RBB-Gebäude in Berlin / dpa

ARD im Selbstzerstörungsmodus (Teil III) - 90 Thesen für eine haltbare Zukunft der ARD

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steckt in der Krise. Unser Autor formuliert 90 Thesen, um die Loyalität und Akzeptanz des breiten Publikums nach und nach durch konkrete Maßnahmen und überzeugende Arbeit zurückerobern zu können.  

Autoreninfo

Jens Peter Paul war Zeitungsredakteur, Politischer Korrespondent für den Hessischen Rundfunk in Bonn und Berlin, und ist seit 2004 TV-Produzent in Berlin. Er promovierte zur Entstehungsgeschichte des Euro: Bilanz einer gescheiterten Kommunikation.

So erreichen Sie Jens Peter Paul:

Wenn selbst der amtierende Vorsitzende keine Zukunft mehr sieht für seinen Senderverbund, ist das einerseits tragisch, andererseits aber lediglich ein weiterer Beweis für die Richtigkeit der vor zehn Jahren erstmals von mir aufgestellten Behauptung, dass die ARD von innen kaputtgemacht wird, nicht von außen. Und da war noch lange keine Rede von Schlesinger und Konsorten. Es sind nur zu oft die Intendanten und die von ihnen berufenen Direktoren, die es an Loyalität gegenüber den ihnen anvertrauten Häusern, ihrem Personal und der öffentlich-rechtlichen Idee mangeln lassen, damit jene Krise heraufbeschworen haben, in denen sie sich nun befinden, und den eigenen Chef „Das Ende ist nah“ murmeln lassen. 

Immerhin war Tom Buhrows Vortrag in Hamburg vor einem Monat in jeder Hinsicht – formal und inhaltlich – so schlecht und substanzlos, dass er in den eigenen Reihen nicht viel mehr erzeugte als fassungsloses und schweigendes Entsetzen. Die Begeisterung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung über ihren Coup, Buhrows Auftritt und auch den Redetext exklusiv zu haben, hielt folgerichtig nicht lange vor. Mit seinem angeblichen Reformplan, der tatsächlich nur ein pessimistischer Ausblick auf das Jahr 2032 war, der selbst der AfD des Saarlands zu weit ging (was man erst einmal hinbekommen muss), ist schlicht nichts anzufangen.

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Hans Jürgen Wienroth | So., 4. Dezember 2022 - 15:07

„In ihrer Herangehensweise an politische und gesellschaftliche Themen unterscheiden sich die Senderfamilien nicht einmal mehr in Nuancen.“ Wie sollten sie auch, wenn sich SPD und CDU so nah sind, dass für sie gleiches gilt?
„Tagesschau-Sonderausgaben werden nicht länger als Ersatz und Lückenbüßer akzeptiert.“ Sie beschränken sich derzeit im Wesentlichen nicht auf Berichterstattung, sondern Texte sog. Experten, die ihre „Unwissenheit“ mit vielen Vermutungen an die Zuschauer verdecken wollen.
Nachrichten müssen vollumfänglich berichten und nicht mehr selektiv. Dafür kann die Berichterstattung zu „Großereignissen“ wie Ukrainekrieg oder Corona mit häufig langen Interviews in Dauerschleife gekürzt werden. Wer diese sehen will, kann die anschl. Sondersendung sehen, allen anderen reicht ein kurzer Bericht (ohne lange „Expertise).
Diskussionssendungen müssen kontrovers sein, kein Meinungskanon. Als Experten sind verständlich diskutierende Wissenschaftler und keine NGO-Ideologen einzuladen.

W.D. Hohe | So., 4. Dezember 2022 - 15:31

der vom Kuchen der Fußball WM Vermarktung ein großes der Telekom u.a. überlassen wird.
Effektive Fliegenklatsche.
Kostet nix und spart Geld für ????
Nein - für "Die" bestinnt nicht.
Sondern ???
Richtig.

Gerhard Lenz | So., 4. Dezember 2022 - 15:34

Viel Lesestoff. Das meiste, was die Qualität des Programms angeht, durchaus kontrovers, weil weniger irgendeiner Notwendigkeit, sondern den subjektiven Einschätzungen von Herrn Paul geschuldet.

Das ewige Gemecker über angebliche Linkslastigkeit des ÖR wirkt vielleicht am rechten Rand als Verstärker für die ach so wehleidig empfundene - angebliche - Benachteiligung, ist aber völlig überzogen und wird von den meisten Deutschen nur noch als nervig empfunden.

Was Finanzen, Organisation und Struktur angeht gibt es sicher Verbesserungsbedarf. Vorschläge wie Konsolidierung A (Überprüfung der Arte-Beteiligung) bewirken aber eher eine kulturelle Verarmung und sind daher auf jeden Fall abzulehnen. Zuweilen wird es ein wenig "skurril" (ARD=Heimat), manchmal geht es erkennbar nur um Einsparung oder Auslagerung ins Bezahl-TV.

