Prinz Ernst August von Hannover deckt die hannoversche Krone unter einem Tuch auf am 12 September 2016.
Erklärte Monarchisten sind selbst in konservativen Kreisen eher selten zu finden / picture alliance

Das Dilemma des Konservatismus - Der ewige Verlierer

Kolumne: Grauzone. Mit der Homo-Ehe fällt eine weitere Bastion der Konservativen. Wieder einmal stehen sie als die Spielverderber da. Was der Konservatismus braucht, um aus der Defensive zu treten

Autoreninfo

Alexander Grau ist promovierter Philosoph und arbeitet als freier Kultur- und Wissenschaftsjournalist. Er veröffentlichte u.a. „Hypermoral. Die neue Lust an der Empörung“. Zuletzt erschien „Vom Wald. Eine Philosophie der Freiheit“ bei Claudius.

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Konservative sind scheinbar geborene Verlierer. Das macht ihre Position so traurig und mitunter so lächerlich. Seit 200 Jahren nichts als Rückzugsgefechte: gegen die Demokratie, gegen die Republik, gegen die Säkularisierung, die Sozialpolitik, die Frauenrechte, die Selbstbestimmung, die Verhütung. Man könnte die Liste fortsetzen.

Das unfreiwillig Komische daran: Auch zeitgenössische Konservative möchten die eben genannten Errungenschaften der Moderne nicht missen. Erklärte Monarchisten sind selbst in konservativen Kreisen eher selten zu finden, auch Gegner des Frauenwahlrechts findet man dort so gut wie nie, und den Ständestaat möchte dort ebenso keiner zurück. Stattdessen lebt man in zweiter Ehe und huldigt im Privatleben einem von vorne bis hinten modernen Lebensstil.

Inkonsequenter Konservatismus

Kurz: Der Konservatismus ist nicht nur andauernd in der Defensive. Schlimmer noch: Er erweist sich als inkonsequent. Denn kaum haben die selbsternannten Progressiven sich durchgesetzt, macht sich der Konservative flugs die neuen Errungenschaften der modernen Gesellschaft zu eigen, während er zugleich irgendwo versucht, eine neue gesellschaftspolitische Frontlinie aufzubauen.

Der aktuelle Westwall des Konservatismus war bis vor wenigen Tagen die Homo-Ehe. Und jede Wette: Es wird so kommen wie immer. Eine zeitlang wird man in einigen konservativen Kreisen noch nörgeln. Doch es wird nicht lange dauern, dann werden die ersten konservativen Schwulen oder Lesben vor dem Traualtar stehen, und in ein paar Jahren werden nur noch unverbesserliche Homophobe wissen, wo eigentlich das Problem lag.

Die Linke schwächelt

Es ist offensichtlich: Bei den Konservativen läuft etwas falsch. Und zwar gründlich und seit Langem. Das ist bedauerlich. Dies umso mehr, als die Zeiten förmlich nach einem intelligenten Konservatismus schreien: Denn die Linke hat intellektuell und programmatisch abgewirtschaftet. Entsprechend erschöpft sie sich in Sozialstaatsideen aus dem politischen Präkambrium, der immergleichen Kapitalismuskritik oder der Erhebung sektiererischer Forderungen wirrer Splittergrüppchen zu angeblichen Schlüsselfragen moderner Gesellschaften.

Gute Zeiten also für einen durchdachten Konservatismus. Doch es werden immer wieder dieselben Fehler gemacht, die Homo-Ehe ist dafür ein gutes Beispiel.

Nein-Sager sind unsexy

Statt eine eigene Agenda zu präsentieren, lässt man sich vom politischen Gegner irgendein symbolisches Themen aufnötigen. Dann hechelt man programmatisch hinterher, nur um schließlich als Spielverderber dazustehen. Das ist mehr als nur unattraktiv. Nein-Sager sind ganz einfach nicht sexy. Und Menschen, denen nichts anderes einfällt, als immer nur gegen etwas zu sein, kann auf Dauer niemand ernst nehmen.

Selbst eine intellektuell dahindämmernde Linke strahlt immer noch mehr Lebensfreude, mehr Attraktivität und mehr kulturelle Nähe zum Durchschnittsbürger aus als ein griesgrämiger, verbitterter oder weltfremder Konservatismus.

Konservatismus muss etwas wollen

Die Konsequenz: Der Konservatismus muss lernen, eine eigene, attraktive und positive Idee von der Welt zu entwickeln. Er muss etwas wollen, nicht immer nur verhindern.

Die Linke war über Jahrzehnte nicht deshalb erfolgreich, weil sie recht hatte oder die richtigen Analysen lieferte – das tat sie nicht –, sondern weil sie ein Lebensgefühl vermittelte, das den Wünschen und Sehnsüchten sehr vieler Menschen entsprach. Dieses Lebensgefühl war gespeist vom Streben nach Individualismus und Autonomie.

Genau diesen Individualismus, dieses Ideal eines selbstbestimmten Lebens, hat die Linke seit Jahrzehnten aufgegeben und gegen Paternalismus und kulturelle Nivellierung eingetauscht.

Es fehlt eine eigene Utopie

Mit der Idee der Freiheit hat sich die Linke zugleich von der Vision einer pluralistischen Gesellschaft verabschiedet. Der Pluralismus der Linken ist monoton, ihre Buntheit farblos. Hier sollte ein moderner Konservatismus ansetzen. Als Hüter von Diversität, Beschützer von Differenzen, Bewahrer unterschiedlicher kultureller Traditionen, als eine Avantgarde, für die Überlieferung mehr ist als ein Museum überwundener Brauchtümer der globalsierten Weltgemeinschaft.

Der Konservatismus muss aus der Defensive kommen. Er muss zeigen, dass er spannender, lebensfroher und in einem tieferen Sinne liberaler ist als all die angestaubten Ideen, die die Linke mit sich herumschleppt. Der Konservatismus muss seine Aura des ewigen Verlierers durch eine positive Ästhetik ersetzen. Er muss – auch wenn es für Altkonservative absurd klingt – eine Utopie für unsere Gesellschaft entwickeln.

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Roland Bauer | Sa., 1. Juli 2017 - 10:16

Sebastian Kurz ist ein Konservativer. Er hächelt keinen Themen hinterher. Er hat Klarheit und Standpunkte.

Du hast den Kurz. Jens Spahn wär das nächste, was mir in D dazu einfällt. Aber hat der das Format? den Willen zur Umgestaltung?

Frederik Weiss | Mi., 5. Juli 2017 - 17:26

Antwort auf von Thomas Glauninger

Spahn mit Kurz zu vergleichen ist im Ansatz schon daneben. Der charismatische Kurz, der -zumindest in seiner momentanen "Höchstphase"- eine geschlossene ÖVP hinter sich weiss, ist Welten von diesem -aus meiner Sicht- langweiligen, in vielen CDU-Vereinigungen für farblos geltenden, Spahn entfernt.

