Sahra Wagenknecht während eines Interviews
In unserer Zeit gelten Egoismus und Gier als menschlicher Normalzustand / picture alliance

Debatte um Leitkultur - Nationalhass als Folge mangelnder Kultur

Für Sahra Wagenknecht sind die Grundlagen einer Leitkultur sowohl bei Kant als auch bei Goethe zu finden. Doch es seien nicht in erster Linie die Flüchtlinge, die ein Handeln nach einem Wertekanon vermissen ließen, schrieb sie 2015

Autoreninfo

Sahra Wagenknecht ist Fraktionsvorsitzende der Partei Die Linke im Deutschen Bundestag

So erreichen Sie Sahra Wagenknecht:

Was ist eine Leitkultur? Dem Wortsinn nach eine Kultur, von der wir uns leiten lassen. In unseren kulturellen Traditionen, von der Antike über das Christentum bis zur Aufklärung, gibt es tatsächlich einen Fundus universeller Werte, die Grundlage einer echten Leitkultur sein könnten: der Respekt vor der Freiheit, Gleichheit und Würde aller Menschen, Brüderlichkeit, die im Christentum als Nächstenliebe und in der Arbeiterbewegung als Solidarität übersetzt wurde. Oder auch Kants kategorischer Imperativ, stets so zu handeln, dass die Maxime unseres Handelns allgemeines Gesetz werden könnte, vereinfacht gesagt: Verhalte Dich anderen Menschen gegenüber so, wie Du von ihnen behandelt werden möchtest.

Aber ist das die leitende Kultur unserer Zeit? Einer Zeit, in der Geiz als „geil“ gilt und Egoismus als menschlicher Normalzustand, in der die Ungleichheit wächst und die Rücksichtslosesten oft die Erfolgreichen sind, in der hemmungslose Gier im Finanzsektor unverändert belohnt wird und hochprofitable Konzerne immer gewieftere Modelle entwickeln, um eines halben Prozentpunkts zusätzlicher Rendite willen die Löhne noch mehr zu drücken oder die Staaten um den letzten Cent Steuern zu prellen. Es sind offenbar nicht in erster Linie die Flüchtlinge, die eine Leitkultur im Sinne des Handelns nach einem akzeptablen Wertekanon vermissen lassen. Wenn aktuell jemand in Deutschland Leitkultur verkörpert, sind das vor allem die vielen tausend ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, die durch ihr Engagement für Flüchtlinge in den letzten Monaten das Staatsversagen in der Flüchtlingskrise zumindest partiell ausgeglichen haben.

Auch eine Frage der Bildung

Im Grundgesetz sind viele unserer Grundwerte verankert. Daher ist Norbert Lammerts Spruch nicht verkehrt: Wer nach Deutschland kommt, wandert nicht in die Bundesliga ein, sondern ins Grundgesetz. Doch wie achten wir selbst die Normen und Werte des Grundgesetzes? Geht bei uns alle Macht vom Volke aus? Oder fühlen sich bei uns einige so mächtig, dass sie über dem Gesetz stehen, wie die Manager von VW oder der Deutschen Bank? Entspricht unsere bestehende Realität noch dem Geist des Grundgesetzes, das immerhin Eigentum verpflichtet, dem Wohle der Allgemeinheit zu dienen?

Wir sollten auch nicht vergessen: Kultur ist zwar nicht nur, aber auch eine Frage der Bildung. In einem Land, das sich chronisch unterfinanzierte Bildungseinrichtungen und akuten Lehrermangel leistet und in dem viele Jugendliche die Schule verlassen, ohne je einen Zugang zu Goethes „Wilhelm Meister“ oder Thomas Manns „Doktor Faustus“ gefunden zu haben, wirkt das Gerede über Leitkultur seltsam hohl.

Aktuell nehmen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit wieder zu. Schon für Goethe war solcher „Nationalhass“ die Folge mangelnder Kultur. Die höchste Stufe der Kultur war für ihn die, „wo er ganz verschwindet und wo man gewissermaßen über den Nationen steht und man ein Glück oder ein Wehe seines Nachbarvolks empfindet, als wäre es dem eigenen begegnet“. Diese Sicht wäre tatsächlich eine gute Leitkultur.

 

Im „Cicero“-Magazin haben wir bereits im Dezember 2015 mehrere deutsche Politiker zum Thema Leitkultur Stellung nehmen lassen. Diese Beiträge veröffentlichen wir nun auch auf unserer Online-Seite in einer Serie.

