
- Was macht die Bundesregierung eigentlich beruflich?
Um Deutschland herum handeln die Regierungen angesichts einer Corona-Epidemie resolut. Sie vermitteln ihren Bürgern das Gefühl, dass da jemand weiß, was zu tun ist. Und in Deutschland? Von Merkel und ihrer Mannschaft fühlt man sich im Stich gelassen.
Klasse erweist sich unter Druck. Das ist bei Regierungen nicht anders als im fünften Satz eines Wimbledon-Finales. Und Vertrauen erweist sich in der Krise, das ist bei einer Seilschaft in der Bergwand nicht anders als im Verbund einer Gesellschaft mit ihrer politischen Führung.
Im Moment ist multiple Krise. Wer dachte, der Brexit sei schon eine, die das Staatengebilde der Europäischen Union in ihrer Existenz und ihrem Zusammenhalt gefährdet, der hatte noch nicht das Coronavirus und die Perfidie des türkischen Staatspräsidenten auf der Rechnung. Corona und die damit einhergehende Panik lähmen Land und Wirtschaft und Recep Tayyip Erdoğan provoziert vor den Toren Europas eine neue Flüchtlingskrise.
Man weiß es nicht so genau
Um Deutschland herum handeln die Regierungen. Italiens Premier Giuseppe Conte schottet per Dekret ganze Corona-Regionen mit über zehn Millionen Einwohner in Norditalien ab. Frankreichs Staatspräsident nimmt die Verteilung von Schutzmasken fast persönlich in die Hand. Und Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz macht klar, dass er die offenen Binnengrenzen für Geschichte hält, wenn es nicht gelänge, den Migranten an der türkisch-griechischen Grenze Einhalt zu gebieten.
Und die deutsche Regierung? Man weiß es nicht so genau. Sie erwägt dies und das im Zusammenhang mit dem Coronavirus, den Soli früher und umfassender abzuschaffen, Kurzarbeit zu finanzieren, sie spricht in Person ihres Gesundheitsministers zweideutige, interpretationsfähige Reisewarnungen aus. Von der Kanzlerin sieht und hört man nichts. Wer mal in Berlin versucht hat, die Corona-Hotline in den ersten Tagen zu erreichen, der hat ein ungefähres Abbild dessen, was die deutsche Bundesregierung abliefert an Performance. Immerhin, man hat nun beschlossen, ein Investitionspaket für die Wirtschaft zu schnüren und die Auszahlung von Kurzarbeitergeld zu erleichtern.
Mit Badelatschen ins Schlechtwettergebiet
Es kann ja sein, dass Manches, was Macron und Conte und Kurz da präsentieren an Kommunikation und politischer Entschlossenheit, einfach nur Demonstration ist. Demonstration dessen, dass hier eine Regierung am Werk ist, die weiß, was sie tut. Das schafft Vertrauen. So wie der Bergführer in der Wand bei einem plötzlichen Schlechtwettereinbruch auch der ganzen Seilschaft das Gefühl geben muss, er wisse genau, was er jetzt tut. Selbst wenn er es am Ende auch nicht so genau weiß. Er darf sich nichts davon anmerken lassen, sonst kommt zur Gefahr auch noch Panik. Und die macht alles noch schlimmer.
Die Bundesregierung aber macht in diesen Tagen den Eindruck von ein paar Ausflüglern, die in Badelatschen in ein Schlechtwettergebiet gekommen sind. Keiner gibt den Ton an, die Kanzlerin schon mal gar nicht. Von ihr hat man seit Wochen den Eindruck, dass sie nicht mehr bei der Sache ist.