Wolfgang Defer | Sa., 1. Juli 2017 - 10:19

Erklärter Monarchist und Gegner des Frauenwahlrechts hier!
Es gäbe sicherlich mehr davon, wenn man das auch ohne Angst vor Repressalien öffentlich kundtun könnte. Auch ist den Konservativen ja schlecht vorzuwerfen, sich den nunmal gegebenen Umständen anzupassen. Im Artikel wird nach meiner Meinung nach der Fehler begangen, zu suggerieren, es handele sich bei "den Konservativen" um eine beständige Gruppe. Da aber immer neue Generationen kommen, die nicht konservativ geboren werden, sondern sich mit der Zeit dazu entwickeln ist es selbstverständlich, dass diese zunächst den Status quo nicht hinterfragen. Das ist in gewissem Sinne ja die Essenz des Konservativen. Den Status Quo bewahren zu wollen.

Frank Grundmann | Sa., 1. Juli 2017 - 10:23

Ja, der Konservatismus muss etwas wollen, richtig. Dass er etwas will, zeigt die Existenz des Berliner Kreises. Auch fehlt ihm nicht das Maß an Utopie. Leider dringen all diese Eigenschften des Konservatismus nicht mehr nach außen. Warum? Weil sich der Despotismus der Angela Merkel dagegen stemmt. Das eigentliche Defizit in der CDU ist deren neue Unterwürfigkeit. Weite Kreise der Konservativen sind außer sich ob der aktuellen politischen Irrlichterei und leiden doch gleichzeitig an einem krankhaften Zwang zur Subordination. Es ist also weder Inhalt noch Vision, die den Konservativen fehlt, sondern Rückgrat! Wenn die Kommandos der Schiffsführung das Boot auf den Weltmeeren umherirren lässt, dann ist Meuterei oft sehr revitalisierend. Die Konservativen sind feige geworden, Mitläufer. Sie sollten sich darüber klar werden, dass Politik im Kern nicht loyal ist, dann wird klar, dass Konservatismus auch frisch, dynamisch und visionär sein kann.

Dr. Roland Mock | Sa., 1. Juli 2017 - 10:53

wirkt unsexy. Das hängt auch mit einstigen Führungsfiguren wie Kohl und Strauß zusammen: Strickjacke, Bauch, Saumagen, Wolfgangsee: Für Jüngere waren solche Politiker Sinnbild von Biederkeit. Konservativ = alt, unsexy, spießig. Genau diese Attribute haben sich in den letzten zwei Jahrzehnten jedoch krass ins Gegenteil verkehrt: "Konservative", also Nichtlinke mit (klassischer) Familie, Leistungswillen und vernünftigem Einkommen sind heute oft sportlich, stehen eher auf Rock als auf Walzer und fliegen am Wochenende mal eben nach Nizza. Der "moderne" Grüne hingegen ist der Spießer pur: intolerant, rechthaberisch, spaßbefreit und rechnet schon mit 30 aus, welche Rente er einst für sein Beamtendasein beziehen wird. Und die Szene-Linken: Wie "frei"
und "autonom" kann
man sich fühlen, wenn man dieselbe Cola wie alle anderen in der Szene trinkt, mit denselben Che-Guevara-Shirts rumläuft, dieselben ACAB-Käppis trägt, dasselbe ungesunde vegane Zeug ißt: Uniformer und spießiger geht's nimmer.

der ganz schnell ob seines Glamours geräumt wurde.
Macron kommt nicht wirklich aus der Hautevolee, Mitterand ebensowenig, Napoleon schon mal überhaupt nicht,. Entsprechend fasziniert(e) sie der königliche Pomp und Glanz mehr als dass sie ihm gerecht (hätten) werden könnten.
Hat man aber jemanden an der Spitze, der so einen Glanz perpetuieren könnte, dann fällt hoffentlich auch dieser Person auf, dass es darum heutzutage nicht mehr gehen kann.
Wenn man es selbst nicht merkt, sagen es einem im Normalfall andere.
Politisches Teamwork, das Ohr am Volk und unglaublich viel Arbeit warten, wenn Merkel gegangen ist/wurde.
Aber wir reden hier eigentlich mehr von Eliten als von Konservativen?
Menschen zu beschneiden will mir nicht einfallen, aber mit dem Rüstzeug der Merkeljahre fürchte ich die Konservativen angesichts der weltweiten politischen Verhältnisse.

Michael Kubina | Sa., 1. Juli 2017 - 11:13

Sehr geehrter Herr Grau,
alles gut und richtig, was Sie als Weg des "Siegers" beschreiben, nur ist der, der ihn einschlägt, eben kein Konservativer mehr. Der Konservative hat keine Utopie, allein das Wort ist ihm ein Graus. Er weiß nur, dass nicht allein schon dadurch alles besser wird, dass man das Bestehende zerstört, was nicht heißt, dass alles Bestehende bewahrenswert ist. Der Konservative kann auch damit leben, als "Verlierer" zu erscheinen, solange das, was ihm wesentlich ist, erhalten bleibt. Welchen (neuen) Namen die Dinge dabei haben, ist dabei unwichtig. Der Konservative ist per definitionem in der Defensive. Der Konservative kann Monarchist, Putschist, Demokrat etc. sein, das hängt von den Gegebenheiten ab. The times they are a changin' und der Konservative auch. Was Sie als aufgegebene vermeintliche Positionen des Konservativismus anführen, hat mit "konservativ" nichts zu tun, jedenfalls nicht wesentlich. Die vorgebene Zeichenzahl ist erreicht, da schweigt der Konservative

Helmut Bachmann | Sa., 1. Juli 2017 - 11:30

Es stimmt, die Linke ist auf unterstem Niveau angekommen. Das Schlagwort "Ehe für alle" mag- jenseits des indentierten Motivs und unabhängig davon, ob die Gleichstellung "richtig", oder "falsch" ist- stellvertretend für linke Politik stehen. Sie klingt nach "Freibier für alle". Alles für jeden, alles egal, Party ohne Konsequenzen, ohne morgen. Differenzierung ? Alles faschistisch im linken "SchwarzWeiß-Wunderland". Die Linke ist pubertär, indifferent und unreif. Pflichten, gesellschafliche Verantwortung kennt der Egokult nicht, nur: "Einschränkungen für mich? müssen alle weg". Der Konservative hätte die Aufgabe ein gesunder Gegenpol zu sein, eine Antithese zu bilden, doch er versagt ebenso. Selbstverständlich wäre eine verfassungskonforme Lösung ohne Gleichmacherei möglich gewesen. Ohne Frage müssen Experten (nicht Politiker) entscheiden und verantworten (!), wem Kinder zur Adoption übergeben werden. Der Fortschritt lässt sich nicht aufhalten, aber lässt sich auch erwachsen gestalten.

