Rom
Im Vatikan gibt es beides: Vertuscher und solche, die die Dinge aufdecken wollen, sagt Jesuit Hans Zollner / Christian Klenk

Kinderschutz-Experte Hans Zollner - „Missbrauch ist keine katholische Angelegenheit“

Hans Zollner sieht eine „fatale Schieflage“ in der gesellschaftlichen Debatte über Missbrauch und einen zu einseitigen Fokus auf die katholische Kirche. Zugleich beklagt er im Cicero-Interview Defizite bei der Aufarbeitung der Krise. Die Kirche habe inzwischen viel Glaubwürdigkeit verloren, sodass ihre Stimme etwa in der Gender-Debatte zu leise sei.

Autoreninfo

Volker Resing leitet das Ressort Berliner Republik bei Cicero. Er ist Spezialist für Kirchenfragen und für die Unionsparteien. Von ihm erschien im Herder-Verlag „Die Kanzlermaschine – Wie die CDU funktioniert“.

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Hans Zollner lehrt Psychologie an der Päpstlichen Universität Gregoriana und leitet das Institut für Anthropologie. Er gilt als Experte für Kinderschutz und Prävention. Von 2014 bis 2023 war er Mitglied der Päpstlichen Kommission für den Schutz von Minderjährigen. Zollner ist Jesuit. 

Herr Zollner, ist die katholische Kirche bei der Aufarbeitung der weltweiten Missbrauchskrise gescheitert?

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Ernst-Günther Konrad | Mi., 24. Mai 2023 - 08:12

Ich habe keinerlei Vertrauen in die Amtskirchen. Ob nun katholisch oder evangelisch. Über Missbrauch beim jüdischen Glauben ist mir nichts bekannt. Natürlich bergen alle Institutionen, die mit Kindern arbeiten die Gefahr des Missbrauchs. Er ist überall und nicht spezifisch nur in der Kirche zu suchen, da gebe ich Herrn Zollner recht. Nur zu glauben, man brauche sich Leitlinien geben und ein bisschen darüber reden reicht schon lange nicht mehr. Die Kirchen haben sich gerade in den letzten Jahrzehnten immer weiter vom Glauben und ihren Gläubigen entfernt und die haben reagiert und treten reihenweise aus. Einige verfallen dem esoterischen Wahnsinn, andere dümpeln ohne innere Führung im Alltag umher. Der Papst will letztlich gar nicht über Sexualität und Missbrauch als solchen reden. Warum wohl? Nicht nur Kindesmissbrauch wäre aufzuarbeiten, sondern die vielen Friedhöfen hinter Klöstern, die vielen unehelichen Kinder, Abtreibungen von Nonnen usw. Die Kirche war nie eine moralische Instanz.

hat es zu allen Zeiten Mißbrauch gegeben, und es wird ihn - davon bin ich überzeugt - auch weiterhin geben. Umso wichtiger ist es, überall dort, wo Kinder und Jugendliche Menschen anvertraut sind, g e n a u hinzuschauen und die Strukturen so zu verändern, daß möglichst wenigen Kindern Leid zugefügt werden kann. Dies gilt für alle Institutionen (Kirchen, Vereine, Internate, Schulen, Freizeiteinrichtungen usw.), besonders aber auch für Familien, in denen sich ja die meisten Mißbrauchsfälle ereignen. Es ist absolut richtig, daß man der der Kirche ihre langjährige Praxis im Umgang mit Straftätern in ihren Reihen vorwirft und sie dazu zwingt, ihre Schuld zu bekennen. Das tut sie m. E. jetzt auch eindeutig.
Dieser Prozeß hat aber leider gleichzeitig den Effekt, daß die Kirche, die ja die irdische Heimat der Christen darstellt, derart als Ganze in den Schmutz gezogen wird, daß vielen suchenden Menschen dadurch der Zugang zum Heil im Glauben an Jesus Christus verbaut wird. Das schmerzt mich.

