Zahlreiche Teilnehmer machen in Berlin auf dem Tempelhofer Feld Yoga-Übungen
Massenyoga in Berlin: Welt der Gefühle als Quell menschlicher Echtheit / picture alliance

Befindlichkeiten - Weniger Bauch und mehr Kopf, bitte!

Für viele ist die Welt ein düsterer Ort, weil die Menschen angeblich so wenige Gefühle zulassen. Stattdessen lässt unsere Welt dem Verstand kaum noch Luft zum Atmen. Warum uns ein stärkeres Besinnen auf den Geist der Aufklärung gut tun würde, auch im Kampf gegen den Terror

Matthias Heitmann

Autoreninfo

Matthias Heitmann ist freier Publizist und schreibt für verschiedene Medien. Kürzlich hat er das Buch „Entcoronialisiert Euch! Befreiungsschläge aus dem mentalen Lockdown“ veröffentlicht. Seine Website findet sich unter www.zeitgeisterjagd.de.

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Empathie ist die Fähigkeit, sich in andere Menschen hineinzuversetzen, deren Emotionen zu erkennen, zu verstehen und mit ihnen zu fühlen. Um Empathie zu entwickeln, sind mehrere Faktoren von Bedeutung: Man muss den Anderen ernst nehmen und ihm auf Augenhöhe begegnen wollen. Zudem muss man sich selbst und seine eigenen Gefühle abgrenzen, um sich einer anderen Person widmen zu können. Landläufig verschwimmen jedoch die Unterschiede zwischen Empathie und Mitleid. Als „empathisch“ gilt im Alltag jemand, der Gefühle zeigt und auf das Gefühlezeigen anderer angemessen reagiert.

Kein gesunder Geist könnte etwas dagegen haben, dass Menschen empathisch sind oder Mitgefühl zeigen. Immerhin sind dies zentrale menschliche Eigenschaften. In unserem heutigen Verständnis werden Menschen häufig danach bewertet, ob sie in der Lage sind, Empathie und Mitgefühl zu entwickeln. An dieser Frage entscheidet sich, ob jemand als im positiven Sinne „menschlich“ gilt.

Wer Gefühle zeigt, ist beliebt

Oft wird dabei jedoch vergessen oder verdrängt, dass nicht nur die Empathie, sondern noch viel stärker die Fähigkeit zur Rationalität den Menschen charakterisiert. Während rationales Denken aber als beeinflussbar, korrumpierbar, aufgesetzt und letztlich als unpersönlich und kalt betrachtet wird, gilt uns heute die Welt der Gefühle als Quell menschlicher Unmittelbarkeit und Echtheit – und zwar sowohl auf der Ebene zwischenmenschlicher Beziehungen als auch in der Gesellschaft. Mit der Aussage, dass die moderne Welt zu kalt und rational sei und bestimmten Gefühlen wie etwa dem der Bedrohtheit und der Verletzlichkeit zu wenig Bedeutung beigemessen werde, ist es heute ein Leichtes, populär zu sein.

Dies war nicht immer so. Mit dem Entstehen des modernen aufklärerischen Denkens entfaltete sich ein Menschenbild, in dem zusätzlich zur Fähigkeit zu tiefen Emotionen auch die zum intelligenten und rationalen Denken als gegeben angenommen wurde. Auf den Ausbau wie auch auf die Untrennbarkeit dieser beiden Fähigkeiten setzt der Humanismus in seinem Bestreben, die Welt zu einem besseren, weil menschlicheren und freieren, Ort zu machen. Die Philosophie der Aufklärung sieht gerade in der Kombination aus emotio und ratio – wir würden heute sagen, aus Kopf und Bauch – die Einzigartigkeit der menschlichen Existenz, deren Bewahrung davon abhängt, beide Eigenschaften weiterzuentwickeln und in einem ausgewogenen Verhältnis zu halten.

Diese Ausgewogenheit ist heute aus den Fugen. Der moderne Zeitgeist diagnostiziert eine übermächtige Rationalität und sieht als Konsequenz Emotion und Empathie als knapper werdende Ressourcen an. Gleichzeitig gilt aber auch der einzelne Mensch als unfähig zu rationalem Denken. Ob als Verbraucher, als Wähler oder im Privatleben: In fast jedem Bereich des Lebens wird uns von Wissenschaftlern bescheinigt, irrational zu handeln und nicht unserem eigenen Willen, so dieser überhaupt vorhanden ist, zu folgen. Fazit: Rationalität hat in der modernen Weltsicht ausgedient – zwar nicht als zerstörerischer Faktor, wohl aber als menschliche Eigenschaft, auf die man positiv Bezug nehmen könnte.

