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() Bundeskanzlerin Angela Merkel zu Besuch im Goethe-Institut.
Das Institut von Ipanema

Kaum jemand weiß, was das Goethe-Institut eigentlich genau macht. Dabei handelt es sich um eine der erfolgreichsten Kulturinitiativen der Welt. Eine Reportage.

Der Barmann mit den wuchernden Locken, Badelatschen und Bermudas betreibt die Bude an der Strandpromenade von Ipanema mit müder Lässigkeit. Während wir ein paar verspäteten Joggern nachschauen, denken wir darüber nach, ob er vielleicht schon öfter deutschen Schriftstellern Caipiriñas gemischt hat und sich wundert, wo diese Exoten mit ihren Büchern unterm Arm überall herkommen. Das Goethe-Institut von Rio de Janeiro, dessen Stammhotel hier liegt, lädt genau wie die Häuser in São Paulo, Salvador-Bahia, Curitiba oder Porto Allegre deutsche Autoren zu Lesungen ein. Wir lernen die brasilianische Goethe-Welt im Mai 2008 durch einen Vortrag für „Litrix“ kennen, eine Initiative des Goethe-Instituts, die deutsche Literatur im Ausland fördert und auch Übersetzungen unterstützt. Uns schlägt eine Mischung aus Fremdheit und Vertrautheit entgegen. Neuerscheinungen von Wilhelm Genazino und Ingo Schulze liegen in der Bibliothek aus, Plakate von Marburg und Tübingen hängen an der Wand, Besucher aller Hautfarben unterhalten sich auf Deutsch, und um die Ecke tönen Sambaklänge aus einem Lokal. Auf der Rua da Carioca gibt es die „Bar Luiz“, die seit 1887 schwäbischen Kartoffelsalat, Würstchen und kaltes Bier serviert. Zuerst hieß sie „Zum Schlauch“, später nach dem Schwiegersohn des Besitzers „Bar Adolf“, 1942 wurde sie umbenannt. Auch der Ururgroßvater der Bibliotheksleiterin Almerinda Stenzel, deren Namen man die deutschen Wurzeln anmerkt, war ein Einwanderer. „Er nahm die brasilianische Staatsbürgerschaft an, und die Verbindung zu Deutschland riss ab. Zu Hause sprachen wir nur portugiesisch“, erzählt die Mittdreißigerin, die dann begeistert Germanistik studierte. Sie ist eine der weltweit 2794 Mitarbeiterinnen des Goethe-Instituts, das mit 136 Häusern und elf Verbindungsbüros zwischen Kabul, Casablanca, Manila und Stockholm in 93 Ländern vertreten ist. Laute Stimmen schwirren über den zweiten Hinterhof des ehemaligen Gewerbegebäudes in der Neuen Schönhauser Straße in Mitte, wo das Berliner Goethe-Institut beheimatet ist. Wie Tennisbälle werden deutsche Sätze hin und her geworfen, manche bleiben auf halber Strecke hängen, stürzen ab, werden wiederholt. Es klappt, alle sprechen deutsch miteinander, selbst diejenigen, die aus demselben Land kommen. Die neuen Sommerkurse laufen erst seit ein paar Tagen. 7000 Teilnehmer pro Jahr schreiben sich in Berlin ein, hinzu kommen 9000 Deutschlehrer aus der ganzen Welt, die Prüfungen und Zertifikate ablegen, 400 Jugendliche in speziellen Kursen, außerdem dreißig Schulklassen. Bundesweit nahmen 2009 sogar 33 000 Menschen die Angebote wahr – eine ganze Kleinstadt. Gegründet wurde das Goethe-Institut 1951. Der gemeinnützige Verein sollte zunächst zur Ausbildung von Deutschlehrern dienen. Ende der fünfziger Jahre wurden dann alle bundesrepublikanischen Kulturinstitutionen im Ausland Teil des Instituts. Neben den Sprachkursen gewann die Programmarbeit an Gewicht, und unter Willy Brandt nahm die Bedeutung der Einrichtung weiter zu. 1976 trat ein Rahmenvertrag mit dem Auswärtigen Amt in Kraft, der auch die Finanzierung regelte. Allerdings sanken die Zuwendungen aus dem Bundeshaushalt nach der Jahrtausendwende kontinuierlich, bis die ansteigenden Kosten neue Initiativen und den Ausbau des Netzes in Osteuropa oder Afrika unmöglich machten. Um die Finanzmisere dauerhaft zu lösen, beschloss der Bundestag 2006 eine Anhebung der Mittel um 13,5 Millionen Euro, gleichzeitig wurde ein Reformkonzept erarbeitet. Die Zuwendungen