Ein kleines Hippie-Happening gab es am 08.09.1967 auf dem Kennedyplatz in Essen.
Mit der 68er-Generation kann nur in harter Währung abgerechnet werden / picture alliance

68er - Generation Selbstbedienung

Keine andere Generation hat die Bundesrepublik so polarisiert wie die 68er. Was ist aus den damaligen Revoluzzern geworden? Und was haben sie politisch erreicht? Messen wir sie an ihren eigenen Maßstäben

Jan Schoenmakers

Autoreninfo

Jan Schoenmakers ist Gründer und Geschäftsführer der Analyse- und Beratungsfirma Hase & Igel, die sich darauf spezialisiert hat, mit Verhaltensdaten – von Google-Suchen über Social Media Gespräche bis zu Werbeausgaben – Entwicklungen in Markt und Gesellschaft zu bewerten. Nach seinem Studium der Medien- und Politikwissenschaft arbeitete der Statistikexperte lange Zeit als Kommunikationsmanager in der Energiewirtschaft.

So erreichen Sie Jan Schoenmakers:

„An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen“ – gibt es eine bessere Maxime, um nach 50 Jahren die Bilanz einer Generation zu ziehen? In dieser Hinsicht verwundert der Diskurs über die 68er. Jeder ist schnell mit Urteilen bei der Hand – die jedoch um auffällig weiche Kriterien kreisen: der eine feiert die Emanzipation von Muff und Verklemmtheit, der andere geißelt die Erosion bürgerlichen Anstands und den Verlust klarer Maßstäbe.

Wir erleben eine Stellvertreterdiskussion, die vom Elefanten im Raum ablenkt: Mit einer Bewegung, die sich – marxistisch beseelt – angeschickt hatte, die wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse zu ändern, kann nur in harter Währung abgerechnet werden.

Setzen wir endlich ihren eigenen Anspruch an und fragen, was die 68er getan haben, um die „Unterdrückten und Beleidigten“ zu selbstbestimmten Teilhabern zu machen. Bescherten sie uns weniger entfremdete Arbeit, mehr Bürgerrechte, Mitsprache und eine Emanzipation der individuellen Chancen von Klasse und Vermögen?

Durchsetzungsstark in eigener Sache

Blicken wir durch die volkswirtschaftliche Brille auf den Werdegang der zwischen 1940 und 1950 Geborenen – und wir sehen eine Kohorte, die in beispielloser Weise ihre eigenen Bedingungen optimiert und dabei reichlich lax mit den proklamierten Idealen von Solidarität und Nachhaltigkeit umgeht. Nennen wir sie versuchsweise „Generation Selbstbedienung“.

Sie rebelliert, solange sie selbst noch nichts zu verlieren hat. In ihrer Jugend findet sie eine prosperierende Gesellschaft vor, die ihrem neuen Wohlstand mit patriarchalischer Bräsigkeit frönt. Auf die Aufforderung „Schafft erst mal etwas!“ entgegnen die Bilderstürmer mit dem Streitruf nach mehr Teilhabe und weniger Leistungsdruck. Das Vermögen der Etablierten soll umverteilt werden, jede Herrschaft wird abgelehnt – Gebt uns euer Geld und lasst uns in Frieden!

Erstritten die selbsternannten Klassenkämpfer zu Studienzeiten den offeneren Zugang zu Bildung, mehr Geld für Universitäten und Studenten, ungekannte Mitbestimmung und weite Schutzräume für ihre Selbstfindung, fügen sie sich danach erstaunlich erfolgreich ins „Schweinesystem“ ein: Die siebziger Jahre hindurch steigen die Reallöhne schneller als die Produktivität und nähern sich erst im Verlauf der achtziger wieder der Wachstumskurve – von der Substanz zu zehren ist indes weder nachhaltig noch solidarisch.

Marxisten sind die besseren Kapitalisten

Das Bild wird schärfer, sobald die Rebellen von einst in die Chefsessel aufrücken. Man muss nicht an Zufälle glauben, wenn gegen Ende der achtziger Jahre die allgemeine Lohnentwicklung gebremst wird und fortan unter dem Produktivitätszuwachs bleibt, während Top-Einkommen massiv anziehen und Kapital- wie Unternehmensgewinne einen spektakulären Aufwärtstrend einläuten. Einmal oben angekommen, erweisen sich die Experten für dialektischen Marxismus als hoch effiziente Kapitalisten – und optimieren die eigene Rendite.

Das Ausmaß der Selbstbedienung tritt ab den neunziger Jahren offen zutage, als die 68er das Ruder in Politik und Verbänden übernehmen: Die privaten Vermögen dieser Generation steigen rapide an – getrieben ausgerechnet durch den einst verteufelten Kapitalmarkt –, wogegen die volkswirtschaftlichen Investitionen zurückbleiben. Die Steuerquote sinkt, zugleich eskaliert die Staatsverschuldung. Es wird wirklich fleißig umverteilt – aus dem Vermögen der Gesellschaft in private Taschen.

Die Revolutionäre fressen ihre Kinder

Die Zeche zahlen die folgenden Generationen, weit über Schuldentilgung und Investitionsstau hinaus: Mit ihrer Zurückhaltung bei der Fortpflanzung haben die 68er die Demografie in eine Schieflage gebracht, die Wirtschaft und Sozialsysteme auf Jahrzehnte herausfordert.

Statt die Verantwortung zu übernehmen, zumindest aber die Belastungen solidarisch zu verteilen, bleiben sich die ewigen Revoluzzer selbst die Nächsten: Im Laufe der 00er Jahre gehen sie mit großzügigen Vorruhestandsregelungen in die gesicherte Rente, während ihren Kindern die Pflicht zur privaten Vorsorge, steigende Sozialbeiträge und Debatten ums Arbeiten bis 70 bleiben.

Die Generation, die von ihren Eltern die 40-Stunden-Woche und das Wirtschaftswunder erbte, hinterlässt Schulden und eine marode Infrastruktur, Sozialsysteme auf Kollisionskurs sowie eine – erstmals seit mehr als 100 Jahren – ansteigende Lebensarbeitszeit, derweil sie selbst mit Rekordvermögen den Lebensabend genießt. Man sagt, die Revolution fresse ihre Kinder. Im Falle der 68er kann man das wörtlich nehmen.

Auflehnung unerwünscht

Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, dass die Revolte der Jugend auch deshalb ausbleibt, weil die 68er gerade, als die Generation Y flügge wird, jene Daumenschrauben anziehen, deren Lockerung sie einst erkämpft hatten: Der Leistungsdruck an der Uni wird erhöht, Mitbestimmung begrenzt, Arbeitsverhältnisse flexibilisiert und die soziale Absicherung reduziert.

Wer darum ringt, seine Ausbildung zu meistern, den Job zu behalten und Miete zu zahlen, hat keine Zeit für APO oder RAF. Um ganz sicher zu gehen, baut man im Namen von Terror- und Kriminalitätsbekämpfung die Überwachung in einem Maße aus, wie es das Land zuletzt unter den Notstandsgesetzen kannte.

Echte Debatte verzweifelt gesucht

Leidenschaftliche Emanzipationsdiskurse rund um Homo-Ehe, Transgender-Toiletten und Multikulti sowie der heroische Widerstand gegen den militärisch-industriellen Komplex der USA funktionieren dabei weiter verlässlich als Nebelkerzen, um das Empörungspotenzial in harmlose Bahnen zu lenken. Eifrig wird über das richtige Bewusstsein gestritten – und vom Sein geschwiegen. Ausgerechnet Marxisten erkennen mitten im bunten Diskurs die Abkehr von der Politik.

