifischen Stärken und Schwächen. So ergibt sich insgesamt ein besseres Bild.
Mängel in der Datenerhebung
Leider gibt es aber auch die andere Seite der Bilanz. So manch unsäglicher Aspekt rund um Zahlen im Wahlkampf scheint nicht aus der Welt zu schaffen sein, Nachkommastellen etwa: „SPD bei 21,5 Prozent“ war kurz vor der Wahl zu lesen. Solche Zahlen suggerieren eine Präzision, die schlicht nicht gegeben ist. Dass auch weiterhin nicht transparent gemacht wird, wer eigentlich wie gewichtet, bleibt ebenfalls ein Manko. Wer aber im Vorfeld Präzision suggeriert, seine Methoden nicht offenlegt und dann das Ziel nicht trifft, der darf sich nach der Wahl auch nicht über Schelte beschweren.
Das TV-Duell ist eigentlich immer ein Höhepunkt des Wahlkampfs. Mit Blick auf die demoskopische Begleitung war es das dieses Mal aber definitiv nicht. Die methodischen Herausforderungen, binnen weniger Minuten nach einer Sendung belastbare Zahlen zu eben dieser zu präsentieren, lassen wir einmal außen vor. Aber Sekunden nach dem Ende der Debatte „Halbzeitstände“ zu veröffentlichen, das ergibt keinen Sinn. Dass diese sich zwischen Sendeanstalten auch noch erheblich unterscheiden, macht die Sache nicht wirklich besser. Und diese Unterschiede zwischen Sendern gab es auch in den Endständen, die gegen 22.30 Uhr veröffentlicht wurden. Und trotz der erheblichen Unterschiede transportierten die jeweiligen Sender in den Tagen nach dem Duell nur ihre eigenen Zahlen in die Öffentlichkeit. Das war auch nicht gut, weil eben hoch selektiv.
Reaktion auf die Umfragen
In den letzten zwei Wochen vor der Wahl gab es ebenfalls widersprüchliche Trends. Da lag die SPD mit Tendenz nach unten im ARD-Deutschlandtrend bei 20 Prozent, zugleich ging es für die SPD im ZDF-Politbarometer nach oben. Und vor dem Hintergrund all dessen verwundern dann auch Meta-Diskussionen über Sinn und Unsinn von Demoskopie nicht, die mehr denn je geführt wurden. Zum Vertrauen in die Zahlen tragen auch sie nicht bei.
Und dann war da schließlich der Wahlabend mit seinem Ergebnis. Die meisten Umfragen im Vorfeld sahen die Union bei 36 Prozent, am Ende waren es 33 Prozent. Bei der AfD wurden aus 11 Prozent 13. Wieder einmal lagen die Demoskopen daneben. Oder? Vielleicht waren die Umfragen zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung auch richtig, aber die Menschen haben sich auf der Zielgeraden noch (um-)entschieden, vielleicht sogar als Reaktion auf die Umfragen. Das kann man Demoskopen übrigens nicht per se vorwerfen. Aber man könnte erwarten, dass die Belastbarkeit der Zahlen offensiver diskutiert wird. Es bleibt noch einiges zu tun.