Flüchtlinge demonstrieren im September 2015 an der serbisch-ungarischen Grenze. / picture alliance
Flüchtlinge demonstrieren im September 2015 an der serbisch-ungarischen Grenze. / picture alliance

Flüchtlingskrise - „Ungarn war immer ein offenes Land für Migration“

In der Flüchtlingskrise pocht Ungarn auf seine nationale Souveränität und lehnt die Politik der EU ab. Ein Gespräch mit dem ungarischen Botschafter Peter Györkös über Migration und die Beziehung zu Deutschland

Autoreninfo

So erreichen Sie Dr. Sebastian Banusch:

Cicero: Seit einigen Monaten ist die Zahl der Überfahrten von Flüchtlingen und Migranten von der Türkei nach Europa drastisch gesunken. Ist das ein Erfolg des Abkommens mit der Türkei oder liegt es daran, dass die Balkan-Route geschlossen wurde?
Peter Györkös: Es wäre spekulativ zu behaupten, eine der beiden Maßnahmen hätte einen größeren Beitrag geleistet. Sicher ist jedenfalls, dass die Schließung der ungarisch-serbischen grünen Außengrenze und später der mazedonisch-griechischen Grenze dabei eine sehr wichtige Rolle gespielt haben. Aus unserer Sicht ist es jedoch wichtiger, die internen Kapazitäten Europas zu mobilisieren. Das heißt, die 28 Mitgliedsländer der EU sollten zunächst von innen heraus den Hauptkorridor nach Europa schließen und kontrollieren können. Dazu braucht man nicht die Hilfe der Türkei. Übrigens zeigt die derzeitige Situation, dass es sehr wohl möglich ist, die Außengrenzen der EU zu schützen.

War Ungarn überrascht von der schwierigen Situation im Nahen Osten und den Dimensionen der Flüchtlings- und Migrationskrise?
Ja, das waren wir. Zu Beginn der Krise im April 2015 war ich noch Ständiger Vertreter Ungarns bei der EU in Brüssel. In Vorbereitung auf die Konferenz zur Migration in Valletta im November 2015 wollten sich einige Mitgliedsstaaten und insbesondere die europäischen Institutionen nur auf die Migrationsroute von Libyen nach Italien konzentrieren. Damals habe ich darauf aufmerksam gemacht, dass die Balkan-Route schneller und sicherer für die Migranten ist. Ich wies darauf hin, dass die Migrantenzahlen dieser Route bereits in den letzten Jahren von weniger als 3.000 Menschen in 2012 bis auf 42.000 Menschen in 2014 hochgeschnellt ist. Für 2015 nahm ich daher zunächst an, dass bis zu 200.000 Menschen die Balkan-Route nutzen könnten. Bis Ende 2015 waren es dann faktisch 400.000. Es ist sicherlich die Frage angebracht, wie sich die Anzahl der Menschen auf dieser Route binnen eines Jahres verzehnfachen konnte.

Ihr Ministerpräsident wurde in den deutschen Medien damit zitiert, dass es nicht der politische Wille Ungarns sei, die ethnische Zusammensetzung seiner Bevölkerung zu verändern, noch die Entstehung einer größeren muslimischen Minderheit zu befördern. Ist das so richtig wiedergegeben?
Diese Äußerungen des ungarischen Ministerpräsidenten treffen so zu. Denn diejenigen, die jetzt als Migranten zu uns kommen, entstammen einer anderen Kultur und einem anderen Religionskreis. Wir haben absolute Hochachtung gegenüber dieser Religion. Wenn diese Menschen so massenweise nach Europa kommen, dann muss man sich jedoch fragen, ob das in Europa wünschenswert ist. Wir haben nichts dagegen, wenn Deutschland oder Belgien diese Menschen gerne aufnehmen. Wir sagen jedoch, dass es die Entscheidung Ungarns bleiben muss, mit wem wir in der Zukunft zusammenleben. Dafür gibt es mehrere Argumente. Erstens können wir bislang in ganz Europa kein erfolgreiches Integrationsmodell feststellen. Überall, wo unterschiedliche Kulturen und Religionen zusammenleben, beobachten wir Probleme. Zweitens haben wir in Ungarn eine lange Tradition und Erfahrung, was Migration angeht. Ungarn ist ein Schmelztiegel für Menschen aus den umliegenden Region und den Gebieten der ehemaligen K-&-K-Monarchie. Wir haben allein 200.000 Ungarndeutsche. Das heißt Ungarn war immer ein offenes Land für diese Migration innerhalb Europas.