Kann man die Geschichte auch anders erzählen? Gerne! Im Gegensatz zu einem müden Pseudo-Kulturkampf brächte uns das eine Debatte über Verdienste und Sünden der 68er, die deren Tragweite eher gerecht wird. Streiten wir endlich über die echten Themen! Gehen wir dahin, wo es weh tut!

Cover 68er

 

In unserer Juni-Ausgabe hatten wir Sie zur Debatte über Nutzen und Schaden der 68er-Generation aufgerufen. Bei Cicero Online führen wir die Diskussion nun fort.

 

 

 

 

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Dr. Lothar Sukstorf | Mo., 24. Juli 2017 - 11:31

Als Zeitzeuge kann ich dazu sagen, das Meiste davon war Bulshit. Fatal nur, daß viele noch diesem Bulshit nachrennen. Viele verdienen mit 1968 ff. ihr Geld!
Ras le bol ...von diesen "Spinnern/innen".

Renate Genth | Fr., 28. Juli 2017 - 18:54

Antwort auf von Dr. Lothar Sukstorf

Verzeihung, aber Bullshit ist der gesamte Artikel. Ich war dabei, seit 66 im SDS, 68 im ASTA der TU. Die Personen, auf die hier angespielt wird, sind außer Schily überhaupt nicht dabeigewesen. Die Bewegung war auch nach innen so radikal, daß nur wenige heil herausgekommen sind. Die allermeisten sind auf der Strecke geblieben (siehe Berufsverbot etc.). Die Grünen waren die Erben und eine neue Generation, sozusagen die 70er. Den 68 ern saß der Krieg in den Knochen. Und entsprechend war es der Vietnam-Krieg, der politisiert hat. Der Marxismus war eine neue Entdeckung und bis 68 wurde sehr viel gelesen. Danach kamen andere hinzu, die zum Aktionismus twndierten. Insofern muß man von 66, dann von 68 ausgehen. Die Verallgemeinerungen zeigen Unkenntnis der Verhältnisse und Vorgänge und ebenso der Akteure. Fragen Sie Safranski, fragen Sie Peter Schneider. Das waren Personen, die damals dabei waren. Beide sind nicht in Regierungsämtern. Es tut mir leid: Bullshit!

Jan Schoenmakers | So., 6. August 2017 - 01:25

Antwort auf von Renate Genth

Liebe Frau Genth,
ausgerechnet einen der einflussreichsten Intellektuellen/Publizisten der Republik und einen erfolgreichen Schriftsteller (von Otto Schily ganz zu schweigen) als Kronzeugen dafür anzuführen, dass die "echten 68er" alle aufgrund ihrer aufrechten Radikalität "auf der Strecke geblieben" seien und schon ab den 70ern keinen Einfluss mehr entfaltet hätten, mithin keine der im Artikel erwähnten Entwicklungen auf ihr Konto gehen könne... das ist schon eine kühne Volte, deren Schlüssigkeit sich mir nicht erschließen mag. Zumal hier nicht im Geringsten auf Einzelpersonen abgehoben wird und wurde - sondern auf die Bilanz einer Generation.

Yvonne Walden | Mo., 24. Juli 2017 - 11:42

Autor Jan Schoenmakers macht es sich zu einfach, wenn er die sogenannte "68er Generation" als homogene Masse darstellt.
Die wenigsten Angehörigen dieser Generation befinden sich heute in Spitzenstellungen von Wirtschaft und Verwaltung und verfügen somit auch nicht über Spitzeneinkommen, wie Schoenmakers im gleichen Atemzug unterstellt.
Diejenigen, die sich als "68er" mit dem damaligen politischen System (Adenauer-Ära) und ernsthaft mit den Lehren von Karl Marx und Friedrich Engels auseinandersetzten, sind heute keine "aktiven" Kapitalistinnen oder Kapitalisten,
Einzelfälle bestätigen die Regel.
Es war und ist vielmehr so, daß - nach dem Abklingen der "68er Bewegung" - die Gralshüter des Großkapitals wieder Oberhand gewinnen konnten, um erkämpfte Reformen, die im Rückblick eher Marginalien waren, mit Macht zurückzuschrauben.
Davon soll der Beitrag des Jan Schoenmakers offenbar ablenken, um auch fortan die Macht der Herrschenden Klasse nicht zu gefährden.

Liebe Frau Walden,
das riecht etwas nach Verschwörungstheorie - zumal mein Artikel überhaupt erst die ökonomische Frage bezüglich der 68er und der letzten Jahrzehnte gestellt hat. Etwas thematisieren, das sonst beschwiegen wird, um so davon abzulenken... das ist Dialektik höherer Schule, dafür bin ich zu spät geboren.
Zu Ihrer Kritik der "homogenen Masse" jedoch: Ich bin mir der brachialen Generalisierung und Verkürzung bewusst. Doch wo liegt der Unterschied dazu, wie überall über Generation Y und Millennials diskutiert wird? Das Konzept und die Charakterisierung einer Generation sind immer faustgrob und produzieren Stereotypen - können aber dennoch den Blick schärfen für die größeren Trends. Und mit Blick in die Daten erweist sich dann Ihre Aufteilung in lebenslang aufrechte 68er versus Hüter des Großkapitals als in der Breite unhaltbar. Natürlich gab und gibt es die Idealisten - doch sie waren weder auf den Barrikaden noch im späteren Arbeitsleben die bestimmende Mehrzahl.

Nun ja, lieber Herr Schoenmakers,
man muss Frau Walden nicht in jedem Punkt zustimmen, aber Ihr Beitrag ist, selbst wenn man ihn als Polemik auffassen möchte, schon auf einem erschreckend niedrigen Niveau. Den Beginn Ihres Niedergangsspektakels legen Sie in die 80er und 90er Jahre und enden in der Gegenwart. An 68er an den Schaltstellen der Macht kann ich mich in diesen Zeiträumen nicht erinnern. Es sei denn, Sie meinen Leute wie Hans-Olaf Henkel (* 1940) oder Wolfgang Schäuble (* 1942), dann würde ich Ihnen natürlich Recht geben.

Jan Schoenmakers | Di., 25. Juli 2017 - 17:04

Antwort auf von Thomas Wirz

Lieber Herr Wirtz,
68er an den Schaltstellen der Macht in den 90ern - da helfe ich gerne Ihrem Gedächtnis nach: SPD-Ministerpräsident, Parteivorsitzender und Bundeskanzler Schröder, Grünen-Parteivorsitzender und Außenminister Fischer, die Minister Trittin und Schily, Europaparlament-Promi Cohn-Bendit, CDU-Bundesgeschäftsführer Radunski, DGB-Vorsitzender Sommer, Forsa-Chef Güllner, Ifo-Chef Sinn, Telekom-Vorstand Sattelberger, Bundesbank-Präsident Welteke, BDI-Präsident Henkel, Konzernvorstände Ackermann, Schrempp, Pischetsrieder (letztere fünf zugegebener Maßen der Generation nach 68er, nicht der politischen Linie). Ich kann die Liste gerne weiter führen, sehr viel weiter.
In den 80ern waren die 68er - wie auch im Artikel beschrieben - noch nicht in der ersten Reihe, als Vorstände, Ministerpräsidenten oder Gewerkschaftsführer - jedoch waren sie die "Einflüsterer" im Theatergraben, als Abteilungs-/Referatsleiter, persönliche Assistenten etc.