Mirko Gläser | Sa., 1. Juli 2017 - 12:12

Und wenn es so wäre, dass die Homo-Ehe vielleicht sogar ein heimlicher Sieg der Konservativen ist, weil sich diese geschafft zu überwinden haben?
Ich zum Beispiel sehe mich als liberal aber sehe derzeit eher konservative Punkte für notwendig. Trotzdem bin ich für die Homo-Ehe, denn sie passt in meine liberales Weltbild und macht es mir möglich, jetzt zusammen mit den Homosexuellen wichtige Dinge anzugehen.
Ansonsten hat der Autor durchaus recht.
Übrigens kommen die Konservativen durchaus bereits aus der Defensive. Etwa in Amerika, wo konservative Radiosendungen viel mehr Zuhörer als linke Fernsehsender haben. Oder vergleichen Sie einmal die Auflagenentwicklung von Der Spiegel oder Faz mit Junge Freiheit, Eigentümlich Frei, oder dem Compact Magazin.

Mathias Trostdorf | Sa., 1. Juli 2017 - 12:39

Besonders gut hat mir der letzte Absatz gefallen.
Vielleicht muß man noch ergänzen, daß der überhöhte linke Zeitgeist sich ja aus dem bedingungslosen "Kampf gegen Rechts" speist, und deshalb moralisch über jede Kritik erhaben ist.
Was mir besonders auffällt ist, daß das so freie linke Leben ja im Prinzip darauf basiert, daß in zumeist konservativem Umfeld eine materielle Basis und stabile Strukturen geschaffen wurden, auf der/ in denen es sich- oft ja ohne Eigenleistung- prima "links" leben läßt. Ich glaube, aus diesen Widersprüchen speist sich die zunehmende und berechtigtigte Ablehnung linker Weltanschauungen, in denen es ja durchaus auch positive Aspekte gibt. Ich fände es wichtig, daß in der Mitte der Gesellschaft wieder eine Ausgewogenheit zwischen linken und konservativen/ staatserhaltenden Ideen und Idealen hergestellt wird.

Axel Kreissl | Sa., 1. Juli 2017 - 13:10

Die Konservativen haben keine eigene Utopie. Das stimmt genau. Man kann es auf allen konservativen Portalen lesen. Es wird dagegen geschrieben, aber nicht für etwas. Nun kann man gegen Frau Merkel sagen, was man will, aber sie ist superintelligent und zeigt nur auf, was Fakt ist, nämlich daß dieses in der Mehrheit aus Wessis bestehende Parlament absolut substanzlos ist wie auch jene Gesellschaft, die das beim Wahlgang bestätigt. Eine Runderneuerung des Reifens wird hier nicht genügen. Es braucht einen neuen. Was könnte ein Lösungansatz sein? Wie wäre es mit Vereinfachung, Vertiefung, Verzicht und Entschleunigung. Die Deutschen in der DDR hatten ja viiele Annehmlichkeiten des Westens nicht. Das ist heute ihr Vorteil. Sie haben mehr Substanz und sind innerlich den Wessis haushoch überlegen, die von ihrem angehäuften Plunder abhängig geworden sind. Aber wann braucht man das alles nicht? Gant einfach: WENN MAN LIEBT!

Torsten Knecht | Sa., 1. Juli 2017 - 13:13

... klar doch.

Konservative wollten ja keinen Mindestlohn. Sklaverei 2.0. Dank der Deregulierung des Arbeitsmarktes geht es wie immer um Profit u. nicht um Moral.

Und so komisch das klingt, der K. ist genau deshalb erfolgreich, weil er sich sowohl bei Politiker über Lobbyisten als auch über eigene Medien bei der Masse besser verkaufen kann. Nebenthemen sind was fürs Gemüt u. mehr nicht. Hauptsache Machterhalt/Profit (s. Kirche). Nix ist so wandelbar wie die Konservativen - siehe Merkel - sonst wären die Linken u. die Sozis längst an Ihnen vorbei gezogen.

Dr. Lothar Sukstorf | Sa., 1. Juli 2017 - 13:44

Recht so, die Linke/Grünen/Spät68ziger haben in toto intellektuell abgewirtschaftet! Ein "Moderner Konservatismus" ist ein Desiderat, notwendiger denn je, bei dem jedoch die Vordenker dieses geforderten Konservativismus fehlen. Im praktisch Politischen bedeutet dies, die CDU wandelt sich von der Farbe schwarz mehr und mehr zur Regenbogenfarbe der sogenannten "LInken/Grünen/68ziger" - Kurz, der inhaltlich im vorherigen Jahrhundert Stehengebliebenen. Merkel hat sich der Kybernetik der Beliebigkeit für sich und für die CDU verschrieben; sie werden wert- und inhaltsleer werden. Das wird ein gewaltiger, fast irreparabler Schaden für die CDU bedeuten...und angesichts der zu erwartenden gewaltigen Probleme/Umwälzungen(z.B. durch Flüchtlinge) steht die Partei dann vor einer Aporie. Mit dem Verlust der "konservativen" Orientierung wird sich eine "Wertelosigkeit" einstellen, die in Koinzidenz mit den Problemen von Außen für unser Land ruinös sein werden. Wir werden immer schwächer, wehrloser!!

Larissa Tscherkow | Sa., 1. Juli 2017 - 14:19

Das ist das Ziel von Konservativen. Ob es gut oder schlecht ist, Bestehendes zu bewahren, hängt nur davon ab, wie das Bestehende beschaffen ist.

1960 wäre ich Progressive gewesen. Denn damals wollten die Konservativen die Ungleichbehandlung der Frau bewahren, waren also im Unrecht.

Doch die Welt hat sich geändert! Denn heute ist der Fortschritt der Globalisierung, den Progressive fordern, ein zivilisatorischer Rückschritt, der viele Errungenschaften der letzten Jahrzehnte bedroht.

Konservative heute verteidigen die Werte, für die Progressive einst kämpften. An zwei Fronten!

Sie verteidigen Sozialstaat und Rechtsstaat gegen die infantile No Border Ideologie der Linken und gegen den Rassismus der radikalen Rechten.

Und im Übrigen bin ich der Meinung, dass nur die australische Lösung Sicherheit und Sozialstaat bei uns weiter gewährleisten kann. Stoppt die Boote!

Johann Prossliner | Sa., 1. Juli 2017 - 14:23

Einmal mehr: Alexander Grau trifft den Nagel auf den Kopf!
Er selbst ist ja ein großartiger Repräsentant des von ihm geforderten positiven Konservatismus, der aus der Defensive heraustritt. Diesen könnte man auch einen progressiven Konservatismus nennen ...

Ines Schulte | Sa., 1. Juli 2017 - 14:24

Wer würde nicht lieber sagen, 'der Himmel ist blau'. Aber man muss auch sagen dürfen, dass Mist stinkt, bevor man hineintritt. Und wieso soll es schlecht sein, die Sicherheit von gestern zu wünschen? Die Geborgenheit für ein Kind innerhalb einer Familie aufzuwachsen zu ermöglichen, statt in einer Krippe 'die auch nachts geöffnet hat' (Wie jetzt in NRW). Was soll daran 'modern' sein? Der Zeitgeist verlief seit jeher in Wellen, nun ist eben wieder Konservatismus angesagt, weil es etwas zu bewahren gilt.