Anfang September 2015 entschied Kanzlerin Merkel tausende in Ungarn festsitzende Flüchtlinge  und Migranten mit Zügen und Bussen nach Deutschland fahren zu lassen. In der deutschen Innenpolitik und in den Medien wurde dies mit einer katastrophalen und unmenschlichen Situation dieser Menschen in Ungarn begründet. So schrieb etwa die Bildzeitung am 5.9.2015 von der „Schande von Budapest“ und der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel sagte jüngst in einem Spiegel-Interview, die Situation sei eine menschliche Notlage gewesen und er sei der Letzte, der Frau Merkel wegen ihrer Entscheidung kritisieren würde. Teilen Sie diese Einschätzungen?
Seit April 2015 kamen von Tag zu Tag immer mehr Menschen nach Ungarn, die weiter nach Deutschland wollten. Wir haben Erstaufnahmestellen für alle Gruppen von Migranten vorbereitet, auch für allein reisende Minderjährige und Frauen. Ein Problem entstand, als manche Migranten nicht in die Erstaufnahmestellen wollten, weil sie nicht die Möglichkeit verlieren wollten, in ihr Zielland weiterzureisen. Wir haben bis Mitte September über 175.000 Migranten registriert, von den über 95 Prozent bereits vorher auf dem Gebiet der EU gewesen sind. Wir haben immer deutlich gemacht, dass diese Menschen Versorgung bekommen, aber nicht auf den Autobahnen oder Bahnhöfen sondern in den Erstaufnahmestellen. Warum das in den deutschen Medien anders dargestellt wurde, darüber kann man nur spekulieren. Am 3. September ist der ungarische Ministerpräsident dann nach Brüssel gereist, um dem Präsidenten der EU-Institutionen zu erklären, dass Ungarn zum 15. September die grüne Grenze nach Serbien mit einem Zaun schließen würde. Mit der Schließung haben wir dem unkontrollierten Grenzübergang den Boden entzogen.

Am 4. September tauchten dann mehrere tausend Migranten am Ostbahnhof im Budapest auf. Einige Tage nach der Schließung der grünen Grenze nach Serbien haben dann diese friedlichen und politisches Obdach suchenden Menschen diesen Zaun mit physischen Kräften attackiert. Davon war in den Medien aber nichts zu sehen. Die Bilder zeigten dagegen nur Frauen und Kinder sowie die bewaffnete ungarische Grenzschutzpolizei. Dass es sich bei den Eindringenden tatsächlich um gut organisierte und kräftige junge Männer handelte, wurde nicht erwähnt.

Die Bundesregierung schildert die Vorgänge anders. Stellt das eine Belastung der Beziehungen zwischen Ungarn und Deutschland dar?
Es hat schon ein bisschen wehgetan, dass Vertreter der Bundesregierung die Meinung geäußert haben, im September waren in Ungarn unmenschliche Verhältnisse, die Ungarn hätten weder Brot noch Wasser gegeben. Aber problematischer finde ich die verzerrten Darstellungen vieler Medien:  Sie waren fast zu hundert Prozent nur daran interessiert, die Natur dieser Migrationsströme zu verschleiern. Die Migranten wurden pauschal als syrische Flüchtlinge deklariert, unter ihnen vorgeblich Frauen und Kinder. Tatsachen wurden ignoriert, Sicherheitsrisiken kleingeredet.

