Utz Claassen
„Die Energieversorgung ist das zentrale Nervensystem in einer hochentwickelten Volkswirtschaft“: Utz Claassen

Ex-EnBW-Chef Utz Claassen über Energieknappheit und Habecks „Einsatzreserve“ - „Nahezu unvorstellbar und außerhalb der Logik“

Der frühere Energie-Manager Utz Claassen kritisiert die aktuelle Energiepolitik der Ampel-Regierung aufs Schärfste und hält das Festhalten an der Abschaltung der drei verbliebenen Kernkraftwerke für einen ideologisch motivierten Irrweg der Grünen. Im Interview spricht Claassen über Robert Habecks „Einsatzreserve“, den Widerspruch zwischen Klimaschutz und Atomausstieg – und über die Gefahren möglicher Blackouts.

Alexander Marguier

Autoreninfo

Alexander Marguier ist Chefredakteur von Cicero.

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Utz Claassen, 59, war von 2003 bis 2007 Vorstandsvorsitzender des Energieversorgers Energie Baden-Württemberg (EnBW) und ist aktuell CEO der Syntellix AG.

Herr Claassen, wir haben vor zwei Wochen miteinander gesprochen, und damals war unklar, wie es mit den drei noch im Betrieb befindlichen deutschen Kernkraftwerken weitergeht. Im Interview sagten Sie wörtlich: „Wie man in dieser Situation allen Ernstes eine Abschaltung der letzten deutschen Atomkraftwerke auch nur in Erwägung ziehen kann, das entzieht sich dem Verständnis jedes auch nur halbwegs sachkundigen neutralen Beobachters.“ Jetzt hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck klar gemacht: Das niedersächsische AKW Emsland geht vom Netz, zwei süddeutsche AKWs sollen als „Einsatzreserve“ vorgehalten werden. Was halten Sie von dieser Lösung?

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Hans Jürgen Wienroth | Fr., 9. September 2022 - 13:43

Es ist Fakt, dass bei der Abschaltung eines AKW (auch Reserve!) noch sehr viel Strom zur Kühlung erforderlich ist, wie man aus den Medien zu den Sorgen über Saporischschja weiß. Haben wir auch dafür noch genug Strom, um einen Blackout zu vermeiden, Herr Habeck? Werden ganze Städte zur Sicherung der Kühlung abgeschaltet?
Ist nicht der Anstieg von Gasverstromung auf die volatilen, angebl. erneuerbaren Energien zurückzuführen, weil wir Atomenergie nicht mehr wollten und Kohle zu langsam ist? Was wäre da mit noch mehr Erneuerbaren besser geworden? Ist nicht das Gegenteil der Fall?
Energieminister Lies hat einen „landesspezifischen Strompreis“ ins Gespräch gebracht, weil Niedersachsen so viel günstige Windenergie hat und keine Fernleitungen braucht. In Bayern (und BW) wäre das Gegenteil der Fall. Will die SPD damit vom Sozialstaat BRD zu neuen „Fürstentümern" oder ist das, wie die „Reserve“ für die Grünen, nur Wahlkampf?

Hans Meiser | Fr., 9. September 2022 - 14:06

ändert sich das Wetter - oder auch nicht.
Also ich bin nach diesem Artikel so schlau wie zuvor - denn so wirklich eine Aussage hat der Herr Claassen ja leider nicht gemacht …

Heidemarie Heim | Fr., 9. September 2022 - 15:09

Sattelt die Hühner, wir reiten nach Texas!
Hühner? Welche Hühner? Wir reiten weiter auf der ideologisch geschärften Öko-Rasierklinge.
Man muss doch kein Atomphysiker, Wirtschaftswissenschaftler, Politiker oder CEO sein, um die Frage aller Fragen zu stellen. Die wir uns zwar schon lange vorher, aber spätestens seit dem Ukrainekrieg und dem einmalig in der Geschichte der Handelsbeziehung zu Russland bestehenden Umstandes eines "Tröpfel"- bzw.-Lieferstopps stellen. Wie stellen wir die Energiesicherheit und eine Energiewende sicher, die laut ursprünglicher Planung darauf beruhte, dass bis genügend Wind,-Solar-Speicherkapazitäten usw. ausgebaut wären vorhandene oder sogar neue Gaskraftwerke den jetzigen sowie künftigen Energiehunger unseres Staates stillen werden. Entweder bin ich persönlich zu begriffsstutzig ob dieser Tatumstände;) oder werden wir ohne Abkürzung mal wieder hinter irgend eine Fichte geführt? Fragen kostet ja nichts, oder?
Danke für diesen sehr aufschlussreichen Beitrag! FG