Die Ausführungen Frau Waldens zum "Großkapital", zur " Herrschenden Klasse" etc.: Geschenkt. Sie ist nun einmal erklärte Marxistin. Doch in dem Punkt, daß Herr Schoenmakers irrt, wenn er meint, die 68 er befänden sich heute in Spitzenpositionen der (freien) Wirtschaft, gebe ich ihr Recht. Einige Ex-Grünen- und SPD- Politiker (Frau Röstel, die Herren Fischer, Schröder, Riester und andere) sitzen heute in Aufsichtsräten privater Konzerne. Wohl wahr. Aber das sind Lobbyisten-Jobs. Für operative Management- Jobs fehlt es den Ex-Klassenkämpfern schlicht an der hierfür notwendigen Qualifikation.

Jan Schoenmakers | Mi., 26. Juli 2017 - 19:20

Antwort auf von Roland Mock

Lieber Herr Mock,
eng gefasst mag das zutreffen - wenn man nur die in der Wolle gewaschenen Aktivisten von einst betrachtet. Doch wie grenzt man ab, wer ein 68er ist? Der entsprechende Aufschlag des Cicero - an den mein Artikel anknüpft - ist ja, die 68er-GENERATION zu beleuchten, also nicht nur die engeren politischen 68er, sogar nicht nur die eigentliche Bewegung, sondern die gesamte Kohorte... ähnlich wie man mit der "Aufbaugeneration" oder den "Millennials" verfährt. Da die Wirkung der 68er weit über die Mitglieder von K-Gruppen oder Bürgerinitiativen hinaus reichte, halte ich diesen weiten Winkel für fruchtbar - und dann schließt er selbstverständlich auch ihre Zeitgenossen ein, die nicht selbst Sit-ins gemacht oder Mollies geworfen haben, aber dennoch affiziert wurden.

meinen Sie mit den "Gralshütern des Grosskapitals" etwa Joschka Fischer, oder den Roten Danny? Die habens wirklich zu Kapital gebracht.

Christa Maria Wallau | Mo., 24. Juli 2017 - 11:49

... kann der Autor mit diesem Kommentar natürlich nicht leisten, aber immerhin macht er schon mal einen schonungslosen Anfang.

"Das Ausmaß der Selbstbedienung tritt ab den neunziger Jahren offen zutage, als die 68er das Ruder in Politik und Verbänden übernehmen."

"Die Revolutionäre fressen ihre Kinder."

"Eifrig wird über das richtige Bewusstsein gestritten und vom Sein geschwiegen."

Alle diese Bemerkungen des Autors entsprechen der traurigen Wahrheit.
Man sehe sich nur Joschka Fischers Entwicklung
an, und man hat exemplarisch einen Menschen
vor sich, der kein anderes Programm kennt als
nackten, rücksichtslosen Egoismus.

Josef Garnweitner | Mo., 24. Juli 2017 - 12:36

"Jungspund" ein bemerkenswerter Artikel. Im positiven Sinne.

Wolfgang Tröbner | Mo., 24. Juli 2017 - 12:48

der mit den 68er sehr schonungslos abrechnet. Es wird tatsächlich langsam Zeit, nach ihren Verdiensten und Sünden zu fragen. Meines Erachtens sieht die Bilanz der 68er aus heutiger Sicht verheerend aus. Während sich ihre Verdienste doch sehr in Grenzen halten, ist der von ihnen angerichtete Schaden immens. Die "Generation Selbstbedienung", wie Sie sie nennen, schickt sich gerade an, das Land irreversibel zu schädigen und ihm den finalen Todesstoß zu versetzen (was noch nicht mal den ganz finsteren Figuren der deutschen Geschichte gelungen ist). Selber aber ist man bestens ("feudal") abgesichert. Gedanken über die Belastungen künftiger Generationen und die Zukunft des Landes macht man sich schon deshalb nicht, weil man gar keinen Nachwuchs hat. Die 68er handeln nur nach dem Motto "Nach uns die Sintflut". Das ist auch der Unterschied zu den Kapitalisten, die zumindest noch das Wohl der eigenen Familie im Auge haben und allein schon deshalb an die Zukunft denken.

Vielen Dank, Herr Tröbner! Noch sind die Schäden, Spaltungen und Spannungen nicht soweit jenseits der kritischen Masse, dass eine friedliche, demokratische Lösung fraglich wäre - aber dorthin wird es kommen, wenn es kein Umsteuern gibt: keine neuen Generationenvertrag und keine wirklich tiefgreifende, breite Debatte (mit Konsequenzen!), wie wir als Land und Gesellschaft morgen zusammenleben und arbeiten wollen. Das Zeitfenster dafür schließt sich sehr bald, schon allein aufgrund des demografischen Über- und Ungleichgewichts. Doch finden Sie mal eine Partei, die sich dem stellen würde... selbst im Wahlkampf ist man sich ja unerträglich einig darüber, dass niemand weiter als bis höchstens ins Jahr 2030 denken muss. "Nach uns die Sintflut" - in der Tat!

Michaela Diederichs | Mo., 24. Juli 2017 - 21:25

Antwort auf von Jan Schoenmakers

Mir schossen eben die Tränen in die Augen als ich Ihre Antwort gelesen habe. Ja, das Zeitfenster wird sich sehr schnell schließen. Das Kind im Schweinsgalopp durch G12 gejagt und um unbeschwerte Jugendjahre gebracht, damit die Note stimmt. Nun muss es im Schweinsgalopp durch ein sehr schweres Studium. Eine betrogene Generation. Betrogen von kinderlosen 68ern, die alles kannten und besser konnten - nur Werte hatten und haben sie bis heute nicht. "Nach uns die Sintflut" - läuft doch und freut diese Menschen auch noch. Ein bisschen Anarchie geht doch immer (nur nicht im eigenen Viertel) - das hat Hamburg gezeigt.

Ines Schulte | Di., 25. Juli 2017 - 00:57

Antwort auf von Jan Schoenmakers

Ist die denn nicht längst da??? Die AfD beschreibt von ihrem Programm her die Familie als 'einen Baum der Generationen', - denkt also weiter als 2030! Dort existieren doch Vorschläge für eine werthaltige Zukunft! Warum also so pessimistisch, Herr Schoenmakers? 68 liegt hinter uns! Schäden reparieren,- und dann blicken wir vorwärts! Dennoch danke für Ihre kritische Betrachtung.

Liebe Frau Schulte,
Sie bescheinigen doch nicht im Ernst der AfD ein tragfähiges Zukunftskonzept? Von Familie und Werten zu raunen ist das eine (und im tatsächlichen Handeln der Partei sehe ich wenig "christlich-abendländische Werte"), das andere ist, tatsächlich konstruktive Antworten zu suchen - und zu finden! - auf Fragen wie Digitalisierung/Automatisierung und die Zukunft der Arbeit, Sozialsysteme und den demografischen Wandel, immer höhere Mobilität und die Zukunft von Familie und Gemeinschaft.
Da habe ich von dieser Partei selbst im kleinsten Ansatz noch nichts gesehen.

Ursula Schneider | Di., 25. Juli 2017 - 17:53

Antwort auf von Jan Schoenmakers

haben CDU, SPD, Grüne oder gar Linke ein tragfähiges Zukunftskonzept für all die von Ihnen genannten Bereiche?? Welches? Würde mich interessieren!

Mir erscheinen bei einer Partei die richtigen Weichenstellungen für die Zukunft viel wichtiger als Details von Digitalisierung, Mobilität u. Ä.
Zum Beispiel die Ablehnung einer Schuldenunion, keine weitere Zentralisierung in der EU, Sicherung unserer Grenzen u. Änderung des missbrauchten Asylrechts, marktwirtschaftliche Energiepolitik, mehr Volksentscheide, Strafen für Steuerverschwendung sowie konsequenter Bürokratie- und Subventionsabbau usw.