Die EU verfolgt das Ziel, dass Flüchtlinge und Migranten innerhalb der Mitgliedsstaaten verteilt werden.
Wir erfüllen alle humanitären und finanziellen Verpflichtungen als EU-Mitgliedsstaat, etwa bei der gemeinsamen Grenzschutzbehörde Frontex. Bei der angedachten Zwangsverteilung von Flüchtlingen und Migranten sind wir allerdings anderer Meinung: Aus dem EU-Vertrag lässt sich nicht herauslesen, dass eine Zwangsverteilung von Flüchtlingen rechtlich, politisch oder moralisch möglich wäre. Denn das beeinflusst die Zusammensetzung der Gesellschaft - und das steht unter nationaler Souveränität. Die Europäische Kommission argumentiert auch damit, dass das wegen der Arbeitsmarktlage und den demographischen Problemen Europas nötig sei. Nur, dabei handelt es sich um keine Gemeinschaftskompetenz. Demografie, Familienpolitik sind auch nationale Kompetenzen und da haben wir eine andere Strategie. Wir wissen auch nicht, ob die ungarische Familienpolitik funktioniert, aber sie ist unsere eigene Entscheidung. Die Europäische-Kommission vermischt Flüchtlinge mit legaler Einwanderung und dem Thema der demographischen Probleme. Das hat aber nichts miteinander zu tun.

Herr Botschafter, vielen Dank für dieses Gespräch!

 

Die Fragen stellten Martin Jehle und Dr. Sebastian Banusch

 

Dr. Peter Györkös, Jahrgang 1963, ist seit November 2015 Botschafter der Republik Ungarn In Deutschland. Zuvor war Györkös fünf Jahre Botschafter und Leiter der Ständigen Vertretung Ungarns bei der EU. Der Jurist  trat 1988 als Deutschlandreferent in das Außenministerium Ungarns ein. In dieser Rolle war er im September 1989 an der Kündigung des Reiseabkommens zwischen Ungarn und der DDR beteiligt, die der Grenzöffnung Ungarns für DDR-Flüchtlinge voranging. In der Folge konnten zehntausende DDR-Bürger nach Österreich ausreisen. Der „Eiserne Vorhang“ war löchrig geworden. 1992 promovierte Györkös zu dem Thema „Pläne für die deutsche Einheit in der Periode der Teilung und der Vereinigung Deutschlands“. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.

 

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Hendrik Müters | Fr., 17. Juni 2016 - 14:34

Dieses rationale Denken verunsichert mich. Ich bin etwas ratlos, ob man das überhaupt so sagen darf.

Achim Mertens | Fr., 17. Juni 2016 - 14:50

Alle in diesem Interview gegeben Antworten und Argumente sind schlüssig, geradezu unterschreibenswert.

Aber in Deutschland behaupten Politiker und die Linksmedien (Spiegel, Zeit, Süddeutsche etc.) das exakte Gegenteil sei die Wahrheit.

Ja, Europa kann sein demographisches Problem nur durch Zuwanderung lösen.
Ja, alle Flüchtlinge sind Neubürger ohne Pflicht zur Heimkehr.
Nein, Grenzen können nicht kontrolliert werden.

Dieser extreme Gegensatz zwischen dem, was die deutschen Politiker und Medien behaupten und dem, was wahr und faktisch erwiesen ist - z.B. dass Grenzschließung machbar ist - befördert die politische Entfremdung.

"Lügenpresse" und "Altparteien" sind Codewörter für genau diese Entwicklung. Man wird erzogen und belogen von zwei Instanzen, in deren Aufgabenbereich dies nicht fällt.

Karola Schramm | Fr., 17. Juni 2016 - 16:55

Kann es jemand deutlicher sagen als dieser ungarische Botschafter ? Die deutschen Medien haben die Ungarn schlecht dargestellt. Die deutschen Medien haben nur das gebracht,was Frau Merkel schützen sollte. Die deutschen Medien haben nicht das getan, was sie hätten tun müssen: Nämlich neutrale Aufklärung über die Vorkommnisse an den Grenzen.

Stattdessen haben sie Orban als Sündenbock ausgesucht, ihn beschimpft und natürlich, wie immer, Merkel damit gedeckt und ins richtige, schöne Licht gesetzt.

