Cicero im August / Illustration: Mirko Cresta

Cicero im August - Kulturkampf

Eine drohende Wirtschaftskrise, Krieg in Europa und die Sorge vorm Frieren im Winter. Und währenddessen debattiert Deutschland über Männlein und Weiblein. In der aktuellen Ausgabe von Cicero haben wir uns tiefgründig mit der Geschlechterfrage auseinandergesetzt.

Alexander Marguier

Autoreninfo

Alexander Marguier ist Chefredakteur von Cicero.

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Natürlich ist die Frage berechtigt, ob wir derzeit nicht andere Probleme haben: Deutschland befindet sich am Beginn einer Wirtschaftskrise, wie es sie in dieser Dimension seit Bestehen der Bundesrepublik nicht gegeben hat. Die Menschen sorgen sich nicht nur wegen ihrer bevorstehenden Nebenkostenabrechnung und darum, ob sie im nächsten Winter zu Hause werden frieren müssen. Sondern um ihren Wohlstand, ihre Zukunft – und die ihrer Kinder. Dennoch wird erbittert darüber gestritten, wann ein Mann ein Mann und eine Frau eine Frau ist. Und ob es überhaupt nur zwei Geschlechter gibt oder nicht auch noch irgendetwas dazwischen beziehungsweise weit darüber hinaus.

Das alles mag auf viele befremdlich wirken – ganz einfach, weil es der eigenen Lebensrealität nur selten entspricht. Aber das ist kein Argument. Was hingegen nicht einfach beiseitegeschoben werden sollte, sind Einwände naturwissenschaftlicher Art. Also etwa solche von Evolutionsbiologen, die das binäre Geschlechtermodell gegen jeden Zeitgeist als evident verteidigen. Und sich deshalb von Aktivisten als „transphob“, ewiggestrig und reaktionär beschimpfen lassen müssen. Hieß es während der Coronapandemie allenthalben noch „Follow the Science“, gilt nun: „Du bist, was du zu sein glaubst.“ Ein „Sprechakt“ (und ein Behördengang) sollen künftig ausreichen, um das Geschlecht zu wechseln.

Der autoritäre Kern 

Mein Kollege Ben Krischke ist für unsere Titelgeschichte tief in die Materie eingestiegen und hat die dunklen Nebenkriegsschauplätze in diesem „Kampf ums Geschlecht“ ohne Scheu und ohne Vorurteile ausgeleuchtet. Sein Fazit fällt eher bedrückend aus, denn die schöne neue Welt der Geschlechtervielfalt birgt in sich einen zutiefst autoritären Kern. Wenn nämlich der Staat selbst dafür sorgt, dass naturwissenschaftliche Tatsachen als solche nicht mehr benannt werden dürfen, öffnet sich damit der Weg in den Abgrund. Und es ist nur noch eine Frage der Zeit, wann Widerrede bei anderen heiklen Themen – von Klima bis „Volksgesundheit“ – sanktioniert wird.

Wir erleben gerade einen Kulturkampf, bei dem es tatsächlich um weit mehr geht als um den Sexus. Höchste Zeit, das Visier zu lüften.

 

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Markus Michaelis | Do., 28. Juli 2022 - 12:08

Ich glaube nicht, dass es zuerst um wissenschaftliche Erkenntnisse zum Geschlecht geht - es geht für die meisten um komplexe persönliche und gesellschaftliche Dinge und da sind letztlich jede Person und Gesellschaft weitgehend frei ihre Begriffe und Wahrheiten zu definieren.

Ich glaube auch nicht, dass der Geschlechtskampf eine besondere Rolle spielt, das kulminiert gerade zufällig hier. Ich nehme es so wahr, dass unsere Gesellschaft seit einiger Zeit ein zunehmendes, fundamentales und tiefes Bedürfnis nach Wahrheit, Gerechtigkeit und anderen absoluten Werten hat.

