Hamas-Führer Ismail Haniyeh und der türkische Präsident Erdogan im Januar 2012
Hamas-Führer Ismail Haniyeh und der türkische Präsident Erdogan im Januar 2012 / picture alliance

Muslimbrüder, Hamas und Dschihadisten - Die gefährlichen Verbündeten der Türkei

Die Bundesregierung geht davon aus, dass die türkische Führung unter Präsident Erdogan eine bewusste Zusammenarbeit mit islamistischen Organisationen im Nahen Osten pflegt. Das sorgt in Deutschland für Wirbel. Dabei geht die Türkei schon seit Jahren Bündnisse mit fragwürdigen Partnern ein

Autoreninfo

Martin Gehlen ist Journalist und berichtet aus der arabischen Welt.

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Oberstes Kriegsziel Ankaras in Syrien war stets der Sturz von Bashar al-Assad. Jahrelang duldete die Türkei die Einreise von Dschihadisten aus aller Welt in das kriegsversehrte Nachbarland. Jeder, der gegen den Diktator von Damaskus kämpfen wollte, war willkommen. Die 100 Kilometer lange Grenze zwischen dem „Islamischen Kalifat“ und dem Nato-Mitglied war praktisch offen, der Schmuggel von Waffen, Geld, Antiquitäten und Lebensmitteln einfach.

Ankara begann erst umzusteuern nach den vier Terroranschlägen des „Islamischen Staates“ in Istanbul. Der bisher letzte, auf den Flughafen, forderte 45 Tote. Seitdem wurden durchreisende Gotteskrieger abgefangen und abgeschoben. Nach dem russisch-türkischen Versöhnungsgipfel in St. Petersburg bot der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim Moskau erstmals sogar eine Kriegsallianz gegen den IS an. Ähnlich schwankend ist auch das Verhältnis Ankaras zur Al-Nusra-Front, die sich Ende Juli offiziell von Al Qaida lossagte und im Westen als Terrororganisation gilt. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan dagegen nahm die Dschihadisten kürzlich in einem Interview ausdrücklich in Schutz. „Angesichts der Tatsache, dass die Al-Nusra-Front auch gegen den IS kämpft, sollte sie nicht als Terrororganisation eingestuft werden“, erklärte er.

Verbindung zur Hamas führt zum Zerwürfnis mit Israel

1950 erkannte Ankara als erster islamischer Staat die Existenz Israels an und pflegte über Jahrzehnte ein gutes Verhältnis zu Tel Aviv. Israelische und türkische Truppen hielten regelmäßig gemeinsame Manöver ab. Im Mai 2008 begann die Türkei sogar, indirekte Friedensgespräche zwischen den beiden benachbarten Erzfeinden Israel und Syrien zu vermitteln. 2007 übernahm die Hamas im Gazastreifen die Macht, danach folgten 2009 und 2012 zwei verheerende Kriege zwischen den Islamisten und Israel. Ausgelöst durch die unverhältnismäßig brutalen israelischen Luftangriffe begann sich in der politischen Führung der Türkei das Blatt zu wenden. 2010 brachte die israelische Marine eine türkische Hilfsflotte auf. Diese hatte die Seeblockade der palästinensischen Enklave brechen wollten. Dabei starben neun türkische Aktivisten. Das löste eine sechsjährige diplomatische Eiszeit aus.

Erst vor zwei Monaten wurde die Krise mit einem Kompromiss beigelegt. Allerdings muss das türkische Parlament diesen noch ratifizieren. Danach bleibt die Blockade des Gazastreifens durch Israel bestehen, die Türkei kann jedoch künftig humanitäre Hilfe für die 1,5 Millionen eingepferchten Bewohner leisten. Lieferungen aus der Türkei müssen im Hafen von Aschdod gelöscht und von dort auf dem Landweg nach Gaza transportiert werden. Obendrein will Israel den Opfern und ihren Angehörigen 20 Millionen Dollar Schadensersatz überweisen. Im Gegenzug verpflichtet sich die Türkei, alle laufenden und künftigen Klagen gegen israelische Soldaten zurückzuziehen.