All das gefällt mir bei der AfD, und von Familie und Werten "zu raunen", finde ich auch nicht schlecht ...

Liebe Frau Schneider,
in der Frage der "richtigen Ansätze" bzw. Weichenstellungen denken wir offenbar sehr unterschiedlich (was in einer Demokratie ja nicht dramatisch ist).
Dass die AfD aber genauso wenig konkrete Antworten auf die im Artikel und in meinem Kommentar aufgeworfenen Probleme hat wie die anderen Parteien (die Grünen und ganz zaghaft die SPD hatten sich mal bemüht, doch schon im Anfangsstadium verschreckt aufgegeben, um keine Geister aus der Flasche zu lassen) - darauf können wir uns, glaube ich, einigen. Und keine Debatte zu einem solch zentralen Themenkomplex - das ist durchaus dramatisch für eine Demokratie.

Bisher sind die Protagonisten der AfD zu nichts befragt worden, weil sie mainstreamgemäß an ernsthaften Diskussionen gar nicht teilnehmen dürfen. Insofern nützt es auch nicht, das "Fehlen" von irgendetwas anzuprangern. Als aktives FDP-Mitglied mit mehr als 40 Jahren Zugehörigkeit weiß ich um diese Umstände leider nur zu gut. Also suchen Sie bitte nicht dort, wo die Medien nichts berichtet haben, sondern bei den Parteien selbst.

Jan Schoenmakers | So., 30. Juli 2017 - 14:34

Antwort auf von Willy Ehrlich

Aber selbstverständlich gerne - dann zeigen Sie mir doch einmal den Entwurf von AfD (oder angesichts der Steilvorlage: FDP) zu den Themen "Demografischer Wandel und Sozialsysteme", "Tragfähiges Steuersystem in Zeiten der Automatisierung", "Arbeit der Zukunft im Zeichen der Digitalisierung", "Generationengerechte Demokratie angesichts einer Mehrheit der Greise" etc.
Ich habe die Programme aller Parteien auf diese Themen hin durchforstet und - mit Ausnahme der ödp, die zumindest in Ansätzen über diese Themen in größerem Kontext nachdenkt - nirgends mehr als ein, zwei Schlagworte und kurzfristiges Herumgedoktore an Symptomen gefunden. Und sagen Sie mir nun nicht, dass ein Austritt aus dem Euro und die Schließung der Grenzen die oben genannten Probleme lösen würde. Ich würde gerne ernsthaft bleiben.

Michaela Diederichs | Mo., 24. Juli 2017 - 13:16

Schonungslose, sachliche und kühle Analyse einer Generation, die vor allem die eigenen Interessen im Auge hat und diese skrupel- und rücksichtslos durchsetzt.

Karin Zeitz | Mo., 24. Juli 2017 - 13:31

waren verwöhnte und gut gepamperte bundesdeutsche Jugendliche, die ein Luxusproblem hatten und daher den Aufstand proben konnten. Wir auf der anderen Seite der Grenze Aufgewachsenen hatten das nicht. Für uns war es wichtig, eine Familie zu gründen, eine Wohnung zu bekommen und durch Leistung und Sparsamkeit ausstatten zu können. Die Universitäten unterstützten die Studierenden durch Kinderbetreuung. Der Mythos, die Verklärung und der Hype, die es noch heute um die 68er gibt, nerven einfach nur.

Brigitte Simon | Sa., 29. Juli 2017 - 17:21

Antwort auf von Karin Zeitz

Sehr geehrte Frau Zeitz,
Ihren äußerst lamoryanten Kommentar widerspreche ich heftigst. Können Sie
sich vorstellen, daß es "auf der anderen Seite der Grenze" vielen Menschen nicht
so g u t ging wie Sie meinen?! Ich überlegte lange,Ihnen einen persönlichen Kom-
mentar zu schreiben. Jedoch kann ich Ihre Worte nicht akzeptieren. Kurz:
(Kleine Anmerkung: Das Haus meiner Eltern wurde im Krieg zerbombt). Mein
Mann und ich studierten trotzdem. Dieses Studium mußten wir uns erarbeiten
und erhielten Bafög. Eine Kinderbetreuung seitens der Universitäten wäre für uns eine "Traumvorstellung" gewesen. Wir hatten keine Wohnung, nur ein Zimmer bei unseren Eltern. Um einen Hausstand zu gründen ließ ich mir meine Rente auszahlen. Vernünftigerweise war dies später nicht mehr möglich. Die Lösung und der Kampf für unsere Gegenwart und Zukunft ließen keine Zeit für die 68er Bewegung zu. Deren Ideologie war für uns -teilweise- nicht nachvollziehbar.
Wir waren kein Einzelfall unter Zigtausenden!!!

Karin Zeitz | Di., 1. August 2017 - 18:34

Antwort auf von Brigitte Simon

dass im Westen die Jugendlichen, die nicht “mit einem goldenen Löffel im Mund“ geboren worden sind, sich ihren Anspruch auf eine gute Ausbildung hart erarbeiten mussten. Wie Sie selbst schreiben, hatten Sie damals ebenfalls weder Zeit noch Lust, sich die Extravaganzen dieser 68-er Bewegung zu gönnen. Sicherlich betrifft das viele Menschen der entsprechenden Jahrgänge und umso merkwürdiger erscheint mir der ganze Hype, der heute noch um die Studentenrevolten, die begünstigt durch die Frankfurter Schule und die Thesen Adornos ins Leben gerufen worden sind. Im Übrigen wollte ich mich keinesfalls über mein Leben beklagen, ich konnte in der DDR eine gute Ausbildung genießen und wollte nur darstellen, warum wir damals nicht auf solche Strömungen hereingefallen sind.

Romuald Veselic | Mo., 24. Juli 2017 - 14:09

verlieren hat.
Eine perfekte Diagnose. Die nach wie vor gilt, auch wenn die Akteure die anderen sind.

Das auffälligste an den "68"-lern war, dass man nie gegen Krieg in Biafra (1967-70) protestiert hat, nie aktiv gegen Besetzung der CSSR (1968) durch den W-Pakt oder des Nordzyperns durch die Türkei (1974 bis heute/UNO Resolution 353)vorgegangen ist.
Die Feigheit dieser Generation basiert an propagandistischer Bequemlichkeit. Diese 3 Konflikte von vielen, als Paradebeispiel, waren zu abstrakt, um von dort das ideologische Kapital zu holen und sich progressiv in die Szene zu setzen.
Man beschäftigte sich stattdessen, aktiv in der Kommune 1 mit der Promiskuität, anstatt produktiv etwas zu bewerkstelligen.
Und Sympathien für die Flugzeugentführer waren auch "in", weil auch so kann man den Imperialismus "bekämpfen".

helmut armbruster | Mo., 24. Juli 2017 - 14:35

und Ma-Ma-Mao-Tse-Tung!
Davon dröhnen mir heute noch die Ohren. Allein diese beiden "Schlachtrufe" zeigen uns wie dumm und wie jugendlich unausgereift diese 68-iger waren.
Ausgerechnet zwei der größten Massenmörder der Geschichte waren ihre Helden und ihre Vorbilder.
Indoktriniert, voreingenommen und unbelehrbar waren sie. Ihre Art die Dinge zu sehen war vollkommen einseitig, intolerant und unsensibel ggü allem, was anderer Meinung war.
Manche haben diese Einstellung bis heute nicht verloren, s. Cohn Bendit.