Das betrifft viele Dinge und drückt sich in einem zunehmenden Kanon von "heiligen" Begriffen aus: Menschenwürde, Menschenrechte, Grundgesetz, Demokratie, Gerechtigkeit, Europa.

Zurück tritt das demokratische Ringen um verschiedene Vorlieben, Prioritäten, Sichtweisen. Mehr in den Vordergrund tritt das absolute Eintreten für nicht verhandelbare Werte gegen nicht diskursfähige (unmenschliche) Gegner. Ein Zeitphänomen?

Romuald Veselic | Do., 28. Juli 2022 - 12:09

Geschlechter.

Die "Aktivisten" ist eine Erfindung der aggressiven NGO-s mit profaschistischen Tendenzen, supramedial unterstützt. Da ich den West-Aktivisten generell kein Wort glaube u. sie zivilisatorisch für gefährlich halte, glaube ich den "nichtwestlichen" Nichtaktivisten umso mehr.

In China u. Indien werden die west-aktivistischen "Errungenschaften" nicht akzeptiert resp. bekämpft o. als Irrweg abgelehnt. Und das ist "gut so". In diesem Fall ist mir Sino-Indische Lösung lieber, als alles, was in diesem Sinne von den misanthropischen, selbstsüchtigen West-Psychoaktivisten daher fabuliert war, ist & wird.

Gegen Rest der Welt haben diese Figuren keine Chance. West-Aktivisten sind allgemein sehr schlechte Kämpfer außerhalb ihres limitierten Biotops im Sandkastenformat. Besonders gg RUS, PRC, IND oder Friedenreligion.
99999/100000 der Weltbevölkerung lehnt diese West-Aktivisten-(Blödsinn)Thesen kategorisch ab. ?

MfG aus der autonomen Heterozone.

Tomas Poth | Do., 28. Juli 2022 - 12:56

Es ist nicht nur Kulturkampf um Geschlechtlichkeit, das ist nur ein Ablenkungsgefecht, es geht um einen von RotGrün angestrebten neuen Feudalismus.
Ihr da unten dürft als Fußgänger oder mit E-Bike weitermachen, das ist euer Glück, wir hier oben haben freie Fahrt mit E-Autos auf leeren Straßen.
Es geht zurück zu Zeiten des Adels, der Könige und Kaiser die mit Kutschen vom Zwölf-Spänner bis zum Einspänner ihren Besitz bereisten. Zeiten in denen die Gesellschaft in Kutschenfahrer und Fußgänger unterteilt waren. Das ist der geplante große Umbau.
Ihr da unten werdet von der Last des Besitzes befreit.

M. Bernstein | Do., 28. Juli 2022 - 13:02

Es gibt nur 2 biologische Geschlechter und dabei sollte es auch bleiben. Ich begrüße sehr, dass es die Möglichkeit gibt das Geschlecht mit "divers" anzugeben, da es vielfältige medizinische Phänomene gibt, die dazu führen, dass Menschen nicht eindeutig einem biologischen Geschlecht zugeordnet werden können. Ansonsten gibt es eine weite Breite von Ausprägungen von Menschen, es gibt die Frau, die wie ein General auftritt und den Mann, der sich fürsorglich um seine Familie kümmert und vieles andere mehr. Was mich erschreckt ist die Tatsache, dass heute Geschlechterklischees stärker vertreten sind als früher und wer nicht ins Schema passt, dann eben als im falschen Körper definiert wird. Außerdem habe ich bei Männern, die Frauen sein wollen noch nie andere Gründe gehört als das sie sich schminken wollen, weiblich kleiden und entsprechende Haarfrisuren möchten. Das sind aber für mich keine Gründe. Es zeigt nur, dass die Gesellschaft nach wie vor keinen Mann in Weiberkleidern akzeptiert.