Die doppelte Verneinung der Menschlichkeit

Die Betonung der Empathie ist ein Kernelement des modernen und nicht von Optimismus geprägten Menschenbildes. Hoffnung auf Besserung gibt es kaum, schließlich wird dem Menschen nicht nur die Fähigkeit zur Rationalität, sondern zugleich auch die Empathiefähigkeit abgesprochen. Der moderne Zeitgeist schafft es also nicht nur, Ratio und Emotion als sich gegenseitig ausschließende Eigenschaften zu deuten. Es gelingt ihm auch, den modernen Menschen als zu beidem unfähig darzustellen. Diese doppelte Verneinung der Menschlichkeit ist vielleicht der deutlichste Hinweis darauf, wie stark das moderne Denken von misanthropischen Adern durchzogen ist.

Die uns heute als selbstverständlich geltende Gegensätzlichkeit von Ratio und Emotio führt im Lebensalltag dazu, dass letztere häufig stark subjektiv und in bewusster Abgrenzung zur Objektivität definiert wird. Anders formuliert: Der „rationale Typ“ setzt sich eher selten mit der „menschlichen“ und gefühlsbetonenden Seite der Welt auseinander, da ihm der Fokus auf Emotionalität weder als objektiv noch als zielgerichtet gilt. Diese Haltung bringt ihm wegen des Mangels an Empathie den Ruf ein, kalt und unmenschlich zu sein.

Demgegenüber tendiert der „empathische Typ“ dazu, „trotz aller Schlechtigkeit der Welt“ Gefühle zu zeigen und auch auf der Gefühlsebene zu reagieren. Sein Bezug zur Welt ist stark persönlich geprägt, weshalb er Gefahr läuft, in seiner Empathie stärker um sich selbst zu kreisen als um den Anderen. Dies kann bis hin zu einer fortgeschrittenen Kurzsichtigkeit gegenüber dem vielleicht aus menschlicher Sicht viel Notwendigeren führen, denn die Aufwertung der Gefühlsebene führt zu einer Ausbreitung bereits existierender persönlicher Befindlichkeiten und Vorurteile. Diese Tendenz bringt dem empathischen Typen zwar auch Skepsis ein, dennoch gilt er zumeist als menschlich, wenn auch vielleicht als zu idealistisch und verträumt, als „zu ambitioniert“.

Selbstbezogene Emotionalität als Weltsicht

Wie unsere Gesellschaft die „emotionale“ Orientierung heute der rationalen vorzieht, kann man besonders gut überall dort feststellen, wo beide Haltungen inhaltlich aufeinandertreffen, wie etwa in der modernen Charity-Kultur. Obwohl das Spendensammeln für einen guten Zweck realistischen Zielen dienen und daher so zweckmäßig wie möglich sein soll, ist das Gefühl – die persönliche Betroffenheit oder das schlechte Gewissen – der entscheidende Treiber des Handelns. Rational betrachtet wäre es ein Leichtes, festzustellen, dass die Bekämpfung von Durchfallerkrankungen in der Dritten Welt sehr einfach und schnell eine unvorstellbar große Anzahl von Menschenleben, insbesondere Kinder, retten könnte. Doch beim Spendensammeln spielt Durchfall kaum eine Rolle; man konzentriert sich auf prominentere Krankheiten, auch wenn diese weniger verbreitet sind und weniger Schaden anrichten. Der Komiker und Physiker Vince Ebert erklärte dieses Phänomen einmal so einfach wie bitter: Es ist einfacher netter, eine rote Schleife zu tragen als eine braune.

Beispiele wie diese zeigen, dass unsere Welt in ganz vielen Bereichen tatsächlich nicht von kalter und wissenschaftlicher Rationalität, sondern von selbstbezogener Empathie dominiert wird. Schlimmer sogar: Die Welt droht in kopfloser Empathie zu ertrinken. Daher tendieren wir dazu, das Naheliegende zu tun – und nicht das Sinnvolle. Die Pick-and-Choose-Kultur, in der der rational-kühle Blick in die Welt verpönt ist, garantiert aus zwei Gründen keine moralisch hochwertigen Entscheidungen: Zum einen resultiert aus der Prominenz des Gefühls eine enorme Kurzsichtigkeit im Umgang mit realen Problemen. Zum anderen überfordert unsere Konzentration auf Befindlichkeiten die urmenschliche Empathie, über die jeder Einzelne verfügt. Diese Überforderung lässt Empathie umschlagen in Zynismus, Selbstzweifel und in Misanthropie, da aus dieser Perspektive das Scheitern der eigenen Ansprüche als verkraftbar erscheint.