Ernst-Günther Konrad | Fr., 9. September 2022 - 15:19

Das Interview gibt für mich nichts her. Ich lese beim Focus einen Artikel, der den Widerspruch von Habecks Aussage und den der techn. Machbarkeit zum Inhalt hat. Habeck behauptet, es ginge alles so, wie er es will. Der Chef von Preußen Elektra sagt, das geht technisch eben nicht so einfach, wie Habeck das will und behauptet. Mir sagt allein der gesunde Menschenverstand, dass ein AKW nicht mit einem Schalter ein- und ausgeschaltet werden kann. Zudem muss ein solcher Streckbetrieb auch wirtschaftlich zu rechnen sein. Und vor allem, was passiert nach dem Streckbetrieb? Die AKW's zu benutzen, als seien sie Reservespieler wie beim Fußball, die auf ihren Einsatz warten ist geradezu abstrus. Jedenfalls wollen die AKW-Betreiber das so nicht mitmachen. Und jetzt Herr Habeck? Nicht nur, dass Habeck völlig überfordert ist und keine Ahnung hat, er lügt auch die Menschen an und wiegt sie in falscher Sicherheit. Und am Ende waren es die anderen, wenn es schief geht.

ingo Frank | Fr., 9. September 2022 - 16:14

ist nicht in Sicht….. Auch dieser Artikel bietet diesbezüglich wenig bis nichts an.
Anders dagegen gestern Abend bei Lanz. Ulrike Herrmann taz hat die Katze aus dem Links Grünen Sack gelassen: Alternative grüne Energie schafft es nicht den Energiebedarf zu decken. Soviel zur Erkenntnis. Aber die Schlussfolgerung spricht Bände in dem quasi die Wirtschaftsleistung zu halbieren ist ebenso unser Wohlstand. Das ist genau das, was die Grünen Jünger versuchen unters Volk zu bringen.
Aber auf einen Fakt ging Frau Herrmann n i c h t
ein, wer soll dann die Grün Linken Wohltaten bezahlen? Ach doch, das Anwerfen der Geldpresse hat ja nichts mit Inflation zu tun.
Ich war nur noch fassungslos und ich habe richtig Angst um meine Kinder & Enkelkinder und vor deren Zukunft + Existenz.
Mit freundlichen Grüßen aus der Erfurter Republik

Die Fassungslosigkeit teile ich mit Ihnen, Herr Frank. Dieser Gefühlszustand setzte bei mir schon nach 10 Minuten ein, nachdem ich zufällig bei dieser Sendung gelandet war. Wer hatte diesen "Irren" Freigang gewährt? Die Gäste:
Eine Umweltministerin, die ihre Kernkompetenzen als Zoowärterin erwarb u. später um Zustellkompetenzen aus dem deutschen Postwesen(=Briefträgerin) erweiterte, Steffi Lemke.
Daneben eine Sprechmaschine, die ohne zu atmen in 60 Sekunden gefühlt 5000 Sätze produzierte, deren Inhalte nicht überprüfbar waren, weil manisch u. wirr vorgetragen. Im übrigen blieben Zweifel, weil sie lediglich Journalisten ist, dabei aber Kernkompetenzen zu Atomphysik, Energietechnik, Umweltschutz, sämtlichen Wissenschaftszweigen zu haben vorgab, u. dazu den kompletten Rest der Menschheitsgeschichte auswendig kannte!?
Und Frank Thelen, der über Innovationen u. Erfindungen schwadronierte, selbstredend aus seinem Geschäftsfeld, die wirrer anmuteten als Doc Brown aus "Zurück in die Zukunft".

Mit meinem Opel Kadett war ich, bis auf die Liegesitz-Funktion, vollauf zufrieden. Die Vorhersagen des Club of Rome waren in aller Munde, jedenfalls an den Unis, wo man auch mit zwei Gesclechtern zufrieden und genügend beschäftigt war.