Ohne das ich sie bevormunden oder belehren will,
ich bin zu der Überzeugung gekommen, dass sich Glaube & kirchliche Obrigkeit gegenseitig ausschließt

Ich finde, das die Zeit der Belehrungen & des Angst machens vorbei sein sollte, um den heiligen Geist in sich selbst zu suchen & zu spüren, ohne das Hochmut oder Eitelkeit aufkommt

Trachten unseres christlichen Handelns sollte doch sein, das man sich selbst reflektiert, um den Balken im eigenen Auge zu entdecken.
Deshalb wäre es für mich & dadurch die Gesellschaft selbst sehr wichtig,
das man bereut
das man vergibt
das man innerlich für sich selbst & nicht für die Leut Reue zeigt
das man überhaupt über sich selbst Gedanken macht & nicht nur den "Spiegel" zum kämmen oder Zähne putzen benutzt.
Diese kritische Selbstbetrachtung finde ich z.B. in Japan spitze.

Um auf den Punkt zu kommen (Sorry, da habe ich oft meine Schwierigkeiten)

DIE KIRCHEN-OBRIGKEIT & die KIRCHEN-POLITIK
sind der TOD des GLAUBENS & des HEILIGEN GEISTES
im JETZT

"Die Kirche war nie eine moralische Instanz." - Das stimmt mit Sicherheit nicht, man muss nicht mit dem Bade das Kind ausschütten. Natürlich gab es immer auch Kirchenmänner und -frauen, die ihren selbst gesetzten moralisch-religiösen Pflichten mit hoher Integrität und persönlicher Aufopferung nachkamen. Wir glauben genau zu wissen, wie übel die katholische Kirche in der Weltgeschichte gewütet hat, was wir nicht wissen können, ist, wie übel die Weltgeschichte sich entfaltet hätte, wenn es die moralischen Gebote und die religiöse Leitung durch integre Kirchenvertreter nie gegeben hätten. Ich befürchte, aber genau diese Lehre wird uns die Zukunft lehren, da die Werte und moralischen Schätze der Religionen weitgehend geschliffen und trivialisiert worden sind. Im Übrigen glaube ich auch, dass es eine wohlfeile Übung geworden ist, die verhassten christlichen Kirchen mit allen möglichen Anklagen zu überziehen, zumal man darauf bauen kann, dass Bischöfe reflexartig in Zerknirschung verfallen!

Norbert Heyer | Mi., 24. Mai 2023 - 09:27

Die katholische Kirche war Jahrtausende die mächtigste Organisation überhaupt. Sie krönte Kaiser oder erzwang den Gang nach Canossa. Wer Macht haben wollte, musste der Kirche Tribut zollen. Sie stand immer auf der Seite der Mächtigen, Reichen und Schönen, dass gemeine Volk wurde doof gehalten. „Bete und arbeite“ - so war der Weg für das Volk vorgegeben. Das änderte sich mit dem Wohlstand, die Kirche verlor - durch eigene Schuld - ihre Rolle als Moralapostel, Skandale und Missbrauch in der Kirche wurde bekannt, ohne von ihr thematisiert zu werden. Erst als alles Verdrängen nichts mehr brachte, entschied man sich für eine sehr eingeschränkte Offenlegung des begangenen Unrechts. Es ist eine ähnliche Leisetreterei wie in ihrer Hinwendung zur grünen Politik, um ihre Pfründe zu sichern. Dabei ist es egal, dass die Masse der Gläubigen diese stumme Kirche nicht mehr als die ihre ansehen. Seelsorge im wahrsten Sinne des Wortes - dazu fehlt dieser Kirche der Mut, bei Corona für jeden ersichtlich

Romuald Veselic | Mi., 24. Mai 2023 - 09:34

dass er auf der einen Seite meint, er kenne alle Länder und er sei irgendwie verbunden mit der ganzen Menschheit. Dabei übersieht er auf der anderen Seite die ganz fundamentalen Unterschiede.
Vollkommen richtig.

Ich glaube, dass dieses Problem wird der aktuellen Politik irgendwann in Rechnung gestellt u dann werden sich Typen wie Bearbock, Habeck, Lang & Co der Öffentlichkeit stellen u hoffentlich es unversehrt auch durchstehen.

Selbstverständlich darf Paps den Gender-Gaga kritisieren. Das tue ich selbst, indem ich Gender + Woke-Begleiteffekte konsequent ablehne. Nach meiner Auffassung besitzt Nicht-Müssen einen höheren charakterlichen Wert als Müssen.

Was bislang noch nicht erwähnt wurde, der sexuelle Mißbrauch in der Friedensreligion. Ziemlich schreiend auffallend die Stille drumherum. Ich glaube nicht, dass islamische Kuttenträger, Koranschüler o hl Krieger/IS zertifiziert unbefleckte moralische Felsen in der Brandung sind. Wie die Zwangsehe mit minderjährigen Mädchen.