Auch die Vermischung von illegaler, legaler Einwanderung mit Flüchtlingen, ist eine Tat der deutschen Presse, die dadurch wieder viel an Glaubwürdigkeit verloren hat.
Der deutschen Presse kann man nichts mehr glauben. Sie schützt die Politiker, die sich der Wirtschaft unterordnen und verschmäht und diffamiert diejenigen, die es nicht tun, sich für Frieden oder - wie Seehofer(?) und die AfD - für eine Begrenzung und Rückführung der Flüchtlinge einsetzen.

Die Arbeit der Medien erinnert an Zeiten, die für DE nicht gut waren und auch heute nicht ist, wie man täglich lesen und sehen kann.

Bernd Fischer | Fr., 17. Juni 2016 - 18:24

"Asyloptimierung" nannte es damals die österreichische Außenministerin sehr zutreffend - das ist es auch, was mir so viele "Flüchtlinge" verdächtig macht. Durch manches Land gereist, in dem keine Verfolgung mehr zu fürchten war, aber eben auch kein großzügiger Wohlfahrtsstaat sein Füllhorn öffnete, stehen sie vor unserer Haustüre bzw. sind schon drinnen im "Haus Europa". Und in Europa sollte es dann schon bitte Deutschland oder Schweden sein - Asyl Klasse 1. eben. Warum "flieht" ein Afghane nach Europa, dass eine kleine Weltreise entfernt ist? Sprache, Religion und Kultur sind es wohl kaum, die ihn hierher bringen. Pakistan, Usbekistan, Kasachstan, Iran - alles Länder in der Nachbarschaft, die eher zu seiner Kultur und Religion passen würden, aber nicht für ihren Wohlstand und ausufernden Sozialstaat bekannt sind.
Dann doch lieber in den dekadenten Westen, mal sehen, ob´s wirklich so moralisch verdorben ist, wie die Taliban immer gesagt haben? Auf jeden Fall ist für alles gesorgt und zur Begrüßung gibt´s einen Händedruck vom Lokalpolitiker, Apfel und Schokoriegel vom freiwilligen Helfer. Mag sein, dass im Einzelfall in Ungarn ein berechtigtes Asylbegehren abgewiesen wurde - als Signal an die großen Mengen wanderbereiter "Flüchtlinge in spe" ist Ungarn ein Vorbild in Europa! Früher oder später wird es zu Unruhen in der einheimischen Bevölkerung kommen, da sich Altruismus nicht staatlich verordnen lässt und auch da an seine Grenzen stößt, wo die Inländer außer Acht gelassen werden. Die heimat- und perspektivlosen Massen der Ausländer werden irgendwann mehr wollen als Obdach, Kleidung und Nahrung.

Kristina Schramm | Fr., 17. Juni 2016 - 18:57

Realistich, lesenswert und vor allem
nicht manipuliert von der Presse !!!

Deutschland muss aufwachen bevor es zu spät ist.

Kristina Schramm | Fr., 17. Juni 2016 - 18:59

Realistisch, lesenswert und nicht manipuliert von der Presse.
Deutschland muss aufwachen bevor es zu spät ist !

robert renk | Sa., 18. Juni 2016 - 07:54

Gebt dem Mann einen hochdotierten Beratervertrag für die Bundesregierung. Gesunder Menschenverstand, gepaart mit klaren Vorstellungen und dem Willen diese umzusetzen. Ein Traum !
Ich esse jetzt wieder mehr ungarisches Gulasch.

Petra Schaefer | Sa., 18. Juni 2016 - 08:00

"Hofberichterstattung" - noch schlimmer "Lügenpresse" nennt man diese Art der Berichterstattung. Wo ist die Demokratie? Wo ist die Pressefreiheit? Ich vermisse sie schon lange... Die heutigen Medien sind größtenteils Untertanen der politischen Kaste.
Die Attacke auf den Grenzzaun - "dieser friedlichen und Obdach suchenden Menschen" - nur junge, kräftige Männer konnte man in den Medien verfolgen.......Allerdings nur im Ausland!!

Wolfgang Tröbner | Sa., 18. Juni 2016 - 12:32

Vielen Dank für dieses sehr informative Interview. Es wurde auch langsam Zeit, das Bild über Ungarn in der deutschen Öffentlichkeit ein wenig zurechtzurücken.

