Feierlichkeiten auf dem Roten Platz
Auf dem Roten Platz wird die Annexion der von Russland besetzten Gebiete in der Ukraine gefeiert / dpa

Ukraine-Krieg - Putins Annexion und Selenskijs Antwort

Wladimir Putin annektiert nach den Scheinreferenden das von seinen Soldaten besetzte Territorium in der Ukraine. An der für Russland wenig erfreulichen Wirklichkeit auf dem Schlachtfeld ändert das wenig.

Autoreninfo

Moritz Gathmann ist Chefreporter bei Cicero. Er studierte Russistik und Geschichte in Berlin und war viele Jahre Korrespondent in Russland.

So erreichen Sie Moritz Gathmann:

Für alle mit gutem Gedächtnis ist es ein Déjà-Vu: Der gleiche Saal, fast der gleiche Putin, im Großen und Ganzen dieselben Zuschauer, derselbe pseudojuristische Akt. Sogar die Aftershow-Party auf dem Roten Platz ist dieselbe wie damals. Wladimir Putin hat gestern versucht, das zu wiederholen, was er im März 2014 mit der Annexion der Krim getan hat: mit einem handstreichartigen Anschluss neuer Territorien die Macht seines Landes unter Beweis zu stellen und der Liebe seines Volks zum großen Führer wieder Nahrung zu geben. 
 
Putin hat viel und lang geredet: über die andauernde Besatzung Deutschlands und Südkoreas, über historische Ungerechtigkeiten, darüber, dass die Russen nicht in einem Land leben wollten, in dem Vater und Mutter nur noch Elternteil 1 und Elternteil 2 heißen sollten. Über die Gründe, warum Russland nun neue Territorien annektieren muss, hat er praktisch nicht geredet.
 
Sehr viel unterscheidet den gestrigen Tag vom 18. März 2014. Damals war die Annexion der Krim praktisch ohne einen abgegebenen Schuss über die Bühne gegangen, der noch orientierungslose ukrainische Staat musste hilflos zusehen. Und selbst Menschen in Russland, die Putin eher kritisch gegenüberstanden, hießen die Annexion gut. Der Westen reagierte mit kaum spürbaren Sanktionen auf den Rechtsbruch.

Angst und Verunsicherung 

Heute dagegen ist die russische Gesellschaft nach sieben Monaten Krieg verunsichert: Aus einer im Februar begonnenen „Spezialoperation“ ist ein Krieg mit Zehntausenden Toten allein auf russischer Seite geworden, wie ihn das Land seit dem Zweiten Weltkrieg nicht gesehen hat. Hunderttausende Männer fliehen vor der „Teilmobilisierung“ aus dem Land, mit der Putin den wichtigsten (inoffiziellen) Eid seiner Regierungszeit gebrochen hat: Ihr beschäftigt euch mit eurem Privatleben und überlasst uns die Politik, dann lassen wir euch in Ruhe. Und plötzlich kommen Einberufungsbescheide in ganz normalen russischen Familien an. Wozu das führt, hat das unabhängige Meinungsforschungsinstitut Lewada in einer Umfrage herausgefunden: Fast die Hälfte der Russen verspürten Angst oder Verunsicherung, als Putin die „Teilmobilmachung“ verkündete, ein weiteres Viertel verspürte einen „Schock“, 13 Prozent Empörung, ähnlich viele Niedergeschlagenheit. Nur 23 Prozent antworteten: Stolz auf Russland. 
 
Der Westen hat als Reaktion auf Russlands Aggression Sanktionen beschlossen, die die russische Wirtschaft um Jahre zurückwerfen, auch wenn ihre Wirkung für den normalen russischen Rentner noch nicht zu spüren ist. Russland ist zum internationalen Paria geworden, China und Indien, selbst der lange Zeit enge Verbündete Kasachstan, halten kritische Distanz zu Putin, um nicht mit in den Strudel gezogen zu werden.