Karin Zeitz | Sa., 1. Juli 2017 - 14:25

klingt zwar gut, bringt jedoch keinen Fortschrittsgläubigen dazu, ihn gut zu finden. Die Frage ist eigentlich, ob die blinde Zerstörung von Traditionen tatsächlich einen Fortschritt bedeuten und was die Menschen wirklich weiterbringen kann. In Politik und Gesellschaft wird heute weitestgehend mit Worthülsen operiert, ohne die Inhalte zu transportieren.

Arndt Schuster | Sa., 1. Juli 2017 - 14:33

Was könnte heute konservativ sein, ohne die Entwicklung in der Gesellschaft außer Acht zu lassen:
1. Beibehaltung der Institution Ehe zwischen Mann und Frau unter Achtung anderer Formen des Zusammenlebens
2. Beibehaltung und Stärkung der Nationalstaaten bei enger wirtschaftlicher, kultureller, polizeilicher u.ä. Zusammenarbeit. Achtung der vollen Souveränität beim Grenzschutz, in Währungsfragen u.ä.
3. Eine vernünftige Energie- und Klimapolitik unter Beachtung der Kosten für die Verbraucher, ohne teure und ideologisch motivierte Bevorzugung der Wind- und Solarenergie und der Ächtung der Kernenergie.
4. Eine stark begrenzte Zuwanderung unter der Beachtung der Bedürfnisse des Arbeitsmarktes, des GGes und der Genfer Flüchtlingskonvention, d.h. über Asyl und Flüchtlingsstatus wird vor Ort oder an der EU-Außengrenze oder notfalls an der deutschen Binnengrenze entschieden
5. Verabschiedung von der Idee, wir Deutsche könnten allein die Welt retten

Peter Wagner | Sa., 1. Juli 2017 - 14:56

Liebe Cicero-Redaktion, wie sie vielleicht schon bemerkt haben, gibt es zwei Leserbriefschreiber mit dem Namen "Peter Wagner". Kann man hier etwas verändern, da ich nicht immer mit dem Text von Peter Wagner(2) einverstanden bin und er später dazu gekommen ist?

Praktikant Onlineredaktion | Mo., 3. Juli 2017 - 11:00

Antwort auf von Peter Wagner

leider können wir nicht verhindern, dass zwei Kommentatoren hier den gleichen Namen führen. Wenn es Sie jedoch sehr stört, können Sie zum Beispiel Ihren Zweitnamen, sofern Sie einen haben, oder ähnliches einfügen.

Mit freundlichen Grüßen, CT Online-Redaktion

Renate Brunner | Sa., 1. Juli 2017 - 15:10

"Die Konservativen" sollen/sollten eine Utopie für unsere Gesellschaft entwickeln? Ein schöner Gedanke, aber der ist bereits utopisch.
Dazu ist das konservative Gedankengut und alles was damit zusammenhängt deshalb nicht in der Lage, weil die Gesellschaft, die westlichen Gesellschaften viel zu sehr linksgeprägt wurden und bereits unumstößlich sind. Die Schulen, die Universitäten, die Medien (bis auf Ausnahmen, die aber die Regel bestätigen), das Theater, die Literatur, die Malerei, die Musik, eben alles.
Ausnahmen gibt es immer, so wie es heute noch ein paar Klöster gibt und eine handvoll Mönche und Nonnen, aber die Klosterkultur ist schon sehr, sehr lange zu Ende. Das soll nur als Beispiel dienen. Es wird auch diese gesellschaftliche Linksprägung irgendwann einmal abgelöst werden, es ist nur die Frage wann und womit. Das ist und kann den Linken heute nicht klar sein und den Konservativen auch nicht. Aber eines ist sicher, ewig hält sich der "Linksdrall" auch nicht.

Markus Michaelis | Sa., 1. Juli 2017 - 15:29

Hier stimme ich mal nicht mit Grau überein. Es gibt z.B eine Linke-Idee (aktiv für mehr Gleichheit sorgen). Es gibt aber nicht DEN Konservatismus - es gibt nur Ideen, die im Moment als konservativ gelten. Die Konservativen im Moment sind die Grünen und Linken, die sich an Weltbilder klammern, die offensichtlich (zumindest im Moment) nicht existieren (insbesondere universelle Werte, wobei die Welt natürlich einen gewissen Annäherungsprozess durchläuft). Wie alle Konservativen haben sie auch etwas lächerliches, weil sie an Gegensätzen starr festhalten (bunte Welt UND universelle Werte).

Es gibt konservative Menschen, die dem Rechnung tragen, dass die Welt ziemlich beliebig, bunt, nicht durchschaubar und steuerbar, voller Widersprüche und Brüche ist. Menschen sind auch keine Roboter und haben Prägungen. Dem trägt der (gute) Konservative Rechnung, indem er bestehende Menschen und eingespielte Systeme nicht einfach auf den Müll kippt. Er bleibt offen für Sichtweisen UND Grenzen.

Michael Sander | Sa., 1. Juli 2017 - 15:41

Einen modernen, durchdachten, liberalen Konservatismus gibt es durchaus. Nur finden Sie diesen nicht im Mainstream, Herr Grau sondern z.b. bei Roland Tichy, der Achse des Guten, auf vielen kleinen Autorenblogs und natürlich teilweise auch hier im Cicero.
Die Union hat ihre ehemals konservativen Positionen allerdings verkommen lassen bzw. aufs Abstellgleis geschoben. Und genauso verhält es sich bei ehemals konservativen Publikationen, wie beispielsweise der Faz.
Die momentan verbreiteten linken antinationalen und antiidentitären politischen Ideen sind nur deshalb so bestimmend geworden, weil es seitens der politischen Rechten keine Gegenwehr mehr gab.
Die Merkel CDU hat das liberale, konservative Bürgertum zu Gunsten einer zunehmend enthemmten links-liberalen globalen Elite verraten.

ingrid Dietz | Sa., 1. Juli 2017 - 17:07

zu jedem Gesetz gibt es Ja-Sager und Nein-Sager !

Beschämend finde ich es, wenn (wie bei dieser Abstimmung) die Nichtbefürworter als "Gegner" abgekanzelt werden !

Ein Wort an die Grünen: Peinlich- peinlich Euer Auftritt mit der Konfetti-Kanone !

helmut armbruster | Sa., 1. Juli 2017 - 17:22

weil nicht alles Kaufhausware ist. Und echter Konservatismus muss es schon gar nicht.
Darunter verstehe ich einen Wertekanon , der unabhängig von Zeit u. Mode ist. Es sind Werte mit Ewigkeitswert u. solche hat es immer gegeben u. wird es immer geben.
Diese müssen nicht "spannend" und "lebensfroh" verpackt daher kommen damit der Massenmensch oberflächlich auf sie anspringt.
Denn wer diese Werte erkennt und in sein Weltbild übernimmt, der hat sie gesucht und gefunden. Dem sind sie nicht mit Marketingmethoden nahe gebracht worden.
Wer jedoch zu tumb oder zu träge ist um diese Ewigkeitswerte zu suchen und zu erkennen und in sich auf zu nehmen, dem ist sowieso nicht zu helfen. Er wird auf immer nur ein Kind seines Zeitalters sein mit entsprechend begrenztem Horizont. Für ihn ist der herrschende Zeitgeist das ein und alles. Zu mehr ist er nicht fähig.
Dass gerade unsere Zeit solchen Tumben mehr Stimme u. Gewicht gegeben hat als jemals zuvor, ist bedauerlich aber nicht zu ändern.

