Robert Habeck im Regierungsflieger
Robert Habeck im Regierungsflieger Richtung Kanada - ohne Maske / dpa

Politiker und Maskenpflicht - Die Abgehobenen

Die Aufnahmen der maskenlosen Delegation aus der Regierungsmaschine nach Kanada legen nahe: Die Eliten in Deutschland haben sich von der Lebenswirklichkeit der Bevölkerung weitgehend abgekoppelt. Während sie von den Bürgern solidarischen Verzicht einfordern, scheinen für sie eigene Regeln zu gelten. Diese Doppelmoral unterminiert das Vertrauen in unser demokratisches System.

Autoreninfo

Michael Walter ist promovierter Soziologe und beschäftigt sich unter anderem mit machtsoziologischen und ethischen Fragen.

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Ein Bild sagt mehr als tausend Worte: Die Anfang der Woche öffentlich gewordenen Aufnahmen, die Politiker, Wirtschaftsmanager und Journalisten Seite an Seite ohne Masken im Regierungsflugzeug auf dem Weg nach Kanada zeigen, haben bei vielen Menschen für Empörung gesorgt. Und zwar zu Recht.

Es spielt dabei keine Rolle, ob das Maskentragen auf der Staatsreise formaljuristisch vorgeschrieben war oder nicht. Was vielmehr zählt, sind die doppelten Standards, die die Bilder für viele Menschen sichtbar machen: Für „die da oben“ (in diesem Fall im buchstäblichen Sinne) gelten andere Regeln als für „uns“ Normalsterbliche. Denn im Linienflieger führt kein Weg an der Atemschutzmaske vorbei – PCR-Test hin oder her.

Symptomatisch für Eliten in Deutschland

Einen besonders bitteren Beigeschmack erhält der Vorfall dadurch, dass eben jene politische Klasse – im Chor mit einem Großteil der Journalisten – sich seit Ausbruch der Corona-Pandemie mit moralisierenden Solidaritätsappellen an die Bürger geradezu überbietet. Im Zuge dessen wurden und werden Maskenkritiker gerne pauschal als rücksichtslos und unsolidarisch gebrandmarkt.

Vor diesem Hintergrund nun das Privileg für sich in Anspruch zu nehmen, sich im Regierungsflieger des Mund-Nasen-Schutzes zu entledigen, wirkt nicht nur instinktlos und abgehoben. Das Missverhältnis zwischen moralischem Sprechen und faktischem Handeln stellt zudem grundsätzlich die Glaubwürdigkeit der Corona-Politik in Frage.
 

Lesen Sie in unserer Serie „Corona international“, wie anders als Deutschland der Rest der Welt inzwischen mit Covid-19 umgeht:

Was der „Regierungsflug-Affäre“ über den konkreten Fall hinaus Relevanz verleiht, ist ihr symptomatischer Charakter. Sie lässt sich sozialwissenschaftlich in ein größeres Bild einordnen. Sie steht dafür, dass die gesellschaftlichen Eliten in Deutschland zunehmend den Kontakt zur Lebenswirklichkeit der Bevölkerung verlieren, wie etwa der der Soziologe Michael Hartmann in seinem Buch „Die Abgehobenen“ aufzeigt. Dies geht, wie das jährliche Edelman Trust Barometer verdeutlicht, mit einer fundamentalen Vertrauenskrise einher. Die Mehrheit der Menschen in Deutschland spricht den Führungspersönlichkeiten aus Politik, Medien und Wirtschaft ihr Misstrauen aus.

Legitime Empörung

Die Bilder des nach der Landung erfolgenden Empfangs der Delegation in prunkvollem Ambiente mit drapierten Champagnerflaschen reihen sich übrigens nahtlos ein in diese Diagnosen. Angesichts der virulenten politischen Spar- und Verzichtsappelle an die Bevölkerung im Zuge der Energiekrise – Stichwort „Waschlappen“ – wirkt ein solches Setting instinktlos und deplatziert. Die Kommentare zu den Aufnahmen, die Tina Hassel, Leiterin des ARD-Hauptstadtstudios, auf Twitter gepostet hat, lassen dementsprechend an kritischer Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig.