Jedenfalls sprach und stritt man noch ohne elektronische Hilfe miteinander. Die DDR hatte noch Ewigkeitscharakter. Computer gab es nur als riesige Schränke. Wie dem auch sei, es war nicht alles schlecht.

Mmmmmmm gerade im letzten Studienjahr und den Hauptprüfungen und der Diplomarbeit beschäftigt. Die DDR hatte noch Ewigkeitscharakter. Das stimmt.
Und mir hatte mein Vater einen Taschenrechner von einem Kollegen der nach dem Westen fuhr mitbringen lassen und ein Nylon- Hemd sprang auch noch ab. Vater hat mir nie „gestanden“ vieviel Ostmark er berappt hat. Und das schlimmste, den Rechner konnte ich bei keinen meiner Prüfungen benutzen wegen des Gleichheistsgrundsatzes. Mit dem Rechenschieber ging’s halt auch.
Mit freundlichen Gruß aus der Erfurter Republik

Beam me up Scotty! Auch ich blieb noch halbwegs wach weil ich dachte, das könnte interessant werden lieber Herr Frank;). Gewöhnlich geht mir der insistierende Stil des Herrn Lanz auf den Zeiger, aber gestern schien er mir den Umständen geschuldet irgendwie angebracht. So wie mir überhaupt bei diesen Talks jüngerer Zeit aufgefallen ist, dass seine Kolleginnen sich plötzlich und unerwartet auf` s Nachhaken, Unterbrechen von Tiraden bzgl. nicht gestellter Fragen ihrer vorher zumeist viel pfleglicher behandelten Gäste verstehen. Ein Indiz dafür, das die Hütte wirklich brennt und Schluss ist mit lauschigem Geplauder auf betont harmlosen Niveau? Aber zurück zum Thema. 1978 lebte ich in "wilder Ehe" mit meinem `79 wegen der Steuervorteile;) angeheirateten bis heute existenten Ehegatten in genau dem von Frau Herrmann angedachten 40 Quadrat-Appartement. Uns gelang der Start in` s gemeinsame Leben, man erlangte einen kleinen Wohlstand, den Rest, Halbierung? erledigen nun EZB & Energiekartell;)LG

Sabine Lehmann | Fr., 9. September 2022 - 16:33

Hey Leute, ist alles nicht so schlimm. Unsere investigativen und durchaus klugen Medien haben das Worst-Case-Szenario schon mal für uns "durchdacht" die letzten Tagen u. relativiert was das Zeug (bzw. die fehlende Energie u. Kohle) hergibt.
Nachdem ich angesichts eines Radiobeitrags des WDR über die durchaus nicht unangenehme Privatinsolvenz mit einem Biss ins Lenkrad quittieren musste, fiel ich gestern vor Wut vom Sofa, als derselbe Sender -andere Koryphäe- einen ausführlichen Beitrag über die beachtenswerten Vorteile von Funktionsunterwäsche brachte. Als Intro fand man einen offenbar dem Wahnsinn anheim gefallenen Wissenschaftler, der nicht nur dieses wärmende Accessoire empfahl. Nein, er schlug vor, das sei "sinnvoller" als Häuser zu dämmen und heizen. Übermüdet schleppte ich mich zum Küchenkalender, um mich zu überzeugen, dass NICHT der 01.April ist. Danach ging ich in den Keller, stellte die ÖL(!)-Heizung auf 22 Grad, genehmigte mir einen Likör und ging ohne Unterwäsche ins Bett.

Wir müssen das wieder nicht falsch verstehen: das ist Satire!
Der WDR-Chef Tom Buhrow kennt sich das aus. Schon bei dem pädagogisch wertvollen Lied eines WDR-Komikers "Meine Oma ist ´ne alte Umweltsau", gesungen vom WDR-Kinderchor, wurde vom Boss klargestellt, dass es sich um Satire handelt ... !

Sie haben sehr klug gehandelt und davor richtige Entscheidungen getroffen. Nach 77 Jahren ohne Krieg, brauchen wir eine "kleine" Katastrophe als postideologische Folge, um wieder zu erkennen, wie es ist, wenn es wirklich schlimm wird.
Können Sie sich vorstellen die hüpfende Jugend, derer Handy Akkus leer sind? Und die E-Autos, die auf der Brenner Autobahn ohne Strom stehen bleiben? Wird die elektrische Bremse auch dann funktionieren?
?