Gut möglich, dass der ÖR Reformen braucht: Allerdings wird nur wenig von Herrn Pauls persönlicher Wunschliste Anwendung finden.

Wolfgang Brennenstuhl | Mo., 5. Dezember 2022 - 12:58

Antwort auf von Gerhard Lenz

So, so, aha, Herr Lenz: "Das ewige Gemecker über angebliche Linkslastigkeit des ÖR (...) wird von den meisten Deutschen nur noch als nervig empfunden".
Mal wieder einer ihrer fakenews. Da ergeben repräsentative Umfragen bzw. Erhebungen aber etwas ganz anderes. Zum Beispiel der von Ihnen so geschätzte Tagesspiegel vom 16.11.2022: "Einer Umfrage zufolge befürworten nur 30 Prozent der Deutschen zwei öffentlich-rechtliche Sender. Mehr Menschen wünschen sich eine Fusion oder: die Abschaffung".
Richtig gelesen, LENZ! Mehr wünschen sich die: ABSCHAFFUNG.
Also, erst informieren, dann schwurbeln.

Gerhard Lenz | Mo., 5. Dezember 2022 - 14:28

Antwort auf von Wolfgang Brenn…

Der Vollständigkeit halber, damit auch andere Leser IHRE Widergabe des ursprünglichen Textes beurteilen können:

"Lediglich knapp 30 Prozent der Befragten sprechen sich dafür aus, dass ARD und ZDF wie bislang jeweils ein eigenständiges Fernseh- und Online-Programm produzieren.
35 Prozent würden dagegen eine Fusion der beiden Sender begrüßen. Weitere

35 Prozent plädieren für eine Abschaffung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland.
https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/haben-ard-und-zdf-eine-zukunft…

Wenn ich das richtig sehe, will die klare Mehrheit mindestens ein fusioniertes ÖR behalten. Wenn Sie schreiben - Zitat - "Mehr wünschen sich die: ABSCHAFFUNG", dann stelle ich erstaunt fest, dass 35% nach Ihrer Logik die Mehrheit stellen.

Und da werfen Sie mir Fakenews vor? Ich gebe zu: Mir fehlen Ihre besonderen Mathekenntnisse. Die sollen wohl auch über mangelhafte "Social Skills" hinwegtäuschen.

Ja, ja, Herr Lenz, das ist schon so eine Qual mit der Mathematik und dem richtigen Lesen. Hier noch einmal ihr geliebter Tagesspiegel : "Die größte Fangemeinde haben ARD und ZDF bei den Älteren. 42 Prozent der über 60-Jährigen wollen beide Sender erhalten, bei den 18- bis 39-Jährigen sind es nur 24 Prozent, bei den 40- bis 59-Jährigen 26 Prozent".
Und jetzt die Gretchenfrage Herr Lenz. Wieviel Prozent sind für die ABSCHAFFUNG von ARD und ZDF?
Genau. Richtig. Bravo, Herr Lenz.
Matura bestanden.

Gerhard Lenz | Di., 6. Dezember 2022 - 09:34

Antwort auf von Wolfgang Brenn…

Sie leider nicht.

Dass Sie jetzt plötzlich mit der unterschiedlichen Beliebtheit in den verschiedenen Altersklassen auftauchen, was in Ihrem ersten Kommentar nicht der Fall war, sei nur nebenbei erwähnt.

Aber auch jetzt finde ich wieder erstaunliche Schlüsse: Die größte Fangemeinde usw usw usw.
Ach so. Wer nicht zur Fangemeinde gehört, will also die sofortige Abschaltung.

Das steht zwar nirgends da, und ist wahrscheinlich auch völliger Käse, soll aber wohl ihre Überzeugung stützen, wonach ein politisch-unbequemer ÖR schnellstmöglich zum Schweigen gebracht werden sollte.

Im Gegenteil: Im Originaltext steht - sogar leicht verständlich - dass 35% der Befragten den ÖR abschalten würden. Mit der Zahl müssen Sie wohl leben, auch wenn Sie jetzt krampfhaft versuchen, andere Mehrheiten zu basteln.

Ich bin übrigens kein Fan der Sportschau. Oder irgendeiner Covidioten-Show im österreichischen Schwurbler-TV.

Trotzdem bin ich nicht dafür, die abzusetzen, bzw. abzuschalten.