Schwieriges Verhältnis zu Ägypten nach Sturz der Muslimbrüder

Türkische Staatschefs machten um Ägypten, dem traditionellen Hauptrivalen im Ringen um die machtpolitische Vorrangstellung im Nahen Osten, stets einen großen Bogen. 15 Jahre lang herrschte Funkstille, bis Hosni Mubarak schließlich vom Arabischen Frühling hinweggefegt wurde. Danach ließ sich Recep Tayyip Erdogan 2011 und 2012 gleich zweimal in Kairo blicken. Mit der Wahl Mohammed Mursis zum ägyptischen Staatschef wurde das Verhältnis rasch enger. Ankara empfing den Muslimbruder im September 2012 zu einem pompösen Staatsbesuch und sagte ihm zwei Milliarden Euro als Finanzhilfen zu. Katar steuerte weitere fünf Milliarden bei. Beim Gegenbesuch in Kairo hatte Erdogan zehn Minister und 350 türkische Geschäftsleute in seinem Tross, die sich von dem politischen Neuanfang auch eine Belebung der dümpelnden Handelsbeziehungen erhofften.

Und so traf Ankara der Sturz Mursis im Juli 2013 durch das Militär wie eine kalte Dusche. Wütend beschuldigte Erdogan Israel, hinter dem Putsch zu stecken. Tel Aviv wies das als „absurd“ und Washington als „anstößig, unbegründet und falsch" zurück. Mit der neuen ägyptischen Führung unter Ex-Feldmarschall Abdel Fattah al-Sissi liefert sich Erdogan seitdem regelmäßig heftige Wortgefechte. Erdogan prangerte vor allem die drakonische Unterdrückung der Muslimbrüder an. Zuletzt jedoch gab es wie bei Israel auch bei Ägypten wieder sanftere Töne. Man könne sich vorstellen, das Verhältnis zurück in normale Bahnen zu lenken, hieß es aus Ankara. Voraussetzung aber sei, dass das Todesurteil gegen Mursi nicht vollstreckt werde.

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Gudrun Philipp | Mi., 17. August 2016 - 17:50

Wenn ich von all diesen geschlossenen + wieder aufgekündigten Allianzen der Türkei, zumeist in Richtung fundamentalistischer Islam, lese, frage ich mich, warum die NATO noch immer an diesem unzuverlässigen und gefährlichen Partner festhält. Ist die Lage der Türkei SO wichtig, daß die NATO-Staaten über diese hochbrisanten Gefahren hinwegschauen können, so wie jetzt Obama, der bekanntlich Atomwaffen in der Türkei lagern will? Einem Mann wie Erdogan kann man nicht eine Sekunde lang über den Weg trauen, ein Mann, der die halbe Türkei in die jetzt frei werdenden Gefängnisse schmeißt und dabei nach eigenem Belieben alle hindernden Gesetze bricht. Wenn man sich die Vita von Stalin anschaut, kann man durchaus Vergleiche ziehen. Stalin entwickelte sich zu einem Psychopathen, der selbst seinem engsten Umfeld nicht mehr traute. Erdogan ist auf dem Weg dahin, er hat die Türkei inzwischen zum Opfer aller Europäer stilisiert. Und er ist das größte Opfer, das unausgesetzt um
sein "Recht" kämpft.

Atomwaffen. Gerade erst forderte ein türkischer Journalist, Ibrahim Karagül, sogar sie müssten der Türkei übergeben werden und fügte die Drohunh hinzu, anderenfalls "nehmen wir sie unter Kontrolle".

Dass es bei der "Partnerwahl" westlicher Regierungen nicht nach der Vereinbarkeit von Werten oder Zielen geht, wird aber ja leider fortwährend überdeutlich demonstriert.

Meine Erwartungen sind da mittlerweile echt nicht mehr allzu hoch, um es mal euphemistisch auszudrücken - gerade auch weil sich die westliche Regierungen so oft selbst nicht an die eigenen Spielregeln halten! (Siehe völkerrechtswidrige Angriffskriege, Unterstützung "moderater" Terroristen, Drohneneinsätze, Folter, Wahlbetrug, Korruption etc pp)

Arndt Reichstätter | Mi., 17. August 2016 - 18:05

Die NATO hat zugesehen und geholfen, über ihr türkisches Mitglied Syrien zu destabilisieren.

Und die Menschen wundern sich, warum ich gegen die NATO bin.

Nicht zuletzt, weil sie gegen ihre eigenen Gesetze verstößt. So darf die USA oder Deutschland eigentlich keine Putsch-Regime unterstützen, tut es im Falle Ägyptens aber mit Entwicklungsmilliarden trotzdem.