Opfer-Islam gegen westliche Opfer-Kultur

Tatsächlich haben einige der größten Probleme unserer Zeit viel mit dem hohen Stellenwert individueller Gefühlslagen zu tun. Unser Fokus auf Befindlichkeiten, unsere Präferenz für die Opferperspektive sowie die fehlende Robustheit stehen auf Kriegsfuß mit Werten, Freiheiten und Rechten, die auf der Stärke und der Entwicklungsfähigkeit des Individuums aufbauen. Offensichtlich wird dies im Umgang westlicher Gesellschaften mit dem islamistischen Terror. Anstatt diesem mit breiter Brust entgegenzutreten und die Überlegenheit der westlich-aufgeklärten Moderne gegenüber steinzeit-theokratischen Vorstellungen zu demonstrieren, fällt der Westen in eine Schockstarre, in der den Menschen geraten wird sich wegzuducken, sich zu verstecken und zu hoffen, dass der Spuk bald vorbei ist.

Dies ist eine trügerische Hoffnung, denn paradoxerweise ist auch der islamistische Terror ein Produkt der Überemotionalisierung und der Opferkultur: Islamistische Attentäter verfolgen keinen rationalen Plan. Sie handeln spontan und emotional, denn sie sehen sich auf einer Mission zur Rettung der Welt vor allem Ungläubigen, unter dem sie zu leiden haben. Sie bauen darauf, dass sich Muslime in aller Welt von dieser Opferkultur anstecken lassen und dann ebenfalls zu den Waffen greifen. Wir haben es mit einem Konflikt zwischen dem zunehmend wild um sich schlagenden Opfer-Islamismus auf der einen Seite und der zunehmend kopflosen westlichen Opferkultur auf der anderen Seite zu tun, der sich deshalb aufschaukelt, weil Verstand und Rationalität auf beiden Seiten als „haram“ gelten.

Ein bisschen weniger Empathie und Gefühlswallung, dafür mehr robuste Bedachtheit und mehr entschlossene Rationalität könnten die Welt tatsächlich zu einem besseren, menschlicheren Ort machen. Die Lösung ist nicht mehr Bauch, sondern mehr Kopf, und das Ganze mit Hand und Fuß.

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Gerdi Franke | So., 11. Juni 2017 - 10:07

Gefühl sollte Privatsache sein. Das kann jeder halten wie er will. Aber öffentlich Gefühl fordern und zeigen wollen zu Lasten der Allgemeinheit empfinde ich als unverschämt.

Reinhard Oldemeier | So., 11. Juni 2017 - 11:42

Ob im Großen oder Kleinen es ist leichter Opfer zu sein als ein Held. Als Held bezeichne ich nicht den Typ der seine Ziele mit Gewalt durchsetzt sondern mit dem Verstand.
Das fängt im Kindergarten an, Opfer werden getröstet und man hat Mitleid mit Ihnen. Im Kindergarten mag man dieses noch verstehen, aber im in der Weltpolitik müsste eigentlich der Verstand herrschen.
Die Muslime haben das perfektioniert. Sie sind Opfer der bösen Weltgemeinschaft. Nun wehren Sie sich dagegen. Über Jahrhunderte war der arabische Raum führend in der Wissenschaft. Was hat den Niedergang bewirkt?
Man hat sich in eine Opferrolle hinein begeben, wo man selbst gefangen ist.
Den Rest der Welt wird das gleiche Schicksal ereilen, wenn wir weiter in eine Art Opferrolle verfallen.
Die Menschheit muss einen klaren Kopf behalten, und deswegen ist der Artikel sehr wichtig.
Emotionen helfen nicht die Probleme dieser Welt zu lösen sondern der Verstand und die klare Analyse sind die Lösung aller Probleme.

Leider ist Ihre Bemerkung als unhistorisch einzuordnen. Auch wenn es immer wieder kolportiert wird, macht es den Sachverhalt nicht richtiger: Die Blüte der "islamischen Wissenschaft" war ausschließlich durch die gewaltsame Eroberung Persiens, Ägyptens, Teilen Indiens und Nordafrikas möglich. Dort gab es bereits aufkeimende und blühende Wissenschaften, die nach der Zwangsislamisierung fortgesetzt wurden. Die Wissenschaftler selbst, auch wenn sie nun (!) arabische Namen trugen, waren fast durchweg Christen und Juden. Die "arabischen Zahlen" sind indischen Ursprungs; sogar den Kuppelbau der Moscheen hat man von den Byzantinern abgekupfert.

Michaela Diederichs | Mo., 12. Juni 2017 - 15:42

Antwort auf von Mikael Amorello

Nach Ibn Sina kam nichts mehr und der lebte ca. 980. Immerhin hat er unsere Medizin nachhaltig geprägt.