Mein lieber Herr Lenz,
Tagesspiel: "42 Prozent der über 60-Jährigen wollen beide Sender erhalten, bei den 18- bis 39-Jährigen sind es nur 24 Prozent, bei den 40- bis 59-Jährigen 26 Prozent. Klar, dass sich die beiden jüngeren Altergruppen sehr viel deutlicher für eine Abschaffung aussprechen als die Senioren".
Herr Lenz, wenn Sie sich jetzt in die IPSOS Studie vertiefen würden, so würden Sie erkennen, dass die restlichen Prozente (48%, 76%, 74%) beide Sender NICHT erhalten wollen .
Also: raus aus dem verdunkelten Glaskasten, lässt den Blick klarer werden.
Herzliche Grüße

Ingo Frank | So., 4. Dezember 2022 - 15:53

Schlosskirche nagelte, nahm die Reformation Fahrt auf …….
Sie haben ja Recht mit ihren Thesen und Vorschlägen. Besonders das Einfordern einer ergebnisoffenen Diskussion wäre für mich am Beginn der Debatte. A B E R. zuerst kam der
„Basta“ Kanzler u. danach 16 Jahre die „alternativlos“ waren. Und wenn man davon ausgeht, dass pol. Interesse mit 17 beginnt, sind die, die sich noch an eine „Ergebnis offene Diskussionskultur erinnern, geschweige führen können die Generation ab Ende 30 und die gehören schon in den Augen der Jungen fast zu den alten weißen Männern & Frauen. WILL SAGEN, WIR HABEN ES SCHLICH VERLERNT,
ZU DISKUTIEREN.
mit freundlichen Grüßen aus der Erfurter Republik

Sianturi Saleh | So., 4. Dezember 2022 - 17:01

Herr Paul möchte den ÖRR reformieren und wieder nützlich, bezahlbar und akzeptiert machen. Dazu kommen 3 Konsolidierungs und 6 (also doppelt soviele) Erweiterungsvörschläge. Geht so downsizing? Ach ja, der teure Sport soll ausgelagert werden. Die Folge wäre wohl, dass noch mehr vom Gleichen produziert wird. Aber könnte es sein, dass der Zug bereits abgefahren ist? Wie viele andere bezahle ich den ÖRR noch, schaue aber nicht mehr - und vermisse nichts, außer dem Gebührengeld, das ich lieber anderweitig verjubelt wissen möchte. Daher plädiere ich für Abwicklung. Mit einer 2/3 Mehrheit für die dann nötige GG Änderung wäre das machbar. Dazu müsste man konsequenterweise auch diejenigen wählen, die dafür stimmen würden. Aber das will ja keiner :-)

Wolfgang Brennenstuhl | Mo., 5. Dezember 2022 - 14:41

Antwort auf von Sianturi Saleh

Chapeau claque. Danke.
Volle Zustimmung!

Ernst-Günther Konrad | Mo., 5. Dezember 2022 - 07:57

Ich teile ihre Thesen nicht in allen Bereichen, aber dennoch sind Ihre 90 Gedankengänge durchaus wert, als Grundlage für eine von Ihnen geforderte öffentlichen Diskussion zu dienen. ARD und ZDF weiterhin als echte Konkurrenz, da lasse ich mit mir reden, ihre Argumente haben was. Aber weiterhin so viele Rundfunkanstalten und dritte Programme sehe ich nicht ein. SR und RLP könnten zusammen. Bremen und NS könnten zusammen. HH und SH könnten zusammen. Berlin und Brandenburg könnten zusammen. Das spart Geld und Ressourcen. In jedem Fall gehören die Zwangsgebühren abgeschafft und gegen Bezahlfernsehen getauscht. Wer will, soll das zahlen, was er sehen will. Schlanke Strukturen und vor allem Politiker nur als beratende Stimmen und keine parteigebundenen Aufsichtsräte. Vor allem parteienfreier Journalismus. Zurück zu neutraler allumfassender mit investigativem Journalismus und Intendanten, die nicht politisch eingesetzt werden. Mehr Mitsprache von Bürgern in den Gremien, mindestens 50% Anteil.

Achim Koester | Mo., 5. Dezember 2022 - 10:11

"Ceterum censeo ARD/ZDF esse delendam.

Dorothee Sehrt-Irrek | Mo., 5. Dezember 2022 - 12:15

Herr Paul, Sie schützen die Fragilen in einem ausgewogenen Gesamtkonzept., Sie schützen genaugenommen den Föderalismus als Basis unseres guten Zusammenlebens in der Bundesrepublik usw.?
Das ZDF verbinde ich in der Tat eher mit staatstragend und Kultur, ARTE.
Ihre Bestandsaufnahme und Vorschläge für die ARD finde ich interessant.
Man könnte die regionale Berichterstattung bis auf 18 Uhr begrenzen, dafür aber das Hauptprogramm der ARD schwerpunktmäßiger gestalten?
Mir gefällt die Sportberichterstattung des ÖRR im Prinzip besser als die der Privaten, aber werden ausreichend Zuschauer diesen Pay-Sportsender abonnieren?
Man müßte Probeläufe organisieren?
Am besten gefällt mir Ihre Idee mit ARD24 in Kooperation mit Phoenix, evtl. begleitendem Streaming.
Ich schaue keine Nachrichten mehr, sondern warte auf die qualifizierte Beurteilung des Tages durch Cicero-Artikel.
So einen werbearmen Nachrichtensender würde ich den ganzen Tag laufen lassen.
Herr Paul, Sie mögen ja den ÖRR.
Ich freue mich:)