Jarosław Kaczyński, Chef der polnischen Regierungspartei PiS, am Donnerstag bei einer Veranstaltung in Warschau zum Gedenken an den deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939 / picture alliance

Warschaus Forderung nach Reparationen - Auf Konfrontationskurs

Die polnische Führung fordert von Deutschland 1,3 Billionen Euro an Reparationen für die Verluste im Zweiten Weltkrieg – und stößt damit erwartungsgemäß auf Ablehnung in Berlin. Wer den jüngsten Vorstoß der PiS-Partei verstehen will, muss nicht nur historische Hintergründe kennen, sondern auch die aktuelle politische Situation in Polen. Datum und Ort der Auftritte von PiS-Chef Jarosław Kaczyński und Premierminister Mateusz Morawiecki waren jedenfalls nicht zufällig gewählt.

Autoreninfo

Thomas Urban ist Journalist und Sachbuchautor. Er war Korrespondent in Warschau, Moskau und Kiew. Zuletzt von ihm erschienen: „Lexikon für Putin-Versteher“.

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Die Antwort aus Berlin auf die Forderungen der polnischen Führung nach Reparationen für die Verluste im Zweiten Weltkrieg kam nicht überraschend: Die Bundesregierung beharrt auf ihren Standpunkt, dass das Thema rechtlich abgeschlossen sei. Jarosław Kaczyński, Chef der Regierungspartei PiS, und Premierminister Mateusz Morawiecki hatten am Donnerstag den Bericht einer Parlamentskommission vorgestellt, in dem die Zahl der polnischen Kriegstoten mit 5,2 Millionen angegeben und das Gesamtvolumen der materiellen Schäden, darunter der unwiederbringliche Verlust von Kulturgütern, auf 1,3 Billionen Euro veranschlagt wird.

Datum und Ort ihrer Auftritte waren nicht zufällig gewählt: Am 1. September jährte sich zum 83. Mal der Angriff der Wehrmacht auf Polen, das Warschauer Königsschloss wurde 1944 nach der Niederschlagung des Aufstandes der Untergrundarmee AK von Pionieren der Wehrmacht gesprengt. Diese hatten damals die gesamte Warschauer Innenstadt mit ihren Kirchen, Palästen, Theatern, Museen, Bibliotheken und Hochschulen systematisch zerstört.

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Alexander Brand | Fr., 2. September 2022 - 11:32

merkt, daß es seinem Land auf Grund der aktuellen Lage aber auch wegen der schlechten Politik der PiS nicht gut geht und kramt deswegen die alte Forderung nach Reparationen aus der Mottenkiste!

Das mag populistisch in Polen ein kleiner Erfolg sein, mehr aber auch nicht.

1,3 Billionen Euro will er haben der kleine Mann, das bricht Deutschland das Genick, ob er wohl versteht, daß ohne die noch sprudelnden deutschen Geldquellen die EU und damit auch Polen am Ende sind? Vermutlich nicht. Und wer kommt dann als nächstes? Ganz sicher der freche Schauspieler aus der Ukraine, auch die Griechen, was ist mit Spanien, Italien und Portugal und halb Afrika?

Es längst überfällig, daß sich die deutsche Politik klar dazu äußert, daß der Krieg jetzt seit 77 Jahren vorbei ist, es keine überlebenden Täter mehr gibt und es darum auch KEINE Zahlungen mehr geben wird – ES REICHT!

aber wie eine Bundeskanzlerin eventuell eine fast "Weltbringschuld und -erlösungsstrategie" fahren konnte, angesichts der vergleichsweise geringen Beteiligung des Deutschen Reiches an der Kolonisierung Afrikas, des Nahen Osten, Amerikas und evtl. Asiens und dabei völlig übersehen konnte, dass zunächst die wirklich durch das 3. Reich verursachten Schäden besprochen werden müßten, das bleibt vielleicht ihr Geheimnis.
Ich rege mich immer noch so auf über diese eventuelle, höflich umschrieben, Fahrlässigkeit, dass ich kaum darüber schreiben kann.
Augenmaß wird man hoffentlich niemals als eine ihrer Stärken beschreiben.
Aber ich bin Laie und lasse mich gerne korrigieren...

Die Luftflotte der Pleitegeier schwebt ein über Deutschland. Die exorbitanten Preissteigerungen für Gas werden Tausende Unternehmen in die Insolvenz treiben. Dann ist nichts mehr mit Zahlungen an die EU. Und die Forderungen von 1,3 Bio € erschaffen Empörung und Antipolnische Emotionen im Deutschen Volk. Darauf können wir im Sinne der EU gut verzichten.