André Oldenburg | Mo., 24. Juli 2017 - 15:37

Gut, das viele den sozialistisch-kommunistischen Gedankengut den Rücken gekehrt haben. Viele 68er haben Massenmörder hofiert.
Ein Bekannter war früher mal Chef einer Marxistischen Partei gewesen und schämt sich für seine früheren Ideen, denen er gefolgt ist.
Worauf ich nur erwidern konnte, das auch ich in meinen jungen Jahren sehr viel sympathie dafür hatte, aber mit dem Alter wird man weiser.
Was einem erschrecken kann ist, das es immer noch Menschen gibt, die dieses Gespenst der Geschichte als erstrebenswert ansehen.
100 Millionen Menschen sind im letzten Jahrhundert diesem Gespenst zum Opfer gefallen und es gibt Millionen, die dieses auch noch relativieren, nicht anders als bei den G20-Ausschreitungen, wo immer noch Linke der Polizei die Schuld geben.
Es wird Zeit, dass die Medien endlich mal 68er und Sozialismus als großen Fehler titulieren.
Das, was richtig war, war Umweltschutz und gegen Rechtradikalismus vorzugehen. Aber jetzt ist ja nach deren Meinung bald jeder ein Nazi

Dimitri Gales | Mo., 24. Juli 2017 - 15:54

In Zeiten erhöhten Wettbewerbs um Studienplätze und berufliche Perspektiven sind die jungen Leute angepasster, illusionsloser und selbstbezogener geworden. 1968 war die Siutation ganz anders: die Beziehung der Menschen zueinander war enger, Regeln wurden beachtet, man blickte optimistisch in die Wahlstandszukunft...........
Mit fiel damals als Gymnasiast eine Widerspruch bei den 68iger-Prtestler auf: sie trugen Jeans, hielten eine CocaCola-Flasche in der Hand, protestierten aber lauthals gegen die USA, begeisterten sich für kommunistische Leitbilder.
Ich meine, viele der damaligen Protestler haben demonstriert um zu demonstrieren, viele auch aus Wut, weil sie nicht an den Fleischtöpfen der Gesellschaft sassen - was sie dann nachholten, oft mit beachtlichem Aufstiegserfolg. Die Gesellschaft wurde auch dadurch individualistischer.

Man liest oft, dass heute so etwas nicht mehr möglich wäre. Allerdings bin ich mir persönlich da nicht sicher. Im Grunde passiert eine Abkehr bei jeder neuen Generation ganz natürlich, aber bei 68 hat es zuvor durch den Krieg und die NS-Zeit einen Stau gegeben, der dann zu diesem massiven nachholenden Wandel geführt hat. Fehlt dieser Stau dürfte es zu ständigen kleinen Revolten kommen, die erst in der Rückschau den massiven Wandel aufzeigen. Ich denke, das Internet ist so etwas wie 68, nur halt ohne Protestgeschrei.

Jan Schoenmakers | Fr., 28. Juli 2017 - 15:40

Antwort auf von Robert Müller

Der "Rebellionsstau"-Gedanke ist interessant, man könnte ihn aber durchaus auch auf unsere Zeit anwenden - durch größere "externe" Ereignisse wie die Wiedervereinigung, die europäische Einigung und zwei schwere Wirtschaftskrisen könnte der natürliche Rebellionsprozess ebenfalls aufgeschoben sein... was den aktuellen Triebstau in Sachen Empörung erklären würde, der sich bereits an Lappalien gerne entlädt (was, wenn er sich erst einmal auf die wirklich großen Themen richtet?).
Das Internet selbst als "Transformator" zu nennen, ist aber gleichzeitig zu weit und zu kurz gesprungen: es ist lediglich eine Technologie, die Wikileaks wie Fake News bringt, Bologna-Proteste wie Katzenbilder, Bundestrojaner wie Anonymous, Cicero online wie YouPorn. Revolutionär oder transformatorisch kann höchstens sein, was wir damit tun... und da sehe ich bisher noch kein "neues 68".

Achim Scharelmann | Mo., 24. Juli 2017 - 16:39

Was aus denen geworden ist kann man leicht erklären. Aus ehemaligen Kommunismusverehrern, unterstützt durch ihre Vordenker Marx, Gramsci und die Frankfurter Schule sind mittlerweile dekadente und gleichzeitig gut verdienende Kapitalisten-Mitläufer geworden. Gut untergekommen gerade im öffentlichen Dienst in der Justiz, als Pädagogen, in der Politik und auch bei den Freiberuflern wie z.Bsp. Anwälten, Architekten, Journalisten, usw. Aus diesen Positionen heraus träumen sie noch heute von alten Kommunisten-Herrlichkeiten und einige davon versuchen es noch immer in der Politik, wobei ihr Stern bereits am verglühen ist. Die 68-iger waren für unsere Republik alles andere als eine Bereicherung und wenn diese Chaoten durch die kommende Generation abgelöst wird, war es gottseidank nur eine Episode, der man sicherlich nicht nachweinen muß.

hermann klein | Mo., 24. Juli 2017 - 17:11

Die „68er“ schufen in den siebziger Jahren ohne Not nur aus purer Übersättigung und Faulenzerei eine von Revolutionsfanatismus beherrschte Scheinwelt, deren Sinnlosigkeit an Irrsinn nicht zu Toppen war. Sie wussten alle insgeheim, das sie in Wirklichkeit die besten Jahre – seit Deutschland existiert – von Wohlstand, bezahlbarer Arbeit, angemessener, sozialer Sicherheit, sozialen Frieden und vor Allem gesicherter Altersversorgung durchlebten. Aus Tagedieberei und Müßiggang besetzten sie Universitäten und Häuser, bewarfen Polizisten mit Steinen und Bomben. Kein Wunder, sie haben 1968 für einen antiautoritären Staat gekämpft und haben ihn bekommen und damit einen beispiellosen, negativen Kultur- und Wertewandel in allen Bereichen unserer Gesellschaft eingeleitet.
All über all Chaos ohne Ende. Heute sehen wir die Folgen: der Verfall von Gesetzen und Sitten, der Umgang untereinander, die guten Manieren, die gesamte Kultur, die Moralvorstellungen, und vor allem die Neiddebatten.

Margrit Sterer | Mo., 24. Juli 2017 - 18:37

Ein sehr guter Artikel
Ich gehöre zur 68er Generation, jedoch ohne je bei diesen Spinnrn mitgemacht zu haben
Die Nachfolger sind die Grünen, übrigens die gefährlichste Partei die es je gab.
Ja, die 68er haben ihre n linken Mülkl gut an andre vrkauft, selber aber das Luxusleben dr Kapitalisten gelebt, das ist die große Lüge, dieser Leute

Jan Schoenmakers | Di., 25. Juli 2017 - 16:22

Antwort auf von Margrit Sterer

Liebe Frau Sterer,
die Grünen als "die gefährlichste Partei, die es je gab"? Selbst wenn man das nur auf die Geschichte der BRD bezieht ist das eine sehr steile These. Abgesehen davon, dass sie für viele Konservative ein liebgewonnenes Feindbild sind (wieso eigentlich - die Grünen waren von Anfang an mindestens ebenso sehr christlich-bürgerlich geprägt wie links, und heute zeigt sich das deutlicher denn je), kann ich das im Kontext des Artikels nur äußerst schwer nachvollziehen. Sicher, wenn es um das Werfen von Nebelkerzen geht und um "nützliche Idioten" mussten und müssen die Grünen und ihre Anliegen oft herhalten, um von "harten" wirtschaftlichen Zusammenhängen abzulenken, doch sind sie zugleich die einzige Partei im Parlament, die Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit überhaupt je thematisiert und viele Diskussionen - z.B. um BGE und neue Arbeit - mit angestoßen hat. Zum Erfolg schweige ich lieber.