stiegen 2007 von 159,8 Millionen auf 174,3 Millionen. Das Goethe-Institut selbst steigerte seine Einnahmen ebenfalls. Um die tausend Euro haben die Studenten auf dem Berliner Hinterhof für einen einmonatigen Kurs plus Unterkunft bezahlt. „Viel Geld“, sagen sie, aber es lohne sich. Renaud, 23 Jahre, stammt aus Straßburg und steht kurz vor dem Abschluss seines Studiums der Luft- und Raumfahrttechnik. Die Europäische Weltraumorganisation ESA hat ihm ein Stipendium vermittelt. „Bei der Arbeit spricht man dort Englisch. Trotzdem ist es sehr wichtig, Deutsch zu können, weil die Belegschaft aus beiden Ländern stammt.“ Genau wie die 30-jährige Literaturwissenschaftlerin Vanessa aus Boston ist er von Berlin elektrisiert. Es gebe so eine schöne Wildheit hier, finden sie, und die Leute seien so nett. Favios, 21, aus Athen, geht es ähnlich. Er studiert Psychologie und hat ein zweimonatiges Stipendium ergattert. Die Atmosphäre in Griechenland sei im Vergleich sehr bedrückend, erzählt er, selbst im Bus oder auf der Straße merke man die Angst. „Meine Familie gehört zur Mittelschicht. Bestimmte Dinge schienen sicher zu sein, und plötzlich haben wir große Sorgen. Das Gesundheitssystem ist total zusammengebrochen.“ Er sehnt sich nach einer neuen Perspektive, und Berlin scheint sie ihm zu bieten. Freud auf deutsch zu lesen, wenn ihm das gelänge! Vielleicht könnte er auch einen Master an einer der Berliner Universitäten machen. Verblüfft hören wir den jungen Leuten zu – von politischer Erstarrung und deutscher Unbeweglichkeit haben sie offenkundig noch nichts gespürt. Während sich die Regierungen mit Bildungsinitiativen schwertun, wissen sie längst, dass es vor allem darauf ankommt. Ein Spanier, der seinen Job verloren hat, leistet sich von seiner Abfindung einen Deutschkurs. Außerdem gibt es eine Polin, die aber in Frankreich lebt, und eine Bulgarin, die in London zu Hause ist. Vielleicht sind dies hier schon längst die neuen Europäer. Wir stecken mitten in einer Diskussion über die Krise, als Matthias Rau auftaucht. Eine Stadtwanderung durch den Prenzlauer Berg steht an, sie ist Teil des umfangreichen Kulturprogramms, das zum Sprachkurs dazugehört. Zwei Stunden lang führt er die Studenten durch den nordöstlichen Bezirk, in dem er die Wende miterlebt hat, berichtet von den alten Brauereien, den Wohnverhältnissen um 1880, den zerfallenden Häusern während des DDR-Regimes und der Subkultur. Jetzt wimmelt es von Kollwitzplatz-Müttern, und die Polizei hat neuerdings eine Sonderkommission für geklaute Kinderwagen eingerichtet. In den Gesichtern seiner Zuhörer zeichnet sich Erstaunen ab – andere Sorgen hat man hier nicht? Mit seiner kräftigen Stimme würde Matthias Rau mühelos ein Kirchenschiff füllen. Dass er bei den großen Demonstrationen im Herbst 1989 dabei war, fasziniert die Studenten. Schon Mitte der achtziger Jahre veranstaltete der Berlinexperte klandestine Führungen für Goethe-Gruppen von sechs bis acht Teilnehmern. Vor allem die Amerikaner gruselten sich vor den sowjetischen Soldaten, die in voller Montur am Ehrenmal Wache schoben, erinnert er sich. Ein einziges Mal hat er in den vergangenen zwanzig Jahren eine schlechte Erfahrung gemacht: Journalisten aus Saudi-Arabien empfanden es als Zumutung, zu Fuß gehen zu müssen oder gar ein Stück mit der U-Bahn zu fahren. Öffentliche Verkehrsmittel! Sie wollten ohnehin nur einkaufen. Auch heute Vormittag ist keiner der arabischen Studenten dabei. „Das ist ein Problem, über das wir auch mit den Leuten vom Institut oft reden, aber wir wissen nicht, wie wir das ändern können“, erklärt Rau. „Sie besuchen die Sprachkurse, das Kulturprogramm interessiert sie nicht.