Das ist populäres Gewäsch für Stimmungsmache in der Heimat. Das Thema ist längst mit den verschiedenen Verträgen zwischen Deutschland und Polen erledigt.
Wenn diese Verträge wieder aufgeschnürt werden sollen, dann gehören in solche Verhandlungen auch die Rückgabe der deutschen Gebiete auf denen Polen sich seit 45 breit gemacht, einschließlich der uns daraus entgangenen wirtschaftlichen Nutzung.
Wenn man diese Rechnung dann aufmacht zahlt Polen drauf.

Ingo Frank | Fr., 2. September 2022 - 11:34

gewählte polnische Regierung stets und ständig kritisiert, braucht man sich über das Echo nicht zu wundern. Wenn einer überhaupt die polnische Regierung kritisieren darf, sind es die Polen selber und nicht irgendwelche „die Moral gepachteten“ Bürokraten aus der EU und aus Deutschland.
Im übrigen sollten o.g. selbsternannten „Moralapostel“ auch die Kritik an Ungarn lassen, und sich besser an die eigene Nase fassen und beispielsweise gegen die Vetternwirtschaft und Korruption beim ÖRR vorgehen. Immer schön daran denken, mit dem einen Finger der Hand der auf andere zeigt, zeigen 4 Finger auf einen selbst.
Mit freundlichen Gruß aus der Erfurter Republik

"Wenn der „deutsche Lehrmeister“ eine frei gewählte polnische Regierung stets und ständig kritisiert, braucht man sich über das Echo nicht zu wundern."
Trotzdem finde ich eine Forderung von 1,3 Billionen € sehr übertrieben.
Ich bin hinsichtlich der Thematik dieser Reparation ein Unwissender. Aber man sollte doch die Kuh, welche man weiterhin melken will, am Leben lassen!
Die Polen sind mir sehr sympathisch (meine Schwägerin ist Polin), aber der Herr Kaczynski hat wohl ein Problem mit dem Wiedergewähltwerden? Hier sollte man aber Privates heraushalten!

Christa Wallau | Fr., 2. September 2022 - 11:50

Wieder einmal wird besondere "moralische Verantwortung" Deutschlands von einem anderen Staat herangezogen, um Forderungen zu stellen. Das dürfte niemals ein Ende nehmen, weil wir Deutschen selbst uns nicht längst freigesprochen haben von diesem (eindeutig immer nur für Erpressungen eingesetzten) Argument.
Moralische Verantwortung hat j e d e r Staat. Dazu gehört unter anderem, daß er mit gleichen moralischen Maßstäben mißt und sich nicht über die Opfer anderer hinwegsetzt, indem er nur seine Verluste geltend macht.

Fast 80 Jahre nach Kriegsende und nach allem, was Polen von Deutschland bereits erhalten hat,
gibt es für Polen keinen nachvollziehbaren Grund, weitere Forderungen zu stellen.
Wenn die PiS damit Stimmen fangen will, soll sie das tun. Aber die deutsche Regierung muß der Regierung in Warschau eindeutig zu verstehen geben, daß sie ihre absurden Forderungen als unfreundlichen Akt ansieht und keineswegs gewillt ist, darüber überhaupt zu reden.

Martin Falter | Fr., 2. September 2022 - 12:01

Man könnte über die Entschädigungen reden, wenn Polen die ehemals deutschen Gebiete wieder zurück gibt. Ah das wollen sich nicht ja dann.....

Wollen wir wirklich nach 80 Jahren und bei neuen Herausforderungen in diesen Tagen, alte längst geklärt Rechnungwieder auf machen?.

Wie war das noch mal im 30 jährigen Krieg mit den Verwüstungen auf deutschem Gebieten.

Vielleicht ht sollte da Schweden, Österreich und Tschechien auch Rech ubgeb bekommen.

Gunther Freiherr von Künsberg | Sa., 3. September 2022 - 14:16

Antwort auf von Martin Falter

Herr Falter, sie haben völlig recht.
Vorschlag zur Güte: für die Schäden aus dem 30-jährigen Krieg werden Schadensersatzforderungen gegen den Vatikan geltend gemacht.
über Schadensersatzforderungen der Polen wird nach Rückgabe der Gebiete Schlesien, Pommern, Ostpreußen etc. verhandelt.
Der Demokrat Putin ist garantiert auch bereit die von Diktator Stalin von Polen annektierten Gebiete zurückzugeben, wenn er dafür Gebiete aus der Ukraine bekommt. Das bedeutet keine Waffenlieferungen mehr an die Ukraine. Das spart darüber hinaus Geld.
Politik ist eben nur eine Frage des Anstands und der Moral,was sich insbesondere in Deutschland bei der Diskussion um Winnetou beweist. Es gibt keinen Unsinn, den Politiker und andere dazu nutzen können zu diffamieren.

