Christian Lindner im Bundestag
Die Ampel steht auf gelb: Mit Klimageld, Tankrabatt, 9-Euro-Ticket und Sondervermögen türmen sich die Schulden auf, die der Finanzminister eigentlich versprach, zu vermeiden / dpa

Zweites Entlastungspaket - Vater Staat in Spendierlaune: Wohlfahrtspolitik ohne Schuldenbremse?

Der unter Rot-Grün reformierte und verschlankte Sozialstaat wird zurückgebaut zum Vollkasko-Versorgungsstaat der 1990er-Jahre. Die FDP versucht zwar zu bremsen, ist aber letztlich doch dabei, wenn der Staat so tut, als könne er all das finanziell ausgleichen, was das Leben – aus unterschiedlichsten Gründen – verteuert und erschwert.

Hugo Müller-Vogg

Autoreninfo

Dr. Hugo Müller-Vogg arbeitet als Publizist in Berlin. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher zu politischen und wirtschaftlichen Fragen, darunter einen Interviewband mit Angela Merkel. Der gebürtige Mannheimer war von 1988 bis 2001 Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

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Ja, ist denn heut schon Weihnachten? Diese Frage war selten so berechtigt wie jetzt. Kurz vor Pfingsten hat die Ampel-Koalition ein zweites Entlastungspaket und die Ausweitung der Nettoverschuldung in diesem Jahr um 40 auf 139 Milliarden Euro beschlossen. Ob es der Heilige Geist war oder der Blick auf die für die SPD nicht gerade vorteilhaften Umfrageergebnisse, dass SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich schnell nachlegte? Am Pfingstmontag verkündete er, wegen steigender Energie- und Nahrungsmittelpreise brauche „insbesondere die Mitte der Gesellschaft“ noch weitere Entlastungen. Der grüne Landwirtschaftsminister Cem Özdemir brachte es auf den Punkt: „Nach dem Entlastungspaket ist vor dem Entlastungspaket.“

Nun wird niemand abstreiten wollen, dass die seit Dezember regierende SPD/Grüne/FDP-Koalition mit ungewöhnlich vielen und schwerwiegenden Herausforderungen zu kämpfen hat: Die noch keineswegs überwundene Pandemie, die Notwendigkeit einer anderen Klimapolitik, galoppierende Energiepreise, eine seit Jahrzenten nicht mehr erlebte Inflationsrate von acht Prozent und nicht zuletzt die durch Russlands Überfall auf die Ukraine verursachten Folgen.

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Markus Michaelis | Mi., 8. Juni 2022 - 12:12

Es ergäbe doch auch wenig Sinn sich gegen den europäischen Trend für einen ausgeglichenen deutschen Haushalt einzusetzen. Entweder man hat schon die Auflösung des Euros im Blick, oder man sollte sich den allgemeinen Trends in Europa und beim Euro mehr anpassen. Natürlich wird das nicht auf Dauer gutgehen, aber daran würde auch eine abweichende deutschen Finanzpolitik wenig ändern.

Wenn Probleme irgendwann offensichtlich werden, wird man auch wieder irgendwelche neuen Regelungen finden. Vorher würde man sich ohnehin nur den Mund fusselig reden, ohne brauchbare Ergebnisse.

Karl-Heinz Weiß | Mi., 8. Juni 2022 - 12:24

Ausschließlich durch Schulden gebildete "Sondervermögen"-in der Politik sollte man unfreiwillige Komik möglichst vermeiden. Die FDP macht sich wieder mal selbst entbehrlich Das hat bisher nur Angela Merkel 2013 geschafft. Jetzt wird es dem Parteivorsitzenden höchstpersönlich gelingen.

Christa Wallau | Mi., 8. Juni 2022 - 13:28

aller Parteien, die bei diesem Geld-Verprassen mitmachen, längst s e l b e r nicht mehr daran glauben, daß dieses Schuldenspiel immer so weiter gehen kann. Sie rechnen - wie jeder vernünftige Mensch, der diese über Jahrzehnte gehende Orgie des Milliarden-Herauswerfens in Europa beobachtet hat- mit einer grundlegenden finanziellen Neu-Ordnung in der EU, d. h. im Euro-Raum.
Wie diese aussehen wird, davon hat wohl keiner bisher so recht eine Ahnung, aber sie muß und wird kommen. Die jetzige, relativ moderate Inflation ist erst der Anfang vom Ende der Prosperität auf Pump.
Wer bisher profitiert hat , dürfte - wie üblich - ungeschoren davonkommen und seinen aufgehäuften Besitz behalten, während die "kleinen Leute" sich für nichts abgemüht haben und wieder bei Null anfangen müssen.
ihre Lebens- und Rentenversicherungen werden ihnen -wenn es gut geht - vielleicht ein Zehntel dessen einbringen, was sie eigentlich erwarten durften.
"Soziale Marktwirtschaft" war einmal!