Ruth Müller | Mo., 24. Juli 2017 - 19:50

Das Erscheinungsbild der Überlebenden von 68 ist eine Karikatur. Jeder sieht es in Talkshows und anderen Theaterstücken. Selbstgefällig, alimentiert und übergewichtig. Sprüche erzeugend - demenzverdächtigt. Das Staatsvolk bekämpfend den Steuerzahler verhöhnend. Das nicht erarbeitete Geld an Ihr Klientel deligierend. Vorlaut mit Gott an ihrer Seite die arbeitenden Menschen in diesem Land - vorführend. Traditionen geschliffen, Geschichte schön geschrieben. Den edlen Wilden zum Primat erklärt. Die Instution Ehe relativiert. In Wohnviertel mit Wohlfühlfaktor migriert.

Das Prekariat auf die Müllhalde deligiert und zum Bösen erklärt.

Was für eine Bilanz!

Übertreibung macht anschaulich.

Alexander Mazurek | Mo., 24. Juli 2017 - 21:15

... hat Anfang des XX. Jh. das Problem der "Bewegungen" erkannt und benannt, die alle in völliger Verantwortungslosigkeit und Ignoranz tätig sind, als "zufriedene junge Herren", hier die grünen Enkel der braunen Opas, beides selbsternannte Bewegungen des Zeitgeistes. Die Zivilisation, sofern sie überleben will, halte sich lieber an den Spruch "Wenn Jünglinge dich heißen neu zu bauen und Greise dich heißen zu zerstören, dann zerstöre und baue nich neu, denn das neu bauen der Jünglinge ist ein Zerstören und das Zerstören der Greise ein neu bauen". Mit der Französischen Revolution des Marquise de Sade wurde diese Erkenntnis tief verbuddelt, und völkermordende Totalitarismen entstanden, siehe Vendée, Holdomor, Schoah, Pol Pot und unser von "Humanismus" nur so triefender kunterbunt-neoliberaler Globalismus im Namen von nation building (bombing), regime change und promoting democracy. Über den Völkermord der "Aufklärer", ihre Erbsünde und Tradition, wird bis heute geschwiegen.

Jan Schoenmakers | Di., 25. Juli 2017 - 16:27

Antwort auf von Alexander Mazurek

Es sind aber - zumindest heute - nicht die Jungen als vermeintliche "zerstörerische Neubauer" oder die Greise als vermeintliche "fruchtbare Einreißer" das Problem, sondern die dominanten, noch gar nicht greisen "Alten", die sich so breit gemacht haben, dass Nachfolgende kaum Chancen haben, und so gar nicht daran denken, ins weise und genügsame Greisenstadium zu migrieren... um im Bild zu bleiben.

Henry Sawallisch | Mo., 24. Juli 2017 - 21:49

Insbesondere in der BRD konnte dieser Jugendkult mit revolutionärem Anstrich gut Fuss fassen,da sich die damalige Elterngeneration, allein schon auf Grund einer oft nur unterstellten Mitwisserschaft im 2.Weltkrieg ,moralisch in der Devensive befand.Im Wahne einer selbstgerechten Moralhoheit ,traten sie den Marsch durch die Institutionen an.Aber auch die Elterngeneration liess sich,moralisch beschädigt,durch die im ersten Anschein fortschrittlichen Ideen teilweise beeindrucken.Auch die vielfach gewalttätigen Aktionen der linken Avangardisten(Anarchisten).führten zu einem schrittweisen Rückzug der alten Autoritäten,-insbesondere in den Universitäten die dann die Kaderschmiede der jetzigen etablierten Altlinken wurden.Agitation und Propaganda gehören einfach nicht in die Unis.Bei wieder einzu führenden Studiengebühren,würde sich die Anzahl der Studierfähigen auf ein für die Gesellschaft vernünftiges Mass reduzieren.Die Zahl verwöhnter politischer Wirrköpfe war,- ist einfach zu hoch....

Hier liegt ein Denkfehler vor - Studiengebüren schrecken nicht die "verwöhnten Wirrköpfe" ab, sondern stellen Aufsteigerbiografien aus gänzlich unverwöhnten Familien Steine in den Weg. Berufsjugendliche aus bestem Haus machen auch mit Gebühren ihren Weg.

Michaela Diederichs | Sa., 29. Juli 2017 - 21:49

Antwort auf von Jan Schoenmakers

Die nicht unerheblichen Studiengebühren sind ohne die Unterstützung der Eltern gar nicht zu stemmen. Wenn das Kind dann noch aufgrund des gewählten und heute vielfach durch NC beschränkten Studienganges in einer anderen Stadt studieren muss, fallen noch Miete und Unterhalt an. Bafög wird weit weniger gewährt, als die meisten glauben.

Robert Müller | Mo., 24. Juli 2017 - 23:57

Das ist eine monokausale Beschreibung der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Mag sein, dass diese Erklärung zu Anfang noch einige Plausibilität hat, aber mit zunehmender Europäisierung und dann der Globalisierung verlieren die einheimischen Faktoren an Einfluss auf das Wirtschaftsgeschehen in Deutschland. Persönlich halte ich die steigende Arbeitslosigkeit für den Grund warum es ab den 80er Jahren in der Wirtschaft problematisch wird. Imho ist das die Zeit ab der China und andere ostasiatische Länder mit der Aufholjagd beginnen und man in Europa eine Antwort darauf finden muss. Gut möglich, dass die in DE gefundene Lösung mit der Verfasstheit der 68er zusammen hängt, immerhin funktioniert unsere Lösung besser als anderswo in Europa. Auch darf nicht vergessen werden, dass die 68er Generation eine zahlenmäßig sehr große Gruppe ist, was unabhängig davon zutrifft ob jemand 68er, Anti-68er (z.B. Westerwelle) oder keines von beiden ist. Ich würde z.B. meine Eltern zur letzten Gruppe zählen.

Jan Schoenmakers | Di., 25. Juli 2017 - 16:37

Antwort auf von Robert Müller

Als Polemik ist die Beschreibung natürlich verengend. Im europäischen und internationalen Kontext sieht man aber, dass die Einkommensungleichheit in Deutschland überproportional zugenommen hat, Kaufkraft und Löhne unterdurchschnittlich gestiegen sind, der Arbeitsmarkt überdurchschnittlich dereguliert wurde (vor allem, was befristete Beschäftigung betrifft) und die öffentlichen Investitionen stärker zurück gebleiben sind als anderswo (von der Einheit einmal abgesehen), während der demografische Wandel prägnanter ist als in den meisten Ländern. Das von mir der Anschaulichkeit halber vereinfachte und überzeichnete Muster ist also durchaus auch dann erkennbar, wenn man den europäischen/globalen Faktor abzieht. Zudem zumindest in Frankreich, Italien und den USA der "Faktor 68" ähnlich stark war wie in Deutschland - auch die 68er sind durchaus kein lokales/nationales Phänomen... und die Gestaltung der Globalisierung ist kein Naturgesetz, sondern kennt mehrere Wege.