Cicero Plus weiterlesen

  • Monatsabo
    0,00 €
    Das Abo kann jederzeit mit einer Frist von 7 Tagen zum Ende des Bezugzeitraums gekündigt werden. Der erste Monat ist gratis, danach 9,80€/Monat. Service und FAQs
    Alle Artikel und das E-Paper lesen
    • 4 Wochen gratis
    • danach 9,80 €
    • E-Paper, App
    • alle Plus-Inhalte
    • mtl. kündbar

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.

Maria Arenz | Sa., 1. Oktober 2022 - 11:47

Offenbar hat der Held vom großen Tisch vergessen, wie sich eine blutige Nase anfühlt. Und das ganze jetzt zur Abwechslung direkt an der Haustür. Wenn es für dei unmittelbar betroffenen Menschen nicht so schrecklich wäre, möchte man ihm direkt "viel Vergnügen" wünschen.

Bernd Windisch | Sa., 1. Oktober 2022 - 12:19

Selenskijs Verlautbarungen auch mal Fakten aus unabhängigen Quellen zu referieren?

zu benennen, wen Sie mit unabhängigen Quellen und was mit Fakten meinen?

Einfach irgendwas mit einem entsprechenden Beigeschmack in die Meinungsarena zu werfen, ist plump.

Sie dürfen ruhig etwas deutlicher werden. Geheimniskrämerei haben SIE doch nicht nötig, oder?

Damit auch andere beurteilen können, wie "verlässlich" Ihre Informationen sind.

wie "verlässlich" Ihre Informationen sind.

Nun ich würde ihnen die Nachdenkseiten empfehlen, ...nur um mal auch eine andere Position kennenzulernen.
Wobei sie sich ständig-wachsender Beliebtheit erfreuen.

"Rekordbesuch bei den NachDenkSeiten".Gestern, am 29. September, haben weit über 500.000 Menschen die NachDenkSeiten besucht. Das ist ein neuer Rekord und das freut uns natürlich.
Mich auch!

"Dich selbst klein zu halten, dient nicht der Welt." (Nelson Mandela *1918 †2013 wikipedia)

oder (einer meiner Lieblinge)

"Ich fühle mich nicht zu dem Glauben verpflichtet, dass derselbe Gott, der uns mit Sinnen, Vernunft und Verstand ausgestattet hat, von uns verlangt, dieselben nicht zu benutzen."

Politiker und Rechtsanwalt

die Rede war von "neutralen" Quellen.

Also nicht von den Nachdenkseiten. Deren Hinweis auf die 500.000 Klicks ja ein schönes Stückchen Eigenwerbung war, die natürlich keiner überprüft hat. Damit will man wohl eine gewisse Bedeutung "suggerieren", die die "Seiten" tatsächlich jedoch höchsten in gewissen, politisch eindeutigen Kreisen besitzen. Und das, obwohl da ein ehemaliger Sozi zu den Gründen gehört! Aber muss muss sich nur mal über die jetzigen Schreiber informieren...reicht schon.

Neutral sind die so wenig wie die von Ihnen so gerne zitierten E.P. Times. Verlässlich liest dort höchstens der Verfassungsschutz regelmäßig mit.

Und das nicht grundlos.

Daran ändern auch Ihre hübschen Zitate wenig.

ich weiß nicht welche zwielichtigen Foren sie mir da empfehlen möchten.

Mindeststandards:

"Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse."

"Angaben zum Verlauf des Krieges oder zu Opferzahlen durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Seite können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden."

Zitat Moritz Gathmann: Im Gebiet Donezk haben ukrainische Einheiten OFFENBAR tausende russischer Soldaten in der Stadt Lyman eingeschlossen. Von dort will die Ukraine ihre Offensive in östlicher Richtung fortsetzen.

Of·fen·bar Adverb allem Anschein nach; wie man annehmen muss.

Welche Fakten und Quellen meinen die Herren?

Spekulationen von interessierter Seite(beide Seiten) über den Kriegsverlauf schießen überall ins Kraut. Da muss man nicht noch den Cicero hernehmen.

Magazin für politische Kultur - nicht Propaganda.