So gilt in der NATO zwar das eigene Recht nicht. Aber immerhin dürfen wir Milliarden an fremde Gangster zahlen.

Und die Menschen wundern sich, warum ich gegen die NATO bin.

Renate Aldag | Mi., 17. August 2016 - 18:33

Die Verbündeten von Erdogan sind genauso gefährlich, wie er selbst. Ein Land wie die Türkei, welches kurz davor ist die Todesstrafe einzuführen und die sich zu einem islamisch, faschistoiden Staat entwickelt hat, hat nichts, aber auch gar nichts in der EU verloren und mit seinen und den deutsch-Türken Verflechtungen zum IS (1/4 der IS-Krieger aus der BRD haben türkische Wurzeln, bei 3 Mio Türken ist das überproportional!) kann Deutschland unmöglich mit diesem Paten verhandeln. Statt Milliardenzahlungen sollten D u. EU mit Sanktionen reagieren und australische Grenzsicherung einführen damit der Pate uns nicht noch mehr Terroristen schickt.

Thomas Robert Rausch | Mi., 17. August 2016 - 20:06

Es ist schon mehr als bedenklich einen Kurs zu rechtfertigen, der die Werte unserer Kultur und Aufklärung mal eben schnell in den Müllkübel befördert. Die Burka ist der
Ausdruck sklavischer Unterordnung und kann in unserer Gesellschaft auch keine Akzeptanz finden. Die Türkei erweist sich als islamistische Diktatur, die scheinbar nicht nur indirekte Teilhabe an den Terroranschlägen in Europa hatte. [Anm. der Redaktion: gekürzt. Bitte bleiben Sie sachlich und belegen Sie Ihre Behauptungen] Nebenher eine Musterdiktatur mit Enteignung und Folter und Gleichschaltung und allem was man so aus der Geschichte kennt von dem man glaubte, es nun endlich hinter uns gelassen zu haben.
Nun sorgt zumindest die Bundesregierung dafür - man könne sich die Partner schließlich nicht aussuchen - das die Nazi Vergangenheit zumindest in der Außenpolitik salonfähig bleibt. Was kümmert der IS und die Menschenrechte, wenn der Deal stimmt.
Der könnte alle

Peter Bigalk | Mi., 17. August 2016 - 20:21

Ich bitte Sie, was Neues kann ich nicht erkennen! Die Sympathie für militante Islamisten wie z.B. Hamas geht doch bis ins deutsche Fernsehen. Die Türkei ist aber auch kein Partner, hat sie doch IS lange unterstützt und sollte daher auch die Flüchtlinge behalten - wir zahlen auch dafür.

Robert Müller | Mi., 17. August 2016 - 22:32

Ist alles richtig und ist dennoch nur das "neuste" Sündenregister. Erdogan betreibt normale Nahost-Politik, dort gibt es kein weiß und schwarz. Letztendlich wird Erdogan in der NATO bleiben, weil er so Zugang zu NATO-Waffen und andere NATO-Ressourcen hat. Das unterscheidet die Türkei von den anderen Nahost-Staaten und darauf wird er so bald nicht verzichten wollen. Allerdings baut die Türkei eine eigene Waffenindustrie auf und wahrscheinlich versucht man so unabhängiger zu werden. Interessant ist auch der unbedingte Willen ein russisches Atomkraftwerk in einer ungeeigneten Stelle zu bauen. Ich vermute, hier ist Pakistan das Vorbild. Erdogans Ehrgeiz dürfte darin bestehen die Türkei zu einer führenden wirtschaftlichen, politischen und militärischen (islamischen) Macht zu machen. Entweder das gelingt ihm oder er fährt die Türkei gegen die Wand. Noch ist nicht klar was von beidem Realität wird.

hans jürgen laumann | Mi., 17. August 2016 - 22:47

Als Putin die " Verwicklungen " offen legte, wurde
alles abgestritten - der böse, intrigante Putin.........
Wer die Enwicklung der Türkei einschätzen will,
sollte sich rückwärts wenden - vor 1920, der
Einfluss des Sufismus, Orientierung in Grenzen
des " Osmanischen Reichs" und zu beachten-
der Vertrag von Sevres - eine Schmach für die
"Osmanen".

