Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD)
Manuela Schwesig attackierte bei einer Dringlichkeitssitzung des Schweriner Landtags ihre Kritiker / dpa

Steuerpflicht der Klimastiftung MV - Heikle E-Mail bringt Schwesigs Regierung in Bedrängnis

Einmal mehr torpediert ein neues Detail die Glaubwürdigkeit von Manuela Schwesigs Landesregierung. Hat ihr Finanzminister die Unwahrheit gesagt oder hat er wirklich Gedächtnislücken?

Ulrich Thiele

Autoreninfo

Ulrich Thiele ist Politik-Redakteur bei Business Insider Deutschland. Auf Twitter ist er als @ul_thi zu finden. Threema-ID: 82PEBDW9

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Vor drei Wochen musste Manuela Schwesigs Finanzminister Heiko Geue (SPD) in einer öffentlichen Sitzung des Finanzausschusses Rede und Antwort stehen. Der CDU-Abgeordnete Daniel Peters fragte ihn, ob er sich in seiner Zeit als Chef der Staatskanzlei „mal fachlich mit dem Thema Gemeinnützigkeit auseinandergesetzt“ oder „sich dazu beraten lassen“ habe. Geues Antwort: „Ich hab keine Erinnerung daran, dass ich in meiner damaligen Funktion irgendwelche Beratungen in dieser Frage angefordert oder eingefordert habe.“

Um zu verstehen, weshalb diese Aussagen Geues und Schwesigs Ansehen erheblich schaden könnten, muss man die mittlerweile komplizierten Details rund um Nord Stream 2 in Mecklenburg-Vorpommern kennen: Schwesigs sogenannte Klimastiftung soll 9,8 Millionen Euro Schenkungsteuer für eine Gazprom-Zuwendung zahlen, denn sie hat nie die Gemeinnützigkeit beantragt – und genießt somit nicht die Steuererlasse einer gemeinnützigen Stiftung.

Trotzdem wollte das Finanzamt ursprünglich auf das Geld verzichten. Erst nachdem Cicero die bestehende Steuerpflicht im April 2022 öffentlich gemacht hatte, entschied man sich dagegen. Schwesig behauptet nun, ihre Regierung habe mit dieser Entscheidung nichts zu tun, man habe sich im Vorfeld der Stiftungsgründung nie mit der Frage der Schenkungsteuerpflicht beschäftigt. Die Regierung der ehemaligen Steuerfahnderin will also die steuerrechtlichen Folgen fehlender Gemeinnützigkeit schlichtweg nicht auf dem Radar gehabt haben.

Erinnerungslücken?

Seltsam sind in diesem Zusammenhang die Aussagen Geues, der als enger Vertrauter von Schwesig gilt, wonach er „keine Erinnerung“ daran habe, „irgendwelche Beratungen in dieser Frage angefordert oder eingefordert“ zu haben. Denn: Cicero und Welt liegt eine E-Mail von Geue vom 26. November 2020 vor, die das Gegenteil zeigt.

Geue war zu diesem Zeitpunkt Chef der Staatskanzlei; die Erarbeitung der Satzung der anderthalb Monate später ins Leben gerufenen Klimastiftung war in vollem Gange. Um 13.38 Uhr schrieb Geue von seinem iPhone an den damaligen Finanzminister Reinhard Meyer und dessen Staatssekretär Heiko Miraß: „Lieber Reinhard, lieber Heiko, könnt Ihr Euch bitte noch einmal den überarbeiteten Satzungsentwurf ansehen? Wir sind nicht sicher, ob alle Aspekte wie fehlende Gemeinnützigkeit, die daraus folgenden Aspekte usw. richtig umgesetzt sind.“
 

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Christoph Kuhlmann | Fr., 24. März 2023 - 19:13

Ich habe nur eine Frage. Warum verschenkt eine Landesregierung für gemeinnützige Zwecke, indem sie den Passus zur Gemeinnützigkeit in der Stiftungssatzung streicht?

Sie ging wohl davon aus, dass ihr wegen des großen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zur Fertigstellung von Nord Stream 2 die Gemeinnützig nicht anerkannt würde.