Gisela Fimiani | So., 11. Juni 2017 - 14:04

Sapere aude! Seit Horaz aktuell, ist die Aufforderung mit einer gewissen Anstrengung für das Individuum verbunden. Derartige Individuen sind auch politisch unbequem. Daher bedienen sich Politiker gern der fürsorglichen Rede und befördern die Infantilisierung des Wahlvolkes. Der Einzelne braucht nicht zu denken und kann sich des Wohlgefühls des Aufghobenseins im sorgenden Staat hingeben. Die Hingabe an die Emotio ist allemal einfacher, als die Mühe, welche die Ratio erfordert. Letzere, allerdings, ist für die Demokratie unerläßlich....wie auch für die Entwicklung jedes einzelnen Menschen.
Dank dem Autor für seine Gedanken.

Manfred Steffan | So., 11. Juni 2017 - 14:17

... rational statt emotional gehandelt, die Flüchtlingslager in den Krisengebieten mit mehr Mitteln versorgt statt Gelder für sie auch noch zu reduzieren, klar zwischen Verfolgten und sonstigen Einwanderern getrennt, Grenzkontrollen und Personenregistrierungen vorgenommen und vieles derartiges mehr, hätte man vermutlich weniger Tote (im Mittelmeer und anderswo) und eine stärkere Reduzierung des Elends in der Welt gehabt als wir das heute ohne diese Maßnahmen haben. Aber das hätte unser Land auch weniger bunt gemacht und weniger durch fremde Kulturen bereichert, und man müsste sich mehr mit der deutschen Identität quälen: "Ausländer, lasst uns nicht mit den Deutschen allein!" Für diese Gefühligkeit muss man halt einen Preis bezahlen - Geld und auch einige Menschenleben, letztere natürlich ungewollt. Jedenfalls: Die rationalen Vorschläge sollen doch nur latente Fremdenfeindlichkeit kaschieren. Hauptsache, man handelt in bester Gesinnung, dann ist man von den Folgen freigesprochen - oder?

Ich gehe einen Schritt weiter und behaupte hätte man rational gehandelt bevor man diese Länder angegriffen und bombardiert hat aus denen die vielen Flüchtlinge kommen, hätte man das Flüchtlingsproblem in diesem Ausmaß nicht. Erst bedenken was sind die Folgen meines Eingreifens und was kommt danach sollten im Vordergrund stehen. Erstaunlicherweise findet sich aber immer wieder eine Koalition der Willigen die bei jedem Blödsinn "Gewehr bei Fuß steht".

etwas fehlt in Ihrer Aufzählung. Sie haben zwar in allen Punkten recht, aber wer sind diese "man"? Wer hat den sog. arab. Frühling inszeniert und die ganze Region ins Chaos gestürzt? Der arab. Frühling war ja nicht einmal der Anfang für das Chaos, das wir heute dort haben. Und was war der Grund dafür? Und wer hat sich davon Vorteile versprochen?

Helmut Bachmann | So., 11. Juni 2017 - 14:46

Weniger Empathie? Wie wäre es mit mehr Reife, also reiferer Empathie statt unreifer Emotionalisierung und Gutmenschentum?
Reife Empathie bedeutet, dass man nicht einfach den Migranten vor der Haustür als hilflosen, kuschelbedürftigen, armen, guten Wilden fantasiert, um ihn dann mit selbstbezogenem Hilfeterror zum Dauerbedürftigen zu machen. Sondern, dass ich tatsächlich auf die Realität des Gegenübers Bezug nehmen, auch dann, wenn er gar nicht vor der Haustür sitzt, sondern in Afrika oder anderswo ist.
Dann käme bei reifer Empathie noch der Verstand dazu, der einem z.B. sagt, dass man entweder hier wenigen, oder vor Ort vielen helfen kann
Und vieles andere mehr.

Es geht um Reife vs. Selbstbezug

Alfred Bucher | So., 11. Juni 2017 - 15:32

Zu der Emotionalität, die hierzulande regiert, gehört auch die Geschichtsvergessenheit.

Damit meine ich allerdings nicht die an jeder Ecke dargebotene Aufarbeitung des 3. Reiches.

Vielmehr in größeren Zeiträumen scheinen unsere Eliten nichts aus der Geschichte gelernt zu haben.
Z. B. dass man weiß, dass es gute und schlechte Menschen+Regierungen+Ideologien+Nationalismen gibt.
Auch wenn sie momentan vordergründig nicht groß in Erscheinung treten, sind sie doch latent immer vorhanden.
Und wenn wir 70 Jahre in Frieden gelebt haben, dürfen sie nicht vergessen werden.
Deshalb ist es geradezu fahrlässig, z.Bsp. die Armee sozusagen schleifen zu lassen, bis sie am Ende nichts mehr taugt.
Oder eben zu meinen, Grenzen kann man nicht schützen.
Diese Aussage, von einer Kanzlerin, ist eigentlich eine Kapitulation einer Regierung (überall, aber nicht in D. in der eben die Presse mit der totalen Emotionalität, anstatt mit Verstand und Logik denkt. Vernunft wäre auch passend.