Romuald Veselic | Mi., 8. Juni 2022 - 14:04

„Sondervermögen gutes Leben“? ?

Oder: "Jedem sein Vermögen."
Schlaraffenland wird in Bundesrepublik umbenannt. ?

Was mich aber besonders "überrascht" ist das nicht Vorhanden einer finanz-wirtschaftlicher Parallele zu FfF... Dass keiner am Freitag gegen die neue Mega-Schulden hupfen geht. Denn die künftigen Sozialpädagogen, Game Artisten, Tierwohlprüfer, Audiodesigner, Drehbuchautoren und Influencer, sowie NGOs Betreiber u. Eventmanager, damit beschäftigt werden, diese Hyper-Schulden abzubauen.
Was ich jetzt schon weiß; in meinem nächsten Leben, werde ich einen Ideen Level gründen á la Start-up: "Schulden machen und dabei viel Spaß zu haben".
Mit den Schulden schläft man besser. Schuldenfrei zu sein, ist nur eine bösartige Erfindung der alten, weißen Männer. ???

PS Früher wollte ich in meinem nächsten Leben ein Hirsch sein. Dies muss ich jetzt aufgeben. ??

gabriele bondzio | Mi., 8. Juni 2022 - 14:16

Warum sich noch Gedanken machen...leben wir halt, als wenn es kein Morgen mehr geben wird.

und zitiere Ernest Hemingway:
"Das Merkwürdige an der Zukunft ist wohl die Vorstellung, dass man unsere Zeit einmal die gute alte Zeit nennen wird."

Unsere Kinder und Enkel werden noch bald genug die rosarote Brille absetzen müssen.
Die Schuldenlast erdrückt die Kinder schon heute.
siehe:
https://www.smava.de/eurozone-schulden-uhr/

Ingo Frank | Mi., 8. Juni 2022 - 14:28

Die bunten Ampelmännchen und Ampelfrauchen schmeißen das rekrutierte Steuergeld + inkl. der Neuverschuldung in ungeahnter Höhe, mit Händen & Füßen aus dem Fenster. Beim Bürger im allgemeinen bzw. auch im besonderen kommt rein gar nichts an. Benzin ist teurer als vorher, wie bei der zeitweisen Rücksetzung der MwSt. bei Corona. 9 € Tickets für Chaoten die auf Sylt Party feiern wollen. Bedingungsloses Grundeinkommen wird unter einem anderen Namen eingeführt Heizen wird unerschwinglich, &&&. Schulden sind Sondervermögen. Und die gigantische Inflation frisst die angesparte Vorsorge z.b. f.d. Pflege im Alter auf. Dazu noch die Verallgemeinerung der EU Schulden ,wo Germany dann der am meisten „Haftende“ ist.
Alles super, alles prima und immer weiter so. Aber irgendwann ist Rio, Ende Gelände, Aus und nichts geht mehr. Dann geht alles den Bach abwärts.
Mit freundlichen Gruß aus der Erfurter Republik

Rainer Mrochen | Mi., 8. Juni 2022 - 14:54

...bei einem "schuldenfreien Bundeshaushalt", will ja wohl heissen keine weitere Erhöhung, als die bestehende Schuldenlast, jemals Schulden abgebaut worden? Zu keinem Zeitpunkt, meines Erachtens nach. Das allein ist insofern bedenklich, weil das z.Bsp. privatschuldnerisch entweder zu Sklaverei oder zur Pleite führt. Denn wer ständig mehr ausgibt als er einnimmt geht irgendwann Pleite. Aber es handelt sich ja um Staatsschulden. Kann ein Staat pleite gehen? Prinzipiell nein/ja.
Betrachten wir es monetär. Was sind Schulden? Es sind Kredite, die auf für zu erbringende Arbeit, in der Zukunft, gewährt werden. Das bedeutet jedoch nichts anderes, als das die Regierenden den Einzelbürger zunehmend verschulden, davon ausgehend, daß dieser Arbeitsleistung, bei höherer Abgabenlast, erbringt. Wie lange kein so ein System gut gehen? Zumindest solange wie die EZB ihr Anleihe Kaufprogramm, zur Staatsfinanzierung, aufrecht erhält. Ein Teufelskreis der Schulden, der momentan den Dummen verkauft wird.