Lassen wir uns fürs WE richtig entspannen... ?

Günter Johannsen | Fr., 9. September 2022 - 17:14

„Wie man in dieser Situation allen Ernstes eine Abschaltung der letzten deutschen Atomkraftwerke auch nur in Erwägung ziehen kann, das entzieht sich dem Verständnis jedes ... Beobachters.“
Ja, hier zeigen es die Grünen dem erstaunten Bürger: Ideologie hat bei uns "Weltverbesserern" Vorrang, denn: "Im Mittelpunkt steht der Mensch, nicht der Einzelne!" (Reiner Kunze)

Sabine Lehmann | Fr., 9. September 2022 - 19:09

Antwort auf von Günter Johannsen

Genau. Der Mensch an sich ist gut, nur die Leut´ san schlecht;-)
Wenn´s halt nur nich´ so viele von dene Leut´ gäb......

Gabriele Bondzio | Fr., 9. September 2022 - 19:09

das zentrale Nervensystem in einer hochentwickelten Volkswirtschaft – ..."

Kann ich nachvollziehen, was aber scheinbar nicht in der Vorgängerregierung eine Rolle gespielt und unseren Wirtschaftsminister Habeck auch nicht zu stören scheint.

Wie ist es überhaupt möglich Atomkraftwerke in Reserve zu halten.
Dachte immer, die brauchen ihre Zeit zum hochfahren.
Fündig wurde ich bei Zeit-online: "Wenn man den Brennstoff komplett aus dem Reaktordruckbehälter entfernt und ins Lagerbecken überführt, braucht man ungefähr zwei Wochen, um die Anlage wieder auf Leistung zu bringen", sagt Jansen. Schneller ginge es, wenn die Uranstäbe gleich im Kern blieben. Man bräuchte dann nur zwei bis drei Tage."

Demnach ist da nichts mit Blitzeinsatz, wenn es eng wir.

"In Ohnmacht unterlassen das Nothwend'ge,
Heißt eine Vollmacht zeichnen der Gefahr."
-William Shakespeare

Wolfgang Schneider | Fr., 9. September 2022 - 21:11

Es ist fast schon wieder erheiternd, wenn in diesem Interview das Problem der Abschaltung bzw. Weiterbetrieb der restlichen AKW faktenbewehrt diskutiert wird! Es interessiert die Grünen nicht im Mindesten. Die Abschaltung ist der Mittelpunkt des grünen Glaubensbekenntnisses. Die Abschaltung wird durchgezogen, koste es das deutsche Volk, was es wolle.

Fritz Elvers | Mo., 12. September 2022 - 21:26

Antwort auf von Wolfgang Schneider

Habeck wollte eine salomonische Lösung finden, Abschalten für die grüne Gemeinde, aber nicht ganz, falls es dann doch nicht mehr reicht. Für die Steffi, die eigentlich, unfaßbarer Weise, dafür zuständig ist, klang das plausibel genug. Man kann ihnen beim Denken zusehen.

Bis dieses Vorhaben zuständige Ingenieure erreichte und helles Entsetzen auslöste. Nein, ein Kernkraftwerk funktioniert nicht wie eine Spielmaus.

Christoph Kuhlmann | So., 11. September 2022 - 11:43

in der Lage sein den Ausstieg aus der Kernenergie nennenswert zu verschieben, indem sie die drei produktiven AKWs mit mehrjährigen Laufzeiten ausstatten. Zudem könnte man noch drei weitere wieder in Betrieb nehmen und damit die Gasverstromung, die zurzeit neue Höchststände erreicht, signifikant reduzieren. Die Energie-Krise wird im Frühjahr nicht vorbei sein. Bei den geringen Waffenlieferungen wird es noch lange dauern, bis die Ukraine das abgewirtschaftete System Putin aus dem Lande vertrieben hat. Des Weiteren werden die Grünen nicht in der Lage sein, den CO₂-Handel auszusetzen, um die Industrie von dieser Abgabe zu befreien. Ich bin kein Freund der Kernenergie. Auf lange Sicht ist diese Technik sehr kostspielig. Selbst, wenn sie längst keinen Strom mehr produziert. Insbesondere habe ich nie verstanden, warum man Kraftwerke, die weite Teile eines Landes verstrahlen können, auf einem Kontinent baut, der jedes Jahrhundert mehrere große Kriege erlebt.