Lesen Sie hier die Texte von FDP-Chef Christian LindnerSPD-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Thomas Oppermann und Bundestagspräsident Norbert Lammert

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Stephan Maurer | Sa., 6. Mai 2017 - 11:26

Zunächst lässt Frau Wagenknecht die Frage vermissen, ob jene Bildungseinrichtungen, welche anscheinend nicht einmal den aufkommenden Nationalhass verhindern konnten, wirklich einfach nur mehr Geld brauchen. Kultur ist ja keine Frage des Geldes. Eher andersrum, Geld scheint eine Frage der Kultur zu sein, ansonsten wären die kapitalistischen Hongkong oder Singapur keine lokalen Ausnahmen.
Dann vermischt sie auf Ihrer revolutionistischen Suche nach universellen Werten christliche Werte mit dem aufklärerischen Terror, der den Klerus verfolgte. Und dort wo wie angebliche Arbeiterbewegung (als wäre ein Manager kein Arbeitender!) am radikalsten durchgesetzt wurde, der Sowjetunion, wurden die meisten Pfarrer getötet.
Wagenknecht kann sich nicht einfach unwidersprochen als Folge widersprüchlicher geschichtlicher Prozesse hinstellen und dann noch ihr unfreiheitliches politisches Programm als Leitkultur anbieten. Wollen wir hoffen, dass Flüchtlinge in den Genuss wirklicher Bildung kommenwerden.

Tomas Poth | Sa., 6. Mai 2017 - 11:53

Träumerischer Idealismus aus früheren Zeiten, sozusagen weltfremd oder auch menschenfremd. Schiller aus Wilhelm Tell: Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt. Man darf sich vor dem bösen/lieben Nachbarn verwahren! Man kann sich natürlich auch opfern, nur um sich nicht schuldig fühlen zu müssen.

Christiane Bohm | Sa., 6. Mai 2017 - 11:57

Einige Dinge übersieht Frau Wagenknecht natürlich. Nächstenliebe gilt dem Nachsten, was eine örtliche und zahlenmäßige Begrenzung beinhaltet. Und zu Herrn Goethe ist zu sagen, dass er sich gegen Juden auf eine Art und Weise geäußert hat, die ihn heute mindestens als Nazi qualifiziert haette. Was zu der Zeit aber normal war.

Wolfgang Tröbner | Sa., 6. Mai 2017 - 12:08

Vielen Dank, Frau Wagenknecht für Ihren Artikel. Eigentlich ist dem nichts hinzuzufügen. Aus meiner Sicht ist der Artikel auch deshalb erstaunlich, weil er dem ziemlich widerspricht, was man von anderen Linken und vielen Grünen und SPD-Vertretern diesbezüglich so hört.

Benjamin Beldea | Sa., 6. Mai 2017 - 12:31

Wie recht sie hat, die mit magna cum laude promovierte Sahra Wagenknecht. Leider ist sie, sowohl von ihrer eigenen als auch den anderen Parteien im Bundestag, eine der ganz wenigen, wirklich gebildeten Politikerinnen, die Denken können und nicht wie getriebene Reflexbündel und Phrasenautomaten wirken.
Es ist unleugbar: Die immer intensiver gewordene Negativauslese in Politik und Medien (man suche dazu auch "Haselsteiner: Negativ-Auslese in der Politik") seit Gründung der BRD ist an ihrem Höhepunkt angelangt. Anders kann man sich die gegenwärtigen Entwicklungen nicht erklären. Daher muss auch der Satz von Herrn Bundespräsident a.D. Joachim Gauck umgekehrt werden: Nicht die Bevölkerung ist das Problem, die (möchtegern) Eliten sind das Problem.

Bevor man wählt, schaue man sich die Lebensläufe der sog. Volksvertreter genau an und frage sich: Würde ich so jemandem die Leitung meines Haushalts, meines Vereins oder meiner Firma anvertrauen?

Wilfried Grube | Sa., 6. Mai 2017 - 12:50

Meines Wissens ist Norbert Lammert Bundestagspraesident!

