Über dem Union Jack zieht ein Sturm auf / dpa

Was vom Brexit bleibt - Eine nicht enden wollende Misere

Am 31. Januar 2020 sind die Briten offiziell aus der EU ausgetreten. Drei Jahre später machen sich die dramatischen Folgen deutlich bemerkbar. Von der anfänglichen Euphorie ist wenig geblieben.

Tessa Szyszkowitz

Autoreninfo

Tessa Szyszkowitz ist Londoner Korrespondentin des österreichischen Wochenmagazins Profil. Im September 2018 erschien „Echte Engländer – Britannien und der Brexit“. Foto: Alex Schlacher

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Am 31. Januar 2020 um 23 Uhr war es soweit: Das Vereinigte Königreich trat offiziell aus der EU aus. Downing Street war in den Farben des Union Jack angestrahlt, eine Uhr wurde auf die Fassade des Regierungssitzes projiziert, überzeugte Brexit-Fans wie Nigel Farage, einen „Happy Brexit Day“-Anstecker am Revers, versammelten sich auf dem Parlamentsplatz und fieberten beim Countdown mit. 

Boris Johnson aber mischte sich nicht unter jene, die sich seinem Brexitprojekt mit Herz und Seele verschrieben hatten. Der Premierminister ließ hinter der verschlossenen Tür von Downing Street 10 seinem Team englischen Spritzwein servieren. Ganz so, als wollte er nicht triumphieren. Oder als hätte er bereits erkannt, dass der Brexit in Wirklichkeit kein Grund zum Feiern war. 

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Peter Sommerhalder | Di., 31. Januar 2023 - 11:34

Vereinigte Königreich schleppt sich von einer Krise in die nächste. Die konservative Partei ist kaputt, die Wirtschaft schwächelt, die Reputation Britanniens als stabile Demokratie beschädigt."

Wenn man in diesen zwei Sätzen "Das Vereinigte Königreich" mit "Deutschland" austauscht, sind diese zwei Sätze ja immer noch richtig...

Enka Hein | Mi., 1. Februar 2023 - 10:02

Antwort auf von Peter Sommerhalder

...werter Herr Sommerhalder.
Fast alles liese sich von GB nach D transponieren.
Und die Überschrift passt wie die berühmte Faust aufs Auge zu D.
@Wallau
Gleichfalls meine Zustimmung.

Wolfgang Tröbner | Mi., 1. Februar 2023 - 11:32

Antwort auf von Peter Sommerhalder

Man nehme den Artikel und ersetze UK durch DE - eine bessere Zustandsbeschreibung für das Ampel-regierte Deutschland gibt es nicht. Deutsche Medien gefallen sich seit Jahren offensichtlich darin, mit dem Finger auf Großbritannien und dessen angeblich desaströsen Zustand zu zeigen. Weil es so schön hilft, vom verlotterten Zustand Deutschlands abzulenken?

Christa Wallau | Di., 31. Januar 2023 - 12:06

Als ob es realiter um Deutschland besser stünde als um Großbritannien!
Die Rundum-Versorgungs-Sicherheit der deutschen Bürger steht doch nur auf dem Papier bzw. wird mit (noch) halbwegs stabilen, täglich frisch geprägten/ gedruckten Euros den Menschen vorgegaukelt.
Die Rechnungen für das Über-die-Verhältnisse-Leben in der EU stehen noch aus. Aber sie werden todsicher eintrudeln, zumal die hohen Kosten des Krieges in der Ukraine hinzukommen.

Während die Briten allerdings in Zukunft ihre Verhältnisse souverän s e l b s t neu ordnen können, ist diese Option den Deutschen nicht gegeben. Sie haben sich vollkommen in die Hände einer korrupten u. undemokratischen EU-Administration begeben, die sie genau so fesselt wie die seit Gründung der BRD bestehende politische Abhängigkeit von den USA.
Daß a l l e Bürger in Europa den Gürtel werden enger stellen müssen, ist völlig klar. Einen großen Unterschied macht es jedoch, ob sie es als freie Staatsbürger o. total abhängig von anderen tun müssen.

Den Briten wurde das Ganze aber nicht als Entscheidung verkauft, die "einen Preis haben", sondern wöchentlich hunderte Millionen Pfund in die Staatskassen spülen würde; nur eines von vielen falschen Versprechungen, mit denen man sich eine knappe Mehrheit für den Brexit erlog.
Dummerweise hat der EU-Austritt entweder keine oder negative Auswirkungen. Genau davor war seinerzeit gewarnt worden, von Wissenschaftlern, Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden. Sie, Frau Wallau, hielten das für das Gerede von Lobbyisten, aber auch und gerade für Laien gilt natürlich: Wer nicht hören will, muss fühlen.
Schon 2020, vier Jahre nach dem Referendum, lag die Zustimmung nur noch etwas über 40%. Inzwischen ist dieser Wert auf unter 35 gesunken.

https://www.statista.com/statistics/987347/brexit-opinion-poll/

Das Land hat innerhalb von sechs Jahren vier Premierminister verschlissen, und das Wort vom "Bregret" macht die Runde.
Hohle Durchhalteparolen deutscher EU-Gegner ändern daran eher wenig. Tja...