“ Vielleicht gelingt es den Lehrern, sie mit Übungen aus der Reserve zu locken. „Die Deutschkurse vermitteln nicht nur sprachliches Handwerkszeug, sondern auch kulturelles Wissen und können sogar eine emanzipatorische Wirkung entfalten“, meint Klaus-Dieter Lehmann, seit 2008 Präsident des Goethe-Instituts. Er hat sich selbst öfter in Kurse für Migranten gesetzt und miterlebt, wie nicht nur Behördengänge vorbereitet wurden, sondern Kontakte untereinander entstanden, die für viele die ersten jenseits ihrer Familien waren. Auf Anforderungen wie Migration und Integration sei gerade das Goethe-Institut durch die jahrzehntelangen interkulturellen Erfahrungen vorbereitet. Klaus-Dieter Lehmann berichtet von Projekten in Afrika, die einen zivilisatorischen Effekt entfalten, weil plötzlich ein Freiraum entsteht. „Auch in Ländern wie China bieten die Institute ein gesellschaftliches Experimentierfeld.“ Mit seiner charmanten Unbeirrbarkeit traut man dem Präsidenten durchaus zu, in der Politik fraktionsübergreifend Unterstützung zu gewinnen. Eine Kernidee der Goethe-Institute ist der Dialog. Lehmann spricht von drei Etappen, die es seit der Gründung gab. Nach dem Zivilisationsbruch durch den Nationalsozialismus ging es in der ersten Phase um die Vermittlung eines neuen Deutschland-Bildes. Schwierig sei die zweite Phase nach dem Ende des Kalten Krieges gewesen. Die Strukturen waren zu unbeweglich, man konnte den neuen Anforderungen nicht gerecht werden. „Die dritte Phase folgte 2005/2006. Zielvereinbarung und Dezentralisierung wurden beschlossen und machten das Institut zukunftsfähig“, erläutert der Präsident. „Heute entscheiden die Leiter in den jeweiligen Ländern, was sie mit ihrem Geld anfangen wollen. Damit verbunden ist die Budgetierung. Wir bekommen eine Summe vom Auswärtigen Amt für unsere Programme. Es gibt eine Zielvereinbarung mit dem Amt, aber das operative Geschäft ist uns überlassen.“ Durch die Strukturreform sanken die betrieblichen Aufwendungen zugunsten der Projektarbeit: eine kleinere Zentrale, weniger Personal, mehr Programm. Unter Frank-Walter Steinmeier, der Kulturpolitik zu einem Aushängeschild seines Amtes machte, kam es zu einer ganzen Reihe von sehr erfolgreichen Projekten, für die Sondermittel bereitgestellt wurden. Dazu gehörte auch das internationale Partnerschulen-Programm „Pasch“ zur Förderung von Deutschunterricht an einheimischen Schulen. Steinmeier wollte herausragende Absolventen mit Studienplätzen belohnen. Hier könnten sich Entwicklungshilfe und Wissenschaftspolitik miteinander verbinden. Aber wie sieht es mit der finanziellen Ausstattung unter der neuen Regierung aus, die unter Sparzwang steht? „Einschnitte bei uns würden insgesamt keine großen Einsparungen bringen, aber hätten eine extrem negative Wirkung. Nur über die Kultur können wir ein umfassendes Deutschland-Bild lebendig vermitteln. Ohne diese Vermittlung, ohne diese Wertschätzung dürfte es letztlich auch schwer werden, weiterhin unsere Maschinen überall auf der Welt zu verkaufen“, ist Lehmann überzeugt. Außenminister Guido Westerwelle betonte bei der Einweihung eines Institutsgebäudes in Daressalam die Bedeutung des Instituts und nannte es „ein Juwel der auswärtigen Kulturpolitik“. Was das für die Haushaltsverhandlungen im September heißt, muss sich noch zeigen. 228,54 Millionen Euro kamen 2009 vom Auswärtigen Amt, 106,17 Millionen nahm das Institut durch Sprachkurse und Sponsoring ein. Jetzt will man die Ausgaben für sogenannte Daueraufgaben, die 2009 178 Millionen Euro betrugen, als Referenz nehmen und diese Summe bis 2014 einfrieren – was de facto eine Kürzung bedeutet, weil just in dem Jahr die Steinmeier’schen Projekte extra bezuschusst wurden, nun aber aus dem normalen Haushalt bestritten werden müssen. Der sympathische, öffentlichkeitswirksame Schlachtruf „Nie wieder Schließungen von Instituten“, der aus der Politik ertönte, hat Nachteile, weil Mittel über Jahre durch Mieten und Personal