Grüße,

Ulrich Thiele

Dr.Andreas Oltmann | Fr., 24. März 2023 - 20:52

Danke für Ihre Hartnäckigkeit und Ihre penible Aufklärungs- und Recherchearbeit, Herr Thiele!
Zu leicht stellt sich das Vergessen ein, wenn Politiker sich nicht mehr erinnern können.
Und dann sind ihre Falschaussagen so schnell vergessen und Schnee von gestern. Das darf aber nicht sein, denn es ist wichtig, dass sich die Menschen auf das Wort der gewählten Politiker verlassen können. Und sich nicht erst erinnern können, wenn der Staatsanwalt an die Tür klopft. Und auch das birgt uns keine Gewähr…sieh Olaf Scholz!

Kai Hügle | Sa., 25. März 2023 - 08:22

Ich kann mir das geringe Kommentaraufkommen hier eigentlich nur dadurch erklären, dass die Ciceronen mal wieder hin- und hergerissen sind. Einerseits könnte man eine Sozialdemokratin so richtig schön in die Pfanne hauen, die sich in einer bestimmten Frage scheinbar am Rande der Legalität (möglicherweise auch darüber hinaus) bewegt hat.
Andererseits ging es bei dieser Frage um die Realisierung von NordStream 2, von besonders eifrigen Kreml-Propagandisten hier gern als die "Lebensader des deutschen Volkes" bezeichnet.
Und so ganz genau will man dann vielleicht doch nicht wissen, mit welchen Methoden dieses Projekt hier vom wem beworben wurde.
Schwierig, schwierig...

Erstaunlich an dieser Angelegenheit ist, mit welcher Unverfrorenheit ein "Umgehungsgeschäft" eingefädelt und anschließend durchgezogen wurde. Frau Schwesig als MPin ist auf Dauer diskreditiert. Was bewog sie zur Nibelungentreue gegenüber Ex-Politikern mit Russland-Affinität ? Das ist für mich weiterhin ein Rätsel.

Klaus Funke | Sa., 25. März 2023 - 10:16

Ich beteilige mich nicht an der Zerfleischung der Regierung von MeckPom oder der Aburteilung der Manuela Schwesig. Man kann nicht die Erkenntnisse und Maßstäbe von gestern auf das Heute übertragen. Sonst gehörte auch Angela Merkel und ein paar andere noch auf die Anklagebank. Eine damalige Bundesregierung und die eifrigen Medien, auch natürlich die Landesregierung in MeckPom in ihren verschiedenen Koalitionen - sie alle gehörten zu den Befürwortern und Unterstützern der russischen Gasleitung. Heute tun nun die jetzigen Ampelisten und die CDU als ob sie schon immer vor der Abhängigkeit von russischem Gas gewarnt hätten. Das haben sie nicht. Sie springen nur jetzt auf die andere Seite. Nur Frau Schwesig bleibt jetzt als Opfer übrig. Und im politischen Spiel braucht es immer ein Opfer für das, was früher rechtens war und jetzt suspekt geworden ist. Im Hintergrund der US-amerikanische Druck. Doch denen geht + ging es nie um Moral oder Anstand, sondern nur ums Geld. That´s the american way!

Ernst-Günther Konrad | Sa., 25. März 2023 - 10:53

Das ist doch derzeit die große Frage. Brutalst mögliche Aufklärung in Salamitaktik. Lügen bis sich die Balken biegen, weil engagierte Journalisten eben nicht locker lassen und tief graben. Ich war und bin weiterhin für Nordstream 2. Warum? Wir erinnern uns 2009 als die UA den Gasdurchfluß über ihre Pipeline, in die EU, speziell auch D verhinderte und letztlich mittels Erpressung erreichte, das ihre eigenen Gasschulden bei den Russen von der EU bezahlt wurde. Russland hat D nie mit Gasembargo bis zum UA Krieg gedroht. Also dachten sich Schröder & Co. damals, mit den Russen eben Nordstream 2 aus, damit "andere" Staaten, durch deren Land weitere Pipelines laufen, kein Druckmittel gegen D haben. Wäre die UA neutral geblieben, wäre das Minsker Abkommen später umgesetzt worden, hätten wir die Probleme nicht. Es ist keine Frage von Nordstream 2, sondern eine Frage von Korruption, Vorteilsannahme und Steuerhinterziehung. Schwesig und Geue sind Kriminelle und gehören vor den Kadi, aus dem Amt.

