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Dass Reinfektionen möglich sind, wurde anhand von Genomanalysen nachgewiesen / dpa

Drei bestätigte Fälle - Mehrmalige Corona-Infektionen möglich

Berichten zufolge haben sich bereits mehrere Menschen ein zweites Mal mit Sars-CoV-2 infiziert. Eine Immunität ist demnach nicht von Dauer. Handelt es sich um Einzelfälle, oder müssen wir uns an das ständige Risiko gewöhnen? Und was bedeutet das für die Impfstoffentwicklung?

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Johanna Jürgens hospitiert bei Cicero. Sie studiert Publizistik und Literaturwissenschaft an der Freien Universität Berlin. Zuvor arbeitete sie als Redaktionsassistenz beim Inforadio des RBB.

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Zu Beginn der Corona-Pandemie gingen noch einige Virologen davon aus, eine Infektion mit SARS-CoV-2 sorge für eine, zumindest vorübergehende, Immunität der Erkrankten. Mit gesundheitspolitischen Folgen: In Großbritannien setzte sich Boris Johnson für eine „flächendeckende Durchseuchung“ ein. Und auch in Deutschland forderten Gegner der Ausgangsbeschränkungen, die Corona-Maßnahmen sollten nur für Risikogruppen gelten, während die jungen Leute weiter machen wie zuvor und so zur „raschen Erzeugung einer Herdenimmunität“ beitragen. 

Diese Strategie der „kontrollierten Durchseuchung“ kritisierten Experten jedoch schon früh: Auch wenn die Sterblichkeit bei älteren Menschen deutlich höher sei, wäre die Zahl der Todesfälle bei ungebremster Ausbreitung unter jüngeren Menschen gewaltig, warnte die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie Anfang April. Dass eine solche Durchseuchung ohnehin nicht zwingend zu einer Herdenimmunität beigetragen hätte, bestätigen aktuelle Erkenntnisse aus Hongkong, den Niederlanden und Belgien. 

Drei Fälle bestätigter Reinfektionen 

Von dem ersten dokumentierten Fall einer sogenannten Reinfektion berichteten Forscher aus Hongkong am Montag: Ein 33-jähriger Mann, der bereits im März positiv auf Sars-CoV-2 getestet wurde, erhielt nun im August erneut ein positives Testergebnis. Zwischenzeitlich hatte der Mann Urlaub in Spanien gemacht und war über Großbritannien zurück nach Hongkong gereist. Die Erkenntnisse deuteten darauf hin, dass „Immunität nach einer natürlichen Infektion von kurzer Dauer sein kann", so die Uniklinik, die auf einen Bericht des öffentlichen Hongkonger Senders RTHK über die neuen Ergebnisse hinweist. 

Die vollständige Studie, die im Fachjournal Clinical Infectious Diseases veröffentlicht werden soll, ist bislang nicht öffentlich einsehbar, auf Twitter finden sich jedoch bereits einige Ausschnitte, die von einer Journalistin der South China Morning Post hochgeladen wurden. 

Auch Belgien berichtet über einen ähnlichen Fall: Wie der Virologe Marc Van Ranst am Montagabend dem Sender VTM sagte, erkrankte eine Corona-Patientin nach drei Monaten erneut. In den Niederlanden wurde die Reinfektion bei einem älteren Patienten mit einem schwachen Immunsystem beobachtet, teilte die Virologin und Beraterin der niederländischen Regierung, Marion Koopmans, am Dienstagmorgen im niederländischen Radio mit. 

Mutationen in allen drei Fällen nachweisbar

Untersuchungen der Genomsequenzen des Virus weisen in allen drei Fällen darauf hin, dass es sich nicht um einen erneuten oder noch andauernden Ausbruch, sondern um eine Reinfektion handelt. So fanden die chinesischen Forscher heraus, dass es zwei gänzlich unterschiedliche Virustypen waren, an dem der Patient aus Hongkong erkrankte, wie der SPIEGEL berichtete. Einer ähnele den Sequenzen, die im März und April bereits in den USA und in England nachgewiesen wurden, der andere denen, die im Juli und im August und in England kursierten. 

Zu ähnlichen Ergebnissen kamen auch die belgischen Wissenschaftler in Laborversuchen: „Wir haben eine Gensequenzanalyse der nachgewiesenen Viren durchgeführt und festgestellt, dass das Virus bei der zweiten Erkrankung 11 Mutationen aufwies“, so der belgische Virologe Van Ranst gegenüber VTM. 

Auch in den Niederlanden klingt das nicht anders. Zwar habe jede Sars-CoV-2-Infektion einen „einzigartigen genetischen Fingerabdruck“, so die niederländische Virologin Marion Koopmans. Bei der Analyse der Erreger des reinfizierten Patienten sei jedoch festgestellt worden, dass sich der genetische Code der ersten Infektion deutlich von dem der zweiten unterscheide. 

Milde Verläufe dank gestärktem Immunsystem? 