Ich habe gerade im Radio gehört, dass die Grenzen jetzt wieder kontrolliert werden. Wegen des G20 Gipfels in HH.

wir haben in den letzten 7o Jahren in Frieden gelebt. Alle anderen Punkte stimmen auch. Aber vergessen Sie bitte nicht, noch nie in der Geschichte dieser Erde gab es in einem vergleichbaren Zeitraum auch nur annähernd so viele Kriege wie in den letzten 7o Jahren. Warum?

Torsten Knecht | So., 11. Juni 2017 - 15:47

... fertig. : )

Lösung? Nö, Probleme sind immer noch da!

Die Polarisierung von rational u. irrational in Bezug auf die "Massen" sprich Bevölkerung ist ein uraltes sozialwiss. Thema. Irrational wurde immer als gefährlich dargestellt, weil es ja die Herrschaftsordnung in Frage stellen u. zu Fall bringen könnte. Deshalb lautet das Ziel: Disziplinierung der Massen (plus Kontrolle). Gestern wie heute. Mit Aufklärung hat das nix zu tun.

Mir geht es ähnlich wie Ihnen.Bin ich krank,wenn Hirn und Bauch zum gleiche Ergebnis kommen.Das kommt bei Herrn Heitmann nicht vor.

Michaela Diederichs | So., 11. Juni 2017 - 16:03

Der Islamwissenschaftler Tilman Nagel (* 1942) vertrat 2005 die Meinung, eine Unterscheidung zwischen Islam und Islamismus sei „ohne Erkenntniswert“. „Islam und Islamismus sind so lange nicht voneinander zu trennen, wie Koran und Sunna als absolut und für alle Zeiten wahr ausgegeben werden“, so Nagel.  "Der Islam richte sich nicht wie das Christentum in einem bestehenden Staat ein, sondern gründe „einen eigenen“. Historisch führt Nagel dies auf die frühislamische Gemeinde unter Mohammed zurück, dessen Wirken Nagel zufolge „von Anfang an ein entschiedenes Streben nach Dominanz über alle anderen Menschenverbände“ innewohnte, weil es sich „als unerschütterbar wahr und endgültig richtig auffasste. Die Anwendung von Gewalt zur Selbstbehauptung und dann zur Unterwerfung anderer Gemeinschaften, die eben nicht islamische waren, ist demgemäß ein wesentliches, wenn nicht das wesentliche Merkmal der Geschichte des Wirkens Mohammeds in Medina.“ Ist das rational genug?

Karin Zeitz | So., 11. Juni 2017 - 16:42

ist eine rühmliche Ausnahme, denn das von Herrn Heitmann beklagte Phänomen ist zum großen Teil der Rolle der öffentlich-rechlichen Medien geschuldet. Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise z. B. schauten uns sowohl vom Fernseher als auch von den Pressefotos überwiegend große Kinderaugen von den Kleinsten der Flüchtlinge entgegen, obwohl die Mehrzahl der Migranten aus dem Kindesalter längst entwachsenen jungen Männern besteht. Es wird an das Gefühl der Menschen appelliert und man schreckt nicht davor zurück, das Kindchenschema zu missbrauchen, um in der Bevölkerung eine Akzeptanz für diese verfehlte Politik zu erhalten. Die 4. Gewalt, die so wichtig ist für eine starke Demokratie, hat ihre ausgleichende Rolle (bis auf wenige rühmliche Ausnahmen) leider eingebüßt.

Michael Studer | So., 11. Juni 2017 - 20:03

Dem Artikel möchte ich ausdrücklich zustimmen. Und einen weiteren Aspekt, eine Art Infantilismus, hinzufügen:

Die Gefühls-Inflation und das Verkümmern von Vernunft und analytischem Denken erscheint mir in vielerlei Hinsicht wie das Verweigern des Erwachsenseins. Mit frappierenden Parallelen: Leicht zu essender Brei - Leicht zu konsumierendes Meinungs-Einerlei. Beschützt und verwöhnt werden von Mama und Papa - Beschützt und verwöhnt werden von Staat und "Mutti". Gefühls-Achterbahn eines Kindes - Das Gleiche bei immer mehr Staatsbürgern, deren Aufgabe in einer funktionierenden, noch vorn gerichteten Demokratie aber u.a. Mündigkeit, Besonnenheit, Verantwortung und Weitsicht wäre.