Ruth Falk | Do., 18. August 2016 - 00:49

Erdogan muss an einem ungeheuren Defizit von Selbstsicherheit leiden, anders kann seine dauernden Gerichtsklagen, sogar gegen voellig unwichtige Kabarttisten, nicht begreifen. Der"Putschversuch", zeitlich so praktisch plaziert, ist auch nur ein Aspekt davon. Solche Leute in einflussreichen Stellungen sind fuer Europa und die Welt brandgrfaehrlich. Leider bildet sich Mutti Merkel ein, das im Griff zu haben, hoffentlich kann sie noch vor der Katastrophe gebremst werden, ehe es keinen Ausweg mehr gibt, das ganze restliche Europa hat sich laengst davon abgesetzt.

ungeheuren Defizit an Selbstsicherheit leiden. Ja, Frau Falk, ich stimme Ihnen absolut zu. Psychopathen sind durch ein schwaches Ego gekennzeichnet, sind immer ganz schnell beleidigt und wollen, um ihr schwaches Ego zu stärken, mit einer vermeintlich "großen" Tat in das Blickfeld der Öffentlichkeit gelangen, so z.B. Breivik und kürzlich erst der junge Deutsch-Iraner aus München. Solche Menschen können brandgefährlich werden, und wenn sie dann noch hochgefährliche Waffen in die Hände bekommen, dann Gnade uns allen Gott! Frau Merkel traue ich nicht zu, daß sie einem solchen Psychopathen gewachsen ist! Aber da gibt es ja noch andere europäische Regierungschefs, und es gibt ja auch noch die Generalität der Nato. Hoffentlich ziehen die Letzteren bald die Reißleine, damit der Abgrund Europa nicht verschlingt.

Christian Loroch | Do., 18. August 2016 - 09:45

Die Türkei besetzt für die NATO eine wichtige Region. Einerseits kontrolliert die Türkei den Zugang vom Schwarzen Meer zum Mittelmeer und damit zum Atlantik (Russische Schwarzmeerflotte), zum Zweiten kann von Ihren Flughäfen aus Israel unterstützt bzw. im Nahen Osten oder auch Hindukusch operiert werden.

Zwischen Deutschland und der Türkei bestehen seit mehr als 120 Jahren freundschaftliche Beziehungen. Ich hielte es bei aller Vorsicht nicht für klug, diese wegen Erdogan zu riskieren und damit den eigenen Einfluss zu verspielen.

Bernd Fischer | Do., 18. August 2016 - 13:30

Antwort auf von Christian Loroch

Nato anders.

Der Nato ist doch alles egal ob in einem Mitgliedsland Despoten oder "Diktatoren" an der Macht sind.

Siehe Portugal...siehe Spanien...siehe Miltärdiktatur in Griechenland oder zeigt Des­in­te­r­es­se wenn ein Land sich so langsam in eine Autokratie verwandelt.

Und der Zugang zum Schwarzen Meer ist durch den Vertrag von Montreux geregelt, an dem sich alle halten müssen.

Bernd Fischer | Do., 18. August 2016 - 14:13

Antwort auf von Christian Loroch

hat denn die Bundesrepublik um Umfeld der Türkei, also im Nahen Osten?

Das würde mich mal interessieren.

Karola Schramm | Do., 18. August 2016 - 10:32

"Die gefährlichen Verbündeten der Türkei" soll hoffentlich jetzt nicht Türkei-Bashing werden.
Es kommt immer auf die Perspektive an, wer - wann - für wen gefährlich gehalten wird oder gefährlich werden könnte. Zudem spielen eigene Interessen zusätzlich eine große Rolle.

Wer Frieden will, fängt an zu reden, versucht, Konflikte aufzulösen. Oft ist es so, dass, wenn "Feinde" anfangen miteinander zu reden, sich nämlich heraus stellt, dass beide Zerstrittenen einer Intrige zum Opfer gefallen sind.
Derartige Feindschaften künstlich zu erzeugen, ist z.B. eine Fertigkeit, die zum Ein-mal-eins- amerikanischer Politik gehören und auch eine Disziplin in der DDR war.
Was Mursi angeht, so wurde er mit Hilfe der USA dort eingesetzt. Eine Tochter (können auch 2 sein) ist in den USA geboren worden und hat somit einen amerikanischen Pass. Seinen Tod durch Todesurteil zu erzwingen wäre keine gute Tat. Er sollte vor ein ordentliches Gericht gestellt werden. Wozu gibt es denn Den Haag ?
i

Herr Fischer, Sie haben vollkommen recht. Dasselbe trifft auch auf die „Hamas“ zu. Nachdem diese in einer demokratischen Wahl gewonnen hatten, strich die EU jede Unterstützung und sorgte damit für eine Radikalisierung der Hamas.