Über die 68er in anderen Ländern habe ich in der Wikipedia gefunden, dass es dort ähnlich wie in DE war, auch z.B. der Terrorismus. Würde das nicht bedeuten, dass die Entwicklung dann dort ähnlich hätte verlaufen müssen und die Differenzen von den nicht-68er-Effekten herkommen? Bsw scheint mir das mit der steigenden Einkommensungleichheit in DE mit dem Niedriglohnsektor zu tun zu haben, der als Antwort auf die hohe Arbeitslosigkeit der weniger formal Gebildeten ausgebaut wurde. Z.B. Zeitarbeit und ähnliches sollte es den Unternehmen ermöglichen leichter die Zahl der Beschäftigten an die Arbeitsmenge anzupassen. Das war die deutsche Antwort auf die wirt. Krise, die anderswo so nicht erfolgte (erst jetzt packt man das im Ausland an). Gibt es da einen Zusammenhang mit den DE-68ern? Natürlich hätten die Niedriglöhner gerne bessere und lukrativere Jabs und eigentlich müsste der Niedriglohnsektor jetzt kleiner werden, weil bessere Jobs vorhanden sind. Vollbeschäftigung -> steigende Löhne

Jan Schoenmakers | Mi., 26. Juli 2017 - 21:04

Antwort auf von Robert Müller

Das sind spannende und wichtige Fragen, die es lohnen würde, tiefer zu beleuchten - im Grunde wäre das schon eine eigene Studie / ein eigener Artikel. Wenn Sie Interesse haben, das gemeinsam in die Tiefe zu treiben, suchen Sie mich gerne über XING oder LinkedIn auf und wir vernetzen uns jenseits des 1000-Zeichen-Formats. Oberfläche & spontane Entgegnung: Deutschland ist damals aufgrund von Politik auch der 68er Generation stärker in die Krise gerutscht als andere Länder - und es waren 68er Politiker, die diese deutschen Antworten darauf gefunden haben. Damit meine ich nicht eine Kausalität des Gedankenguts der Bewegung, sondern eine Verantwortung der Generation, die diese Entscheidungen traf. Man darf auch nicht vergessen, dass der Shareholder-Kapitalismus in den 80er/90ern mal von gar nicht Wenigen als emanzipatorisches Projekt gehandelt wurde...

Robert Müller | Fr., 28. Juli 2017 - 00:13

Antwort auf von Jan Schoenmakers

Wie hier schon von Yvonne Walden geschrieben wurde, handeln in der Politik und in einem Unternehmen keine Generationen, sondern einzelne Menschen. Allerdings haben die 68er beeinflusst was zum akzeptablen Handeln des politischen und wirtschaftlichen Führungspersonals zählt und damit haben sie indirekt Einfluss auf deren Handeln genommen. Insofern sehe ich diese volkswirtschaftliche Betrachtung positiv. Das Thema hat mich an "Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus" von Max Weber erinnert, wobei ich nicht glaube das der Marxismus das Entscheidende bei den 68ern war, sondern die Selbstverwirklichung. Wurde nicht der Shareholder-Kapitalismus bis zum Platzen des Neuen Markes als Teilhabe am Kapitalismus verkauft? (If you can't beat them join them).

Als langjähriger Wikipedianer liegt mir viel an Fakten, aber was bei einem solchen Thema die Fakten sein könnten, erschließt sich mir nicht. Ich glaube deshalb nicht, dass ich bei diesem Thema hilfreich sein kann.

Yvonne Walden | Di., 25. Juli 2017 - 08:20

Beispielhaft für die sogenannte 68er-Generation sei der frühere Bundeskanzler und SPD-Vorsitzende Gerhard Schröder genannt.
Schröder war zwar - aufgrund seines damaligen Alters - Mitglied der Juso-Arbeitsgemeinschaft innerhalb der SPD, aber in Wahrheit kein Jungsozialist im strengen Sinne.
Vielmehr war es für ihn als Emporkömmling wichtig, politisch Karriere zu machen, was ihm ja auch gelungen ist.
Während also seine Altersgenossinnen und Altersgenossen sowohl innerhalb als auch außerhalb der Juso-Arbeitsgemeinschaft für ein sozial-gerechteres Staatswesen eingetreten sind, war es Schröders Bestreben, die Reichen noch reicher werden zu lassen, damit am Ende auch die Unterschicht von den Brosamen der Oberschicht profitiert.
Eine ähnliche Polit-Karriere machte auch der frühere Außenminister Joseph (Joschka) Fischer auf seine Weise über die Umweltbewegung, aus der DIE GRÜNEN hervorgegangen sind.
Von Revoluzzertum also keine Spur, vielleicht in Ansätzen während der spätpubertären Phase.

Liebe Frau Walden,
da gebe ich Ihnen uneingeschränkt recht - sie wurden aber damals als Revoluzzer gesehen bzw. haben sich als solche vermarktet und man nimmt es ihnen mehrheitlich bis heute ab. Und das gilt für viele 68er... natürlich gab es damals die Idealisten, die sich nie haben verbiegen lassen und auf die damit dieser Artikel nicht zutrifft (ohne dass das zu ihren Gunsten gereichen soll - da waren segensreiche Visionäre dabei, aber auch gefährliche Fanatiker, man muss also im Einzelfall urteilen), doch die Mehrheit waren Mitläufer und Opportunisten, wie überall. Wenn sich aber nun auch die, die damals kaum einen echten politischen Finger gerührt und sich primär an Sex, Drogen und Krawall erfreut haben, mit den kulturellen Verdiensten und dem Mythos der 68er schmücken wollen, müssen sie ebenfalls bereit sein, für ihre volkswirtschaftlichen Sünden geradezustehen. Eine Generationenbetrachtung ist immer unzulässige Sippenhaft, in der Verklärung wie in der Kritik.

Yvonne Walden | Do., 27. Juli 2017 - 15:54

Antwort auf von Jan Schoenmakers

Lieber Herr Schoenmakers, um auf den Begriff "Verschwörungstheorie" zurückzukommen:
Könnte es nicht so gewesen sein, daß die Herren Schröder und Fischer (und mit ihnen auch die Gleichgesinnten Schily und Clement) vor Bildung der rot-grünen Bundesregierung mit der Herrschenden Klasse, also dem Großkapital, eine gemeinsame Sache planten, so daß sie am Ende für diesen politischen Kurswechsel fürstlich entlohnt wurden?
Alle oben genannten Politiker wechselten nach Ausscheiden aus dem Regierungsamt in lukrative Positionen in der Wirtschaft, verbunden mit einer Einkommenshöhe, die ein Bundesminister, ja nicht einmal ein Bundeskanzler je erreicht.
Aber mit "Revoluzzertum" haben diese Karrieren so gut wie gar nichts zu tun.
Dem "gemeinen" Volk wurde einfach Sand in die Augen gestreut, denn von einer rot-grünen Bundesregierung hatten Wählerinnen und Wähler sich ganz offensichtlich etwas anderes versprochen.
Insgesamt also nicht nur Etikettenschwindel, sondern Betrug am (Wahl-)Volk.

Thorsten Rosché | Di., 25. Juli 2017 - 08:46

Früher haben sie die Häuser "besetzt" , heute hocken sie in Landtagen und Bundestag und die Häuser gehören ihnen, neben bei fahren sie Premium-
Automarken die sie früher abgefackelt haben.

Dr. Lothar Sukstorf | Di., 25. Juli 2017 - 14:49

Frei nach Janis Joplin..."Oh Lord, won't you buy me a Mercedes Benz, my friends all drive Porsches..." die hatte es damals schon erkannt. Nichts als Maulhelden, Salon-Sozialisten...Fäusterecker...

Ursula Schneider | Di., 25. Juli 2017 - 16:38

Mit den Stichworten "Selbstbereicherung", "Staatsverschuldung" und "Empörungsrituale", die vom wirklich Wichtigen ablenken, kommt man dem, was aus der pubertären Revolution de luxe der 68er geworden ist, sehr nahe.