Wolfric T. Wilde | Sa., 1. Juli 2017 - 19:23

... wie man das von Herrn Grau kennt. Auch sein Fazit spricht mir aus der Seele. Die von der internationalistischen Linken propagierten grenzenlosen globalen Wanderungsbewegungen, der paternalistische Vorschriftenwahn, das staatlich und medial verordnete "korrekte" Denken, die Gleichmacherei u. a. im Bildungswesen, die gesamte Ideologie der vollkommenen Buntheit - alles das führt ja, wenn man es einmal konsequent zu Ende denkt, gerade nicht zu Vielfalt oder von mir aus Buntheit, sondern im Gegenteil zu einem entsetzlich öden, uniformen Grau, oder vielmehr Graubraun.

Genau hier müsste das konservative Lager ansetzen und sich als einziger Streiter für wahre Vielfalt und Freiheit profilieren. Das Problem dabei ist, dass dem Konservatismus die brillanten und vor allem die mutigen Köpfe ausgegangen sind, die so etwas glaubwürdig und gegen alle Widerstände vorantreiben könnten. Es wäre höchste Zeit!

Heiner Hummel | Sa., 1. Juli 2017 - 19:53

…etwa um auch weiterhin ein Leben ohne Internet u. ohne Facebook leben zu können/dürfen sprich ohne dadurch Benachteiligungen aller Art erleben/erleiden zu müssen

Maik Harms | Sa., 1. Juli 2017 - 20:05

Der Konservatismus hat nicht verloren, er hat mit seiner skeptischen Beharrung erst für eine praktikable, verträgliche Entwicklung gesorgt. Konservatismus (die "Rechte" im weitesten Sinne) und Progressismus (die "Linke") bedingen und brauchen einander: die einen voranschreitend, Ordnung infrage stellend, energetisch-optimistisch, die anderen auf entwickelten HIerarchien bedacht, skeptisch abwartend. Wenn Konservative neue Ideen und Utopien entwickeln würden, wären sie nicht mehr konservativ.
Wie gut ist es da, dass in jedem Menschen beide Strömungen schlummern und nicht wenige im Lebensverlauf die Seite wechseln, meist von Rechts nach Links, denn der generelle Trend ist Wandlung, Wissensvermehrung und Fortschritt.
Wirklich gefährlich sind allein die Destruktiven, die Reaktionären rechtsaußen und die Anarchisten linksaußen, denn sie stellen das Zusammenleben an sich infrage.

Klaus Wenzel | Sa., 1. Juli 2017 - 20:07

Ist der Konservativismus wirklich der ewige Verlierer? Politisch unterliegt er derzeit vielleicht der aufgeregten, beliebigen und flotten Zeitgeist-Politik der größtmöglichen Koalition hier in Deutschland. Einstweilen ist seine ökonomische Basis - der Besitz von Kapital - aber doch unangetastet. Wie eigentlich seit 200 Jahren, allen feuilletonistischen Kulturrevolutionen zum Trotz. Sicherlich hinterlassen Merkel und ihre Mannen ökonomischen Flurschaden: die Energiewirtschaft scheint arg gerupft, die Automobilindustrie ist als nächster "Dinosaurier" zum Untergang verurteilt, wenn es nach den Grünen geht und die gesamte "Wirtschaft" nebst den Bürgern leidet an Draghis Gelddruckerei ohne substantielle Absicherung. Wir alle leben auf Pump, und das eigentlich seit den achtziger Jahren. Fazit: die "Wirtschaft" arrangiert sich mit Merkels größter Groko und umgekehrt. Fazit: solange der Laden "läuft", wird offenbar keine konservative Partei mehr benötigt. Tanz auf dem "Vulkan"?

Günter Schaumburg | Sa., 1. Juli 2017 - 21:01

Alles richtig, Herr Grau. Aber da bläst eine Rat-
tenfängerin auf ihrer Flöte und mehr als 60%
derjenigen, die schon länger hier leben, tippeln ihr hinterher. Da wird das wohl vorläufig eher eine
Träumerei von Ihnen bleiben mit der Renaissance
des Konservativismus. Freddy Quinn sang einst:
So schön, schön war die Zeit...

Jacqueline Gafner | Sa., 1. Juli 2017 - 21:38

Wer prinzipiell zu allem Nein sagt, ist ein mühsamer Zeitgenosse, da wird kaum wer widersprechen wollen. Die Frage ist nur, ob das Konservative tatsächlich tun? Ein Nein zur Homo-Ehe dürfte in aller Regel die Kehrseite eines Ja zur Hetero-Ehe sein. So wie die Kehrseite eines Ja zum Sozialismus in aller Regel ein Nein zum Kapitalismus ist. Und ein Ja zum Freihandel ein Nein zum Protektionismus, und umgekehrt. Dass es "verkaufstechnisch" besser ist, das eigene Produkt aktiv zu bewerben, statt sich im Nachgang zu Werbefeldzügen der Konkurrenz reaktiv in Schadensbegrenzung zu üben, leuchtet ein. Auch ein gutes Produkt verkauft sich nicht von selber, zumal in einer Zeit, die sich sicher ist, dass einer neuer Besen immer besser kehrt als ein alter, und dabei vergisst, dass der alte weiss, in welchen Ecken der Schmutz sitzt.

Heinz Pelzer | Sa., 1. Juli 2017 - 22:13

Das Schlimme an dem Neuen ist, solange es sich in der Minderheit befindet gilt es als das Dumme. Wird es zur Mehrheit gilt es als das Klügste und wird zur Grundlage von Gesetzen.

Manchmal dauert es allerdings eine Weile, bis das viele Neue mehr ist als ein Korken auf der Wasseroberfläche. So muss es sich erst einmal durch den Geburtskanal der konservativen Beharrungskräfte hindurchzwängen um anerkannt zu werden, andernfalls käme am Ende nur eine hohle Nuss heraus.
Also Vorsicht, wer die Behärrungskräfte mit dem Terminus Verlierer bezeichnet verhindert, dass viele hohle Nüsse erst gar nicht in die Endkontrolle kommen.

Rolf B. Greven | Sa., 1. Juli 2017 - 23:26

Würde Alexander Grau auf das politische Blockdenken verzichten, käme das dem Anspruch von Cicero, die politische Debattenkultur zu fördern, erheblich näher. Dann könnte man nämlich wirklich die Frage diskutieren, ob es konservative Visionen geben könnte.
Ich befürchte, dass sich die Vorstellung über einen modernen und intelligenten Konservatismus, der zum avantgardistischen Vordenker für gesellschaftliche Entwicklung werden könnte, zum „Hüter von Diversität“ und „Bewahrer unterschiedlicher kultureller Traditionen“ schnell als Luftblase herausstellen könnte. Den Grund dafür findet man in Alexander Graus Ausführungen selber. Er unterstellt nämlich den Linken, wer immer das auch sein sollte, dass sie das Lebensgefühl der Menschen und ihre Wünsche und Sehnsüchte beeinflusste. Nach Grau hatte diese Linke zwar die falschen Analysen, jedoch das richtige Gefühl für Wünsche und Sehnsüchte.
Hat demnach der Konservatismus die richtigen Analysen und das falsche Gefühl für Wünsche und Sehnsüchte?