Albert Schultheis | So., 4. September 2022 - 17:48

Antwort auf von Martin Falter

Da drüben im Wartegau steht noch ein alter Bauernhof, der gehörte den Großeltern meiner Frau. Da leben heute Polen drauf. Ihr Opa wurde in den letzten Tagen '45 auf seinem Hof von Polen totgeschossen. Ihre Mutter musste mit der Oma und zwei kleinen Brüdern auf einem Pferdegespann fliehen, sie war damals 12 Jahre alt. Ich kenne viele solche Geschichten und noch viel schlimmere.

Dorothee Sehrt-Irrek | Fr., 2. September 2022 - 12:47

dass die von ihnen an Russland abgetretenen Gebiete nicht auch von denen ins Reich heimgeholt wurden?
Ich sehe aber auch, dass die Ostgebiete Deutschlands an Polen zurückgingen, mit der sehr berechtigten Ausnahme Ostpreussens, das Polen nicht eigentlich zusteht. Ob man Westpreussen finanziell auslösen kann? Aber das wäre Verhandlungsmasse für Gespräche zwischen Polen und einem souveränen Prussen.
Eine Entschädigung für Vertriebene, die man einst nach Polen holte, könnte man schon als Wiedergutmachung werten, wenn man akzeptiert, dass wahrscheinlich die Reparationsfrage noch nicht abschliessend geklärt ist.
Wie man sich auch immer einigt, man sollte miteinander reden, auch mit anderen Ostländern.
Für mich persönlich gehört die Ukraine nicht in die EU, aber Anspruch auf Reparationszahlungen hätte sie sicher?
Das wird vor einem Beitritt wohl noch zur Sprache kommen und bis dahin sollte man keinesfalls auf die notwendige Zustimmung der Bundesrepublik in diesem Zusammenhang verzichten?

Karl-Heinz Weiß | Fr., 2. September 2022 - 13:21

In der Argumentationskette fehlt nur noch der Hinweis, dass Preußen ursprünglich ein Lehen der polnischen Krone war. Der preußische Nationalismus ist untergegangen, der polnische offenbar noch nicht. Als nächster Schritt kommt hoffentlich nicht der Hinweis auf Ansprüche bezüglich der westlichen Teile der Ukraine.

Ernst-Günther Konrad | Fr., 2. September 2022 - 13:38

Warum? Sie haben das wesentliche bereits argumentiert Herr Brand, Herr Frank und Frau Wallau.
Und ja Herr Falter, wenn ich nicht immer bei allen Themen bei Ihnen bin, so aber haben Sie genau das richtige Argument gebracht, warum solche Forderungen der Polen eigentlich absurd sind. Noch heute könnten sich etliche Staaten untereinander wegen irgendwelcher Kriege verklagen. Mal hat der eine, mal der andere die Ursachen gesetzt und mal alle Beteiligten selbst. Inzwischen sind polnische Reparationsforderungen alle paar Jahre wieder so sicher, wie "Dinner for one" an Silvester. Immer wenn eine Partei in Polen innenpolitisch wackelt und Punkte sammeln will, wird wieder der vermeintliche "Joker" gezogen. Ob links oder rechts, dass ist da ganz egal. Natürlich wissen die Polen das und die heutigen Generationen lehnen es ja auch inzwischen mit 42% ab und warten wir noch ein paar Jahre, dann werden es über die Hälfte sein. Würden wir die Polen nicht ständig gängeln, würde das Thema einschlafen.

Gabriele Bondzio | Fr., 2. September 2022 - 13:47

der heutigen Deutschen."

Mit spukt im Hinterkopf der Ausdruck "heutigen Deutschen" herum.
Es waren doch die gestrigen Deutschen, welche den Krieg vom Zaune brachen.

Wobei ich las, dass sich polnische Bürger tagelang nach Kohle, vor der Kohlemine Lubelski Wegiel Bogdanka anstellen.
https://www.berliner-zeitung.de/news/ukraine-krieg-russland-wie-zu-komm…

Die 3,8 Millionen Polen(welche noch mit Kohle heizen) scheinen sich auch nicht mehr auf ihre Regierung zu verlassen. Polen verbot die russische Kohle mit sofortiger Wirkung bereits im April.

