In der Slowakei stationierte Bundeswehrsoldaten / dpa

Lambrecht geht, Pistorius kommt - Die Bundeswehr à la carte hat ausgedient

Der Fall Christine Lambrecht verdeutlicht gleich ein mehrfaches Dilemma deutscher Sicherheitspolitik, und er zeigt zugleich, wie dringend geboten ein grundlegendes Umsteuern ist. Denn Deutschlands Soldaten müssen sich wieder auf die Staatsführung verlassen können.

Ulrich Schlie

Autoreninfo

Ulrich Schlie ist Historiker und Henry-Kissinger-Professor für Sicherheits- und Strategieforschung an der Universität Bonn.

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In der Geschichte der Rücktritte der Bundesrepublik Deutschland nimmt derjenige von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht eine besondere Rolle ein. Die von der Ministerin im Rücktrittsschreiben gewählte Formulierung von der „medialen Fokussierung auf ihre Person“ ist eine durchsichtige Mystifikation und fügt sich in das mediale Kommunikationsdesaster, das die gesamten 13 Monate ihrer Amtszeit geprägt hat.

Christine Lambrecht ist nicht wegen eines Aufsehen erregenden Skandals oder einer gravierenden personellen Fehlentscheidung, sondern in der Konsequenz eines in allen Bereichen ihrer Amtsführung erwiesenen Unvermögens von ihrem Amt zurückgetreten, dem sie zu keinem Zeitpunkt gewachsen gewesen ist. Dieses Scheitern wirft Fragen nach der Personalauswahl in unserem politischen System und zugleich nach der Stellung des Verteidigungsressorts im politischen Gesamtgefüge auf.

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Walter Bühler | Di., 17. Januar 2023 - 18:06

... beginnen, dann eine wirkliche Zusammenarbeit mit Frankreich anfangen, die auch den Bereich der Nuklearwaffen einschließt - wenn man denn ernsthaft die militärische Frage angehen will.

Es ist doch lächerlich zu glauben, dass die jetzigen Atommächte auf die Atomenergie verzichten würde, und dass man auf Dauer zwar den nuklearen Schutz den Nachbarn überlassen kann sowie den Atomstrom von seinen Nachbarn kaufen kann, aber sich selbst partout die Finger nicht schmutzig machen will.

Dabei bietet sich unser Land geradezu als nukleares Schlachtfeld geradezu an.

Der Unernst unserer Berufspolitiker ist immer wieder verblüffend.

Katastrophenhilfe? Zivilschutz? Notfallpläne? Vorratshaltung?

Tomas Poth | Di., 17. Januar 2023 - 19:11

Willy Brandt:
„Die Soldaten der Bundeswehr dienen dem Frieden. Den Frieden und die Freiheit zu sichern ist wichtigste Aufgabe unserer Politik.“

Kampfeinsätze der Bundeswehr außerhalb des Natogebietes sind keine Friedenseinsätze, sondern dienen den Sonderinteressen einzelner Natomitglieder, in der Regel denen der USA!
Also keine Schützenpanzer oder Kampfpanzer für den Ukrainekrieg liefern, das ist Kriegsbeteiligung außerhalb der Nato und kriegerische Expansion des Natogebietes!

Heidemarie Heim | Di., 17. Januar 2023 - 19:24

Oder wie mein Vater zu sagen pflegte "Angst vor dem eigenen Schatten" oder wie in unserem Fall vor den Schatten der militärischen Vergangenheit sowie weiterhin einer langen Friedensperiode geschuldeten Versäumnisse, können wir uns m.E. nicht mehr leisten. Man sollte auch als an der Landesverteidigung nicht interessierter Bürger sich ab und zu bewusst machen, wie hoch der Preis der Freiheit einer Nation ist und wer diese kämpfend und unter dem Einsatz seines Lebens verteidigt. Ich glaube nach wie vor, das viele meiner Mitbürger mir darin zustimmen, dass unsere Soldaten und Soldatinnen etwas besseres verdienen als Misstrauen und eine schwache Führung ohne strategische Ziele, die sie für Jahrzehnte in der gesellschaftspolitischen Besenkammer abgestellt hat. Schon ist es wieder mit mir durchgegangen;) Eigentlich hätte ich mir alle Kommentare sparen können wenn ich gewusst hätte das der Cicero einen Experten wie Prof. Dr. Schlie heranzieht, dessen Beitrag ich Wort für Wort unterschreibe;)!