Während die niederländischen Behörden keine Einzelheiten zu dem Krankheitsverlauf des Patienten machte, wies der belgische Virologe Van Ranst auf die milden Verläufe der anderen beiden reinfizierten Patienten aus China und Belgien hin. Zwar berichteten beide bei der Ersterkrankung über Symptome wie Halsschmerzen, Husten, Fieber und Kopfschmerzen, ein stationärer Aufenthalt sei jedoch nicht nötig gewesen.

Zudem verlief die Reinfektion in beiden Fällen asymptomatisch. Die Ersterkrankung konnte also zwar keine erneute Ansteckung verhindern, das Immunsystem der Patienten schien dennoch gestärkt genug, um den Krankheitsverlauf beim zweiten Mal deutlich abzuschwächen. 

Fälle müssen in die Forschung miteinbezogen werden 

Nachrichten über vermutliche Reinfektionen gab es in den vergangenen Monaten immer wieder. Bereits im April wurde unter anderem in Südkorea bei geheilten Covid-19-Patienten später erneut das Virus festgestellt. Wie sich später herausstellte, waren die Wochen nach der Erkrankung festgestellten Viruspartikel jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit Überreste der ersten Infektion.

Bei den Fällen aus Hong Kong, Belgien und den Niederlanden handelt es sich nun also um die ersten durch Erbgutanalysen bestätigten Reinfektionen mit einem nachweislich mutierten Virus. Die niederländische Virologin Koopmans zeigt sich dennoch wenig überrascht: „Von anderen Infektionen der Atemwege wissen wir, dass man nicht lebenslang geschützt ist, und das erwarten wir auch nicht von Covid-19.“ Nun müsse untersucht werden, ob es tatsächlich häufiger vorkomme, oder ob es um Einzelfälle gehe. Dass eine Herdenimmunität allein zur Bekämpfung der Pandemie ausreicht, ist nach den neusten Erkenntnissen jedoch unwahrscheinlich.

Auch für die Impfstoffentwicklung sind die nachgewiesenen Reinfektionen von großer Bedeutung: Sie könnten darauf hinweisen, dass Corona-Impfungen, ähnlich wie bei der Grippe, in regelmäßigen Abständen erneuert werden müssen. 

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Stefan Jurisch | Mi., 26. August 2020 - 12:28

die Geburt einer weiteren "Erkältung". Damit meine ich nicht den aktuellen Zustand, sondern vielmehr den in ein paar Jahren, wenn das Virus etliche Male mutiert ist und sich dadurch - es gibt dazu ja gängige Theorien - soweit abgeschwächt hat, dass es zwar ansteckender aber weit weniger gefährlich ist als jetzt.
Vor hunderten Jahren sind Menschen an den Viren gestorben, die wir heute als Erkältung jeden Winter ein bis drei Mal wahrnehmen. Vielleicht geschieht das mit SARS-CoV2 auch.

Und wenn es nicht so kommt, dass sich das Virus so entwickelt, dennoch aber denselben Menschen mehrfach anstecken kann: nun, dann wird jeder Impfstoff wohl sinnlos sein, da er dann keine Wirkung entfalten wird.

An Grippe sterben alte Menschen sehr oft, deshalb auch die Impf- Empfehlung. Covid-19 könnte etwas vergleichbares nach der Entwicklung einer Impfung werden. Allerdings sind die körperlichen Schäden bei covid-19 viel schlimmer, als bei Grippe. Wenn es denn so etwas bei Grippe überhaupt gibt.

Karla Vetter | Do., 27. August 2020 - 20:39

Antwort auf von Robert Müller

nach überstandener Grippe, genauso wie bei zahlreichen anderen Viruskrankheiten, gibt es natürlich auch. Von Herzmuskelentzündung bis Enzephalitis. Ob es darüber Statistiken gibt weiß ich allerdings nicht.

Kai-Oliver Hügle | Mi., 26. August 2020 - 12:31

Soll das heißen Schweden (72 Millionen weniger Einwohner, aber nur gut 4000 weniger Corona-Tote als Deutschland) und GB (deutlich mehr als viermal so viel Corona-Tote wie Deutschland bei 16 Millionen weniger Einwohnern) haben möglicherweise vergeblich auf "Herdenimmunität" gesetzt? Aber wenigstens wirtschaftlich stehen die viel besser da, oder? Nein?! 8.6% Minuswachstum in Schweden, etwas mehr als (minus) 10% bei uns und in GB
(minus) 22,7%, in Worten: ZWEIUNDZWANZIGKOMMASIEBEN?!

Naja, die Leute in GB haben ja noch den Brexit, an dem sie sich festhalten können und dabei sowas hier besser ignorieren:

https://www.handelsblatt.com/politik/international/brexit-folgen-das-si…

Der geneigte Leser möge in diese sarkastischen Zeilen bitte keine (!) Triumphgefühle hineininterpretieren. Ich habe Freunde im Großraum London, die diese Misere hautnah miterleben und wünschten, ihre Regierung wäre anders vorgegangen...