Dazu passt auch dies: Es gibt kaum noch TV- oder Radioberichte, die nicht mit entsprechender, gefühlssteuernder oder gefühlsauslösender Hintergrundmusik unterlegt sind. Für mich zeigt das: Die aktuelle"Gefühls-Inflation" bringt leider keine echten, sondern vorkonfektionierte, manipulative Gefühle hervor.

Barbara Mosler | So., 11. Juni 2017 - 21:43

Es ist mehr als das mit Daumen und Zeigefingern gestaltete Zeichen, das millionenfach in sozialen Netzwerken gepostet wird. Der Bauch ist "Heimat" von diffusen Befindlichkeiten und Stimmungen; "Liebe deinen Naechsten wie dich selbst" spricht hingegen das Herz an. Wir sind alle irgendwie herzkrank, weil wir uns selbst nicht lieben.
Wir setzen unsere Werte auf's Spiel. Es ist kein Zufall, dass das Herz naeher am Kopf ist, als der Bauch!
Was mich an der Fluechtlingskrise am meisten aergert ist die Tatsache, dass ich die Faehigkeit, Mitleid zu empfinden mit Not leidenden Menschen, weitgehend verloren habe: Zu gross ist die Frustration ueber Merkel, die 2015 scheinbar den Verstand verloren hat (bzw. mit ganz perfiden Tricks ihre Macht zementiert). Ich kann kaum Mitleid haben mit Menschen, die aufgrund voellig irrationaler Entscheidungen einer unfaehigen Politikerin, zumeist illegal in's Land gekommen sind. Es kann mich auch keiner zwingen, Mitleid zu haben. Eigenliebe ist schwer genug.

Cecilia Mohn | So., 11. Juni 2017 - 22:00

Aber Cicero - das ist wieder einmal ein absolut zeitgemäßer Artikel! Gratulation!
Genau, vor lauter Gefühlsduselei drohen wir unseren Verstand zu verlieren. Man kann es gar nicht besser darstellen als der Artikel es tut.
Sapere aude!
Kant, Voltaire!
Aber eben auch der TRAUM ... Habe Mut dich deines Verstandes und deines Gefühls zu bedienen, du bist ein denkendes und ein fühlendes Wesen.
Im Moment überwiegt das träumerische Element im sozialen Diskurs, deshalb dürfen und müssen wir der Vernunft wieder mehr Raum einräumen, damit die Balance zwischen Traum und Realität erhalten bleibt.
"Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer." Francisco de Goya.

Wachen wir wieder einmal auf

Cecilia Mohn

Jürgen Schad | So., 11. Juni 2017 - 22:19

Der Forderung nach mehr Rationalität resp. nach politischer Vernunft in Überschrift und letztem Satz kann ich nur zustimmen. (Die dazwischenliegende, für mich eher zerfasernde Differenzierung bietet m.E. wenig Klärung der Begriffe.)

Die Diagnose des Autors, dass "Rationalität ... in der modernen Weltsicht ausgedient (hat)", ist auch meine Befürchtung.

Das Top-Foto darf als Bestätigung dienen. Offensichtlich wurde es auf einer die Transzendenz huldigenden Veranstaltung aufgenommen. Es hat auf mich die Wirkung eines Horrorfilm - in seiner zur Geste kristallisierten Irrationalität. Einfach nur grauenhaft ...

ingrid Dietz | So., 11. Juni 2017 - 22:57

ist alles richtig und absolut o.k. - aber bitte auch hier keine Einbahnstraße !

Aber: meine Empathie ist die letzten zwei Jahre derart mißbraucht worden, dass meine Empathie bei gewisse Menschen unter Null gesackt ist !

Larissa Tscherkow | Mo., 12. Juni 2017 - 03:07

schreitet leider weiter voran. Mit Riesenschritten!

Denn nicht die Liebe zur Wahrheit bestimmt was man heute in Deutschland hören will, sondern allein der Wunsch sich im Augenblick gut zufühlen.

Fühlt sich eine Wahrheit nicht gut an, wird sie ignoriert und Menschen, die auf diese Wahrheit hinweisen, werden sofort ausgegrenzt, weil man nicht hören will, was ungute Gefühle erzeugt.

Wünsche werden in diesem kindlichen Geist immer zur (scheinbaren) Wahrheit, und wer widerspricht, wird immer zum (scheinbaren) Bösewicht. Egal ob er Palmer oder Sloterdijk heißt.

