Daniel Gräber Veronika Grimm
Daniel Gräber und Veronika Grimm

Veronika Grimm im Gespräch mit Daniel Gräber - Cicero Podcast Wirtschaft: „Wir müssen die Kraftwerke nutzen, die jetzt zur Verfügung stehen“

Um den Strompreis zu senken, müssten alle verfügbaren Kohle- und Kernkraftwerke ans Netz, fordert die Energieökonomin Veronika Grimm, Mitglied des Sachverständigenrats der Wirtschaftsweisen. Das würde auch dabei helfen, einen drohenden Gasmangel im Winter zu vermeiden. Im Cicero-Podcast erklärt die Energiemarktexpertin, was in der Krise notwendig ist.

Daniel Gräber

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Daniel Gräber leitet das Ressort Kapital bei Cicero.

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Wirtschaftsminister Robert Habeck und andere Grünen-Politiker behaupteten noch bis vor kurzem, Deutschland habe kein Stromproblem, sondern ein Wärmeproblem. So sollte die zu Beginn des Ukrainekriegs aufgekommene Diskussion über eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke abgewürgt werden. Das war „eine klare Fehldiagnose“, kritisiert die Ökonomin Veronika Grimm, Mitglied des Sachverständigenrats der fünf Wirtschaftsweisen, dem wichtigsten wirtschaftspolitischen Beratungsgremium der Bundesregierung. Dass die Energiekrise nicht auf den Gasmarkt beschränkt bleibt, sei von Anfang an absehbar gewesen, sagt sie im Cicero-Podcast. „Wenn die Gaspreise steigen und unsere Spitzenlastkraftwerke Gaskraftwerke sind, wird das in kürzester Zeit ein Stromproblem, weil natürlich die Gaskraftwerke in vielen Stunden den Preis setzen.“

Grimm, die Volkswirtschaft an der Universität Erlangen-Nürnberg lehrt und sich schwerpunktmäßig mit Energiemärkten beschäftigt, fordert deshalb, dass in der aktuellen Krise alle vorhandenen Kraftwerke ans Netz gebracht werden beziehungsweise länger in Betrieb bleiben. Der bisherige Kurs bei den Atom- und Kohlekraftwerken ist ihr zu zögerlich. „Das Mittel der Wahl wäre, alle verfügbaren Erzeugungskapazitäten zu mobilisieren, um die Gaskraftwerke möglichst unnötig zu machen für die Stromproduktion“, sagt die Ökonomin, die eigentlich eine Befürworterin der Energiewende ist. „Das wäre gut für die Preisbildung, weil dann die Strompreise im Durchschnitt niedriger wären. Aber das wäre auch mit Blick auf die Gasversorgung gut. Denn wenn weniger Gas verstromt wird, wird eine Gasmangellage im Winter weniger wahrscheinlich.“

 

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„Ich fände es viel schöner, wenn das mit Erneuerbaren ginge“, sagt Veronika Grimm. „Aber wir werden nicht so schnell bis zum nächsten Winter so viele Windräder bauen, dass wir damit auskommen. Dass wir jetzt Erneuerbare ausbauen und dann ist das Problem gelöst: Schön wär‘s, aber so ist es nicht. Wir müssen die Kraftwerkskapazitäten nutzen, die jetzt zur Verfügung stehen, und das sind nun mal in Deutschland Kohlekraftwerke und Atomkraftwerke.“

Die in Teilen der Grünen und in der Klimaschutzbewegung zu erkennende Tendenz, auf eine Deindustrialisierung Deutschlands zu hoffen, hält die Wirtschaftswissenschaftlerin für gefährlich. „Man hört manchmal Zwischentöne, dass das so eine Hoffnung ist bei einigen, dass durch diese hohen Energiepreise emissionsintensive Industrien schneller verdrängt werden, als das sonst der Fall wäre. Aber das ist nicht zu Ende gedacht, denn die sind ja dann woanders aktiv. Die Geschäftsmodelle gibt es dann natürlich noch. Und ob die das bei uns oder das woanders machen, das ist dem Weltklima total egal.“

Das Gespräch wurde am 26. September 2022 aufgezeichnet. 