Ich habe diese "mutigen", meist bleichgesichtigen und langhaarigen Kämpfer gegen den "Staatsterrorismus" in Frankfurt selbst erlebt. Sie wollten die Menschheit mit Sozialismus/Kommunismus beglücken - beherrschten aber damals schon das Studentenparlament, den AStA samt Etat und allen Pfründen!

Sabine Weber-Graeff | Di., 25. Juli 2017 - 21:36

Der vom Sozialismus singt,dabei kifft und Krimsekt trinkt,frei nach Degenhardt.Oder,wie Milovan Djilas treffend in seinem Buch "Die neue Klasse" feststellen durfte:"Der Sozialismus ist die optimale Gesellschaftsform,für diejenigen,die vorhaben als Parasiten auf Kosten anderer zu leben."Und so reifte im Knast sogar beim ehemaligen Weggefährten Titos die Erkenntnis,das der verfressene sozialistische "Politadel" dem Klassischen in keiner Hinsicht nachsteht und im Ausnehmen der Bevölkerung Letzteren sogar überholt hat.Vielleicht wird es Zeit für eine zweite Revolution.

Peter Müller | Di., 25. Juli 2017 - 23:00

Dieser Artikel ist gut. Kurz, knapp, neu, relevant.

Verheiratete mit 0 bis 1 Kindern dieser Generation, scheinen die durchgehenden Gewinner zu sein. Geringe Ausgaben, Steuerliche Vergünstigungen, in Zukunft nicht mehr erreichbare Rente kombiniert mit Wohneigentum im Alter. Massenimmigration von "dankbaren Buergern zweiter Klasse" sortiert dann den Staatshaushalt bis die Betreffenden es hinter sich haben.

Das die Kinder der "Flüchtlinge" hier irgendwann legitim gleiche Rechte und kulturelle Selbstverwirklichung ohne Erb-Dankbarkeit einfordern birgt riesigen sozialen Sprengstoff. Auf der einen Seite christliche Vermögenskonzentration durch Vererbung in Kinderarme Jahrgänge, auf der anderen Seite eine große Zahl von muslimischen Immigrantenkindern, mit deutlicher Chancenungleichheit und gegenüber den Eltern reduzierter Frustrationstoleranz. Das Phänomen ist von den "Gast-" Arbeitern hinlänglich bekannt.

Dietrich Kröhl | Mi., 26. Juli 2017 - 15:20

Genau getroffen.
Auch wenn die Altachtundsechziger jetzt endlich im Ruhestand sind, prägen Sie doch noch weiterhin mit ihrem Sendungsbewusstsein das öffentliche Denken. Ihr moralisierender Mief wirkt nach. Ist Teil der political correctness des Landes.

Thomas Nichterlein | Sa., 29. Juli 2017 - 09:35

Der "Marsch durch die Institutionen" ist hier leider nicht erwähnt worden. Man könnte aber meinen, die institutionalisierten 68 er und vor allem ihre Nachkommen seien vielleicht weiter an der Schädigung des Kapitalismus tätig (Energiewendewahn, Klimawandelaberglaube, Atomausstieg, Willkommenskultur, zuletzt Dieselnormwerthysterie). Ansonsten müsste man sie einfach für dumm oder ungezielt bösartig halten.

Margarete Eisele-Becker | Mo., 31. Juli 2017 - 11:07

Sehr geehrter Herr Schoenmakers,
als alte 68 erin finde ich Ihren Artikel provozierend interessant.
Die 68 iger Bewegung hat mir als Frau eine bis dato nicht vorstellbare Gleichberechtigung, Unabhängigkeit und persönliche Entwicklungsmöglichkeiten gegeben inklusive sexueller Entfaltung mit allem dazu gehörenden Glück. Veränderungen, die auch heute noch meinem Geschlecht und Ihrem zugute kommen. Von der Liberalisierung in allen Lebensbereichen profitiert die heutige Gesellschaft deutlich. Als ehemalige Lehrerin und Schulleiterin stelle ich mit großer Befriedigung fest, dass unser freiheitlicher, schülerbezogener Unterrichtsstil eine ich-starke, leistungsfähige Generation hervorgebracht hat. Die ökonomische und politische Position der BRD in der Welt basiert darauf. Ich empfehle Ihnen, sich mit Eliteforschung zu beschäftigen: Sie werden ein differenzierteres Bild der 68-Generation und deren angeblicher Verantwortung für Sozialabbau und gesellschaftliche Ungerechtigkeit gewinnen.

Sehr geehrte Frau Eise ... (sorry, Name nicht ganz lesbar), gleichberechtigung, befreiung, liberalisierung ... diese tendenzen gab es bereits vor den 68ern als ganz natürlichen prozess und auch in allen bürgerlichen parteien - selbst helmut kohl war in den 60ern ein erklärter modernisierer. aus meiner sicht war es die linke 68er generation, die definitiv übers ziel hinaus schoss, indem sie sämtliche bürgerliche werte in frage stellte (wer 2x mit derselben pennt ...). sicher konnte man das damals nicht erkennen, aber es würde an verklärung grenzen, wenn man heute nicht bekennt, dass dieser geist eine mitverantwortung dafür trägt, dass da eine elternlose/vaterlose patchworkgeneration heranwuchs und dass vor allem die frauen die verlierer der alles gleichmachenden emanzipationsbewegung sind - es ist ihnen letztendlich nicht wirklich gedient, wenn kein mann mehr heiraten möchte.

Liebe Frau Eise...,
das erklärte Ziel meines Artikels war es ja gerade, der - bereits überall ausführlich diskutierten - kulturellen Sicht auf die 68er eine ökonomische entgegenzusetzen. Dass u.A. Emanzipations-, Friedens- und Studentenbewegung kulturell etliches bewirkt haben, was heutigen Generationen Möglichkeiten eröffnet, habe ich nie in Frage gestellt und es ist im Grunde längst popkulturelles Allgemeinwissen, das auch Konservative kaum abstreiten.
Das ändert ja jedoch nichts an der Beurteilung der (volks)wirtschaftlichen Bilanz der 68er und ihren Auswirkungen auf die Generationengerechtigkeit.
Als Nebengedanke: Interessant ist es ja schon, dass die 68er, wenn man ihnen die umfassende Emanzipation der Frau zu Gute halten möchte, so gut wie keine Frau längerfristig in ihren höchsten Führungsriegen hatten, und Deutschland bei Ungleichheiten an Einkommen und Beschäftigung für Frauen trotz niedriger Kinderzahl weiter über dem Durchschnitt liegt.

sid burnes | Di., 1. August 2017 - 23:53

vorabgeschickt: niemand ist persönlich schuld an dem zeitgeist in dem er geboren wurde, ergo war es völlig normal, dass grosse teile der nachgeborenen und babyboomer von diesem aufbruch angesteckt wurden. jeder zeitgeist hat seine begrenzte berechtigung, entstammt einer nachvollziehbaren kausalität. die 68er fielen nicht vom himmel, sie entstanden in einer art moralischen vakuum. das alles klingt nach freispruch? nun, freizusprechen ist jeder, der im laufe seines lebens die irrtümer seiner jugend erkennt. allerdings: dieser schoß ist fruchtbar noch. allerorts begegnen uns wohlsituierte zeitgenossen, die nicht begriffen haben, dass echtes geld erstmal im wettbewerb hart verdient werden muss, bevor es von den schergen an kreti und pleti versteilt werden kann und über jahrzehnte war es völlig normal, dass mittelständische unternehmer nichts anderes als ausbeuter sind. hächste zeit also, dem linke momentum heute ein scharfes bürgerliches korrektiv entgegenzusetzen.