Wenn man Hochwasser nicht verhindern kann, muss man eben Deiche bauen, wie hier in Wesel-Büderich / dpa

Wissenschaft und Klimaproteste - „Die Evidenz ist nicht so eindeutig, wie man denkt“

Wenn Aktivisten sich auf die Wissenschaft berufen - und wenn Wissenschaftler zu Aktivisten werden -, dann haben sie ein falsches Wissenschaftsverständnis, sagt Hans von Storch. Im Cicero-Interview erklärt der renommierte Forscher, warum es auch in der Klimawissenschaft unterschiedliche Meinungen gibt und warum es besser wäre, sich an den unvermeidlichen Wandel anzupassen.

Ralf Hanselle / Antje Berghäuser

Autoreninfo

Ralf Hanselle ist stellvertretender Chefredakteur von Cicero. Im Verlag zu Klampen erschien von ihm zuletzt das Buch „Homo digitalis. Obdachlose im Cyberspace“.

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Hans von Storch ist einer der bedeutendsten deutschen Klimaforscher. Der ehemalige Leiter des Instituts für Küstenforschung am Helmholtz-Zentrum Geesthacht war Professor an der Uni Hamburg, am Max-Planck-Institut für Meteorologie sowie an der Ocean University of China. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählt Klimapolitik.

Herr von Storch, vor ein paar Tagen hat sich eine Gruppe von Klimaaktivisten, die sich selbst Science Rebellion nennt, am Berliner Flughafen angekettet, um so gegen die Emissionen im Luftverkehr zu demonstrieren. Nun sind Sie selbst Jahrgang 1949 und der rebellischen Phase vermutlich entwachsen. Aber würden Sie nicht auch sagen, dass der Ort der Wissenschaft in diesen Tagen der Protest ist?

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John Berger | Mi., 16. November 2022 - 11:22

In einem Punkt mag ich Hans von Storch nicht zustimmen: "Ich glaube schon, dass wir den Klimawandel beschränken können. Bei welcher Grad-Zahl wir dann genau rauskommen, das weiß ich nicht". Weder haben die Menschen Anfang des 1. Jahrhunderts Nordafrika in eine Kornkammer verwandelt, noch im Mittelalter eine kleine Eiszeit erzeugt. Es sind die gigantischen Kräfte des Universums, die unser Leben und das Wetter bestimmen. Und soweit - verdeckt- das Potsdamer Insitut mit seinen apokalyptischen Vorhersagen angesprochen wir, verweise ich auf das Buch "Ratlos" von Rolf Bergmeier, der Herkunft und Glauben der dortigen "Wissenschaftler" analysiert.

was ich nicht verstehe:

für welches umfassende Gebiet (geographisch) gilt denn eigentlich das reklamierte Ziel bei der zu vermeidenden "Erderwärmung" um 1,5 % oder 2,5% oder gar 4% ?
wenn von uns in DE eine solche Beschränkung (Einschränkung) verlangt wird, bedeutet es doch nicht. dass sich die umliegenden Gebiete -mindestens- daran halten !?

Romuald Veselic | Mi., 16. November 2022 - 11:43

77 % der Bundesbürger zu sein, der Meinung sind, dass der Klimawandel ohnehin nicht mehr effektiv bekämpft werden könne. Nicht mit 8 Mld. Weltbevölkerung, wenn nur die biologischen Notwendigkeiten eines Individuums berechnet.

Weltklima ist keine Hotelklimaanlage, die sich per Hand steuern ließ. Ob 1,5 o 2,5°C mehr, sind abstrakte Werte, die man nicht durch Deindustrialisierung zu limitieren sind.
Und wenn die "Klimaaktivisten" Lebensmittel als Protestmasse hernehmen, dann ist dies absolute Verlogenheit hoch Ultimo bis unsozial. Denn diese Nahrungsmittel, sollte man den städtischen Tafeln zur Verfügung stellen. Zuerst sollte der Welthunger bekämpft werden.
Aber wie, wenn dort, wo es Ernährungsmangel gibt, ist die Geburtsrate nicht diesem Merkmal angepasst.