Die gesamte Weltpolitik wird immer wieder auf einzelne „Führer" fokussiert.

Genau so wenig wie Merkel Deutschland ist, genau so wenig ist Erdogan Türkei.

Vom 4. bis 9. August war ich für einige Tage in Istanbul und fühlte mich keinen einzigen Augenblick belästigt, oder in Gefahr. Ich würde mir wünschen, dass die Höflichkeit und Freundlichkeit der türkischen Bevölkerung auch bei uns in der deutschen Bevölkerung stattfinden würde.
Außerdem war es kein Problem mit Beführwortern und Gegnern von Erdogan an einem Tisch zu diskutieren.

Willy Ehrlich | Do., 18. August 2016 - 10:36

In einer Demokratie wird der Staat, das Volk und sein Ansehen (nur) zeitweise von seinem "Führer" repräsentiert.

Das Ansehen kann stark differieren, mögen die USA unter Bush junior bzw. Obama als Beispiel dienen. Es pöbelt nach so einem Wechsel dann überall jeweils die andere politische Richtung. Das war und ist in Deutschland nicht anders und wird sich auch nicht ändern.

Außerdem erwarten die Bürger der Türkei eher den "starken Mann", als der sich der "Führer" erweisen (oder zumindest darstellen) muss.

Eine denkbare Strategie könnte es daher sein, das türkische Volk zu loben und dabei gleichzeitig wegen des Verhaltens seines "Führers" zu bedauern.

Wirklich schwierig wird es erst, wenn es dem Despoten gelingt, sich zum Diktator weiter zu entwickeln; dann muss man die Bewertung und das politische Handeln neu überdenken und Aktionen und Reaktionen entsprechend anpassen.

Ralf Altmeister | Do., 18. August 2016 - 10:47

Die Türkei wird von Erdogan zu einem islamistischen Gottesstaat entwickelt,vergleichsweise den streng muslimischen Staaten im arabischen Raum. Sie will dabei möglichst noch eine Führungsrolle in der islamischen Welt einnehmen. Davon auszugehen, dass dann die Türkei als Nato- Mitgliedsstaat noch ein Bollwerk gegen die Feinde der westlichen Welt darstellt und uns die Flüchtlinge von den Grenzen Europas fernhält, ist an Naivität nicht zu überbieten. Dass die Regierung in Deutschland diesbezüglich nicht mal befähigt ist, eine einheitliche Lageeinschätzung zwischen Innen- und Außenministerium zu treffen(welche Funktion hat hier eigentlich das Kanzleramt?) und entsprechende Maßnahmen abzuleiten wirft ein bezeichnendes Licht auf die fehlende Führungskraft der Kanzlerin. Unbeschadet kann sie aus dem Dilemma nicht mehr herauskommen. Es wird Zeit, daß sie zu der Erkenntnis gebracht wird, dass mit ihr für Deutschland und Europa kein Blumentopf mehr zu gewinnen ist.

Gabriele Bondzio | Do., 18. August 2016 - 11:27

mit fragwürdigen Partnern ein. Das ist richtig und man muss auch dazu (um der Gerechtigkeit Genüge zu tun) bemerken, dass auch die BR und EU solche Verbindungen eingegangen sind.
http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2016/08/17/schuss-ins-knie-d…
Was die Verknüpfungen der Türkei mit Terrororganisationen nicht aus der Welt schafft. Schon 2014 zeigten einige ausländische Zeitungen die Verknüpfungen auf. Z.B Blick.ch schrieb am 23.09.2014 unter der Überschrift "Türkei als Drehscheibe des Terrors".Die IS-Terrormiliz rekrutiert für Syrien über das Nachbarland Türkei fleissig neue Krieger. Ungehindert von Armee und Polizei.
http://www.blick.ch/news/ausland/tuerkei-als-drehscheibe-des-terrors-is…
Selbst deutsche Zeitungen, hier der Bayernkurier 30.07.2015, haben solche Artikel veröffentlicht.
https://www.bayernkurier.de/ausland/4540-ankaras-boeses-doppelspiel