Das wäre guter Journalismus. Wenn ich Selenskyjs Meinung hören will, dann kann ich auch irgendein beliebiges Mainstreammedium anmachen.

Ingo Frank | Sa., 1. Oktober 2022 - 15:10

die von Russland beanspruchten und nun per „Abstimmung“ zu Russland gehörenden Gebiete angreift. Dabei wird es für Russland relativ unwichtig sein, ob die Referenden international anerkannt werden oder nicht. Wird es dann als Angriff auf Russland gewertet werden, und die die Ukraine aufrüsten als Kriegsteilnehmer seitens Russlands angesehen?
Der Westen und insbesondere Deutschland sollte sich hüten sich von einem Schauspieler in den III. Weltkrieg ziehen zu lassen. (Ein Anstreicher reicht völlig!) Es grenzt ja schon fast an ein Wunder, das die deutsche Politikprominenz inkl. Chef der NATO sich „zurückhaltend“ zum schnellen NATO- Beitritt der Ukraine geäußert haben, inkl. der Schnattergans, die ja gern mit ihrem Mund vorprescht, und noch gern den letzten Rest an diplomatischem Porzellan, zwischen Russland & Buntland, zu zerdeppern versucht.
Mit freundlichen Grüßen aus der Erfurter Republik

Dr.Andreas Oltmann | So., 2. Oktober 2022 - 00:20

Es regt sich in mir WiDerspruch, Herr Gathmann: erst war alles so wie 2014, dann unterscheidet sich dieser Tag in sehr viel. Wie andere westliche Medien reden Sie auch unpräzise von Zehntausenden Toten und Hunderttausenden , die fliehen. Sie, als guter Kenner des Landes, könnten es etwas präzisieren, ebenso was die Wirkungen oder Unwirksamkeit der westlichen Sanktionen betrifft. Das immerhin 23% stolz auf Russland sind, dürfte in unserer überlegenen westlichen Demokratie wohl nicht geäußert werden. Dass die Sanktionen gegen Russland noch nicht, aber wohl bald wirken, Putin weltpolitisch isoliert sei, hört sich nach Wunschdenken an. Oder Tunnelblick. Die riesigen Ressourcen an Rohstoffen und Menschen darf man nicht vergessen. Und immer wieder pralle ich gegen die unverschämten Äußerungen, die Arroganz und Überheblichkeit eines Selenskij, der nicht einmal die einfachsten Regeln einhält. Und sich für so hypertroph hält, dass er die Welt massregeln zu können beliebt.

Maximilian Müller | Mo., 3. Oktober 2022 - 06:28

..oder nennen wir das einfach so? Rethorische Frage. Wir haben schon über Scheinreferenda gesprochen, da waren sie noch nicht mal von Russland geplant.

Im Südosten der Ukraine leben hauptsächlich Russen. Im Verhältnis etwa 60% der dortigen Gesamtbevölkerung zu 25% Ukrainern. Vor dem Krieg. Jetzt wahrscheinlich 99% Russen. Ja braucht es kein Scheinreferendum.

Ein Referendum pauschal als Scheinreferendum zu bezeichnen, nur weil es russisch ist, ist ein Manipulationsversuch. Weithin auch als Propaganda bekannt. Es ist der Versuch der Delegitimierung des Gegners.

Was, wenn die Bevölkerung der Ostukraine wirklich russisch sein möchte? Was, wenn Selenskyj, wie ich gelesen habe, tatsächlich gegen die russische Minderheit im eigenen Land arbeitet. Auch dieses Szenario delegitimiert man im Westen, weil die eigenen Sanktionen und militärischen Hilfen sonst zum Verbrechen würde. Man MUSS die Referenda also als Scheinreferenda bezeichnen. Mal drüber nachdenken

Jochen Rollwagen | Mo., 3. Oktober 2022 - 09:35

Putin scheitert auf dem Schlachtfeld.

Putin "annektiert" ein Gebiet von der Größe Großbritanniens.

Freunde, Euch fällt gar nix mehr auf.