Claudia Martin | So., 2. Juli 2017 - 09:25

sind doch keine rückwärtsgewandten Menschen. Die Konservativen wollen die Evolution und keine Revolution. Das ist der Unterschied. Da die Entwicklung hin zur Ehe für alle auch schon sehr viele Jahre andauert, würde auch hier eher von einer Evolution sprechen. Vielleicht kommt jetzt aber wieder die Vielehe. Das wäre dann aber konservativ, denn die ist ja nichts neues. Viele Konservative wollen aber auch Veränderungen. Eine neue Regierung, eine bessere Europapolitik, eine neue Steuerreform, usw. Wäre eigentlich die Abschaffung des Soli konservativ oder modern ????

Swen Kleb | So., 2. Juli 2017 - 10:42

"Dieses Lebensgefühl war gespeist vom Streben nach Individualismus und Autonomie."

Linker Pluralismus und das Streben nach kompletter Individualität führen zu Orientierungs- und Haltlosigkeit.
Wenn der Staat und die Gesellschaft einem keine gemeinsamen Werte mehr vermitteln, wird man sich einer starken Religion zuwenden, die Orientierung liefert. Sieht man doch sehr schön beim Islam. Menschen streben nicht nach führerloser Anarchie. Wir sind und bleiben Gruppenlebenwesen. Ansonsten wären wir individuelle Einzelgänger wie z.B. ein Steinmarder. Diese tiefe Biologie wird gern ausgeblendet.

Heinrich Kehmeier | So., 2. Juli 2017 - 14:05

Ob Konservative nur nein sagen? Ob sich im grünen Weltbild das Nein in einer zunehmenden Verbotskultur nicht eher Zuhause fühlt? Ob das Nein unter dogmatischen Veganern oder allen Argumenten resistent gegenüberstehenden Flüchtlingsbejublern nicht seine Heimat hat?
Allerdings ist Grau zuzustimmen, wenn er anmahnt ein positives Gesellschaftsbild unter konservativen Vorzeichen zu entwickeln, indem sich Freiheit in ihrer Polarität von Individualität und Tradition zeigt, in dem Europa keine Ansammlung von Bürokraten, sondern eine Begegnung von Kulturen ist, indem Flüchtlingspolitik keine willkürliche Öffnung von Grenzen ist, sondern politisches Handeln das nationale Verantwortung (auch europäisch gedacht) und humanes Handeln zusammen bringt. Und darum weiß, dass Abstriche gemacht werden müssen, wenn man ein staatliches Gemeinwesen aufrecht halten will. Deshalb keine Utopie, auch keine konservative, weil in ihr die uns ständig begegnende Polarität verwischt wird.

Samuel von Wauwereit | So., 2. Juli 2017 - 15:39

Konservativ kommt von conservare (erhalten, bewahren). Das schließt Utopien per Definition aus, da der Konservative sein Heil im Jetzt bzw. in der Vergangenheit und den althergebrachte Sitten sieht.

Dr. Florian Bode | So., 2. Juli 2017 - 17:27

Im "Konservativen" liegt eben das Beharren auf dem Bestehenden. Das schließt nicht aus, dass in einer Person konservatives und innovatives Streben abwechseln können. Wenn der Konservativismus auf neue Ideen käme, wäre er die Avantgarde. Der Konservative hat zur Zeit keine politische Vertretung.

Wilhelm Herbst | So., 2. Juli 2017 - 17:29

Das Wirken der Konservativen wird von vielen als öde, langweilig und verliererhaft empfunden.
Konservative wollen das gute Alte bewahren, das schlechte Alte kann vergehen. Dazu brauchen wir die weise Unterscheidung.
Einige drängende Fragen:
Wo sind sie, diese Unterscheider? Wo sammeln und artikulieren sie sich? Wo ist die neue konservative Partei? Warum ist es cool, lebensfroh und dem Menschen dienlich, progressiven Konservatismus zu leben. Dazu braucht es Modelle, Vorbilder und die rhetorische Gabe, den Nerv der Zeit attraktiv zu treffen.
Dazu braucht es Vernunft und Leitlinien wie die 10 Gebote, weil wir uns sonst in Beliebigkeit verlieren.
Vielleicht es es nicht so schlecht, Bremser zu sein. So bleibt Zeit innezuhalten und zu reagieren. Manches nicht Zielführende konnte abgewendet werden, denken wir an die irrigen Ideen z. B. der 1960-er und 70-er Jahre. Den Aufprall schwitzend verhindert zu haben, das hat Thrill und ist sexy. Wo also treffen sie sich, diese Konservativen?

Henry Sawallisch | So., 2. Juli 2017 - 21:34

Der Siegeszug der linken Parteien (speziell in der BRD) begann, genau betrachtet ,in der Mitte der 70' Jahre. Nachdem man entdeckte ,wie man durch eine fast beliebig erhöhbare Kreditaufnahme, fast alle Wünschbarkeiten des Wahlvolkes in die Wahlprogramme schreiben konnte.Dagegen sind die Vorstellungen der Konservativen nach sparsamer Haushaltsführung,konsequenter Durchsetzung des Rechtsstaates u.ä.für die gemeine deutsche Bürgerseele ziemlich unbequem und unsexy. Es hat sich inzwischen ein Anspruchsdenken in Bezug auf eine Rundumversorgung durch den Staat breitgemacht,die schwerlich zurückgefahren werden kann. Wer dies heute fordert und propagiert, wird schnell als Spielverderber(also Konservativer)wahrgenommen.Bedingungsloser Konsum ,-inklusive Wellness,kennzeichnet den heutigen Zeitgeist.Ironischerweise befeuern die jetzigen linken Parteien dieses ,im Kern dekadente, Gesellschaftsmodell.Es findet also, vereinfacht gesagt, eine kreditfinanzierte Wählerbeeinflussung statt.Ende offen...

Hubert Knapp | Mo., 3. Juli 2017 - 02:20

Daß die Konservativen der Entwicklung immer hinterherlaufen werden, ist selbstgewähltes Schicksal bzw. liegt in ihrer Natur bzw. in der Natur der Sache selbst. Daß sie den Fortschritt aufhalten können, ist scheinbar ihre Utopie - das zeichnete sich doch gerade wieder einmal bei der Homo-Ehe schon länger ab - aber die erreichte Verzögerung von Jahrtausenden ist ihr Verdienst, der sich doch sehen lassen kann?