Georg Dallmann | Do., 18. August 2016 - 12:17

Das wird bei solchen Diskussionen gerne und oft übersehen. Politiker haben keine "Freunde", sondern "Interessensverbündete".......und diese "Interessen" können sich mitunter sehr schnell wandeln, so daß aus dem ehemaligen "Verbündeten" nullkommanix ein veritabler "Feind" wird.
Dazu gibt es die goldene "Grundregel: Pack schlägt sich, Pack verträgt sich"(In Dikatoren- und Schurkenkreisen sehr beliebt).
Wer also AUSSEN-Politik betreiben will, vertritt Interessen, keine Moral. Da die allermeisten Staaten auf diesem Globus alles andere sind als "Demokratien", kann man sich als Regierung folgerichtig nicht aussuchen, welch "moralisch hochstehende Politik" ein anderer Staat verfolgt, oder betreibt.
Wer eigene Interessen verfolgen und durchsetzen will (wenigstens ein kleines bisschen), muß denmach auch mit Schurken, Autokraten, Despoten und Warlords immer wieder "Deals" einfädeln. Dabei geht es immer und ein konkretes "Interesse", niemals um "Freundschaft" oder "Verbrüderung im Geiste".

Sie haben schon Recht, Herr Dallmann, Politik & Moral sind von verschiedenen Planeten, nur leider muss man auch mit denen reden, die einem ans Leder wollen - falls sie mit sich reden lassen. Meistens kommt nur ein Monolog raus. Und wenns dann doch mal zu Verträgen kommt, sind sie selten das Papier nicht wert, auf dem sie stehen (z.B Oslo: die PLO hat nicht einen einzigen Punkt eingehalten)
Eine Lösung sehe auch ich nicht, denn die Einzigen, die von dem ganzen Schlamassel profitieren, und das auch weiter so wollen, sind die Banken und die Grossindustrie, und gegen die anzugehen haben normale Menschen nur selten die Möglichkeit und das Durchhaltevermögen, sie wollen einfach überleben.

Arne Bruhn | Do., 18. August 2016 - 15:56

Der Satz des Autors "Dabei geht die Türkei schon seit Jahren Bündnisse mit fragwürdigen Partnern ein." gilt ganz grundsätzlich, anstelle der Türkei kann man da so ziemlich alle und jeden einsetzen. Nur ein Beispiel:
Die USA unterstützten Al-Kaida - weil die gegen die Sowjets kämpften, ergo gehörte Al-Kaida zu den Guten. Herr Dallmann und Frau Falk haben das sher schön und überzeugend dargelegt. Mehr ist dazu eigentlich nicht zu sagen, Mahnungen, Warnungen überflüssig.
Das wird so lange geleten, wie es "Ebenbilder Gottes" auf der Welt gibt.

Walter Wust | Do., 18. August 2016 - 19:05

Aus Sicht der Türkei ist wohl eher Deutschland der unzuverlässige Part. Nur um ein Image zu polieren ist Merkel einen gewagten Deal eingegangen. Ihr Glück, Erdogan ist bei Weitem nicht so stark wie er sich gibt und die schwächelnde Wirtschaft zwang ihn letztendlich zum Kotau bei Putin. Noch kann er nach seinen Maßstäben Gesicht wahren, Merkel sollte sich aber nicht zu sicher fühlen. Was sie eher unbedarft anrichtet, das schafft Erdogan mit voller Absicht und ohne Rücksicht auf Verluste.

Elias Bannermann | Sa., 20. August 2016 - 02:35

Die Hamas hat sich die Vernichtung des Staates Israel und die Ermordung der dort lebenden Juden auf die Fahnen geschrieben, und eine große Zahl an Juden ermodert. Ich finde es einen Skandal, dass eine deutsche Regierung mit der Türkei kooperiert bzw diese unterstützt, solange diese eine Regierung hat, die Judenmörder unterstützt!

Wo bleibt hier der Aufschrei? Wo sind all die dauernd moralisch Empörten? Ich finde das einen moralischen Fall ersten Ranges, und es verschwindet innerhalb von 2 Tagen aus dem Schlagzeilen! Eine Bundesregierung, welche mit einer Türkei kooperiert, welche Judenmörder wie die Hamas unterstützen, müsste sofort zurücktreten!

Diese Türkei wird auf Jahrzehnte nicht, vielleicht nie, zur EU passen, da Erdogan eine große Zahl von Unterstützern bei den Türken hat. Auch die Deutsch-Türken hätten sich hier klar distanzieren müssen, statt immer zum Erdogan-Jubel aufzumarschieren.