Rolf Pohl | Mo., 8. Mai 2017 - 15:31

Antwort auf von Wilfried Grube

Stimmt Herr Grube, Ihr Wissenstand ist in dieser Sache tatsächlich korrekt.
Um sicher zu gehen hab ich extra noch mal nachgeschaut und siehe da, stimmt!
;-)

Reiner Jornitz | Sa., 6. Mai 2017 - 12:55

Frau Wagenknecht, sie sind eine der klügsten Köpfe im Bundestag und manche Meinungen teile ich mit Ihnen. Fangen wir mit Deutschland an! Ist denn nicht unser Nationalstolz von den Alliierten des 2. Weltkrieges bis heute gehörig ausgetrieben worden? Haben viele Menschen hier in Deutschland immer noch ein Schuldgefühl, des Wiedergutmachens auch den Flüchtlingen gegenüber. Sind wir verdammt nochmal der Fußabstreicher und Helfer der Welt zu präsentieren? Wer hat die Flüchtlingskrise ausgelöst, der die Verantwortung trägt , Deutschland ? Ich glaube nicht. Unserem Steuerzahler liebe Frau Wagenknecht zahlt im Moment 20 MLD € für Flüchtlinge im Jahr! Was könnten wir für unsere Bildung tun ? Was für unsere Schulen unsere Infrastruktur ? Haben sie sich darüber nachgedacht? Jedes Land hat sein Wesen sein Stolz und die Verbundenheit zum eigenen Land. Die DDR , wo sie herkommen war der Sozialismus in Perfektion , mehr als in Russland. Wir brauchen keine Leitkultur, wir haben unsere Leitkultur!!

Josef Garnweitner | Sa., 6. Mai 2017 - 13:11

Sie sollten öfter mal im Cicero schreiben. Ihr Artikel ist einfach nur gut.

Ein Zusatz, wenns erlaubt ist. Nicht nur Spitzenmanager stellen sich über das Gesetz. Wie einige Verfassungsrichter dargelegt haben, trifft das sogar auf die oberste Hüterin von Gesetz und Ordnung zu, auf A. Merkel. Und wie man z.Zt. mit der AfD umspringt ist auch nicht gesetzeskonform.

Ob Politik oder Manager, beide Male bin ich mir nicht sicher, ist es Abgebrühtheit oder Dummheit.

ingrid Dietz | Sa., 6. Mai 2017 - 14:55

Ich schätze Sie als Politikerin sehr - einfach weil Sie für mich eine der wenigen glaubwürdigen -
nicht "verbiegbaren" Politikern im Berliner Politik-Betrieb sind !
Meine Gedanken zu Ihrem Artikel:
Ein Gesetz für ALLE ist/wäre sehr schön !
Wenn da nicht der mittlerweile ausufernde Überbietungswettbewerb der einzelnen Bundesländer hinsichtlich "Ausnahmeregelungen" für bestimmte (religiöse) Gruppierungen stattfinden würde !
Auch aus diesem und aus anderen Gründen lehne ich den Föderalismuswahn immer mehr ab !
MFG ingrid Dietz

Ruth Falk | Sa., 6. Mai 2017 - 17:29

ist nicht nur eine sehr schöne Frau, sondern auch einer der klügsten Köpfe in der deutschen Politik. Man muss auch nicht in den "Linken Topf" geschmissen warden, wenn man dem, was sie sagt ,zustimmt: natürlich herrscht allenthalben Raffgier, kaum ein Arbeitgeber, der nicht seine Arbeiter auszuquetschen sucht. Das einst so sprichwörtliche Bildungswesen in D. geht total den Bach runter aus Mangel an Geldern, die Schäuble lieber als Zahl auf dem Konto statt arbeitend FÜR das Volk hat, welches selbiges erst mit seiner Arbeit gesammelt hat, anstatt es den Überreichen abzunehmen durch Steuern.
Mein Gott, in wieviel Autos, Jachten, Jets, Häusern kann wer mit einem Hintern auf einmal sitzen, wieviel Steaks oder Kaviar in einen Magen stopfen?
Wird Zeit, dass das Wort "Verantwortung" zurück in den Alltagsgebrauch kommt. Die Amerikanische Masche hat die Welt vergiftet, aber Europa hötte mit seiner Kultur das Gegengift.

Gerdi Franke | Sa., 6. Mai 2017 - 19:05

Früher haben die "Eliten" auf die "Globalisierungsverlierer" herabgeschaut. Es gab vor vielen Jahren den Begriff Corporate Governance, dem sich viele Unternehmen auch verschrieben hatten. Das wurde aber peu a peu abgeschafft. Jeder tat was er wollte und hat dabei den Bürger links liegen lassen. Und Überraschung, auf einmal beginnt der Bürger sich zu organisieren. Gegen diese "Eliten". Und der Aufschrei ist groß. Ich halte das aber für richtig.