gebunden sind und für Programmarbeit weniger Geld übrig bleibt. Klaus-Dieter Lehmann verweist im Gespräch auf die große Unabhängigkeit von der Regierung, was auch ein Unterschied zu Kulturinstituten anderer Länder sei. Und wenn das Außenministerium Gelder für Deutschland-Wochen in Afrika oder Indien spendiert, bei denen Wirtschaft, Politik und Kultur gemeinsam auftreten? Im Kräftespiel der Politik nicht nur Ornament zu sein, sondern auf einem eigenen Standpunkt zu beharren und sich nicht in die Rolle einer Staatsagentur für Kultur zwingen zu lassen, wird eine Herausforderung bleiben. Es ist die Politik, die ihren Blick vor allem nach China, Südafrika oder Indien richtet. Aber Europa ist immer noch da. „Rund vierzig Prozent der Mittel fließen nach Europa“, erklärt Lehmann. „Bei vielen Menschen herrscht ja das Gefühl vor, es handele sich um ein von oben verordnetes Europa. Es nützt nichts, wenn sich die Staatsoberhäupter dauernd in Brüssel treffen, die Europäer aber viel zu wenig voneinander wissen.“ Mit Italien läuft das Projekt „Va bene?!“, bei dem Journalisten, Karikaturisten und Schriftsteller ihre Arbeitsplätze tauschen und über die fremden Verhältnisse berichten. „Wir wollen über Berufsgruppen neue Netzwerke schaffen, die erhalten bleiben und die Wahrnehmung grundsätzlich verändern“, erklärt Susanne Höhn, Leiterin in Rom. Auch von außen betrachtet, scheint diese Arbeit nachhaltiger als die Verschickung von immer denselben Künstlern rund um den Erdball oder Mega-Events, die für kurze Zeit große Aufmerksamkeit erregen, aber an den Beziehungen zwischen den Ländern nichts verändern. „Gerade in Europa gibt es viele Stereotypen. Von den Ländern, die weit weg sind, hat man gar keine so festgefügten Vorstellungen“, meint Heike Friesel, die mit ihrem Mann Rainer Hauswirth das Goethe-Institut in Stockholm leitet. „Die Meinungen über das schwedische Gesundheitssystem oder das Schulsystem beziehen sich oft auf die achtziger oder neunziger Jahre und haben mit der aktuellen Wirklichkeit nichts zu tun.“ Es ginge darum, Fragen des Gastlandes aufzugreifen und mit deutschen Themen zu verknüpfen, nicht umgekehrt. „Sonst sähe es wieder so aus, als wollten wir den anderen etwas beibringen.“ Auch Konflikte wären ohne die Kultureinrichtungen viel schwieriger zu bewältigen. In Athen reagierte man auf die ressentimentgeladene Stimmung nach der Krise mit Dokumentarfilmvorführungen und Diskussionen, zu denen achthundert Leute kamen und sich sogar zwei Mal der Staatspräsident Giorgos Papandreou einfand. „Ich bin dem Land seit über 25 Jahren verbunden, aber das Ausmaß der Hysterie hat mich wirklich erschüttert. Das hätte ich nicht erwartet“, meint der Regionalleiter Rüdiger Bolz. Der Populismus der deutschen Blätter sei von den griechischen Medien noch übertroffen worden: Forderungen nach Reparationszahlungen, Angela Merkel in SS-Uniform. Mit Veranstaltungen konnte er an seinem Haus, das auch während der Militärdiktatur ein Hort der Opposition war, einen Austausch in Gang bringen. Mit Aufrechnungen habe man sich gar nicht erst aufgehalten. Hier liegt die große Chance der Goethe-Institute, auch für die Zukunft: die Wirklichkeit so kompliziert darzustellen, wie sie nun einmal ist. „Intelligente Vermittlung deutscher Kultur bleibt sicher unser Kernauftrag“, meint Christoph Bartmann, Leiter der Abteilung Kultur und Information in der Münchner Zentrale, der demnächst nach New York wechselt. „Aber es ist eine doppelte Aufgabenstellung, denn wir müssen auch auf die drängenden Themen der Zeit reagieren und zivilgesellschaftliche Prozesse unterstützen. In Angola oder Pakistan ist die Agenda eine andere als in den USA.