Sabine Jung | Mi., 8. Juni 2022 - 17:18

weil genau die müssen diese Schulden mal wieder abbauen. Warum geht deshalb keiner von den Jungen auf die Straße, besser noch klebt sich auf dem Asphalt fest, so lange, bis Herr Lindner sagt, wie die Schulden abgebaut werden und mit was die Jugend in den nächsten Jahrzehnten rechnen muss?
Aber so lange wir Älteren noch arbeiten dürfen, und vielleicht hat man noch Grundbesitz wird das schon, Steuern und Abgaben so weit das Auge blickt.....

Norbert Heyer | Do., 9. Juni 2022 - 06:49

Deutschland ist hoffnungslos verschuldet. Diese Bundesregierung nimmt sich Italien und Frankreich zum Vorbild: Gut leben und die Schulden zahlen die Anderen. Das sind diejenigen, die noch einer geregelten Arbeit nachgehen, höchste Steuersätze zahlen, geringe Renten erhalten und am längsten in der EU arbeiten. Es wird die Fleißigen und Ehrlichen treffen, denen nimmt der jetzt spendable Staat das Sparguthaben durch fortschreitende Inflation, das Eigenheim durch Lastenausgleich, eine auskömmliche Rente durch Sozialhilfe auf niedrigstem Niveau. Dann ist nämlich durch unsägliche Dummheit alles verfrühstückt, was Deutschland einst groß gemacht hat. CO2-Wahn hat die Autoindustrie, Chemie und Maschinenbau vertrieben, sichere Energie gibt es nicht mehr und dieser Staat verarmt bewusst und vielleicht sogar gerne, unter Aufgabe aller sozialer Errungenschaften. Gut geht es nur noch den Propheten der grünen Hölle, eine privilegierte Minderheit mit allen Segnungen des Komforts und des Fortschrittes.

Ernst-Günther Konrad | Do., 9. Juni 2022 - 08:12

Machen wir uns alle nicht vor. Die Parteien haben mal laut, mal leise, mal versteckt für ihre Politik geworben und die FDP - speziell Herr Lindner- hat für Wahlstimmen seine Partei und sich selbst verkauft. Jetzt feiert man in den Msm, Lindner habe ja immerhin in der Koalitionsvertrag hineinschreiben lassen, dass die Schuldenbremse ab 2023 wieder gelten soll. Das glaube ihm, wer will, ich nicht. Und überhaupt. Der Bürger haftet nicht nur mit seiner Arbeitskraft, sondern auch mit seinem Privatvermögen. Schon vergessen. Durch die gesetzlich verpflichtenden Angaben zum Zensus - ich bin auch betroffen-, lässt der Staat gerade aktuell zum 15.5.22 erheben, wer, wieviel, wo an Wohneigentum besitzt. Warum wohl? Ich weiß, angeblich für die Zukunftsplanung der Bürger. Stimmt irgendwie auch. Wenn die Immobilienbesitzer per Lastenausgleichsgesetz - man wird dann einen schöneren Begriff erfinden - die Schulden auf unsere Grundstücke und Häuser überträgt haben die Gläubiger offiziell neue Schuldner.

W.D. Hohe | Do., 9. Juni 2022 - 12:15

Leider umfasst dieser nur den Raum von Rednerpukt bis zum Ausgang... und auf die letzte Umfrage der TV Sender.
- vom Rednerpult in Auftrag gegeben

Achim Koester | Mo., 13. Juni 2022 - 09:41

unter den Aktiva, d.h. links, während Verbindlichkeiten wie Schulden unter Passiva, also rechts, stehen. (Links und rechts bezieht sich hier nur auf die Bilanz). Neue Schulden als "Vermögen" zu bezeichnen stellt eine Bilanzfälschung dar, für die jeder Klein-/Mittelstandsunternehmer für einige Zeit in den Knast geht. Oder geht es hier nach dem alten römischen Motto "quod licet Iovi, non licet bovi"?