Dr. Roland Mock | Sa., 6. Mai 2017 - 19:41

Frau Wagenknecht schafft es immer wieder, Uralte banale Klassenkampfparolen intellektuell aufzupeppen und dann als höhere Moral zu verkaufen. Welch Anspruch: Der Kantsche kategorische Imperativ! Im Kern ist es aber doch nur die alte Leier: Die Unternehmer sind "hemmungslos gierig", "drücken die Löhne" und "prellen den Staat". Na toll. Und wie originell ist es- mal wieder- den "Finanzsektor" im allgemeinen und die Deutsche Bank im speziellen als Prügelknabe zu verwenden? Könnte 1:1 von Marine Le Pen oder Alexander Gauland stammen. Wenn Frau Wagenknecht einmal wieder auf der Suche nach Menschen ist, welche "Freiheit, Gleichheit und Würde aller Menschen" verletzen, sollte sie, die sich bis heute als Sprecherin der "kommunistischen Plattform" innerhalb der LINKE sieht, vielleicht zuerst in der Vergangenheit ihrer Genossinen und Genossen stöbern.

Christina Hatzoglos | Sa., 6. Mai 2017 - 20:23

....Einer Zeit, in der Geiz als „geil“ gilt und Egoismus als menschlicher Normalzustand, in der die Ungleichheit wächst und die Rücksichtslosesten oft die Erfolgreichen sind....etc.etc.
Ich schätze Frau Wagenknechts kluge Einsichten - aber : cui bono ??? Unser Bildungssystem ist mittlerweile zu einer Trauerweide"mutiert, zu meiner gymnasialen Zeit war Latein ein Pflichtfach um nur ein Bsp zu nennen (wovon ich bis ans Lebensende profitieren werde), will sagen , wir hätten es sehr wohl in der Hand, Bildung zu vermitteln. Aber da hakt es am politischen Willen -
was eine triste Aussicht ist.
Natürlich trägt die enorme Zuwanderung dazu bei, dass wir´s billiger geben müssen ...
Trotzdem: MM nach müssen die AusbildungsKriterien wesentlich erhöht = erschwert werden, um eine vernünftige Einstufung zu erreichen - denn vor lauter halb/viertel gebildeten Abiturienten (die keine Arbeit finden), fehlen Lehrlinge.
Nun ist das Thema hier "Leitkultur", und da ist wieder mal die Politik aufgerufe

Christina Hatzoglos | Sa., 6. Mai 2017 - 20:33

, diese hat schliesslch Vorbildcharakter
Doch was wird uns vorgelebt? .....
die Ungleichheit wächst und die Rücksichtslosesten sind die Erfolgreichen, ..."
> wer also löst den gordischen Knoten um das Niveau nicht noch weiter abdriften zu lassen. Sondern es eventuell zu heben ?

Karl Meier | Sa., 6. Mai 2017 - 20:36

Dieses Land ist nicht "ein" Land. Es ist ein bestimmtes Land, wie alle anderen auch. Es ist Deutschland, das Land, das uns Deutschen gehört. Es heißt nicht "Menschland", "Ausland" oder "Allerweltsland". Es ist nicht frei verfügbar, nicht übertragbar und auch nicht zu verschenken.
Wir Deutsche müssen auch nicht erst definieren, was deutsch sei oder was Leitkultur. Wir haben unsere Existenz nicht zu rechtfertigen. Wir sind das Volk und das ist unser Land.
Fertig.

Josef Garnweitner | Mo., 8. Mai 2017 - 14:51

Antwort auf von Karl Meier

das ist in allen Ländern so. Der Unterschied ist nur der, dort darf man das auch sagen. Wenn Sie hierzulande Ihre paar - durchaus richtigen - Sätze von sich geben, werden Sie von allen Seiten als Nazi gebrandmarkt. Von Links bis CDU. Deshalb haben schon Leute ihren Job verloren.

Das, lieber Herr Meier, ist mittlerweile Deutschland. Ein Volk von Duckmäusern, wie von der Politik gewollt.

Wolfgang Dubbel | Sa., 6. Mai 2017 - 22:20

wenn Ihr "Linken" * uns (Proleten) jetzt mit Kant und Goethe kommt, von denen wir keine Ahnung haben, dann können wir uns halt nur noch Le-Pen und Trump zuwenden ....
* nennt man hier in F "Bobo's"

marcus neuert | So., 7. Mai 2017 - 00:20

so einfach, klar und einsichtig kann eine analyse dieses hochumstrittenen begriffes der leitkultur sein. danke, frau wagenknecht! welch ein erfrischendes gegengewicht zu den unterkomplexen wirrheiten unseres bundesinnenministers. wir geben eben nicht uns die hand, sondern einander. und wir sind nicht nur nicht burka, sondern auch glücklicherweise nicht de maizière.