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Helmut Bachmann | Fr., 7. Oktober 2022 - 19:13

Viel Drumrum, wenig Neues, am Ende schlicht doch dogmatisch und interventionistisch, nur intelligenter als die grünen Orthodoxen.

Tomas Poth | Fr., 7. Oktober 2022 - 20:01

Interessanter Beitrag.
Leider darauf basierend auf den sogenannten Klimaschutz oder eines klimaneutralen Wirtschaftens in Deutschland oder der EU.
Damit wird das "Klima" aber nicht "gerettet", weil der Rest der Welt diesen Weg nicht gehen wird, solange die fossilen Energieträger außerhalb unserer Wirtschaftszone weltweit einfach günstiger Energie bereitstellen und uns damit Arbeitsplätze wegnehmen.
Wachstum mit Erneuerbaren, davon spricht die Dame, um die Welt zu retten!
Wachstum genau das ist der Hintergrund vor dem die Klimakrise auf Basis der CO2-Hypothese erfunden wurde. Aber das Wachstum in diese neuen Techniken hinein ist nur auf ganz lange Sicht CO2-mindernd. Gleichzeitig wird aber ein vielfaches an anderen Ressourcen unseres Planeten verbraucht die dann auch schnell an ihr Ende gelangen.
Wenn wir glauben die gesamte Welt auf "Erneuerbare" einschwören zu können, dann sollten wir es als erstes lieber mit einer globalen Geburtenkontrolle versuchen!

Ernst-Günther Konrad | Sa., 8. Oktober 2022 - 08:34

Das hört sich alles nachvollziehbar und vernünftig an, doch wer hörte auf Sie und Ihre Kollegen, die ähnlich argumentieren? Die Ideologie grünen Denkens grenzt wissenschaftliche und Erfahrungserkenntnisse völlig aus. Die nutzen nur die "Experten", die ihnen nach dem Mund reden, ansonsten wurde jede Form der offenen und inhaltlichen Diskussion doch schon vor der Ampelregierung unter der Groko also unter Merkel verhindert. Etliche grüne Politiker fabulierten ganz ungeniert von einer neuen Weltordnung und Ampelpolitiker reden von Zeitenwende, von Sonderwegen und erklärten, wenn auch utopischen Klimazielen, egal ob praktisch umsetzbar oder nicht. Machen wir uns nichts vor. Würde Habeck das tun was vernünftig erscheint, würde er die ideologische DNA beschädigen und damit seinen Untergang in der Partei und eine offene Konfrontation innerhalb der Partei riskieren. Das kann und will er nicht, denn der Märchenerzähler glaubt selbst an sich und seine Utopie. Nur die Realität kann sie stoppen.

Werner Peters | Sa., 8. Oktober 2022 - 10:32

Ihr Eintreten für das weitere Nutzen der AKW`s ist das erste sinnvolle Wort dieser Professorin, die oft viel Unsinn verzapft hat. Aber immerhin.

Hans Jürgen Wienroth | Sa., 8. Oktober 2022 - 11:02

Dieser Podcast war eine Qual für mich, fehlte mir an vielen Stellen eine Komplexität in der Betrachtung. Das fängt bei der falschen Aussage der Erneuerbaren als Klimaneutral an. Das sind sie nicht, die klimatischen Nebenwirkungen der Energieumwandlung sind vorhanden, wenn nicht sogar deutlich. Windräder bremsen die Luftbewegungen, verändern die Strömung, wodurch es phys. bedingt an Land weniger regnet und im Sommer weniger Abkühlung gibt.
Darüber hinaus fehlen mir die für eine Wirtschaftswissenschaftlerin wichtigen Quantitätsbetrachtungen. Können uns Wind und Sonne selbst bei maximalem Ausbau ausreichend mit Energie versorgen, wenn von der installierten Kapazität nur ein kleiner Teil wirkt? Gleiches gilt für die Vision vom grünen Wasserstoff. Dazu gehört auch die Einbeziehung des Transportes, z. B. von Australien. Reicht die mögliche Quantität es auch, wenn alle darauf umstellen? Wie sind die Auswirkungen auf die Ökologie durch die Wasserstoffproduktion?
Schade, nur grüne Ideologie.