Viele Deutsche verhalten sich wie kleine Kinder, die ihre Ohren zuhalten, wenn Mama sagt, dass zu viele Bonbons schlechte Zähne machen, während sie zugleich plärren: " Ich kann alle Bonbons der Welt essen, meine Zähne bleiben immer gut! "

Besonders tragisch ist, dass die Verkindlichung des Denkens auch in den sogenannten Eliten zur Regel geworden ist, wie jede deutsche Talkshow beweist.

helmut armbruster | Mo., 12. Juni 2017 - 08:37

schrieb schon vor 120 Jahren:
Nie haben die Massen nach Wahrheit gedürstet. Von den Tatsachen, die ihnen missfallen, wenden sie sich ab und ziehen es vor, den Irrtum zu vergöttern, wenn er sie zu verführen vermag. Wer sie zu täuschen versteht, wird leicht ihr Herr, wer sie aufzuklären sucht, stets ihr Opfer.

Mikael Amorello | Mo., 12. Juni 2017 - 09:33

Der Ausgleich von Herz und Verstand, ratio und emotio und das Beschreiten eines gesunden Mittelweges ist gut antikes, jüdisches und christliches Denken. Bereits Aristoteles spricht von den mesótäs, den ausgemittelten Tugenden, und Anselm von Canterbury weiß im 11. Jahrhundert: "Credo ut intelligam" (Ich glaube, damit ich erkenne[n] kann.) bzw. "fides quaerens intellectum" (Glaube sucht nach Erkenntnis) und schafft damit eine theologische Ebene, die sich von der reinen (kerygmatischen) Empathie und der reinen Ratio abhebt. Kurz: Glaube und Gefühl sind nötig, bedürfen aber des Verstandes als Korrektiv; andererseits nimmt die Emotion dem Verstand seine kalte Schärfe.

Dem Gesamtschul-Nerd müssen das verborgene threads in seinem chilligen life sein - wenn er es nicht sogar für einen prank hält.

Karl Kuhn | Mo., 12. Juni 2017 - 11:29

"Islamistische Attentäter verfolgen keinen rationalen Plan."
Sehr wichtige Einsicht, die all denen widerspricht, die glauben, die terroristischen Aktionen würden irgendeinem genialischen Masterplan folgen. (Entsprechende Theorien gibt es ja auf beiden Seiten der derzeitigen Big Divide.)
"Wir haben es mit einem Konflikt zwischen dem zunehmend wild um sich schlagenden Opfer-Islamismus auf der einen Seite und der zunehmend kopflosen westlichen Opferkultur auf der anderen Seite zu tun, der sich deshalb aufschaukelt, weil Verstand und Rationalität auf beiden Seiten als „haram“ gelten."

Danke dafür!!!

martin falter | Mo., 12. Juni 2017 - 12:22

mehr Gefühl verlangen? Ich glaube eher, dass Realitäten mit dem richtigen Gefühl oder besser Emotion vermittelt werden sollten. Zur Zeit werden wir alle sediert und verschlafen so Entwicklungen die uns später in der Zukunft auf die Füße fallen können.

Dr.Lothar Sukstorf | Mo., 12. Juni 2017 - 12:30

was brauchen wir das alles? Zum einen haben wir die Kirchentage via TV frei Haus geliefert...zum anderen haben wir Merkel, die ja alles für uns richtet. Wozu sollen wir uns da "anstrengen"? Sie ist ja genug Mutti, um alle unsere Gefühlswelten zu regeln und Verstand hat sie angeblich ja auch genug für uns alle...Im Übrigen gibt es ja noch die Medien, die politisch korrekt alles für uns vorfiltern, so daß unsere Gefühlslagen immer schön unter Kontrolle bleiben.

Irena Latke | Mo., 12. Juni 2017 - 13:28

Paradoxerweise findet die "Mission zur Rettung der Welt vor allem Ungläubigen" bevorzugt unter sog. Gläubbigen statt.Überemotionalisierung mag stimmen, aber verbunden mit grenzenloser Dummheit. Man muss schon ein sehr schlichtes Gemüt haben um davon überzeugt zu sein, man könnte sich das Paradies mit Bergen von Leichen verdienen. Den Anders- oder Ungläubigen wird Empathie mantraartig eingebläut, wobei auch hier der Verstand auf der Strecke bleibt. Religionsfreiheit muss heutzutage da aufhören, wo sie Anderen nach dem Leben trachtet und eine Minderheit von ca. 5% sollte nich unentwegt hofiert werden. Auch die ca. 30% Atheisten haben das Recht nicht ständig von Religionen bedroht zu werden.