Markus Michaelis | Do., 28. Juli 2022 - 13:02

Noch ein Nachtrag (wenn gestattet): zentraler als der Geschlechterkampf empfinde ich vielleicht den Begriff der "offenen Gesellschaft". Natürlich ist das erstmal etwas sehr Positives (wie Menschenwürde, Demokratie etc.). Bekommt es aber einen Absolutheitsanspruch, wird es mehr zum Kampfbegriff gegen alle Gegner, verhindert es ein Nachdenken über Widersprüche, die immer allem innewohnen (auch Dingen wie der offene Gesellschaft oder der Menschenwürde), wird es weniger gut.

Die letzten Jahre wurden positive Begriffe zu sehr zu nicht hinterfragbaren Kampfbegriffen. Mit der "offenen Gesellschaft" wird heute zu sehr verbunden, dass es Eine Menschheit mit universellen Werten gibt. Ein Nachdenken über verschiedene Menschen und Wertesysteme weicht mehr dem Kampf für universelle Werte und gegen Gegner der universellen Werte.

Natürlich kann das auch zu positiven Dingen führen - niemand kann das voraussehen. Es muss aber nicht und schön finde ich es auch nicht.

Armin Latell | Do., 28. Juli 2022 - 13:05

sondern idiotisch und vor allem: brandgefährlich für unsere (fast nicht mehr vorhandene) Demokratie. Der Fokus ist ganz klar: es geht um das Abschaffen der Familie als kleinste Einheit des (National)Staates, das Sprengen einer toleranten, homogenen demokratischen Gesellschaft. Wenn es keine Gemeinsamkeiten, keine gemeinsamen Ziele, gemeinsame Werte mehr gibt, dann gibt es eben auch keine Gesellschaft mehr, sondern nur noch Einwohner eines Gebietes-leicht zu kontrollieren und zu beherrschen. "Ihr werdet nichts besitzen und trotzdem glücklich sein" sagte der Vorgesetzte vieler westl. Regierungsmitglieder-das motiviert natürlich

ingo Frank | Do., 28. Juli 2022 - 16:24

allein beantworten. Doch schon das Bezweifeln an sich, sehe ich lediglich gesellschaftlich moralische Dekadenz und damit ist die Geschlechterfrage kein Thema für mich.
Was ich aber sehr amüsant und vor allem den oft bemühten Nagel auf den Kopf treffend finde, ist das Titelbild. Genial. Danke dem Schöpfer & danke der CICERO- Redaktion.
Mit freundlichen Grüßen aus der Erfurter Republik

Ernst-Günther Konrad | Fr., 29. Juli 2022 - 08:38

Und da mach ich nicht mit. Für mich gibt es grundsätzlich zwei Geschlechter. Punkt. Das es infolge körperliche Missbildungen zu Schwierigkeiten bei der Einordnung kommen kann, mag man im Einzelfall respektvoll mit Betroffenen definieren. Aber eine Gesellschaft aufgrund einer "Gefühlslage" komplett der biologischen Wissenschaft zu entziehen, obwohl genau die es sind, die sonst fordern, der Wissenschaft zu folgen, zeigt die Verlogenheit des ganzen Gender Gaga. Es wird endlich Zeit, diesen Schwachsinn zu beenden. Wir haben ganz andere Probleme derzeit im Land. ,

Gerhard Lenz | Fr., 29. Juli 2022 - 09:03

Die meisten Menschen haben andere Probleme.

Aber ein paar Aufreger sind bei entsprechenden Beiträgen natürlich immer garantiert.

Und erfüllen irgendwo damit auch ihren Zweck.

In was für einer Welt wir doch leben?

Menschenrechte enden dort, wo die Forderung, das eigene (dritte?) Geschlecht anzuerkennen, auftritt. Und selbstverständlich mißachtet die Forderung nach mehr Gerechtigkeit zwischen Mann und Frau völlig das Leistungsprinzip.

Wo doch der weisse Mann, besonders der alte, schon aus Prinzip mehr leistet...