Alfons Kuchlbacher | So., 7. Mai 2017 - 08:01

Das setzt aber (von Ihnen nicht in Frage gestellt) voraus, dass der Staat für diese Bereiche überhaupt zuständig ist. Vielleicht sollte man zuerst vernünftig ausdiskutieren, wofür der "Staat" - und damit letztlich der Steuerzahler - überhaupt zuständig ist. Ich glaube, darin liegt das große Missverständnis, dass Sie davon ausgehen, dass das alle Menschen so sehen wie Sie.

Rolf B. Greven | So., 7. Mai 2017 - 11:49

Endlich einmal eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem "Reizbegriff" Leitkultur.

Dorothee Sehrt-Irrek | So., 7. Mai 2017 - 11:57

Ich lese nach der Einführung nicht weiter.
Vor allem die Flüchtlinge werden unserem Wertekanon entgegenstehen, es sei denn, wir bringen sie dazu, sich in unsere Gesellschaft zu integrieren.
Und das selbst dann, wenn Rechte Goethe nicht lesen würden.
Wir konnten m.E. nicht etwa einen arabischen Frühling sehen, sondern einen islamischen.
Und eigentlich auch keinen Frühling, sondern eine Verschärfung der Machtansprüche, mit dem Ergebnis der Entwicklung in der Türkei und dem Bürgerkrieg in Syrien.
Das ist m.E. weltweit der Beginn einer Konterrevolution.
Für mich war der Start dazu der m.E. "Gottestaatversuch" Merkels.
Natürlich "betreibt" das Merkel nicht alleine, in Europa kann ich mir dazu aber nur wenige MitläuferInnen denken.
Es wird noch evtl. schlimm kommen, besonders in den USA.
So hart mich die Politik Trumps trifft, so froh bin ich dann doch, dass nicht m.E. Merkels "Schwester im Geiste", Hillary Clinton an die Macht kam.
Ich bitte eindringlich, dass es so bleibt.

Sepp Kneip | So., 7. Mai 2017 - 12:03

"Geht bei uns alle Macht vom Volke aus? Oder fühlen sich bei uns einige so mächtig, dass sie über dem Gesetz stehen, wie die Manager von VW oder der Deutschen Bank?" Diese Frage, Frau Wagenknecht, ist, weiß Gott, berechtigt. Dies würde ich aber nicht nur bei irgend welchen Wirtschaftsgrößen hinterfrgen, sondern zu allererst bei unseren Politikern. Hat nicht unsere Kanzlerin gegen Recht, Gesetz sowie an Parlament und Volk vorbei regiert und tut es noch? Ist nicht sie es, die mit der Überforderung der Bürger berechtigte Vorbehalte gegen nicht mehr bezahlbare Euro-"Rettung" und nicht mehr bezahlbare "Flüchtlings"-Politik hervorruft. Das ist kein Rassismus oder Fremdenfeindlichkeit per se, das ist lediglich die Furcht vor einer Überstrapazierung dessen, was man als Nächstenliebe oder Solidarität hinstellt. Eine gesunde Eigenliebe statt Selbsthass ist für den Einzelnen, als auch für eine Nation unerlässlich und gehört zu einer realen Leitkultur.

Holger Stockinger | So., 7. Mai 2017 - 12:13

besteht ein Unterschied. Die arabische Kultur ist nicht gänzlich eine mohammedanische und die Zivilisation des Islam nicht die Europas.

Goethes Sicht ist die eines Humanisten per se und Frau Wagenknecht sei Dank, mit ihrem Zitat daran zu erinnern.

Politisch-populistische "Keulenbegriffe" wie "Rassismus" und "Fremdenfeindlichkeit" sind jedoch aus der "Ideologie-Kiste" des Propaganda-Utensilien-Vorrats ebenso wie der nichtssagende Nebelschwarm einer "sozialen Gerechtigkeit".

Für das Interesse der eigenen Nation zu sein, macht einen keineswegs zum "Nationalisten" oder "Fremdenfeind" (im Sinne Goethes) sowenig wie ein heilloses Schwärmen für die Brüsseler EU einen zum "Europäer" oder "Anti-Europäer" macht.

Das unsägliche "Links-Rechts-Schema-Denken" verhindert jegliches distanzierte Nachdenken und Reflektieren. Leider!

