
- Meinungen sind wie Flugsand
Der Versand der Briefwahl-Unterlagen für die Bundestagswahl hat vielerorts bereits begonnen. Immer mehr Wähler stimmen per Brief ab, wegen der Corona-Pandemie lag der Anteil zuletzt sogar bei mehr als der Hälfte. Für die Demokratie ist das ein Problem.
Nur mal gesetzt den Fall, die Plagiate in Annalena Baerbocks Buch „Jetzt – Wie wir unser Land erneuern“ wären erst eine Woche vor der Bundestagswahl ans Licht gekommen: Hätte die Spitzenkandidatin der Grünen dann doch noch Chancen auf die Kanzlerschaft gehabt? Ein anderes Beispiel: Sollte sich Armin Laschet Mitte September mal wieder einen Fauxpas erlauben wie bei seinem Lachen während der Flutkatastrophe, könnte das Pendel der Wählergunst deutlich zuungunsten des CDU-Kandidaten ausschwingen. Diese zwei hypothetischen Szenarien haben eines gemeinsam: Sie illustrieren auf anschauliche Weise, dass unvorhergesehene Ereignisse die Ergebnisse von Wahlen entscheidend beeinflussen können. So weit, so normal.
Die Frage ist nur: Was passiert eigentlich mit den Stimmen, die bereits vor einer Nachricht mit womöglich wahlentscheidender Tragweite abgegeben wurden? Was wäre mit einem Briefwähler, der etwa im Vertrauen auf Baerbocks Redlichkeit als Buchautorin seine Stimme gegeben hat, bevor neue Erkenntnisse vom Gegenteil zeugen? Die Antwort: Pech gehabt, gewählt ist gewählt – das per Briefwahl abgegebene Votum lässt sich eben nicht zurückholen. Selbst dann nicht, wenn man aus sehr guten Gründen sein Kreuzchen auf einmal lieber an anderer Stelle machen würde.