Gerhard Lenz | Sa., 25. März 2023 - 13:07

Eigentlich hätte Schwesig in diesem Forum nichts zu lachen - Sozialdemokraten können hier nicht unbedingt faire Beurteilung und schon gar nicht Gnade erwarten.

Würden ihre Mauscheleien nicht die Nordstream-Pipeline betreffen. Schwesig wollte sich bei ihren Geschäftchen mit dem Verbrecher Putin nicht von den USA bremsen lassen. Und wurde dafür in diesem Forum wie eine Jeanne d'Arc gefeiert.

Nordsteam ist Geschichte, der Lump im Kreml ist endlich als Lump entlarvt, und eigentlich müsste sich Schwesig schuldig bekennen.
Was natürlich bei jenen, die Putin die Stange halten und den Ukraine-Konflikt als von den - verhassten - USA angezettelt sehen, gar nicht in die Türe kommt.

Und so kommt es, dass ein - vergesslicher - Scholz von den Foristen wie ein Krimineller behandelt wird, eine Schwesig aber trotz reichlich zwielichtiger Methoden nur sehr vorsichtige Kritik - wenn überhaupt - erfährt. Denn das entscheidende Kriterium scheint ja zu sein: Wie halte ich es mit Putin?

Gunther Freiherr von Künsberg | Sa., 25. März 2023 - 16:04

Thieles Kritik an Schwesig und Geue ist möglicherweise ebenso unberechtigt wie die Kritik an Olaf Scholz wegen dessen Gedächtnisverlust im Zusammenhang mit den CumEx-Steuerforderungen. Es ist offensichtlich nicht ausgeschlossen, dass salzige Seeluft der Nord-wie auch der Ostsee in Kombination mit gewissen Ausstrahlungen von Finanzämtern zu einem Gedächtnisverlust bei hochrangigen Politikern führen kann. O. S. hat als hochrangiger Politiker in Hamburg wie auch jetzt als Bundeskanzler einen Eid darauf geleistet, nur zum Wohle der Republik zu handeln. Gleiches gilt für die maßgeblichen Personen in Mecklenburg-Vorpommern. Da alle Beteiligten wichtige unersetzliche Persönlichkeiten sind wurde bei Wiederkehr der Gedächtnisfunktion der Verlust der Ämter drohen, was natürlich sowohl für den Bund wie auch für das Land MVP zu einem unersetzlichen Nachteil führen würde, sodass davon auszugehen ist, dass Seeluft verbunden mit Gedächtnisverlust dem Wohl der Gemeinschaft dient.

Ronald Lehmann | So., 26. März 2023 - 13:33

Oder zu etwas stehen, weil man davon überzeugt war.
Aber heutzutage sind ja Lügen, weglassen oder verdrehen von Wahrheiten zum Alltagsgeschäft in unserer heutigen Gesellschaft geworden.

Und diese Werte werden auch nicht mehr vermittelt wie die Wörter "Bitte & Danke". Das, was man nicht offiziell bekommt, wird sich ergaunert - ohne Konsequenzen!

Und dies bei den Kleinen angefangen & bis hoch in die allerhöchsten Etagen, wo dann eben ein paar mehr Nullen hinten dran stehen.

Nirgendwo wird so viel gelogen wie in der Politik & vor Gericht & dies weltweit, egal welche Flagge oder Abzeichen.

Und warum
WERTEVERFALL!!!!!!
UND KEINE VERANTWORTUNG für's eigene HANDELN übernehmen.
Warum auch? KONSEQUENZEN - aber nicht doch. Schlechte Kindheit gehabt. Nur der politisch gegenüber liegende ist der Böse Bubi mit der schwarzen Peter-Karte. Dort wird zugeschlagen, wenn man die Macht in die Hände bekommen hat.

Dafür Fassaden-Gestaltung & Schauspielerei! ?

Jeden Tag schafft ihr das aufs Neue ??