"Mein Abschied vom Himmel" gelesen hat, der weiß, wie stark der Kindesmißbrauch im Islam verbreitet ist. Samad selbst ist als Junge in der Muslim-Bruderschaft mißbraucht worden. Er schreibt, daß die Mißbrauchspraxis unter den Imamen weit verbreitet sei u. kaum ein Gläubiger daran Anstoß nehme bzw. dies als Problem thematisiere.
Auch bei uns herrscht dazu Schweigen, obwohl inzwischen viele Muslime in unserem Land leben. Niemand hat den Mut, bei ihnen genau hinzuschauen. Ob Haß, Antisemitismus, Intoleranz jeglicher Art dort gepredigt wird, scheint ebenfalls nicht zu interessieren.
Man hat ja inzwischen d e n Sündenbock par excellence gefunden:
die verhaßte katholische Kirche! Weg mit ihr!
Was die Kirche an GUTEM und WERTVOLLEM geleistet hat, spielt überhaupt keine Rolle mehr.
Wie sagte doch der ehem. Verfassungsrichter Bockenförde so treffend?
"Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann."
Woher aber sollen diese denn kommen

Geehrte Frau Wallau, ja, das Tragische in unserem Land ist mit welch verblendet zweierlei Maß hier gemessen wird. Wie Sie schreiben, man hat DEN Sündenbock - die katholische Kirche - gefunden.
Gleichzeitig betreibt man gegenüber hinsichtlich ausgerechnet DEM Kulturkreis, der nun wirklich ein in seinem "heiligen" Buch und daher unabänderlich festgeschrieben systemimmanentes (!!) Gewaltproblem hat, sehenden Auges eine dermaßen selbstzerstörerische Schönfärberei und Leistetreterei, die unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung letztlich zerstören wird, daß man nur noch fassungslos zurückbleiben kann.
Woher also Hoffnung auf Besserung nehmen angesichts des Zitates von Hr. Bockenförde?

Ronald Lehmann | Mi., 24. Mai 2023 - 12:49

Und Nahrung für das entstehen dieser Sünden

MACHT

In den allermeisten Krimis sichtbar. Nicht nur in den Kirchen, sondern auch Politiker, Wirtschaftsbosse wie hohe Justizangestellte gehörten zu den Pädophilen

Ich z.B. habe nie verstanden, das Inzest nicht zu den 7. Todsünden gehört. Mehr als unverständlich ?

Aber anderer seit's - unsere Justiz & ihre Gesetze - ohne Worte ?

Ich persönlich würde gesetzlich Kinderschänder - ritsche/ratsche & ab, was zur Sünde beigetragen hat ... => Problem behoben

Anderer seit's möchte ich nicht wissen, wie viel Fehl-Urteile es in D. z.Zt. gibt wegen Personal, Geld -& Zeit-Mangel in den unteren bis mittleren Amtsstufen. Hinzu Karriere-Ziele wie Erfolgs-Quoten-Druck &&&

Kann ein interessantes Video auf YouTube empfehlen:
"Die Wahnsinnigen Strafen im Alten Ägypten"

Hauptproblem wie bei allen Themen:

Die Frösche sollen den Tümpel trocken legen

Herr Konrad, ?es wird nichts
Herr Heyer?der Tod & die Staats-Kirche
Herr Veselic ? überall das Übel?

Albert Schultheis | Mi., 24. Mai 2023 - 23:50

Dort wo Leute die Macht über andere haben und insbesondere über Minderjährige und Schutzbefohlene, sei es die physische, die handgreifliche Macht oder die moralisch-autoritäre Macht, dort hat es und wird es immer Missbrauch geben. Dschingis Khan hat Tausende von Frauen und Mädchen unterworfen und vergewaltigt, er hat Tausende Kinder gezeugt, bei den Nazis gab es Übergriffe, so wie in den kommunistischen Regimes - und natürlich in den beiden großen Kirchen. Was in den muslimischen Medresen vorgeht unter allgewaltigen Imamen und Hodschas, ist nur teilweise bekannt - und das Fragen danach steht in Deutschland unter einem strikten RotGrünGrlben Tabu - das ist eben Teil der neuen Buntheit. Umso strikter ist das Fragen danach in den muslimischen Gottesstaaten unter Bann gestellt.