
- Die Stunde der Exekutive ist vorbei
In Bayern, Hamburg und im Saarland haben Gerichte die Corona-Beschränkungen für rechtswidrig erklärt. Man wisse viel zu wenig über das Virus, um derart massiv Freiheiten einzuschränken. Gut so. Es wird Zeit, die Exekutive an das Grundgesetz zu erinnern.
Dreimal haben jüngst Gerichte über die Corona-Maßnahmen von Landesregierungen geurteilt, und dreimal setzte es eine Ohrfeige für die Exekutive. In Hamburg, Saarbrücken und München stellten die Richter ein unterschiedlich großes Stoppschild auf, immer mit der Mahnung: So geht es nicht! Das muss sich ändern!
Neben vielen beunruhigenden Nachrichten hält die Corona-Zeit auch eine tröstliche Botschaft bereit: Die Gewaltenteilung funktioniert, die Gerichte sind unabhängig, der Entzug von Grundrechten ist keine Lappalie und bleibt begründungspflichtig. Die Stunde der Exekutive scheint wieder vorbei zu sein, die Parlamente und die Gerichte kommen in Tritt, die Kontrolle funktioniert, das Grundgesetz gilt. Das ist wirklich gut so – und kann nicht ohne Folgen bleiben für die Bundespolitik.
Mitleidlose Klarheit
Liest man sich die drei Urteile durch, dann war die Watschen in Saarbrücken am lautesten. Dem Ministerpräsidenten müssen noch die Ohren klingeln. Erst am 16. April hatte Tobias Hans (CDU) in einer Pressekonferenz erklärt, sein Land sei „sehr erfolgreich“ gewesen bei der Eindämmung der Seuche. Da jedoch „diese Pandemie eine Gleichung mit vielen Unbekannten“ bleibe, müssten die Ausgangsbeschränkungen bis zum 3. Mai aufrechterhalten werden. Bis dahin brauche „triftige Gründe“, wer sein Haus verlassen möchte.
Diesen Fahrplan hat der Verfassungsgerichtshof des Saarlands am 28. April kassiert. Ab sofort seien die Ausgangssperren aufzuheben. In mitleidloser Klarheit schreiben die Richter: „Der Verlust des Grundrechts der Freiheit der Person ist Tag für Tag der Freiheitsbeschränkung ein endgültiger Nachteil. Er kann für die verstreichende Zeit nicht wieder ausgeglichen werden.“ Es handele sich bei der Corona-Pandemie, heißt es vielleicht in Anspielung auf den Satz von Hans, um ein fundamental unbekanntes, ja unbegriffenes Phänomen.
Unwissen ist keine Basis
Die Richter konstatieren die „völlige, auch unter virologischen Sachverständigen offenbar vorhandene Unklarheit, wie das Virus konkret wirkt und welche Maßnahmen auf welche konkrete Weise wirklich geeignet sind, seine Ausbreitung zu vermindern oder ihr entgegenzutreten.“ Vielfältiges Unwissen aber sei eine schwache Basis, um derart massiv die Freiheit der Person einzuschränken. Die „begleitende Rechtfertigungskontrolle“ habe versagt. Die Regierung konnte nicht überzeugend darlegen, dass durch Ausgangsverbote der Gesundheitsschutz wirklich steige.