Ingo Frank | Mi., 16. November 2022 - 11:52

weil sie einmal Wissen schafft und andererseits mit dem Wissen die Obrigkeit stützt.
Eines sollte man aber nie vergessen, seinen eigenen Menschenverstand zu benutzen, egal welche „wissenschaftlichen“ Erkenntnisse uns kredenzt werden. Corona war das beste Beispiel, und an der Weltuntergangshysterie durch den Klimawandel, im Zusammenspiel von Mensch - Natur und oder nur von den natürlich wirkenden Kräfte der Natur, sollte man man sich eine gesunde Skepsis gerade gegenüber der Wissenschaft erhalten. Weil, wie gesagt, Wissenschaft sich auch IMMER DEN OBEREN
ANDIENT. Ein Blick zurück in die Geschichte reicht.
Mit freundlichen Gruß aus der Erfurter Republik

Tomas Poth | Mi., 16. November 2022 - 12:25

Follow the science ist ein politischer Kampfbegriff, eine ideologische Verführung und hat nichts mit Wissenschaft zu tun.
Das was als wahr erkannt ist steht für sich, ist nicht anfechtbar. Das Wahre steht nicht als Wegweiser im Gelände mit der Aufschrift "zur Wahrheit"!

Zitat:
<er wird von fast allen geteilt>
Wissenschaft kennt nur richtig oder falsch!
Für das Richtig braucht es keinen Konsens, von fast allen geteilt geht da überhaupt nicht!!
Die CO2-Hypothese mag von vielen geteilt werden, damit ist sie aber nicht bestätigt und richtig!!
Das grenzt schon an Voodoo, ist aber mindestens eine politische Interpretation, dem besonders das PIK mit Schellnhuber und Cons. frönt.
Also weiter forschen, um die vielen Wirkzusammenhänge auf unser Klima besser zu verstehen.
Der Einfluß des Menschen auf das globale Klima ist marginal. Beim örtlichen Klima ist das anders, wenn man z.B. die allgemein etwas höheren Temperaturen des Stadtklimas mit dem Landklima vergleicht.

Christa Wallau | Mi., 16. November 2022 - 14:47

Antwort auf von Tomas Poth

den Aufrufen zu den Kreuzügen im Mittelalter, die nur eine Begründung kannten:
"Deus lo vult!" (Gott will es!) .
Dasselbe Sendungsbewußtsein, derselbe Fanatismus!

Anscheinend brauchen sehr viele Menschen auch heute, 300 Jahre nach der Aufklärung, immer noch das ungeheuer beruhigende Bewußtsein bzw. das Gefühl, in einem Massenstrom mitzuschwimmen, der sie zum Heile führen soll.

Dagegen anzugehen gestaltet sich äußerst schwierig und kann gefährlich werden.
Und dennoch müssen alle, welche den Wahnsinn der Verrrannten durchschauen, täglich neu versuchen, ihren Mitmenschen die Augen zu öffnen und sie zur Vernunft zu bringen. Eine andere Option gibt es nicht, wenn man kein Fatalist sein will.

Gerhard Lenz | Mi., 16. November 2022 - 12:35

Deiche erhöhen um die ansteigenden Wassermassen fernzuhalten - das ist keine Klimapolitik, das ist vorgezogene Reaktion auf das Versagen der Klimapolitik!

Um Klimaschäden jedoch wirklich zu begrenzen bedarf es politischen Willens. Der ist jedoch bei Politikern nicht verbreitet - denn Klimaschutz gibt es nicht umsonst, und er könnte ja Wähler abschrecken. Besonders Union und FDP benehmen sich noch immer so, als sei Klimaschutz irgendein Luxus, dem Schutz irgendwelcher seltener Krokodile in Kuba vergleichbar.

Dabei behaupten höchstens noch ein paar Verbohrte oder Fachfremde, dass es einen menschengemachten Klimaschaden nicht gibt. Oder AfD-Parteitage, wo der höchste Klimawissenschaftler der AfD, Bernd Hoecke, das "Gerede" über Klima- und Umweltschäden als Lüge "entlarvt" hat. Was auch von den bekannten folgsamen Cicero-Foristen eifrig nachgeplappert wird.

Statt den Verursachern auf die Finger zu schauen, bezeichnet man lieber - übereifrige - Aktivisten als Terroristen.

Schwach

Django Reinhardt | Mi., 16. November 2022 - 15:05

Antwort auf von Gerhard Lenz

zu Abs. 1 Deiche:
Wer an den massiven Anstieg des Meeresspiegels glaubt, der handelt vorsorglich indem er die Deiche erhöht. Das ist dann Umweltpolitik!
Der jährliche Anstieg des Meeresspiegels wird derzeit im Schnitt seit 1993 mit ca. 3,5 mm angeben (Statista.de). Also noch ca. 285 Jahre für 1 m.

zu Abs. 2 und 3:
Also bei aller Gutwilligkeit, aber ist das mehr als ein sprachlicher Veitstanz?

Ich empfehle Ihnen folgende Lektüre:
Klima, Wetter, Mensch von Nico Stehr/Hans von Storch
ISBN 976-3-86649-228-8,
und etwas Baldriantropfen.