Ann-Kathrin Grönhall | Mi., 26. August 2020 - 16:18

Antwort auf von Kai-Oliver Hügle

Ich lebe in Schweden und bin sehr froh darum!
Die aktuellen Zahlen bei Infizierten und Verstorbenen sind seit Mai rückläufig anders als z.Zt. in Deutschland das eine völlig sinn-u. wirkungslosen Lockdown durchgeführt hat.
Wirtschaftlich hat Schweden, da es stark von Ex- u. Import abhängig ist, hauptsächlich aus diesem Grunde gelitten.
Das Minus liegt aber im Durchschnitt unter dem der EU!
Das staatliche Konjunkturinstitutet in Schweden schätzt in seiner August-Analyse die Entwicklung des BIP im Jahr 2020 auf minus 4,8 Prozent.
In Deutschland rechnet die Bundesregierung mit einem Rückgang des BIP um 6,3 Prozent.
Zu GB :
Beim Blick auf das, was einem Netto-Beitragszahler-Land in der EU künftig alleine durch das Coronahilfspaket bevorsteht, könnte die Interpretation des Brexit als Riesen-Fehler bald der Erkenntnis weichen, dass die Briten es trotz aller mit dem Austritt kurz- und mittelfristig einhergehenden Probleme in langfristiger Perspektive richtig gemacht haben.

Albert Schultheis | Mi., 26. August 2020 - 12:47

Jetzt haut's mich aber vom Sockel und die Angst sitzt mir im Nacken! Von den drei Ereignisse, wie viele davon sind Fehlmessungen oder Fake News? Also ich fürchte mich mehr vor Grippe, die kann man auch mehrmals bekommen, ist aber wahrscheinlich viel gefährlicher als Corona - wenn auch nicht sooo sehr gefährlich. Man kann aber dran sterben, ziemlich erbärmlich sogar. Aber soll ich deshalb anfangen, mein Leben zu ändern oder das meiner Kinder und Enkel? NEIN!

Bernd Hartke | Mi., 26. August 2020 - 14:17

"Die Reinfektionen (mit einer mutierten Covid2-Variante) verliefen asymptomatisch" = Kreuzimmunität zwischen Coronavarianten ist vorhanden, auch zwischen den viel älteren Coronaviren und SARS-CoV2, daher die ohnehin schon häufigen asymptomatischen oder milden Verläufe. Und bei milden/asymptomatischen Verläufen sieht sogar die WHO ein niedriges Verbreitungsrisiko. Auch der letzte Satz ist zentral: Dass ein (möglicher) Impfstoff jährlich erneut an die jeweils kursierenden Virusmutanten angepaßt werden muß, kennen wir doch schon seit vielen Jahren von der Grippe. Also eigentlich alles bekannt und nichts Aufregendes oder Angst Machendes.

Tomas Poth | Mi., 26. August 2020 - 17:27

Hat jemand geglaubt Covid würde sich anders verhalten als Influenzaviren? Bevor das erste Medikament der erste Impfstoff zur Verfügung steht hat sich Covid schon mehrfach gewandelt.
Ich schlage vor jene die sich so sehr ängstigen begeben sich in eine selbstverordnete Quarantäne, bis sie wieder ein sicheres Lebensgefühl bekommen. Damit schützen sie sich maximal möglich und nerven nicht den Rest, der dann sein normales Alltagsleben mit den normalen Hygieneregeln ungestört nachgehen kann.
Leben ohne Risiko gibt's nicht auf diesem Planeten!

Ernst-Günther Konrad | Fr., 28. August 2020 - 08:20

darauf hinzuweisen, was dieser vermeintliche PCR-Test tatsächlich aussagt. Es wird ein Genom eines Sars-Virus nachgewiesen. Also ein Bestandteil eines Virus, nicht unbedingt des COVID 19, sondern auch andere Viren aus der Sars-Gruppe. Die Fehlerquoten liegt in der Interpretation der Testergebnisse. Nur weil ein solches Genom vorhanden ist, heißt das nicht, das derjenigen COVID 19 hat. Das Genom kommt auch in ganz "normalen" Grippeviren vor. Die Fehlerquoten der Testungen werden von Fachleuten unterschiedlich angegeben. Mal 2 von 100, mal 40 von 100 und andere zum Teil vernichtende Aussagen zum PCR-Test. Jetzt werden die Testungen bei Reiserückkehrern zurück genommen und sie wieder 5-10 Tage eingesperrt. (Quarantäne) Die Hysterie verfängt bei den Menschen zu nehmend nicht mehr. Selbst Corona Gläubige werden skeptisch und die alternative Berichterstattung tritt ihren Vormarsch an, auch wenn der Berliner Senat die DEMO am 29.8.20 erstmal untersagt. Da werden Gerichte entscheiden. Gut so.