Es ist zu hoffen, dass die bisweilen heftige, aber vom Grundsatz her legitime Empörung, die der privilegierten Kanada-Delegation entgegenschlägt, nicht einfach, wie so häufig, bei den im Fokus stehenden Eliten als populistischer Reflex abgetan wird. Es sollte vielmehr als Anlass zur Selbstkritik dienen. Sonst droht das Vertrauen in das demokratische System und seine Repräsentanten weiter zu erodieren. Gerade in Krisenzeiten wie diesen wäre das fatal.

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Sabine Jung | Mi., 24. August 2022 - 15:14

Wasser predigen und Wein saufen.
So ist unsere ganze Regierung, einfach nur abgehoben und realitätsfern.
Warum sollen wir uns also an die Masken im Herbst halten?

"Alle Tiere sind gleich. Aber manche sind gleicher als die anderen."
George Orwell - Farm der Tiere

E.Paul | Mi., 24. August 2022 - 15:30

Aber "Selbstkritik" halte ich für ausgeschlossen. Kritik gibt es nur im Zusammenhang mit "ungehorsamen" Bürgern. Eine Volksvertretung sind diese Politiker schon lange nicht mehr. Sie sehen sich als Eltern und das Volk als Kinder. Demonstrationen dagegen werden bereits im Vorhinein als Rechtsradikal bewertet und das Militär samt Hundertschaften steht schon bereits. Demokratie? Das ist schon lange her.

Wie bei kleinen Kindern führt die Angst Ungehorsam zu sein dazu, sich dem Unterdrücker (Abzocker) unterzuordnen. Ängste werden nicht mehr auf die Unterdrücker, sondern auf die Demonstranten für Bürgerrechte projiziert.
Bereits kleine Zugeständnisse (z.B. Aufhebung von willkürlichen Einschränkungen) werden von den Bürgern mit großer Dankbarkeit aufgenommen.

Gunther Freiherr von Künsberg | Mi., 24. August 2022 - 16:01

wie kann man sowas überhaupt zum Thema in der Presse machen? Gibt es nichts Wichtigeres?

Gerhard Lenz | Mi., 24. August 2022 - 16:05

Richtig, die Herrschaften haben sich nicht mit Ruhm bekleckert.

Und sich selbst einen Bärendienst erwiesen.

Das kann man natürlich täglich wiederholen. Zur Freude derer, die es ja schon immer wussten.

Oder auch nicht.

An den Risiken von Covid ändert das freilich nichts.

Fahrlässigkeit und Ignoranz machen eine potentiell tödliche Virusinfektion nicht weniger gefährlich.

Auch wenn einige das sicher so deuten werden...

Markus Michaelis | Mi., 24. August 2022 - 16:08

was man politisch fordert. Offensichtlich scheinen sehr viele Politiker und Journalisten für sich selber Corona eher gelassen zu sehen. Hätte man wirklich sehr große Angst um die eigene Gesundheit oder die der Großmutter, würde man sich anders verhalten.

Für mich hat das einen über den Einzelfall hinausgehenden unangenehmen Beigeschmack, weil die "politische Klasse" "mal wieder" so selbstüberzeugt ist, dass man das eigene Handeln und Leben nicht mehr mit den politischen Forderungen und umgesetzten Maßnahmen abgleicht. Das gilt nicht nur für Corona.

Früher war man sooo überzeugt den Wohlstand, das Vaterland oder sonstige Werte zu verteidigen, dass man sich sonst alles erlauben kann und die Spezl positiv zu sehen sind, weil man gemeinsam zur Verteidigung des Vaterlands beiträgt.

Heute geht es um irgendwelche andereren heiligen (wohl progressiven?) Werte, aber es hat sich wenig daran geändert, dass man von seiner Mission so überzeugt ist, dass wenig Fragen gestellt werden.