“ In der Neuen Schönhauser Straße lernen wir noch einen Goethe-Studenten kennen, er heißt Jonathan und spielt im Philadelphia Orchestra Oboe. Der 55-jährige Musiker nutzt sein Sabbatjahr, um Deutsch zu lernen. „Bei uns zu Hause waren die Shoah und damit Deutschland ein großes Thema. Die Familien meiner Eltern sind damals umgekommen. Ich habe jetzt zum ersten Mal ihr Dorf in der Ukraine besucht“, erzählt er. Zu Lebzeiten seiner Mutter hätte er diese Reise nicht machen können, und vielleicht hätte sie auch nicht verstanden, weshalb er Deutsch lernen wollte. In Berlin sei die Vergangenheit plötzlich anders spürbar, meint Jonathan, der auf jeden Fall wiederkommen will. „Es ist gleichzeitig schlimmer und einfacher. Hier gibt es Narben. Die Narben sind immer da, aber man kann damit leben.“ Die Sprache wird auf einmal zu einem neuen Raum, der sich in die Vergangenheit und in die Zukunft ausdehnt und mit anderen geteilt wird. Widersprüche, das kennen wir aus Rio de Janeiro. Die berauschend schöne Stadt mit ihren Tanzbars, der Musik, den Stränden und dem Stadion Maracanã ist die eine Seite. Dass der Bibliothekarin Almerinda Stenzel einige Monate vor unserem Besuch mitten am Tag an einer Ampel das Auto von vier Männern mit Maschinenpistolen entwendet wurde, die andere. Wer es sich leisten kann, reagiert auf die alltäglichen Bedrohungen mit Abschottung, wohnt hinter Mauern und benutzt ein gepanzertes Fahrzeug mit getönten Scheiben. Musik, Kunst und Film scheinen auf die rasanten gesellschaftlichen Umbrüche prägnanter reagieren zu können, Literatur spielt im Alltagsleben keine so große Rolle. „Falls Sie am Strand in Rio jemanden mit einem Buch gesehen haben, war das garantiert ein Argentinier“, klärt uns Reinhard Sauer, der Leiter des Goethe-Instituts von Porto, ein paar Tage später auf – und er hat recht. „Auflagen von 400 000, wie die von Judith Hermann, sind bei uns unvorstellbar, obwohl wir mit 191 Millionen Einwohnern ein viel größeres Publikum hätten“, sagt Maria Emilia Bender vom Verlag Companhia das Letras in São Paulo, wo der Regionalleiter Wolfgang Bader eine Podiumsdiskussion organisiert hat. Wer sich hier mit Literatur beschäftigt, meint es wirklich ernst: Die Szene wirkt jung und lebendig, neugierig und voller Erkenntnislust. Die große Aufgabe für die Goethe-Institute liegt darin, nicht nur heimwehkranke Auslandsdeutsche zusammenzubringen, sondern ein Umschlagplatz für den Austausch mit den jeweiligen Ländern zu sein. Immer wieder eine Herausforderung – wer sich ihr stellt, braucht Durchhaltevermögen. Genau wie der Mann an der Bar am Strand von Ipanema.

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Corinna Mielke | Di., 6. Juni 2017 - 19:51

Sehr geehrte Redaktion, eher eine fragende Anmerkung habe ich, keinen Kommentar:
Warum erschließt sich dem Leser nicht auf einen Blick, WANN der Artikel verfasst wurde ( und durch wen wäre auch hübsch). Häufig googelt man schließlich Begriffe/Artikel und eine saubere Quellenangabe wäre dann Standard.
Ich konnte dem Text entnehmen, irgendwann ab 2009 muss der Beitrag geschrieben worden sein. Mehr nicht. Ich wünschte mir - nicht nur bei Ihnen - korrekte und vollständige Zuordnungen, AUCH IM NETZ. (So wäre dieser an sich ja schöne Artikel nicht mal zitierfähig. Und von wann ist das Foto mit Frau Merkel beim Goethe-Institut?... )
Mit freundlichen Grüßen
C.Mielke

Sehr geehrte Frau Mielke,

der Artikel wurde von Maike Albath geschrieben und am 26.8.2010 veröffentlicht. Er stammt daher noch aus der Zeit vor dem Relaunch der Cicero Seite. Bei neueren Texten finden Sie natürlich alle Angaben zu Autor und Erscheinungsdatum und das Layout ist auch leserfreundlicher. Sollten Sie also Fragen zu älteren Artikeln haben, müssen Sie uns leider immer einen Kommentar dalassen oder eine Mail an onlineredaktion@cicero.de schreiben. Das Foto von Angela Merkel beim Goethe Institut ist übrigens vom 08.09.2008.

Freundliche Grüße

Die Online-Redaktion