Thomas Radl | Mo., 3. Juli 2017 - 08:15

Schöne Ablenkung. Man kann natürlich zu allem so lange quatschen, dass am Ende keiner mehr weiß, was das ursprüngliche Thema war.
Ehe und Familie werden im Grundgesetz besonders geschützt. Das BVfG hat definiert, was Ehe ist: Die auf Dauer angelegte Verbindung zwischen Mann und Frau - so weit, so "konservativ".
Das, was jetzt im Bundestag passierte, ist keine "Utopie", sondern eher Dystopie. Einmal mehr wurde das GG missachtet, unsere Demokratie zur Farce. Die Änderung der Ehe, wenn sie denn gewünscht wäre, könnte man per GG-Änderung ja machen. Tatsächlich wird ein einfaches Gesetz verabschiedet.
Und genau da liegt das Problem: GG-Ärtikel (egal, ob Ehe oder Asyl), EU-Vereinbarungen, wen interessiert das? Ist das Beharren auf Gültigkeit des Grundgesetzes und auf "Pacta sunt servanda" tatsächlich eine obsolet gewordene, konservative Haltung? Soll das beliebige Rumgeeiere der "Alternativlosen" ernsthaft die angesprochene "Utopie für die Gesellschaft" sein? Der Artikel ist ein Nebler!

Andreas Müller | Mo., 3. Juli 2017 - 09:44

Das Konservative fürchtet die Veränderung wie der Teufel das Weihwassser (und wie zufällig passt die Redewendung zur meist christlichen Gesinnung), aber auch die fortschrittlich Denkenden, Liberalen leiden - an der entsetzlichen Langsamkeit aller Entwicklungen. Beide brauchen einander. Wie man sieht ist selbst die "Homoehe" für viele Konservative in Wirklichkeit kein "Gottseibeiuns" mehr und sie sind doch unerwartet immer wieder fähig die eigenen Grenzlinien neu zu ziehen und merken dann, dass man sich in den neuen Räumen gut einrichten kann; die Liberalen wären ohne das Beharrende super beliebig und unfroh, weil sie sich in den unendlichen Räumen verlieren würden. Ich kann, muss damit leben und immer wenn's besonders schwer fällt mit den Ewig Gestrigen Betonköpfen kann ich mich mit dieser Sicht auf die Dinge trösten; zudem mit dem Wissen, dass keine Entwicklung und kein denkbarer Gedanke auf Ewigkeit aufgehalten werden kann. Ätsch :-)

Oliver Hoch | Mo., 3. Juli 2017 - 09:47

Konservatismus als Verlierer-Strategie zu verstehen ist ein Zeichen für Hurrah-Patriotismus (oder -Sozialismus). Entscheidende Spiele werden 1:0 gewonnen, nicht 6:7. Es wird immer positive Neuerungen geben - darin sind sich Revolutionäre und Konservative einig. Der Unterschied: wer sein Wissen nicht nur aus Kampfreden bezieht der weiß, dass es viel Gutes zu bewahren gibt. Wertvollste Dinge wie Rechtsgleichheit und Meinungsfreiheit wurden lange erkämpft, unter riesigen Opfern. Der "progressive" Mainstream tendiert dazu, möglicherweise Unwiederbringliches gegen Neueres auszutauschen. Konservatismus ist nicht die Einstellung der Verlierer. Ohne Konservatismus sind wir alle Verlierer.

Christian Loroch | Mo., 3. Juli 2017 - 10:37

Konservativ ist eine Haltung, welche Zustände bewahren will, solange nicht der Nachweis geführt ist, dass eine Änderung erforderlich und sinnvoll ist. Geboren ist diese Haltung aus der Skepsis, dass menschlicher Geist alles besser wissen will.

Wenn eine Reform überzeugend ist, dann gibt der Konservative seine bisherige Haltung auf. Den Konservativen deshalb als "geborenen Verlierer" zu bezeichnen, halte ich für Zynismus. Bessere Einsicht macht nicht zum Verlierer.

Natürlich, wer eine tolle Ideologie parat hält, mit der er Gegenwart und Zukunft scheinbar logisch erklären kann, hat den Charme des Checkers und Erklärers der Welt. Tatsächlich haben die großen Ideologien (z. B. Nationalsozialismus, Sozialismus, Maoismus usw.) zu nichts anderem als Unterdrückung, Unfreiheit und Krieg geführt.

Genau deshalb lehne ich als Konservativer ab, einer Utopie oder Ideologie zu verfallen.

Eine Ideologie oder Utopie ist damit nicht verbunden.

Utopie entwickelt man aus politischen Aussagen. Man kann auch von Vision sprechen (genauso verpöhnt bei den sogenannten Realdenkern). Vision ist das höchste wertegetragene Ziel (Bild), das hinter einer Reihe von Zielen steht. Bzw. andersrum: Aus einer Vision kann mann bestens griffige politische Ziele herausoperationalisieren.
Nehmen wir die Krone, dieses packende Symbol. Was ist die Utopie bei der Krone: Etwa Gemeinschaft, Sicherheit, Einigkeit sowie selbstverständlich Adel, was man heutzutage durch Edelkeit ersetzen würde - was ich persönlich als Psychologin und Literaturwissenschaftlerin nach den Pöbelauftritten der konfettikanonenbewehrten Grünen letzthin (bei Erika Steinbachs Abschiedsrede im Deutschen Bundestag) für sehr angebracht im Sinne von Edelmut und Höflichkeit fände. Das also wäre die Utopie einer heutigen zum Symbol genommenen Krone: Eine Gesellschaft, die sich als Kulturgemeinschaft versteht und dem Individuum Sicherheit.... /2

Raimund Zoller | Mo., 3. Juli 2017 - 10:55

Die einzige konservative Partei ist die AfD. Und nur weil die Union seit 20 alles Konservative über Bord geworfen hat, gibt es überhaupt die AfD. Es geht um politischen Bedarf. In einem Land mit nur noch linksgrünen Angeboten, braucht es die AfD, solange in Restbereichen der Bevölkerung noch konservative Nachfrage besteht. Unser Schulsystem arbeit seit langem daran, die Nachfrage zu ändern. 2030 wird es spätestens soweit sein. Dann hat es diese konservativen Restelemente nicht mehr. Dank Umerziehung und Demographie. Was von langer Hand geplant war, ist dann Realität. Ein linksgrünes Schland voll bunter Vielfalt. Ein globalisierter Zombiestaat voll mit allem. Hoffentlich dann auch mit anderem Namen und Regenbogenflagge. Der eklige Preußenadler als Wappentier muss endlich weg. Kommt auch noch.

