Sicherheitskräfte suchen am Strand von Myrtle Beach, South Carolina, nach Überresten des abgeschossenen Ballons / dpa

Chinesischer Spionageballon - Panne oder Provokation?

Dass der von den USA abgeschossene chinesische Ballon Spionagezwecken diente, ist offenkundig. Warum aber schickte Peking den Ballon ausgerechnet zu einer Zeit, da die beiden Länder ihre Spannungen abbauen wollen?

Autoreninfo

Thomas Jäger ist Professor für Internationale Politik und Außenpolitik an der Universität zu Köln. Er ist Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste.

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Welche Bedeutung das Vorgehen im Zusammenhang mit dem chinesischen Spionageballon für die amerikanisch-chinesischen Beziehungen und damit für die Ausgestaltung der neuen internationalen Ordnung hat, ist noch unklar. Einerseits könnte diese Episode beiden Seiten vor Augen führen, wie rasch ihre äußerst gespannten Beziehungen in einer Krise aus dem Ruder zu laufen drohen – woraus die Einsicht resultieren könnte, dass die direkte und kontinuierliche Kommunikation dringend verbessert werden muss. Andererseits könnte der Vorgang auf beiden Seiten diejenigen politischen Kräfte stärken, die den Konflikt zwischen den beiden Staaten anfachen möchten, um die Frage nach der Dominanz in den internationalen Beziehungen zu entscheiden. Ob also krisenpräventive oder krisenverschärfende Folgen daraus resultieren, bleibt abzuwarten.

Doch lassen sich jetzt schon einige Schlüsse ziehen. Die USA, die in den Jahren zuvor schon mehrere Spionageballons entdeckt hatten, diese Information aber vertraulich behandelten, sind durch die offensichtliche und deshalb provokative Spionage unter Handlungsdruck geraten. Die Regierung hatte den Ballon schon Ende Januar über Alaska entdeckt, ihn dann aber lediglich beobachtet und verfolgt. Erst als er vier Tage später für die amerikanische Öffentlichkeit zu sehen war und in den Medien über ihn berichtet wurde, ging auch die amerikanische Regierung selbst an die Öffentlichkeit. Zuvor hatte sie, so wurde erklärt, die sensible Kommunikation im Radius des Ballons eingestellt; möglicherweise hat sie sogar Falschinformationen in den Aufklärungsballon eingespeist. Jedenfalls war von Beginn an klar, dass es sich nicht um ein Gerät handelte, das meteorologische Daten erfassen sollte und dabei aufgrund höherer Gewalt von seinem Weg abgekommen ist. So hatte es die chinesische Regierung, sich fast entschuldigend, dargestellt. Das hätte überzeugt, wenn der Auftrag gewesen wäre, meteorologische Daten über den Silos amerikanischer Interkontinentalraketen zu erfassen. So wollte sich die chinesische Regierung aber nicht verstanden wissen.

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Ernst-Günther Konrad | Di., 7. Februar 2023 - 16:32

Die Chinesen werden es als Panne abtun, die USA wird sagen, eine der vielen Spionageangriffe, diesmal halt nur so offensichtlich, weil überall wahrnehmbar und natürlich bewusst und gewollt zur "Aufklärung" eingesetzt. Ob die uns die "echten" Teile des Ballons und seiner Ausrüstung mal präsentieren werden, wage ich zu bezweifeln. Wenn der Ballon schon so frühzeitig unter "Überwachungskontrolle" der USA war, warum nicht gleich eliminiert? Da wird es doch etliche Möglichkeiten gegeben haben, den Ballon abzuschießen. Wollte man sehen, was der Chinese anhand der Flugbahn genau wissen will? Können die Dinger so gut gesteuert werden? Wahrscheinlich dann über chin. Satelliten, ich habe da nicht viel Ahnung. Egal wie es kommen wird, ich glaube da bei jedem nur die Hälfte und auch nur dann, wenn ich vorher einen Joint geraucht habe. Dieser Vorfall hat für mich vom Gefühl her ganz andere Hintergründe. Vielleicht liest man in der nächsten Zeit ja was davon. Alles irgendwie merkwürdig.

Gabriele Bondzio | Di., 7. Februar 2023 - 16:57

Sind den die ganzen Satelliten, welche den Zweck der Spionage erfüllen.
Und über die China sowie die USA verfügen ausgefallen, werter Herr Jäger?