Sabine Jung | Di., 17. Januar 2023 - 20:42

aber trotz alledem bekommt diese Person noch so viel Geld und Pension hinterhergeschmissen?
Wo gibt es das in der freien Wirtschaft? Wenn man scheis.....gebaut hat bekommt man noch Vergütung? Und kann von einem Tag auf den anderen gehen.
Hier gehören Reformen her, das muss weg! Auch Politiker müssen haften für ihr Unvermögen, die Lambrecht wäre nicht die Erste!

... was für ein Gedanke! Stellen sich vor, Herr Wowereit müsste die Planungs- und Baukosten des Flughafen Schönefeld von seinem Ruhegehalt zahlen: das könnte er doch nie, egal wie hoch das Ruhegehalt auch sein mag!
("Ruhegehalt": übrigens ein sehr schönes Wort! Jedenfalls ist Wowereit heute ebenso wie Frau Merkel erstaunlich ruhig!).

Simon Max Jost | Di., 17. Januar 2023 - 23:44

"Die Wahrnehmung unserer nationalen Sicherheitsinteressen erfolgt nicht nur, aber ganz wesentlich auch im Nordatlantischen Bündnis."

Die Nordstream Pipelines wurden von unseren Bündnispartnern in die Luft gesprengt. Unsere Bündnispartnern haben auch gezeigt, dass sie hier den Bahnverkehr lahmlegen können.

Das transatlantische Bündnis ist unser Untergang, ob wir in ihm verbleiben oder nicht. Verbleiben wir, steht uns ein langsamer qualvoller Niedergang bevor. Verbleiben wir nicht, wird noch ganz andere kritische Infrastruktur unvermittelt zerstört. Die Machtdemonstrationen der jüngeren Vergangenheit waren nur ein kleiner Vorgeschmack dessen, was uns blüht, wenn wir uns offen gegen unsere Zuhälter bzw. Verbündeten aussprechen.

Unsere transatlantischen verbündeten Zuhälter, kann man es es besser ausdrücken. Volle Punktzahl!

Mmmh, muss überlegen. Der Demokrat "Grandpa Joe" oder Alleinherrscher Zar Putin I. ehemals KGB?
Der Oscar geht an .....! Raten Sie mal werter Herr Jost! MfG

Das schätze ich an den Ciceronen. Die Wortgewaltigkeit und die intellektuelle Fähigkeit, unterschiedlichste Blickwinkel aufzugreifen und in Worte zu fassen, die einem manchmal selbst nicht einfallen. Das ist auch Ihnen gelungen Herr Jost. Auf den Begriff "Zuhälter" in diesem Zusammenhang wäre ich erst einmal nicht gekommen. Deshalb Chapeau, treffender kann man nicht formulieren. Ich möchte mich aber auch mal an dieser Stelle bei den vielen Mitforisten für Ihre oft humorvollen, sarkastischen und inhaltstiefen Beiträge bedanken. Selbst Herr Lenz und Herr Lügle sei Dank gesagt, schaffen Sie es immer wieder, dieses Forum zu belustigen und mit inhalts- und niveaulosen Beiträgen zu erfreuen. Würde jemand von uns bei der taz oder der Welt kommentieren, kämen viele, wahrscheinlich fast alle Kommentare gar nicht erst durch. Deshalb ist der Cicero ein Hort liberale Meinungsfreiheit, ob mir nun alle Artikel gefallen oder nicht. Man kann sich hier sachlich äußern, das zählt. Weiter so.

Ernst-Günther Konrad | Mi., 18. Januar 2023 - 09:44

sondern die Bürger dieses Landes, müssen sich wieder auf die Sicherheitspolitik verlassen können. Was die Soldaten, wie inzwischen fast alle Berufsbereiche vor allem auch brauchen, ist eine anständige Bezahlung, Wertschätzung und vor allem Chefs, die sich vor sie stellen und nicht jeden Twitter Rauch zu irgendwelchen aus der Luft gegriffenen Vorwürfen und Verdächtigungen einatmen. Natürlich müssen Extremisten jeder Couleur aus dem Sicherheitsbereich entfernt werden. Nur müssen schon am Anfang von Ermittlungen die Medien bedient werden? Kann man nicht erst einmal Fakten zusammentragen und dann, bei gesicherten Erkenntnissen die Öffentlichkeit informieren? Auch Soldaten sind Bürger in Uniform und dürfen und müssen eine eigene Meinung haben, ohne jedem gleich zu unterstellen er sei gegen den Staat. Das Ergebnis dieser verfehlten Politik sehen wir inzwischen. Es finden sich in vielen Berufen, auch für Soldaten keine Bewerber mehr. Das hat die Politik verbockt und sonst niemand. Aufwachen.