Raimund Zoller | Mo., 3. Juli 2017 - 11:08

Was ist für mich konservativ:
Volk, Nation, Heimat, Sprache - Zuwanderung als Ausnahme, nicht als Regel. Vater, Mutter, Kinder - Familie statt Patchwork-Glorifizierung. DM statt Euro. EU nur dort, wo es zwingend nur gemeinsam geht. Wehrdienst für jeden Herkunfsdeutschen, auch für Frauen. Nur wehrhafte Volker überleben. Einbürgerungen nur für besondere Leistungen. Generell keine Doppelpässe. Keine Energiewende zulasten der Verbraucher. Strompreise sind am Markt zu bilden, nicht in der Politik. Sozialstaat eng begrenzen. Sozialleistungen nur für Deutsche. Abschiebequote von 100 Prozent. Asylrecht abschaffen und durch Gnadenrecht ersetzen. Nur der Staat entscheidet, wer hier warum Schutz bekommt. Das Volk bestimmt in direkter Demokratie, was es will. Wie in der Schweiz. Der Markt ist die Regel, die Reglung des Marktes die Ausnahme. Amtszeiten strikt begrenzen, auf 2x4 Jahre. Auch in den Parlamenten. Keine Berufspolitiker mehr. Geht arbeiten!

Dr. Lothar Sukstorf | Mo., 3. Juli 2017 - 11:55

Merkel ist auch konservativ. Versucht sie doch so viel DDR wie nur möglich in der BRD zu erhalten, zu bewahren???

Wolfgang Henning | Mo., 3. Juli 2017 - 15:09

Konservative sind keine ausschließlichen Nein-Sager. Sie sagen ja zu Bewährtem, Sinnvollem und Zielführendem und hängen nicht ständig an Utopien. Der Konservatismus entwickelt somit eine positive Idee von der Welt. Die Linken waren bisher niht erfolgreich, weil sie Sehnsüchten nachhingen, die regelmäßig nicht erreicht wuren. Wir leben in einer globalisierten Welt mit unterschiedlichen kulturellen Traditionen. Sie zu achten ist Aufgabe und Verpflichtung aller Nationen. Aber wer soll bestimmen, welche Brauchtümer zu überwinden sind und in ein Museum gehören, solange es eben gelebte Brauchtümer sind, die keinem anderen schaden?
Der Konservativismus im katholisch geprägten Rheinland, in Baden-Württemberg und Bayern zeigt doch in besonderer Weise durch sein Brauchtum die Lebensfroheit, Liberalität und Fortschrittlichkeit.
Es braucht keine Utopien!

Raimund Zoller | Mo., 3. Juli 2017 - 16:19

Linksgrüne Randgruppen nehmen die Gesellschaft regelmäßig in Geiselhaft. Diese Randgruppen fordern nicht nur Freiheit von Diskriminierung. Das allein ware in Ordnung. Es braucht keine Diskriminierung dieser Lebensform. Aber sie fordern mehr. Sie fordern frech dieselben Vorteile ein, die aufgrund staatlicher Lenkungswirkung gewährt werden. Das steht ihnen nicht zu.

Monika Medel | Mo., 3. Juli 2017 - 17:32

Nach meiner Beobachtung, vorzugsweise auf dem Gebiet der Pädagogik, sind unsere derzeitigen "Progressiven" weniger um Verbesserung konkreter Missstände bemüht als vielmehr um die Schaffung eines "neuen Menschen". Die Gegebenheiten der menschlichen Natur werden verleugnet, diese sind ja angeblich "soziale Konstrukte". Einerseits sollen herkömmliche Ordnungen beseitigt werden, andererseits hat man kein Problem mit Zwangsmaßnahmen. Der "neue Mensch" soll möglichst keine "natürlichen" Bindungen haben, aber ihm soll z.B. Neusprech aufgenötigt werden. Dies widerstrebt den meisten Menschen, doch wird seit Jahrzehnten massiv das Mittel der Propaganda und der moralischen Nötigung eingesetzt.
Am stabilsten haben sich in der Geschichte stets die "konservativen" Gesellschaften mit religiöser Grundlegung erwiesen, so fragwürdig und ungerecht dabei auch vieles ist. Wie ein Ökosystem verträgt auch eine Gesellschaft allerhand Eingriffe, aber genau wie bei diesem gibt es den Moment wo alles kippt.

Robert Müller | Mo., 3. Juli 2017 - 19:17

Ich schätze, die muslimischen Zuwanderer sind die neuen Konservativen. Genau dort werden die Werte noch hochgehalten, die hier längs abgeschafft sind: Familie, Religion und Tradition. Imho ist auch genau das das Problem, weshalb eine Integration nicht gelingt. Bei der Arabellion hat sich das genau gezeigt. Anfangs demonstrierten Frauen auf dem Tahir-Platz mit, bis sie gezielt zu Opfern sexueller Gewalt gemacht wurden. Alle diese Ismen sind versteckte Gewalt, sei es Konservatismus, Sozialismus oder Liberalismus. Merkel kümmert sich meistens um all das nicht und nur da wo sie die Zwangsbeglückung doch macht, lehne ich sie ab. Masseneinwanderung ist nicht fortschrittlich, sondern sozialer Stress, weil so massive kulturelle Konflikte geschaffen werden.

Volker Leyendecker | Di., 4. Juli 2017 - 07:24

Greift in der Redaktion schon das Gesetz von Herrn Maas ? Bin Enttäuscht von Ihrer Auswahl der Beiträge. Warum werden ohne eine Begründung nur genehme Artikel veröffentlicht.

Igor Resch | Di., 4. Juli 2017 - 09:51

Ich sehe das Problem woanders als Herr Grau. Wenn man sich die Geschichte der BRD ansieht, hat sie ausschließlich konservative bis mittle-links Regierungen/Regierungschefs gehabt. Linke standen, bis auf die Grünen für 7 Jahre, nie in Regierugnsverantwortung. Das hat die Grünen jedoch nicht davon abgehalten, die Nr.1 unter den themensetzenden Parteien zu sein.

Um es nicht allzu lang zu machen: Die Linken gewinnen ihre Kämpfe dort, wo es zählt und sammeln ihre Früchte an anderer Stelle ein. Der "Kampf" um die Homo-Ehe wurde nicht unter der Reichtstagskuppel ausgetragen und gewonnen, sondern in der Kunst (Theater, Malerei, TV, Musik, etc.). Die Linken haben verstanden: "Politics is downstream from culture."
Konservative müssen lernen, dass viele Fragen und insb die, welche die Lebensführung betreffen, "vorpolitisch" sind.

Alf Torsten Werner | Mi., 5. Juli 2017 - 15:28

"Denn konservativ ist nicht ein Hängen an dem, was gestern war, sondern ein Leben aus dem, was immer gilt" Wolfram Weimer, Cicero Heft 6/2006 Seite 146

Gottfried Meier | Mi., 5. Juli 2017 - 16:00

Man müsste zuerst einmal definieren, wer oder was die Konservativen sind! Obwohl ich liberal und sozial eingestellt bin, halte ich mich für einen Konservativen. Was oft unter konservativ abgebucht wird, ist für mich nicht konservativ. So ist für mich der sich immer stärker ausbreitende Raubtierkapitalismus, den man ja auch den Konservativen zugerechnet, das Gegenteil von bewahrend.

Peter Schultheiß | Do., 6. Juli 2017 - 09:34

Alexander Grau hat den Unterschied zwischen Konservativen und Reaktionären nicht begriffen. Der Konservative hält an Bewährtem fest, verschließt sich aber Neuerungen nicht, wenn sie besser sind.