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Cicero-Wahlkampfindex - Merkels Vorsprung, Steinbrücks Schlussspurt

Seit Ende Juli misst Cicero Online den Wahlkampfindex. Das TV-Duell vor einer Woche hat dem Wahlkampf einen Schub gegeben. Aber immer noch sind viele Wähler unentschlossen.

Autoreninfo

Thorsten Faas ist Professor für Politikwissenschaft im Bereich „Methoden der empirischen Politikforschung“ an der Universität Mainz. Zu seinen Forschungsgebieten zählen Wahlen, Wahlumfragen und Wahlkämpfe. 

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Der Bundestagswahlkampf 2013 scheint einer Flachetappe zu entsprechen. Lange Zeit hatte dieser keinen Höhepunkt, es passierte wenig. Seine Dynamik entfaltete dieser Wahlkampf nur schleppend. Aber nach dem TV-Duell vom vergangenen Sonntag zwischen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihrem Herausforderer Peer Steinbrück (SPD) sowie nach dem TV-Dreikampf zwischen den Spitzenkandidaten der drei kleinen Parteien, zwischen Rainer Brüderle (FDP), Gregor Gysi (Linke) und Jürgen Trittin (Grüne) am darauffolgenden Montag zeigt sich, der Wahlkampfschlusssport hat begonnen. Die Wahlkämpfer haben die flamme rouge, den roten Teufelslappen, der beim Radsport den letzten Kilometer vor dem Ziel einläutet, passiert.

Das zeigen die Ergebnisse aus der 6. Welle des Cicero-Wahlkampfindex.

Seit Ende Juli begleitet Cicero Online in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut YouGov den Bundestagswahlkampf mit einer repräsentativen Panelbefragung. Sechs Mal haben die rund 2000 Befragten auf die Frage geantwortet, wie sie den Wahlkampf wahrnehmen und wie es um ihre Wahlentscheidung steht.

Dass der Wahlkampf voranschreitet, haben schon die ersten fünf Wellen gezeigt. Einerseits mit Blick auf die Dynamik des Wahlkampfes, also mit Blick darauf, wie sich der Wahlkampf der Parteien entwickelt, andererseits mit Blick auf die (Un-)Entschlossenheit der Wähler.

Aber nach dem Kanzlerduell und dem TV-Dreikampf wird nun deutlich, dass die Dynamik des Wahlkampfs stark zugenommen hat (siehe Grafik). Der Wahlkampf kommt bei mehr Menschen an, es wird immer mehr über den Wahlkampf gesprochen. Mittlerweile sagen 52 Prozent der Befragten, in ihrem Bekanntenkreis wird viel über den bevorstehenden Bundestagswahlkampf gesprochen. Bei der ersten Welle Ende Mai waren dies nur 18 Prozent. Doch – aufgepasst Parteien – auch die Zahl derjenigen, die sagen, der Wahlkampf sei eine reine Schauveranstaltung, steigt. Mittlerweile sind es 69 Prozent. Insgesamt steigt der Dynamik-Index in der Folge deutlich, liegt mit 45.6 Punkten erstmals über 45 Punkten. Gegenüber der Vorwoche beträgt der Zuwachs 1,6 Punkte. Es ist der größte Sprung, den wir bislang gemessen haben. Die Spannung im Wahlkampf steigt.

Entwicklung von Dynamik-, Volatilitäts- und Gesamtindex seit Juli

Andererseits schreitet auch der Entscheidungsprozess der Wähler voran. Der Volatilitätsindex ist nach den beiden Fernsehduellen deutlich abgesackt. Nach 29,2 Prozent in der Vorwoche beträgt er nun 27,4 Prozent. Für viele Menschen waren Duell und Dreikampf offenbar ein Impuls, sich zu entscheiden – für die Wahlteilnahme, aber auch für die eine oder andere Partei. Entgegen der Meinung vieler Kommentatoren waren beide Ereignisse für viele Fernsehzuschauer und für viele Wähler weder sinn- noch nutzlos.

Aber Vorsicht: Immer noch schwanken 22 Prozent der Wähler, welche Partei sie in zwei Wochen wählen wollen. Noch immer können sich 23 Prozent der Wähler vorstellen, taktisch zu wählen. Die Zahl der unentschiedenen Wähler sinkt zwar kontinuierlich, bleibt aber weiter hoch. Das ist der wesentliche Grund, warum der Volatilitätsindex noch weiter vom Nullpunkt entfernt ist – erst am 22. September um 18 Uhr ist wirklich alles entschieden. Angesichts des Kopf-an-Kopf-Rennens zwischen Regierung und Opposition kann bis dahin noch einiges passieren. Die Ziellinie ist für die Parteien zwar in Sichtweite, aber noch lohnt sich für die Wahlkämpfer, in die Pedalen zu treten. Merkel hat einen Vorsprung, aber Steinbrück hat im Schlussspurt angezogen.

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