Und genau deshalb lehne ich es ab, dies mir anzuhören. Was sollte anderes kommen als grüne Glaubenssätze? Neue Erkenntnisse? Die gelesenen Kommentare reichen mir völlig aus, um mir meinen Eindruck zu bestätigen.
Noch einmal, wir brauchen keinen grünen Philosophen die Energiewende zu Händeln, auch keine Professoren, die kein wesentlich anderes Rezept als „sparen“ vorzuweisen hat. Wie weltfremd ist das denn? Wer hat nicht maximal gespart, von denen die ihre Energie selbst zahlten? Außer H4 Empfängern, deren Rechnung die Kommune bezahlt? Nein wir brauchen kein gelabere, wir brauchen Naturwissenschaften, und d e r e n Forschung, Ingenieure, Techniker und gut ausgebildete Fachkräfte und das,setzt einen hohen Bildungsstand voraus. Aber selbst der wurde mit „alle in eine Schule“ + „alle möglichst Abitur“ ja schon vor Jahren begraben. Obwohl, auch auf lange Sicht vorbereitet, da die Abschaffung der deutschen Industrie das „neue“ Staatsziel der Links Grünen ist.
Mit freundlichen Grüßen aus de

Heidemarie Heim | So., 9. Oktober 2022 - 11:44

Dachte ich, nachdem meine erste Wut über den Inhalt des Gesprächs verraucht war. Wut deshalb, weil die meisten Kritiker der Energiewende und der Politik sowie das Gequatsche rauf und runter dazu in den Talkshows bisher als das, was es ist, schon lange identifiziert bzw. benannt haben. Seien es die Hinhaltetaktiken bzgl. der Nutzung Kernkraftwerke, die viel zu langsame Zuschaltung der Kohlekraftwerke, die zögerliche Entdeckelung und Freigabe von Steigerungen in den verfügbaren Biogasanlagen usw. Das Ganze gepaart mit den mittlerweile für jedermann/frau ersichtlichen Doppelmoral in Fragen warum wir kein Problem mit Atomkraft oder Fracking in unserer Nachbarschaft oder weiter weg haben, von dort importieren und unsere weiße Energieweste weiterhin fleckenlos halten, koste es das Land und die Bevölkerung was es wolle. Oder befürchtet man, dass die Klimaleugner und Kritiker der Energiewende von ganz rechts mit ihren Forderungen und "Verschwörungstheorien" nicht ganz daneben lagen? MfG

Ferdinand Schulze | So., 9. Oktober 2022 - 11:54

...sind meine Gedanken zu den Äußerungen. Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, das auch in der Wirtschaftswissenschaft physikalische und chemische Gesetzmäßigkeiten nur eine untergeordnete Rolle spielen. Klimaschutz wird als extrem wichtig erachtet, CO2-freie Kernenergie muss aber abgeschaltet werden, wie jetzt? Erneuerbare Energie - hauptsächlich Wind - muss ausgebaut werden, aber für die Situation einer Dunkelflaute ist seit Jahren keine Lösung in Sicht, wie jetzt? Warum nur geht es so schwer in die Köpfe hinein, dass Strom genau in dem Moment produziert werden muss, in dem er woanders verbraucht wird? Was mir aber außerordentlich missfällt, ist die leichthin übergangene Kriegsgefahr für Europa durch die Ukraine-Ereignisse und die Kriegstreiberei im Westen. Krieg will ich hier nicht, denn in dem Fall spielen Kernenergie oder Klimaschutz überhaupt keine Rolle mehr.