Stefan Elsen | Mi., 24. August 2022 - 16:39

Vor dem Gesetz sind alle gleich – nur manche sind vielleicht dann doch ein bisschen gleicher als andere!? ;-)

Heidemarie Heim | Mi., 24. August 2022 - 16:47

Wenn es das nur wäre werter Herr Dr. Walter! Viel schlimmer und das Vertrauen erschütternde in die Fähigkeiten der daran Beteiligten ist die steigende Wut des Normalbürgers darüber, jedenfalls meiner, für wie dämlich, unbedarft usw. diese eigenermächtigte wie sonderberechtigte Spezies uns inzwischen hält. S.a. meinen Kommentar zum Artikel von Herr Gräber. Man muss eigentlich kein promovierter Soziologe, ohne Ihnen nahe treten zu wollen, sein um diese Respektlosigkeit und abgehoben sein gegenüber dem Bürger oder Wähler zu erkennen. Doch was folgt daraus? Nichts, denn
mangels Fehlerkultur, Schuldbewusstsein, Relativierungskunst oder Alternativen verkriecht sich der (noch) politisch interessierte Mensch immer weiter zurück in sein Schneckenhaus. Hoffen wir, dass aus dem bisher üblichen Politikverdruss nicht mehr wird! Denn ein Blick in andere Länder außerhalb des eigenen Nabels dürfte auch den resistentesten, sich selbst für unantastbar haltenden Warnung genug sein. MfG

Fritz Elvers | Mi., 24. August 2022 - 17:00

weil die Gasquellen an der Ostküste liegen. Eine Fahrt nach Borkum wäre sinnvoller gewesen. Zumal es inzwischen umweltverträglichere Fracking-Methoden gibt. Kanadische Firmen könnten sie erschließen. ohne Verflüssigung.

Georg Kammer | Mi., 24. August 2022 - 17:10

Bei solchen Bildern und den Machenschaften der Ampel, braucht die AfD keine Wahlplakate mehr aufhängen.
Geld gespart für den wichtigen Kampf gegen links - grün.
Auch vor Eskens Schlägertrupps, " Ich bin Antifa", droht keine körperliche Gefahr mehr.
Freue mich schon riesig auf die Bundestagsdebatten und die Wahl in Niedersachsen.
Afd, bei 7 Prozent, Jeder Tropfen höhlt den Stein oder so.
Seit dem Krieg in der Ukraine, war kein einziger Abgeordnete der AfD in den Schmuddel - Medien zu sehen.
Hurra, sie sind immer noch da und werden es auch bleiben.

Georg Kammer | Mi., 24. August 2022 - 18:46

Danke, danke für die wunderbaren Bilder, Danke.
Da braucht die AfD, noch nicht mal mehr Wahlplakate aufhängen und hat mehr Geld, für den Kampf gegen Links.
Danke, Danke.

Sabine Lehmann | Mi., 24. August 2022 - 19:11

Dem Letzten sollte heute klar geworden sein, dass es Corona nur noch in Deutschland gibt. Abgekoppelt vom Rest der Welt grassiert hier eine Krankheit, die im Rest der Welt keine Rolle mehr spielt. Oder man hat festgestellt, dass der gemeine Deutsche einer anderen Spezies angehört als der der Homo Sapiens. Selbstverständlich sind das alles wissenschaftliche Erkenntnisse und unterliegen keinerlei politischer oder monetärer Motivation. Sonst könnte ja jemand auf die Idee kommen, mit Masken, Impfstoffen u.ä. ließe sich Geld verdienen, auch für Politiker und deren Buddies. So werden wir weiter Anlasslos schikaniert und unserer Grundrechte beraubt. Perfekt abgestimmt zwischen Legislative, Exekutive und Judikative, die Übergänge sind fließend, da passt kein Blatt mehr dazwischen. Über Artikel 20 unserer Verfassung sollte jetzt jeder mal zu Hause gründlich nachdenken und daraus die einzig logischen Schlussfolgerungen und Konsequenzen ziehen. Nicht nur wegen des Corona-Wahnsinns in Deutschland.

