Jörg Thadeusz
Jörg Thadeusz (c) Julia Marguier

Jörg Thadeusz im Gespräch mit Ulrike Moser - Cicero Podcast Literaturen: „In den Schnitzeln ist Sehnsucht gewesen“

Er ist bekannt als Fernseh- und Hörfunkjournalist, als Moderator und redegewandter Gastgeber von Podcasts und Diskussionsrunden. Nun hat Jörg Thadeusz seinen vierten Roman „Steinhammer“ veröffentlicht, in dem er ein Zeitporträt vom Dortmund der späten 50er Jahre und frühen 60er Jahre erschafft. Und die Geschichte seines Verwandten, des berühmten Nachkriegskünstlers Norbert Thadeusz erzählt.

Autoreninfo

Ulrike Moser ist Historikerin und leitet das Ressort Salon bei Cicero.

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Er war Meisterschüler von Josef Beuys, doch seine Kunst stand in Opposition zum damaligen Zeitgeist. Denn Norbert Thadeusz schuf gegenständliche Bilder. „Er hat sehr lebensfrohe, teilweise regelrecht fröhliche Farben verwendet, um mitunter verstörende Sachen zu zeigen wie Schweinehälften“, sagt Jörg Thadeusz. Doch wie wird einer zum Künstler, der in einem Zechenviertel von Dortmund in bescheidenen Verhältnissen aufwächst, für den die Zukunft nicht mehr vorgesehen hat, als den Friseurladen des Vaters zu übernehmen oder Bergmann zu werden? Davon erzählt das Buch „Steinhammer“.

Jörg Thadeusz hat selbst in der Steinhammerstraße, die dem Buch seinen Namen gegeben hat, gelebt. Im Cicero-Podcast Literaturen mit Ulrike Moser, Ressortleiterin Salon, erzählt er davon, wie er selbst noch diese Generation der Kriegsversehrten, der von der Arbeit in der Grube krank gewordenen Steiger erlebt hat. Und ihre bescheidenen Wünsche. „Die Leute, die ich hier beschreibe, da ist in den Schnitzeln Sehnsucht gewesen“, erzählt Thadeusz.

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Jörg Thadeusz und Ulrike Moser in der Cicero-Redaktion

Und er erzählt von seiner Arbeit als Moderator, dem hohen Anspruch, gute Interviews zu führen. Und seinen eigenen Malversuchen. „Im vergangenen Jahr bin ich von den nackten Frauen etwas weg mehr hin zu religiösen Motiven und habe mit meiner Patentochter Jesus gemalt“, erzählt Thadeusz. Um dann einzuschränken: „Das war immer schon klar, dass ich unbegabt bin.“ Dass Selbstironie seine Stärke ist, dass er zwar austeilen kann, aber immer auch gegen sich, erklärt gewiss einen Teil seiner Beliebtheit und macht ihn als Gesprächspartner so wunderbar vergnüglich. Auch wenn er über die eigene Prominenz spricht. „Ich bin mitunter gar nicht so unfroh, dass man mich noch für irgendjemanden von der Techniker Krankenkasse hält“, sagt Thadeusz. Da muss man dem bekannten Moderator entschieden widersprechen.

Das Gespräch wurde am 30. März 2023 aufgezeichnet.
 

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Sabine Lehmann | Fr., 7. April 2023 - 17:25

Diesem Gespräch zu lauschen, war wirklich ein eindrückliches Erlebnis. Das mag auch daran liegen, dass ich gleich in eine Zeitreise in die Sechziger Jahre nach Dortmund mitgenommen wurde. Zufällig bin ich gleich um die Ecke in Lütgendortmund geboren u. habe , früh weggezogen, aber auch später meine halbe Kindheit dort verbracht, weil der väterliche Familienteil im Dortmunder Raum lebt. So habe ich bis heute immer einen Bezugspunkt mitten ins Herz des Ruhrgebiets. Von daher sind mit Familienfeiern mit "Erbsen und Möhren" incl. beinharter Verwandte durchaus geläufig;-)
Herrn Thadeusz so offen über sich sprechen zu hören, war wirklich unterhaltsam u. sehr interessant. Die korsische "Osterprozession" mit schlecht getimtem Jesus, darüber habe ich mich echt beömmelt. Seine Einlassungen über gute und schlechte Interviews, insb. das mit Maja Göpel, habe ich gleich zum Anlass genommen, mir das anzutun. Was soll ich sagen, Göpels Mimik in der 1.Minute des Gesprächs spricht Bände: unsympathisch!