Dirk Weller | Mi., 16. November 2022 - 15:11

Antwort auf von Gerhard Lenz

" . . . . denn Klimaschutz gibt es nicht umsonst, und er könnte ja Wähler abschrecken."
So ist es, denn ein radikalerer Umschwung in Richtung Klimaschutz würde mehr Typen vom Schlage eines Donald Trump oder Bolsonaro an die Macht bringen, vielleicht sogar eine AfD erstarken lassen.
Da sehr viele Menschen immer noch nicht an den Klimawandel glauben, oder, obwohl sie an den menschgemachten Klimawandel glauben, nicht bereit sind ihren Lebensstil drastisch zu verändern.
Das ist leider die Realität.
Daher muß man wohl leider davon ausgehen, dass der Temperaturanstieg langsamer gebremst wird, als es nötig wäre.
Daraus resultiert dann auch eben eine Anpassung an einen Anstieg des Meeresspiegels im Rahmen des technisch möglichen.
Nichts anderes sagt der Autor.
Eine Alternative wäre eine "guter" "Klima-Diktator", aber das will logischerweise auch niemand.

So ist es, Herr Weller. Noch nicht ganz erforscht scheint zu sein, was genau bei der Wechselwirkung IR-Photon / CO2-Molekül passiert und warum.

Wenn auch noch Methan, also CH4 aus Permafrostböden hinzu kommt, wird es noch dramatischer.

Deshalb muss auch der Temperaturanstieg gebremst werden, aber wie bei 8 Mrd Menschen? Es ist natürlich schwer zu quantifizieren oder ein Datum für diesen Kipp-Punkt zu benennen.

Die Langsamkeit dieser atmosphärischen Prozesse erschwert natürlich die Akzeptanz von Wohlstandsverlusten, zumal die Schwellenländer gerade erst anfangen. ähnliches zu erreichen.

Diese Tatsachen locken natürlich alle möglichen Endzeit-Religiöse oder Realitätsleugner an, die mit Wissenschaft niemals in Berührung kommen werden.

Dass man mit Vernunft nicht rechnen kann, zeigt gerade der Ukraine-Krieg.

.

... sein wirklicher Anteil am Treibhauseffekt, und davon der Anteil des durch Industrialisierung emittierten CO2s, ein Thema, bei dem die Wissenschaftler sehr konträre Positionen vertreten.
Von "Höllentemperaturen" auf Erden bis hin, daß die Sättigung der CO2- Absorptionsbanden nahezu erreicht ist und ein weiterer CO2 Eintrag keine Temperaturerhöhung mehr bewirkt, belegt durch die relativ konstanten Erdtemperaturen der letzten 20 Jahre.
Wie sagte H.v. Storch die Evidenz ist nicht so eindeutig!
Es wird also noch heftig gestritten was wahr/richtig ist!
Dann braucht es auch keinen Konsens von X% Wissenschaftlern, der nichts weiter als Glaskugel-Wissenschaft ist. Genaues weiß man nicht, aber wir wollen mal vermuten das es so kommt wie wir es gerne annehmen möchten.

Gerhard Hellriegel | Mi., 16. November 2022 - 14:11

Also, Herr von Storch sagt:" Signifikante Teile des Wissens sind unsicher". Gleichzeitig mahnt er Verminderung und vorsorge an. Frage: wie verhält man sich, wenn man weiß, es droht etwas, aber man weiß nicht so genau, was? Ist man dann besonders lässig oder besonders vorsichtig? --- Er sagt: "Es kommt aber darauf an, was ich in die Modelle hineingebe, hier also: welche CO2-Emissionen." Weiter: "Man soll sich anhören, was die Wissenschaftler als Wissenschaftler zu sagen haben – und zwar auf dem Gebiet der Wissenschaft selbst und nicht auf Gebieten, auf denen sie selbst Laien sind." Einig. Aber ist er selbst Fachmann für die Frage, wieviel wir hingeben werden? Woher kommt die Kompetenz? Davon aber hängt ab, was man als Erfolg betrachtet und was nicht. Deswegen meine Ansicht: wissenschaftliche Zukunftsaussagen müssen in Wenn-dann-Form auftreten. Ansonsten kann jeder in der Glaskugel sehen, was er will.

