Einseitig auf der Seite der Regierung stand während der Pandemie auch das Bundesverfassungsgericht / picture alliance

Rolle der Justiz in der Corona-Pandemie - Wo war der Rechtsstaat?

Die Justiz war während der Corona-Pandemie eine große Enttäuschung. Das muss dringend aufgearbeitet werden. Können sich die Bürger auf den Rechtsstaat verlassen, wenn es eine echte Krise gibt? Das ist die zentrale Frage, die im Raum steht.

Volker Boehme-Neßler

Autoreninfo

Volker Boehme-Neßler ist Professor für Öffentliches Recht, Medien- und Telekommunikations- recht an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Davor war er Rechtsanwalt und Professor für Europarecht, öffentliches Wirtschaftsrecht und Medienrecht an der Hochschule für Wirtschaft und Technik (HTW) in Berlin.

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Der Rechtsstaat, den die Verfassung will, hat eine grundsätzliche Aufgabe. Er soll die Bürger vor staatlicher Willkür schützen. Alle staatlichen Institutionen sind deshalb an die Verfassung und das übrige Recht gebunden. Der Staat darf nicht machen, was er will, sondern nur das, was ihm das Recht erlaubt. Das klingt selbstverständlich. Ein Blick in die lange (unendliche?) Geschichte der – absoluten und willkürlichen – Staatsmacht zeigt aber, welche wichtige zivilisatorische Errungenschaft der Rechtsstaat ist.

Dazu gibt es unabhängige Gerichte, die im Einzelfall nachprüfen, ob der Beamte, die Behörde, die Regierung ein Gesetz verletzt haben. Sogar das Parlament, das die Gesetze macht, ist an das Recht gebunden – nämlich an die Verfassung. Es ist – nicht nur, aber auch – die Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, zu kontrollieren, ob Parlament und Regierung die Verfassung verletzt haben. Deshalb gilt es als Hüter der Verfassung – und sieht sich auch selbst so.

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Hans Jürgen Wienroth | Mo., 6. März 2023 - 12:51

Jeder Rechtsstaat lässt sich aushebeln. Das gilt insbesondere dann, wenn die Richter nicht die Gesetze so anwenden, wie sie geschrieben stehen. Das BVerfG. bemühte sich bereits unter dem Präsidenten Prof. Voßkuhle darum, das GG selbsttätig in die „moderne Zeit zu übersetzen“. Damit wird das Gericht jedoch gleichzeitig quasi zum „Gesetzgeber“ und hebelt damit die in der Verfassung vorgesehene Gewaltenteilung aus. Wird dann auch noch das Gericht mit „Parteigängern“ statt Verfassungsexperten besetzt, die wie im Fall Corona und auch Klimaschutz nach „Parteilinie“ und nicht nach dem Sinne des Gesetzes urteilen, dann ist dem absoluten Staat Tür und Tor geöffnet. Da spielt es keine Rolle mehr, ob das Gericht „öffentlich“ verhandelt und sich die Argumente vortragen lässt oder selbst im stillen Kämmerlein sich die zum Urteil passenden Argumente zusammensucht.
Einen Schritt weiter geht das EuGH, dass ohne Verfassung und Gesetze urteilt, sich sogar die selbst die Zuständigkeiten erweitert.

Ernst-Günther Konrad | Mo., 6. März 2023 - 13:17

.... dann traf ihn die volle Härte des Gesetzes, wie den Weimarer Familienrichter und die Rechtsanwältin Beate Bahner und noch einige Juristen, die sich versuchten, dagegen zu stellen. Dieser Rechtsstaat hat bei Corona versagt und ich fürchte, auch hier wird es keine Aufarbeitung geben. Man müsste nämlich auch hinterfragen, wer da durch wen ins Amt gebracht wurde. Ich erinnere nur mal an Harbarth. Und der allein war es ja nicht. Acht Richter sitzen in einem Senat und fast alle haben bei Entscheidungen mitgemacht, die selbst die eigene Rechtsprechung konterkarierte oder aber geradezu wieder jeden baren Rechtsempfinden zuwider urteilten. Wenn das BVerfG von einem VG ins Urteil geschrieben bekommt, das es selbst das Recht auf Transparenz und Auskunft verletzt, was soll man da noch erwarten. Ich habe Einblick in einige Verfahren gegen Polizeibeamte. Was sich Staatsanwälte und Richter da erlauben, wie das Recht da ge- und verbogen, in die Länge gezogen wird, das geht auf keine Kuh Haut.