Hubert Manter-Koller | So., 7. Mai 2017 - 12:58

Dass wir gegen die Banken verloren haben, damit hatte ich mich abgefunden. Jetzt muss ich mich auch noch jeden Tag mehr ein bisschen einer vollkommen bildungsfeindlichen, rückständigen Religion anpassen. Einzig positiv ist, dass ich langsam davon ausgehe, dass auch dieser Kampf verloren ist. Ich kann mich also zurücklehnen und dabei zuschauen, wie die Welt zwischen Profitgier und Religionsirrsinn zerrieben wird und amüsiere mich dann gelegentlich über Goethe-Zitate, die mit dem gegenwärtigen Zustand überhaupt nichts mehr zu tun haben.

Die Leute gehen übrigens nicht nur ohne "Goethe" von den Schulen, sondern inzwischen auch ohne Dreisatzkenntnisse. Dafür können sie heilige Bücher zitieren, damit werden wir international wirtschaftlich sicherlich gewinnen.

Um aber jedem Missverständnis vorzubeugen, ich halte Frau Wagenknecht, wie übrigens auch Frau Petry für liebend gewillte, kluge und lebendige Politikerinnen.
"Edel sei der Mensch, hilfreich und gut".
Wenn ich in der DDR hätte aufwachsen müssen, hätte ich mich nur "verdeckt" entfalten können, wie evtl. eine Christa Wolf.
Ich würde sicher mehrere Menschenleben benötigen, um den Zwang
abzuschütteln. Mit anderen Worten, es ist praktisch nicht möglich.
Als Mitläuferin so eines Herrschaftssystems wäre ich sicherlich innerlich zerbrochen und nicht an erster Stelle im Staat.
Deshalb erkenne ich mich in Frauen wie Sarah Wagenknecht und Frauke Petry eher wieder als z.B. in Frau Göring-Eckardt oder evtl. `Frau Schwesig´.
Frau Wagenknecht darf nur nicht ihre lebendige Erfahrung ihrer sicher excellenten theoretischen Bildung opfern.
Es geht um Menschen, nicht aber um den Kulturfeind in Deutschland versus humanen Kulturzusammenhang der arabischen Welt.
So blind darf Wagenknecht nicht sein

Benjamin Beldea | So., 7. Mai 2017 - 14:08

Liebe CICERO-Redaktion, mir fällt auf, dass meine letzten beiden Kommentare zu 2 Artikeln nicht mehr veröffentlicht wurden. Woran liegt das? Bitte lassen Sie nicht den Eindruck entstehen, als ließen Sie Meinungen willkürlich nicht zu, die Ihnen subjektiv unsympathisch sind. Wenn es eine Themen- oder Sprachregelung gibt, dann möchte ich sie gerne kennen, um mich daran halten zu können. Was meine Weltanschauung betrifft: Mich leiten die Wissenschaften (Logik und Philosophie, Naturwissenschaft, Soziologie, Recht und Wirtschaft usw.). Ich lasse mich weder von sog. "rechts" noch "links" vereinnahmen!

Praktikant Onlineredaktion | Mo., 8. Mai 2017 - 12:45

Antwort auf von Benjamin Beldea

Sehr geehrter Herr Beldea,

Haben Sie unsere Netiquette gelesen? „Wir freuen uns über jeden Kommentar und wünschen uns eine konstruktive Debatte. Beleidigende, unsachliche oder obszöne Beiträge werden deshalb gelöscht. Auch anonyme Kommentare werden bei uns nicht veröffentlicht. Wir bitten deshalb um Angabe des vollen Namens. Darüber hinaus behalten wir uns eine Auswahl der Kommentare auf unserer Seite vor. Um die Freischaltung kümmert sich die kleine Onlineredaktion von Montag bis Freitag von 9 bis 18 Uhr. Am Wochenende werden Forumsbeiträge nur eingeschränkt veröffentlicht. Wir danken für Ihr Verständnis“

Oft kommt es vor, das Kommentatoren nicht ihren vollständigen Namen veröffentlichen. Diese Kommentare werden ungesehen gelöscht. Wir hoffen, wir konnten Ihnen weiterhelfen

Mit freundlichen Grüßen, 
Cicero Online Redaktion 

Josef Garnweitner | Do., 11. Mai 2017 - 10:44

Antwort auf von Benjamin Beldea

von mir wurden auch schon Kommentare nicht veröffentlicht und ich versichere Ihnen, ich war noch nie obszön, unsachlich oder gar beleidigend. Wenn ich Politiker als Gesindel bezeichnet habe, dann ist das so lange keine Beleidigung, als diese ihre eigenen Landsleute als Pack bezeichnen, "Deutschland verrecke" fordern und sich nicht ganz legal die Taschen füllen.