Das Argument Spionage ist wenig überzeugend, eher dann schon ihr Hinweis, China wolte den USA demonstrieren, dass es in deren Luftraum nach Belieben eindringen kann.

Ich denke dabei auch an den Hainan-Vorfall 2001.
Und das es doch sehr wichtig ist, gerade in Phasen höchster Spannung und Nervosität
Diplomatie walten zu lassen.

Brigitte Simon | Mi., 8. Februar 2023 - 14:40

Antwort auf von Gabriele Bondzio

"China wollte der USA demonstrieren, daß es in deren Luftraum nach Belieben eindringen kann". Das ist auch meine Theorie. Chinas Denkweise "immer unter dem Radar fliegen" würde niemals eine Panne zulassen. Eine raffinierte Inszenierung.

Ähnliches erleben wir doch bereits mit der risikoreichen, ressourcenaufwendigen Erforschung möglicher Routen durch das Nordpolarmeer. Man sucht die geographisch kürzeren Routen. Der älteste Handelsweg soll wesentlich verkürzt werden. China greift nach der Welt.
Seine Ballons bleiben immer unter dem Radar. Unauffällig, unentdeckt gehören zum Ringen mit den USA um Platz eins.

Bernhard Kaiser | Di., 7. Februar 2023 - 20:40

Das Ganze ist doch ein Witz, das war garantiert nicht der erste Ballon über Amerikanischem Luftraum, mal davon abgesehen, dass der Luftraum in der Höhe, in dem sich diese Ballons bewegen (ca. 25 km) niemandem gehört, da dies höher ist als jeder Fighter Jet fliegen kann, so ähnlich wie bei Satelliten, die ja auch überall herumschwirren! Das Ganze ist doch ein Publicity Gag der US-Regierung, die damit Alle auf den „Hauptfeind“ China einschwören will, der nächste Stellvertreterkrieg in Taiwan gegen China ist schließlich schon in Planung, Ukraine ist out, da zu viele Ressourcen und Dollars verschwendet und nichts dabei rausgekommen gegen die Russen!

Walter Bühler | Mi., 8. Februar 2023 - 08:51

Die Wissenschaft hat festgestellt, ...

"... festgestellt, festgestellt,
Daß Coca-Cola Schnaps enthält.
Schnaps enthält.
Drum trinken wir auf jeder Reise,
Jeder Reise, jeder Reise,
Coca-Cola fässerweise, ..."

Obwohl wir das als Kinder lauthals gesungen haben: geglaubt haben wir es natürlich nie.

Die Politikwissenschaft sollte eigentlich auch schon bemerkt haben, das es vollkommen egal ist, um was es geht. Was eine US-Regierung weghaben will, das wird auch beseitigt, ob Nordstream 2, Luftballons, ungeliebte Ausländer, ... . Und wenn eine US-Regierung gegen andere Nationen Spionage betreiben will, dann tut sie das natürlich auch, wie besonders schön die NSA bei unserer ollen Merkel.

Ach Gott, ein echter Politikwissenschaftler will davon nichts wissen? Das wiederum kann mein gesunder Menschenverstand nicht glauben.

Detlev Bargatzky | Mi., 8. Februar 2023 - 09:08

"Dass der von den USA abgeschossene chinesische Ballon Spionagezwecken diente, ist offenkundig."

Was genau ist daran offenkundig?
Machen Sie mich schlau.

Bisher bin ich davon ausgegangen, dass Wetterballons entweder der Wetterforschung dienten oder Ufos waren.

Armin Latell | Mi., 8. Februar 2023 - 17:31

dabei ist, sind, Transparenz zu zeigen, könnte er vielleicht auch mal sein Wissen über die Zerstörung von NSII zum Besten geben. Wo das dort doch alles so transparent ist....Was ich mich frage, ist, warum man eine Rakete benutzte, um dieses Objekt abzuschießen. Dass die Teile dann auf viele Quadratkilometer verteilt nach unten kommen, ist doch nicht überraschend und war den Amis mit Sicherheit klar. Warum haben sie nicht herkömmliche Bordwaffenmunition genommen? Wenn das Gas langsam aus der Hülle entweicht, hätte man es da nicht fast intakt in die Hände bekommen? Ich frage für einen Freund...