Den Briten wurde das Ganze aber nicht als Entscheidung verkauft, die "einen Preis haben", sondern wöchentlich hunderte Millionen Pfund in die Staatskassen spülen würde; nur eines von vielen falschen Versprechungen, mit denen man sich eine knappe Mehrheit für den Brexit erlog.
Dummerweise hat der EU-Austritt entweder keine oder negative Auswirkungen. Genau davor war seinerzeit gewarnt worden, von Wissenschaftlern, Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden. Sie, Frau Wallau, hielten das für das Gerede von Lobbyisten, aber auch und gerade für Laien gilt natürlich: Wer nicht hören will, muss fühlen.
Schon 2020, vier Jahre nach dem Referendum, lag die Zustimmung nur noch etwas über 40%. Inzwischen ist dieser Wert auf unter 35 gesunken.

https://www.statista.com/statistics/987347/brexit-opinion-poll/

Das Land hat innerhalb von sechs Jahren vier Premierminister verschlissen, und das Wort vom "Bregret" macht die Runde.
Hohle Durchhalteparolen deutscher EU-Gegner ändern daran eher wenig. Tja...

Gerhard Lenz | Di., 31. Januar 2023 - 13:51

Johnson, der Möchtegern-Churchill des Jahrhunderts, versprach den Briten einen permanent blauen Himmel. Geschlossene Grenzen für ungeliebte EU-Ausländer, keine Bevormundung mehr durch Brüssel, Wirtschaftaufschwung, den viele mit der Stärke des alten Empires assoziierten.

Und viele Briten glaubten, sie seien nicht auf die EU angewiesen, würden durch diese nur in ihren Möglichkeiten eingeschränkt.

Was diese Möglichkeiten sind, und vor allen Dingen, welche Konsequenz sie haben, wird gerade jetzt sichtbar. Auch wenn PM (und Brexiteer) Sunak lieber die Corona-Pandemie für den Niedergang des Landes bemüht.

Britannien erlebt gerade das Gegenteil dessen, was profilneurotische, nationalistische Populisten versprachen. Eine gigantische Bürokratie dank der Rückkehr von Zöllen, ein Mangel an Arbeitskräften, leere Regale, eine ungewöhnlich stark schrumpfende Wirtschaft, die Gefahr des Aufflackerns des Nordirland-Konflikts. Und warum?

Weil Johnson einen Platz in den Geschichtsbüchern wollte...

Ronald Lehmann | Di., 31. Januar 2023 - 18:42

Und wie immer in diesen Welten-Monopoly gibt es Verlierer & Gewinner. Wie in jeden Spiel.

Auf jeden Fall sollte man vorsichtig in der Bewertung von Außen, wenn die einen jubeln & die anderen bedauern.

Außerdem kennt doch ein jeder den Spruch:
"ihr werdet das ernten, was ihr gesät habt"

Zumal immer erst am Abend bzw. Ende die Endrechnung gemacht wird.

Und fmp. war GB schon immer mehr mit der USA & CAN verbunden, als mit Europa
Und wenn, dann offerierte ein Krieg mit politischen wie ökonomischen Interessen.
Ansonsten hatte in meinen Augen der Tommy nicht viel mit FRA, BEL, BRD & den nordischen Staaten übrig gesehen im positiven, gleichwertigen Sinn.

Christoph Kuhlmann | Mi., 1. Februar 2023 - 08:02

ca. 100 Milliarden pro Jahr. Es wäre mal interessant, aus welchen Quellen sich diese Angaben speisen. England hat eine Krise mehr zu bewältigen und bekommt die Inflation weitaus schlechter unter Kontrolle als die EZB. Wer hätte das gedacht? Bei dem Zustand im Gesundheitssystem und einem kaputt gesparten Öffentlichen Dienst dürfte der Ausbau der Zollverwaltung besonders schmerzlich sein. Vielleicht kann man den schlimmsten Folgen des Brexits durch eine wie immer geartete Zollunion begegnen. Das dürfte das Deinvestment europäischer Firmen in England mildern. Man macht eine Firma meistens nicht von heute auf morgen dicht. Das sind Prozesse, die sich über Jahre hinziehen. Ohne Zugang zum EU-Binnenmarkt ist der Standort UK deutlicher weniger attraktiv als mit Zugang. Wir werden sehen. Es wäre sowohl für England als auch für die EU besser aufeinander zuzugehen.