Aber vielleicht hat die Redaktion ja auch nur nicht genügend Personal. Ein Cicero schwimmt halt sicher nicht im Geld.

Martin Arndt | So., 7. Mai 2017 - 16:22

Endlich eine Position, die gebildet auf die deutsche Kultur Bezug nimmt u. erahnen lässt, wer wir unserer Leitkultur nach sein könnten. Die von der Autorin angesprochene Gier mancher Wirtschaftsführer weist darauf hin, wer zutiefst unpatriotisch ist.Es gibt in diesem Land so viele Familien, die jeden Cent berechnen müssen, um leben zu können, während wenige Habsüchtige Millionen zur Verfügung haben. Viele Kinder können sich nicht einmal Urlaub erlauben. Sie verdienen auch eine Zukunft, um ohne Angst leben und lernen zu können.

Robert Flag | Mo., 8. Mai 2017 - 09:58

Fr. Wagenknecht legt den Finger auf genau die richtige Wunde.
Leider ist sie damit nur eine Ruferin in der Wüste.

Rolf Pohl | Mo., 8. Mai 2017 - 19:18

Antwort auf von Robert Flag

Na ja lieber Herr Robert Flag,
nun würd mich noch interessieren, an welche Wunde Sie dachten, in die Frau Wagenknecht ihren Finger legte.

Leider bin ich, selbstverständlich nur was mich betrifft, lediglich in der Lage aus dem Text von Frau Wagenknecht auf eine zwar kompetente, nicht aber in jeder Zeile zu teilenden Sicht zu kommen.

Ralf Müller | Mo., 8. Mai 2017 - 13:53

Wagenknecht hat es nicht begriffen. Zuwanderung macht nur Sinn, wenn bessere Leute kommen als gehen. Es geht um eine positive Migrationsbilanz. Positiv muss messbar sein, absolut und relative. Was kostet Integration, was bringt sie. Was nicht messbar ist, gibt es nicht.
Die Zuwanderung von Hungenotten und schlesischen Bergleuten war vom ersten Tag an positiv. Deswegen war es richtig, solche Leute aufzunehmen. Die Zuwanderungsbilanz der BRD ist extrem negativ. Die Kosten übersteigen den Nutzen um ein Vielfaches. Schlimmer noch, die BRD hat massive Probleme importiert. Importierte Kriminalität ist nur ein Teilaspekt. Der Sozialstaat steht vor dem Kollaps.

Merkel ist politisch nicht ausgewogen. Laut Arbeitgeberverbände sei die Migration gar nicht hoch genug einzuschätzen. Merkel hat die EU vor dem Zusammenbruch durch die F-krise bewahrt u. wollte nicht als Sargträgerin der EU in die Geschichte eingehen. Andererseits ist dem BAMF-Video zu entnehmen, dass eine gezielte Marketingkampagne Pro-Flucht-nach-Deutschland stattfand.

Nicht Frau Wagenknecht hat nix begriffen (denn sie hält selber eine Begrenzung der Migration für sinnvoll), sondern unsere Kanzlerin führt uns alle an der Nase herum.

Rolf Pohl | Mo., 8. Mai 2017 - 17:35

... wieder einmal bewiesen Sie, in dem Fall bereits in 2015, dass Sie willens wie in der Lage sind auch Historisches in den Kontext zur Gegenwart zu setzen.
Nur, im Einklang mit Ihrer Partei, der DIE LINKE, stehen Sie damit wiederholt nicht.

Zudem, sowohl Kant wie auch Goethe hatten jeweils in ihren Zeiten, mit ihren bis heute so wertvollen Erkenntnissen, ganz sicher nicht Masseneinreisen von Menschen einer sozusagen von der europäischen stark abweichenden Kultur im Kopf.
Den Begriff "Leitkultur" würd ich z.B. nicht verwenden wollen. Sinnvoller ist an den Stellen, die Rede von allgemeinen, über die Zeiten gern gepflegten Verhaltensgepflogenheiten.
Schließlich kommen auch Migranten und Flüchtlinge aus ihrer sog. Leitkultur.