Sabine Jung | Mi., 16. November 2022 - 16:38

ein guter Versuch der "Klimarettung" oder was wir schon immer draus gemacht haben ist z.B.ein LKW der neuesten Generation mit EURO6. Dieser LKW fährt wie viele Diesel-PKW's auch mit AdBlu, einen Harnstoff, der die Abgase im letzten Teil des Motorsystems nochmals filtert und emittiert. Nun denken ja die Grünen generell, alles Motorengetriebene ist ja so schlecht. Nein ist es nicht, man entwickelte schon seit Jahren immer mehr und mehr in Richtung weniger schädliche Abgase. Was jetzt da raus kommt, das kann man schon fast einatmen. Man kann auch mit bestehenden Dingen die Welt verändern und muss nicht das Auto neu erfinden.

Ernst-Günther Konrad | Mi., 16. November 2022 - 21:28

Die Geschichtsschreibung ist voll mit prophezeiten Apokalypsen und bislang ist keine eingetreten. Ja, das Klima verändert sich. Das dürfte jeder bemerkt haben. Aber bereits die nächste sich aufdrängende Frage, wer oder was führt diesen Wandel herbei ist strittig. Ist es nur ein ganz normaler irdischer Zyklus, wie er schon seit Jahrmillionen Jahren auf der Erde stattfindet oder ist er menschengemacht. Und wenn menschengemacht in welchem Umfang? Und ist der Wandel tatsächlich geeignet, die Welt untergehen zu lassen oder nur Klimazonen zu verschieben? Liegt es wirklich an zu viel CO², dass die Pflanzenwelt als Nahrung braucht und in Sauerstoff für uns Lungenatmer umwandelt? Und wenn es menschengemacht wäre, reichen die in Deutschland erfundenen Ziele und Maßnahmen aus, die ganze Welt, den Globus zu retten? Wie evident ist die Klimapolitik tatsächlich. W bleibt die öffentlichen Diskussion über das Thema, das pro und kontra in der Sache und warum immer nur dieselben "Klimaexperten" gefragt?

Albert Schultheis | Do., 17. November 2022 - 00:04

Was mich am allermeisten besorgt, das ist, wie man mit der Wissenschaft und den Wissenschaftlern umgeht - insbesondere die Politik. Wir haben das während der furchtbaren Coronazeit erlebt, wie renomierte Naturwissenschaftler, sogar Nobelpreisträger der Virologie ausgegrenzt, diffamiert und gecancelt, ihre Einwände von hergelaufenen "Faktencheckern" als Verschwörungstheorien, sie selber als Scharlatane hingestellt wurden. Das gleiche passiert in der Klimadiskussion. Studien, die evtl zu kritischen Ergebnissen führen könnten, erhalten kein Budget, mainstream-kritische Forscher werden diffamiert, gemobbt, ihre Karrieren zerstört. Dabei sind die Theorien der Klimajünger - wie die der Drostens und Wielers - höchst anfechtbar. Da wo ein offener wissenschaftlicher Dialog Antworten schaffen könnte, wird dieser - aus bekannten Gründen der Dringlichkeit, der Alternativlosigkeit und der politischen Vereinnahmung - blockiert, ja, sogar als moralisch minderwertig verleumdet. Die Folgen: Monster!

Achim Koester | Do., 17. November 2022 - 10:43

wie viele ehemalige Leiter oder Verantwortliche von Forschungseinrichtungen, die während ihrer aktiven Zeit klar die Mainstream-Meinung vertreten haben, plötzlich umschwenken, sobald sie in Ruhestand sind (und nichts mehr zu befürchten haben), und sich wissenschaftlich kritisch äußern, das sollte doch zu denken geben.

Freundlieb, Dieter | Do., 17. November 2022 - 10:55

Herr von Storch sagt: "... ich finde, dass Wissenschaftler sich auf der Seite von Wissenschaft verorten sollten. Das heißt, sie sollten Wissen schaffen, das falsifizierbar und unabhängig davon ist, ob es der eigenen emotionalen Wahrheit dienlich ist."

Wenn sich von Storch dieser Popperschen methodologischen Forderung verpflichtet fühlt, kann er unmöglich die Aussagen der Mainstream-Meinung zum Klimawandel ernst nehmen. Diese beruhen nämlich weitestgehend auf Computermodellen, in die alle möglichen nicht falsifizierbaren Annahmen eingehen. Wie die Arbeiten von Klimaforschern wie Prof. John Christy gezeigt haben, sind die wenigen tatsächlich durch Messungen falsifizierbaren Hypothesen über Temperaturerwärmungen allesamt falsifiziert. Sie als Grundlage für ungeheuer kostspielige Politik zu nehmen ist unverantwortlich.

Professor John R. Christy ist 'Distinguished Professor of Atmospheric Science und Direktor des Earth System Science Center an der University of Alabama in Huntsville'.