Szene aus „The Hurt Locker“
Propaganda für „gerechte Kriege“: Szene aus Kathryn Bigelows „The Hurt Locker“ / dpa

Kriegsfilme - Die Kamera der Gewalt

Krieg und Kino haben eine enge Verwandtschaft – von King Vidors „The Big Parade“ bis Christopher Nolans „Dunkirk“. Aber was können uns Filme über Schlachten und Schützengräben in unserer aktuellen Situation zeigen?  

Autoreninfo

Björn Hayer ist habilitierter Germanist und arbeitet neben seiner Tätigkeit als Privatdozent für Literaturwissenschaft als Kritiker, Essayist und Autor.

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Der Krieg ist immer auch ein Konflikt um Bilder. Wer die Deutungshoheit über sie gewinnt, weiß, wie man den Feind diskreditiert und Verbündete um sich schart. Nicht erst seit dem Entstehen der globalisierten Mediengesellschaft erhält die Macht, die von der Kamera ausgeht, eine besondere Aufmerksamkeit. Sie ist vielmehr schon mit der Geburtsstunde des Films verbunden, dienten doch die ersten Bewegtbilder der Dokumentation des spanisch-amerikanischen Kriegs 1898. Das Kino kommt damit zur Welt und findet einen seiner Ursprünge in einem Genre, das nun wieder eine beklemmende Aktualität gewinnt, nämlich dem Kriegs- bzw. Antikriegsfilm. Geprägt wird dessen Ästhetik natürlich durch den heute zum Klassiker avancierten Werk „Im Westen nichts Neues“ (1930). Nachdem die Rekruten darin anfangs noch munter und mit reichlich Stolz an die Front ziehen, erleben sie dort eine jähe Desillusionierung. Der Regisseur Lewis Milestone setzt sie einem regelrechten Bombenhagel aus. Um die Gewalt ins Bild zu bannen, bedient er sich vieler, harter Schnitte. Er springt zwischen dem Schützengraben und dem Schlachtfeld hin- und her, lässt die feindlichen Soldaten bei ihrem Sturm als anonyme (unterbelichtete) Masse erscheinen. Das Individuum hat in dieser brutalen Auseinandersetzung, so die Botschaft von derlei ausgerichteten Montagen, längst seinen Wert eingebüßt. 

Wer glaubte, solche Settings seien aus der Zeit gefallen, kann nun in diesem filmhistorischen Zeugnis wohl am ehesten nachvollziehen und mitfühlen, was sich in der Ukraine gerade abspielt. Und sonst? Warum lohnt es sich in unseren Tagen, die ohnehin von schlimmsten Nachrichtenmeldungen überschattet sind, sich noch auf das Genre des Kriegsfilms einzulassen? Die Antwort ist klar: Es verrät uns viel über die Fragen, was und wie wir in diesen Krisenzeiten sehen. Was die Kamera einfängt, muss ja wahr sein, oder? So einfach ist es mit der Glaubwürdigkeit des Gesehenen dann doch nicht. 

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Christa Wallau | So., 29. Mai 2022 - 09:45

mehr Gegensatz ist kaum denkbar.
Menschen, die einen Krieg beginnen und auch die, welche ihn nicht mit allen Mitteln zu verhindern versuchen, haben sich vorher bereits von dem Prinzip verabschiedet, daß jeder Mensch ein Recht auf Leben hat, das es zu schützen gilt.
Wer dem Krieg bejaht, denkt in Macht- und Besitz-Kategorien.
Es ist zwar - das gebe ich zu - wegen der Natur des Menschen unumgänglich, sich zu bewaffnen, um nicht zum Spielball fremder Mächte und Interessen zu werden, aber selbst die V er t e i d i g u n g mit Waffen darf nur das letzte Mittel sein, um überleben zu können.
Mit Krieg darf man keine strategischen Spielchen machen.
Die Eil- und Leichtfertigleit, mit der heute wieder über Waffenlieferungen in Kriegsgebiete gesprochen wird, macht mir Angst. Sie paßt zur Nonchalance, die beim Thema Abtreibung vorherrscht.
Das Geschenk des Lebens, ja, das große Wunder des Lebens, gerät heute - wie zu allen Zeiten - unter die Räder gottloser bzw. gottvergessener Ideologien.