Da ist es auch naheliegend, dem Nachbarn und Freund? eine alte Kohlerechnung zukommen zu lassen.
Kann ja sein, dass die moralische Überhöhung dort, dem Anliegen geneigter ist.
Genauso eilig wie von der russischen Kohle hat sich Polen vom russischen Gas verabschiedet.

Nun ist guter Rat teuer, da die Rückversicherung eine Piplinie nach Skandinavien, ausfällt.

Thomas Hechinger | Fr., 2. September 2022 - 15:40

Die preußischen Provinzen östlich der Oder fielen Polen als Kriegsbeute zu. Das war schmerzlich für Deutschland, hat aber seine Berechtigung. Ich sehe es als gerechte Strafe für den Angriffskrieg gegen Polen und das mörderische Kriegsregime Deutschland im besetzten Generalgouvernement an. Mit der Abtretung dieser reichen Provinzen an Polen sind aber jegliche finanzielle Forderungen Polens obsolet. Was Materielles angeht, hat Deutschland ein Mehrfaches des angerichteten Schadens ausgeglichen. Was die immateriellen Schäden angeht, die zerstörten Menschenleben, die zerstörten Kulturgüter, die zerstörten Zeugnisse polnischer Geschichte, ist ein finanzieller Ausgleich sowieso nicht möglich. Das kann nur die Geschichte heilen. Da gab es schon gute Entwicklungen. Leider sind die polnischen Obsessionen hier nicht hilfreich, um es vorsichtig auszudrücken. Genauso kontraproduktiv sind aber die Versuche Deutschlands, via Brüssel Polen vorschreiben zu wollen, wie es regiert werden soll.

Gunther Freiherr von Künsberg | Fr., 2. September 2022 - 15:48

Vorschlag zur Güte:
Polen gibt die von Deutschland annektierten Gebiete wie Schlesien Pommern etc. zurück und holt sich im Osten die von Russland annektierten Gebiete zurück oder macht Enteignungsansprüche in Euro gegen Putin dafür geltend.
Unter diesen Umständen können Zahlungen an Polen geleistet werden.
Ohne Rückgabe dieser Gebiete auch keine Verhandlungen.
Unsinn kennt eben keine Grenzen.

W.D. Hohe | Fr., 2. September 2022 - 16:44

siehe u.a. Ungarn Türkei Frankreich usw usw
Letztere waren unter Chirac bis zur letzt möglichen Sekunde gegen deutsche Wiedervereinigung.
Gründe: s. Geschichtsunterricht Grundschule.
Seien diese im Einzelnen auch unbewertet dahingestellt, so sind sie doch eines der vielen Bauteile des EU LEGO`s
Entfernung eines Steines = Bruch des Ganzen.
Übrig bleiben jene mit größeren Schachteln.
Grund: EU Zusammenstöpselei logisch wie profan
"Insolvenzverwaltung" wirtschaftlichen Bankrott`s gefährdeter Länder die auch die stabilste mitgerissen hätte.
Dazu musste zwangsläufig eine neue Währung geschaffen werden. Zur Geldproduktion für unverhüllte, verbotene Staatsfinanzierungen.
Die Scheheradze: Man schiebt Geld zu Kunden der Kunden um Gäubiger/Produzenten/Politiker zu retten
s Karusell Lagarde/Leyen/Draghi usw
Alles andere würde zu einem weiteren "Schwarzen bis Schwärzesten" Börsentag führen, geführt haben.
Zwangsläufigkeiten
Mitwisser & Mittäter
Folge: Von Erpressung zu Erpressung

Albert Schultheis | So., 4. September 2022 - 17:39

Jetzt haben wir die Polen dabei unterstützt, dass sie Teil der EU werden konnten und schon machen sie uns alte Rechnungen aus dem vergangenen Jahrtausend auf! Die einzigen, die Deutschland nicht erpresst haben, sind die Russen. Im Gegenteil, sie haben uns die offene Hand hingestreckt. Aber es kann der Beste nicht ... wenn es dem ...! Deutschland ist umzingelt in der EU und der NATO von ziemlich besten Freunden, die uns auf die Schulter klopfen, wenn wir zahlen, ihnen die Zugelaufenen abnehmen und für sie im Winter frieren und für das Klima unsere Industrie schreddern. Natürlich wird Deutschland am Ende zahlen, so wie wir die Istaelis bezahlen, die doch eigentlich von den Palästinensern angegriffen worden sind! Oder verwechsle ich da was? Klar, dass wir mit den Russen verfeindeten sind, sonst wären die Reparationsforderungen ja noch höher. Ich hab kein Bock mehr auf Musterschüler spielen. Ich will endlich auch mal wild und gemein sein!