es gibt auch den west-östlichen Diwan.
Unabhängig davon, dass Goethe in einer wunderbaren Sprache spricht, neigt er jedoch zu Versprachlichung, ins Bild setzen von abstrakten Überlegungen, die aber wiederum Realität, Zukunft treffen sollen. Was also wieder in Ordnung geht.
Sicher war Goethe nicht der Meinung, es könne Sinn machen, seine Kultur dranzugeben.
Kopftücher dürften ihn auch nicht inspiriert haben.
Erdogan/Imame ist/sind vielleicht auch nicht mit der Blüte türkischer oder arabischer Kultur zu vergleichen.
Schrieb Göethe etwas zum Islam?
Evtl. könnte er auch die 77 Jungfrauen, da er selbst ein umtriebiger Mann war, falsch eingeschätzt haben. Ihm ging es um die Körperfeindlichkeit des indoktrinierenden Christentums, wie auch Nietzsche, da hat er evtl. nur auf das "Fleisch" geschaut, nicht auf die Verpackung, bzw. m.E. "fehlende Spiritualität des Fleisches"?
Es ist nicht leicht und auch Goethe war nur ein Mann.
Ich will immer bedenken, dass ich auch nur eine Frau bin.

Wolfgang Püschel | Mo., 8. Mai 2017 - 18:56

Den Begriff Kultur können wir in Klammern
setzen. Warum? Der Rüstungswahnsinn auf diesem
Planeten läßt diesen Begriff nicht zu.
Anders: Schwanengesang
Anders: Friedhof
Anders: Kadaverrealität

Wolfgang Brocke | Mo., 8. Mai 2017 - 19:35

Ich stelle fest, daß ein ausgesprochen guter Artikel mit einem solchen Inhalt auch sehr gute qualifizierte Kommentare auslöst. Das ist mir in letzter Zeit äußert selten vorgekommen!

Konrad Kugler | Mo., 8. Mai 2017 - 22:50

ich hatte mir mehr von Ihrem Beitrag erwartet. Er wirkt so abgehoben, als ob es keine Entwicklung dahin gegeben hätte.

Wir hatten in Deutschland/West eine vernünftige Wirtschaftskultur. Soziale Marktwirtschaft hieß die. Und sie war eine Erfindung von Christen: "In Verantwortung vor Gott un den Menschen"!
Etwa im Jahr 1973 verdiente ich im Getränke-Heimdienst brutto rund 30 000 DM, netto rund 21 000 DM. In dieser Zeit setzte Kluncker für den öffentlichen Dienst eine Lohnerhöhung von 12 % durch. Augsburg war damals noch eine Textilstadt. Quelle kaufte in der "DDR" ein. Vor 10 Jahren sagten mir Beschäftigte eines Textil-, jetzt Immobilienunternehmens: 10 Frauen nähen noch hochpreisige Bettwäsche.
Gewerkschaften denken Wirtschaft nur in Aktiengesellschaften. im Verbund mit diesen haben sie die Soziale Marktwirtschaft an die Wand gefahren und die Globalisierung "erzwungen (?)" .

Nationalhaß ist 'Folge von ideologischer Verwahrlosung, typisch deutscher Sozialismus.

Stuart Massion | Mo., 8. Mai 2017 - 23:36

Und welche der Werte der deutschen Leitkultur verkörpert der Vladimir Putin, Frau Wagenknecht?

Matthias Noack | Di., 9. Mai 2017 - 09:42

Kategorischen Imperativs. Wenn keiner dem anderen traut dann, weil angenommen wird dass der andere mir sowieso nicht vertraut also vertraue ich ihm auch nicht. Leute werden schlecht behandelt und ausgebeutet damit einem nicht das Gleiche passiert. Ist doch alles stimmig. Geiz ist geil, unsere Leitkultur. Und Frau Wagenknecht erzählt wirklich immer das gleiche. Das kommt mir mittlerweile wie eine Ablenkung vor. Die schöne Sahra die irgendwo rumsteht und Wahres spricht aber eh nichts ändern kann und vielleicht auch nicht will. Die Debatte um die Leitkultur ist in der Hinsicht auch nur Ablenkung.

Bernd Rundfeder | Fr., 12. Mai 2017 - 00:46

... so wirklich beschäftigt sich keiner mit dieser Wölfin im Schafspelz. Ich empfehle ihren Artikel "Marxismus und Opportunismus - Kämpfe in der Sozialistischen Bewegung gestern und heute" von 1992 (Weißenseer Blätter). Nunja, eine Distanzierung von der Lobhudelei auf den Massenmörder Stalin hat es bis heute nicht von ihr gegeben ...