Peter Sommerhalder | So., 29. Mai 2022 - 12:07

Es wundert mich eigentlich sogar ein bisschen, dass es noch keine Liveübertragungen eines Krieges gibt.

Je mehr man bezahlt, umso schärfer ist die Bildqualität und umso näher kann man sich ranzoomen...

Jens Boysen | So., 29. Mai 2022 - 14:32

Filmgeschichtliche Einblicke sind sehr wertvoll, und man kann dem Autor auch in seine grundlegenden Gedankengängen zustimmen. Dennoch seien zwei Details moniert, die im Bereich der ALLGEMEINEN Geschichte angesiedelt sind: 1. Die Evakuierung der britischen Truppen aus Dünkirchen fand im Juni 1940 statt, nicht 1944. 2. Die Normandie wurde im Juni 1944 nicht von den "Nazis" verteidigt, sondern von der deutschen Wehrmacht. In welchem Maße deren Angehörige "Nazis" waren, während ihr Kriegsdienst primär aus ihrer deutschen Staatsangehörigkeit resultierte, ist seit jeher eine hochkomplexe Frage. Man sollte sich jedenfalls hierbei als kritisch denkender Zeitgenosse einen allzu modischen Sprachgebrauch nicht zueigen machen.

Ingo Frank | So., 29. Mai 2022 - 14:46

und die Mächtigen die die Bilder für sich vereinnahmen und damit manipulieren.
Vor einigen Jahren, noch in der Merkel-Ära habe ich einen Bericht Bericht über ein Bild gelesen welches anlässlich einer Zusammenkunft verschiedener Staats und Regierungschefs aufgenommen wurde.
Das Foto zeigte einen an einem Tisch allein sitzenden Putin. Gegenüber eine Serviererin die ihm ein Heißgetränk einschränkte. Das Bild sollte die „Isolation“ Putins veranschaulichen. Der Knaller aber war, dass die Perspektive so war, dass die Bedienung mit ihrem Profil Putins Gesprächspartner der ihm gegenüber saß verdeckte und nur bei sehr sehr genauen hinsehen, man einen Gesprächspartner erahnen konnte.
Und das, hat nichts mit der Person Putin zu tun im heutigen Kontext des U-Krieges.
Ein Bericht über Wassermangel eines Flüchtlingslagers. Bloß das hinter dem Reporter ein Mann in beiden Händen je 1 Paket mit Wasserflaschen durchs Livebild trug. &&&
Mit freundlichen Gruß aus der Erfurter Republik

man muss sich dessen Bewusstsein, dass wir manipuliert werden ob es immer Absicht ist darüber kann man streiten. Tatsache ist, man sollte die Möglichkeit haben, was meistens nicht so leicht ist, sich immer alle Seiten anzuhören oder anzusehen. Fast schon lustig mutet es an wenn eine Seite massiv vor der Propaganda der anderen Seite warnt als ob nur eine Seite Propagande verbreitet. Und das Bild das sie beschreiben war auf dem G20 Treffen in Australien und es waren die Tagesschau und "Heute" die sich nicht entblödeten uns dieses Märchen vom Paria mit dem keiner essen will erzählten. Ergänzung Herr Putin und Frau Rousseff haben ein Menü serviert bekommen während der Rest der Tischnachbarn sich gerade am Büffet bedienten.

Ronald Lehmann | Mo., 30. Mai 2022 - 22:47

Und in meinen Augen im Kleinen wie im Großen, national als auch international.

Die, die mit Liebe, Achtung, Demut & Toleranz angefüllt sind, werden immer stiller & kaum von der Öffentlichkeit wahrgenommen, weil ihre Stimme von den MACHERN der Macht mit ihren allen verfügbaren Mitteln übertönt werden.
Null Chance auf Gehör!
Und bei Krieg hat auf allen Seiten der Macht der Verstand ausgesetzt.

Bei Lösungsorientierten Handeln Richtung Remis hatte es auch einen Weg gegeben.

Anfrage an Sender Jerewan

Warum wird in der Politik niemals ÖFFENTLICH verhandelt - weltweit?
Schämt man sich sooo ???????