Georg Chiste | Mi., 24. August 2022 - 19:28

Unglaublich, selbstfabrzierte Regeln einer Politikerkaste. Die Politiker geben sich als Freunde der Bevölkerung aus und das Volk fällt darauf rein! Einige glauben sogar diese Politiker wären Helden.
An Ende hilft wohl nur der Schmerz dem Menschen seine Irrtümer zu erkennen.

Dominik Roth | Mi., 24. August 2022 - 21:06

Wasser predigen, Wein trinken. Same old, same old...

Dr.Andreas Oltmann | Mi., 24. August 2022 - 22:48

Die politische Anspannung in Deutschland nimmt zu. Ursächlich sind Fehlverhalten, Maßlosigkeit und abgehobene Überheblichkeit bei den sog. Eliten. Daraus entwickelt sich eine gereizte Stimmung, zu Recht gefördert vom Verhalten der Politiker, Journalisten u.a. im Regierungsflieger und das hochmütige Prinzip, mit zweierlei Mass messen zu können.
Wie gefährlich diese Gemengelage werden kann, hat das Schicksal von Boris Johnson gezeigt und die finnische Ministerpräsidentin erfährt nun Ähnliches.
Manchem deutschen Regierungsmitglied wünsche ich eine harte Landung auf dem Boden der Realität, die ihm in seine Verantwortung zurückholt. Oder ihn aus dieser Verantwortung entlässt.

Alexander Brand | Do., 25. August 2022 - 06:12

kommunistischen Staat der Fall, daß die "Eliten" des Staates zum einen genau das Gegenteil einer Elite im klassischen Sinne sind, sie kommen von ganz unten, haben selten bis nie Format, Bildung, Stil, Klasse, Werte, Moral. Zum anderen sind sie weit entfernt von der Lebenswirklichkeit der Mehrheit ihrer Bevölkerung?

George Orwell hat diese „Elite“ nicht umsonst so portraitiert wie er es in Animal Farm getan hat.

Die Kritik des Autors ist berechtigt, allerdings hat dieses Land nach 16 Jahren Merkel (man hat ihr den Félix-Houphouët-Boigny-Friedenspreis für ihre „Leistung“ im Jahr 2015 verliehen!) und einer linksgrünfaschistischen Regierung deutlich gravierende Probleme als eine Elite die keine ist und sich nicht an die eigenen Gesetze hält.

Wie wäre es denn mit einer echten, ehrlichen und schonungslosen Aufarbeitung der Ära Merkel inkl. ihrer Stasivergangenheit und ihrem gestörten Verhältnis zur Demokratie? Gerne als kostenpflichtiges Sonderheft.

Armin Latell | Do., 25. August 2022 - 16:20

"das Vertrauen in das demokratische System". Mag sein, dass Andere das anders sehen: ich habe jedenfalls schon seit langem das Vertrauen in diese Politikerkaste verloren. Trotzdem hielt ich schon mal den einen oder anderen für seriös und verantwortungsbewusst für dieses Land. Tatsächlich gibt es heut nicht einen einzigen, dem ich ehrlichen Charakter, Seriosität, Vertrauenswürdigkeit, Verantwortungsbewusstsein für dieses Land unterstellen würde, weder in irgendeiner Landespolitik noch in der Bundespolitik. Abzocke in großem Stil ist angesagt. Selbstdarsteller samt und sonders, unterstützt durch msm und örr Medien. Unterstützt durch die sozialistischen msm und örr Medien.

Brigitte Simon | Do., 25. August 2022 - 23:10

Soweit hätte Scholz mit seinem Strahlemann und Sonny Boy Habeck maskenfrei nicht nach Kanada in die Ferne reisen. Oder einfach Cum Ex vergessen oder vergessen lassen?
Ach Cicero, diese Kasperladen zu schreiben, was für eine Ehre für diese Hampelburschen.