Die meisten deutschen Medien haben in den letzten Jahren alles drangesetzt, um eines der gastfreundlichsten Länder, die ich kenne, systematisch zu verleumden und verunglimpfen. Und warum? Nur weil die Ungarn selbst über das Schicksal ihres Landes bestimmen wollen und weil das der deutschen Politik nicht passt?

Es darf niemanden verwundern, wenn die europäische Idee durch die deutsche Politik immer mehr beschädigt wird und schlussendlich Europa auseinanderdriftet.

Thorsten Gorch | Sa., 18. Juni 2016 - 18:03

"Es ist sicherlich die Frage angebracht, wie sich die Anzahl der Menschen auf dieser Route binnen eines Jahres verzehnfachen konnte."

Nicht nur auf dieser Route. Warum die Flüchtlinge los rannten sollte auch in Ungarn bekannt sein. Die Einstellungen der Hilfszahlungen für die Flüchtlingscamps rund um Unruhezentren im Nahen Osten und Nordafrika, speziell Syrien. Das Geld wurde 2014 aus reinem Geiz z.B. der EU (und der in ihr vertretenen Länder, also auch Ungarn) gekürzt. Die anderen nichteuropäischen Länder taten es zusätzlich auch aus strategischen Gründen, weil sie sehr genau wussten was passieren wird. Der Flüchtlingsstrom war die logische Konsequenz denn es war nicht zu erwarten das die Leute dort freiwillig verhungern wollen (Stichwort "Weappen of Massimigration").

Herr Györkös erzählt hier also uns einem vom Pferd.

BTW, ich würde mir Gedanken um die Außendarstellung meines Landes das ich als Botschafter vertrete machen wenn Keiner in meinem Land bleiben möchte sondern nur so schnell wie möglich durch (siehe auch die Auswanderungswellen der Einheimischen aus Ungarn). Schon dieser Fakt wäre mir peinlich.

Christa Wallau | So., 19. Juni 2016 - 09:51

Wer sich hier in Deutschland das Hirn noch nicht völlig hat vernebeln lassen von einer verzerrten Perspektive auf Welt, Menschen und Geschichte (wie sie seit Jahrzehnten durch Politik und Medien vorgegeben wird), der kann dem, was der ungarische Botschafter äußert, nur zustimmen. S e i n e Sicht auf die Ereignisse des vergangenen Jahres ist die realistische, nicht die deutsche. Ungarn führt alle Aussagen der Kanzlerin ad absurdum.
Außer der CSU und der AfD gibt das aber
keine Partei zu. Und eine Mehrheit im Volk
will offenbar auch noch immer die grün-rosa Merkel'sche Brille aufbehalten.
Die Umerziehung der Deutschen (im Sinne von Rückgratentfernung) nach dem Krieg hat gut funktioniert...