Peter Wagner | Mo., 12. Juni 2017 - 15:18

Unsere Kanzlerin ist das beste Beispiel dafür, dass Empathie in der Politik eine untergeordnete Bedeutung haben sollte! Merkels von Empathie geleitete Politik, hat zu schwerwiegenden und unverantwortlichen, uns allen bekannten, politischen Fehlleistungen geführt!
Die einzige Partei, für die nicht Empathie sondern Sachlichkeit im Vordergrund steht, wird von Politik und Medien, ständig auf zum Teil sehr unfaire Weise, diffamiert! Warum, weil zu viele Deutsche immer noch glauben, dass wir die verdammte Pflicht und Schuldigkeit haben, auf Grund unserer Nazi-Vergangenheit, für jeden auf dieser Welt geschundenen Menschen, Empathie zeigen zu müssen. Wer sich ständig kulturell und materiel überfordert, gibt sich auf! Der Selbsterhaltungstrieb ist vielen Deutschen inzwischen abhanden gekommen! Ein Stück gesunder Egoismus ist überlebenswichtig!

Torsten Knecht | Mo., 12. Juni 2017 - 22:35

... wir haben Rituale wie Fasching u. a. (kulturelle, freizeitorientierte) Ventile, um den Emotionen Auslauf zu geben.

... wir haben den bürokratischen Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens, Gewaltenteilung, Rechtssprechung usw. ein rationaler Betrieb, der für die Aufrechterhaltung der Ordnung da ist. Der einzige Daseinsgrund.

Problem? ... liegt darin, das die rationale bürokratische u. politische Apparatur nicht mehr rational, also auf Basis der Vernunft nachvollziehbar, tickt - sondern autoritär.

Die Logik verrät uns Merkel nicht direkt, nur indirekt: Zuerst waren ihr die F. angeblich einen "humanistischen Imperativ" wert, um die Einwanderung zu begründen. Ein Jahr später hiess es nur noch, das es eine "wirts. Herausforderung" (in D.) sei, die "wir zu schaffen" hätten.

Fazit: Merkel instrumentalisiert Werte u. Gefühle, um ihre Ents. zu begründen. Ihre Ziele sind (nicht bekannt u.) nicht unbedingt die Ziele der Mehrheit der Deutschen. Insofern handelt Merkel irr(e)ational.

Roland Hinke | Mo., 12. Juni 2017 - 22:40

Jeder Bayer kennt den Spruch: "vui zvui Gfui".
Ich erinnere mich, wie erschrocken ich war, als ich das erste Mal im Wetterbericht von der "gefühlten Temperatur" hören musste! Mein Gott, minus 10 Grad sind minus 10 Grad und nicht minus 20! Dann kam der Mist mit dem "Darmgehirn": soviel Nervenzellen können nicht irren! Leute, schaltet Euren Kopf aus und entscheidet nach "Bauchgefühl"! Es sind unsere Medien, die jedem beklopptem Misttrend hinterher jagen, und es sind unsere Bildungspolitiker, die den Naturwissenschaften in den Schulen die Luft abschnüren.

Michaela Diederichs | Mo., 12. Juni 2017 - 23:05

"Ein bisschen weniger Empathie und Gefühlswallung, dafür mehr robuste Bedachtheit und mehr entschlossene Rationalität könnten die Welt tatsächlich zu einem besseren, menschlicheren Ort machen. Die Lösung ist nicht mehr Bauch, sondern mehr Kopf, und das Ganze mit Hand und Fuß." Haben solche Urteile mehr robuste Bedachtheit und entschlossene Rationalität?
https://www.welt.de/vermischtes/article165462901/Das-Cottbuser-Gericht-…

hat eine Journalistin einen sehr wahren Satz geschrieben:

"Vielleicht wäre unsere Welt ein besserer Ort, wenn wir uns nicht ständig fragen würden, ob wir auch glücklich genug sind."

Eine sehr weise Meinung, wie ich meine.

Arnim Koch | Di., 13. Juni 2017 - 14:42

Dazu ein Zitat von Albert Schweizer (dem man nicht gerade wenig Empathie nachsagen kann): "Ich wage unserem Geschlecht zu sagen, daß es nicht meinen soll, mit dem Rationalismus fertig zu sein, weil der bisherige zuerst der Romantik und dann einer auf dem Gebiet des Geistigen wie des Materiellen zur Herrschaft kommenden Realpolitik Platz machen musste. Wenn es alle Torheiten dieser Realpolitik durchgemacht hat und durch sie immer tiefer in geistiges und materielles Elend geraten ist, wird ihm zuletzt nichts anderes übrigbleiben, als sich einem neuen Rationalismus, der tiefer und leistungsfähiger ist als der vergangene, anzuvertrauen und in ihm Rettung zu suchen".

Dr.Lothar Sukstorf | Mo., 19. Juni 2017 - 12:11

Bauch und Kopf...egal...frei nach Schwennicke...vielfach wird sowohl oben als auch unten...heftig und übel riechend exkrementiert...vor allem gegen den klugen Kopf, Sieferle.