Dorothee Sehrt-Irrek | So., 19. Juni 2016 - 15:51

Dieses Interview, für das ich dem Cicero sehr dankbar bin, bestätigt mich in meiner Einschätzung einer verzerrten medialen Wiedergabe und pol. Entgleisung. In dieser Situation war Solidarität und gemeinsames Auftreten mit Ungarn angezeigt.
Es gibt zudem mir geläufig erscheinendes politisches Denken ehemaliger DDR-Politiker, ich verweise auf die Verleihung des Alpha-point-Preises an Prof. Richard Schröder, die Vorrede von Frau Prof. Lieberknecht.
Ich könnte mir denken, dass solche Politiker nach Ungarn gefahren wären, um mit der ungarischen Regierung das Gespräch zu suchen und überhaupt gemeinsame Lösungen. Ungarn spielte eine große innerdeutsche Rolle. Das gebietet der Respekt.
Ich glaube, dass die m.E. mangelnde pol. Kultur unseres Landes eng zusammenhängt mit dem in etwa "selbstreferentiellen" Politikstil Frau Merkels.
Wichtig ist, dass nicht weiter ganze Nationen als rechtspopulistisch verunglimpft werden, die vlt. nicht optimale aber im europäischen Rahmen legitime europäische und nationale Politik machen, jedenfalls ersteinmal zu akzeptierende als Ausgangspunkte für übersetzende Gespräche.
Die Ungarn sind ein unverzichtbarer Bestandteil Europas mit auch großer Tradition.
Es ist richtig, dass das Christentum die Brücke zum Judentum schlägt, die Muslime sind Europas nächste Nachbarn, aber gerade die Entwicklung unserer Nachbarn zeigt mir an, dass Europa sich wieder finden muss nach den Weltkriegen und dem eisernen Vorhang.
Unsere Verbindungen sind sehr alt.
Was immer Neues hinzukommt, sollte sich darüber nicht hinwegtäuschen.
Es fällt zunächst nicht auf, vlt. erst in ein paar Jahrzehnten, aber dass Integration und Zusammenwachsen ein Leichtes sei, soll mir niemand erzählen.
Die türkischen Gastarbeiter habe ich früh mitbekommen. Vorbehalte gab es immer, aber auch ein Sich-aneinander-gewöhnen.
Ich these, dass die letzten Vorbehalte z.B. eines Herrn Sarrazin andere als diese frühen Vorbehalte waren. Die jetzigen speisen sich aus Erfahrungen von Zusammenleben, bzw. dem Misslingen.
Das ich noch einmal Kopftücher sehen muss als Ausdruck der religiös-sittlichen Beiordnung der Frau zum Manne hätte ich in Europa nicht für möglich gehalten, aber seit Khomeni befürchtet.
In dieser Situation befremdet mich Frau Merkel.
Ich freue mich, dass Ungarn offensichtlich und anders als m.E. medial dargestellt ein annehmbares pol. Lebensgefühl besitzt, das künftige Migration nicht ausschliesst.
Die "Hetze" gegen Ungarn geht aber m.E. schon länger.
Lassen wir uns als Europäer nicht wieder auseinanderdividieren.
Es wird ganz und gar nicht leicht.
Ich habe große Befürchtungen, die ich nicht verhehlen möchte.
RESPECT vor jedemann!

Jean Fassbender | Mo., 20. Juni 2016 - 22:07

Es geht schon lange nicht mehr um Flüchtlinge. Es geht um einige neue EU-Mitglieder, insbesondere Polen, Ungarn und die Tschechei, die ohne Skrupel erklären, dass sie europäische Regeln nur dann für beachtenswert und verpflichtend halten, wenn sie ihnen nützen. Ansonsten seien sie souverän. Solche Mitglieder täten besser daran, unverzüglich die EU wieder zu verlassen. Aber dann gibt es ja kein Geld mehr. Und Abkassieren ist nun mal am einfachsten. Und diese Kritik hat nicht das geringste mit "Hetze" zu tun, eher mit der Realität.

Peter Müller | Di., 21. Juni 2016 - 09:02

Es gab schon immer gewisse Leute, die Probleme mit den Ungarn hatten. 1848 war es Kaiser Franz-Josef, 1944 Hitler, 1956 Chrustschow, 1989 Honecker und jetzt ist es eben Merkel.
Beim letzten Mal (1989) wurde wenigstens nicht "einmarschiert" Das gibt ein wenig Hoffnung.

Barbara Kröger | Di., 21. Juni 2016 - 10:06

Vielen Dank für die klaren Worte aus Ungarn!
Die politischen Fehler der augenblicklichen Politik in Europa liegen, meiner Meinung nach, ganz klar auf Seiten der deutschen Bundesregierung. Das Merkelsche Berlin trifft Entscheidungen ohne vorherige Absprache mit den anderen europäischen Partnern und ohne jedes Konzept. Wenn dann die europäischen Partner die politischen Folgen dieses deutschen Alleingangs nicht mittragen wollen, werden sie beschimpft. Das ist ungeheuerlich! Aber nicht nur die europäischen Partnerländer werden bei den Entscheidungen der deutschen Bundesregierung übergangen, die deutsche Bevölkerung wird ebenso wenig an den Entscheidungen beteiligt. Kritische Stimmen werden politisch nieder gemacht, unter permanenter Beihilfe fast aller Medien. Demokratie sieht anders aus!