Rücktritt nach Bestätigung: Deniz Yücel war Präsident der Schriftstellervereinigung PEN-Zentrums Deutschland. / dpa Martin Schutt

Schriftstellerverband PEN - Destruktives Schmierentheater

Der PEN zerlegt sich selbst. Bei der Mitgliederversammlung des Schriftstellerverbandes in Gotha hat dessen bisheriger Präsident Deniz Yücel erst einen Abwahlantrag überstanden. Und ist dann mit einem Affront zurückgetreten: „Ich will nicht Präsident dieser Bratwurstbude sein.“

Autoreninfo

Ulrike Moser ist Historikerin und leitet das Ressort Salon bei Cicero.

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Fast wollte man sich freuen,  wo doch gerade Uwe Tellkamp den Literaturbetrieb mit seinem unlesbaren, raunenden, ziegelsteindicken Roman „Der Schlaf in den Uhren“ in ein delirierendes Wachkoma versetzt hat, dass wenigstens bei den Literaten noch etwas Halligalli ist. Wenn man denn wüsste, was da gerade in Gotha bei der Mitgliederversammlung der Schriftstellervereinigung PEN aufgeführt wurde. Ein shakespearesches Königsdrama? „Denver-Clan“? (Für die Jüngeren: Das war eine amerikanische Familienserie der 80er Jahre, in der es wirklich nur um Intrigen, Verrat und andere Fiesheiten ging.) Oder eine Burleske?

Eklat mit Ansage

Dass es hoch her gehen würde im thüringischen  Gotha, das war absehbar. Schließlich sollte dort auch über den Abwahlantrag gegen PEN-Präsidenten Deniz Yücel entschieden werden, der von fast fünfzig Mitgliedern unterzeichnet worden war. Dass die Atmosphäre aber dermaßen aufgeheizt, destruktiv und vergiftet sein würde, erschüttert dann doch. Eine dünne Mehrheit stimmte für den Verbleib von Yücel im Amt. Der dann eine halbe Stunde später überraschend mit einem Wumm vom Amt zurück- und gleich noch aus dem PEN austrat und verkündete: „Ich will nicht Präsident dieser Bratwurstbude sein.“

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Helmut Bachmann | Sa., 14. Mai 2022 - 12:56

das war ein Kommentar von Jücel über Sarrazin. Danach hätte er eigentlich erledigt sein müssen, zumal er sich nie entschuldigt hat. Schön, dass er diesen Posten aufgegeben hat. Ich muss nichts mehr von ihm hören.

Karl-Heinz Weiß | Sa., 14. Mai 2022 - 13:01

Bei der Wahl des Tagungsort hätte man gewarnt sein müssen. Das Haus Gotha ist nicht ohne Grund durch eine mit Intrigen gespickte Heiratspolitik groß geworden.

Walter Bühler | Sa., 14. Mai 2022 - 13:24

... 2021 nicht jemanden wählen sollen, der erst seit 1½ Jahren zum PEN gehört. Wahrscheinlich ist die Wahl nur wegen des medialen Echos auf die Inhaftierung Yücels in der Türkei zurückzuführen. Hätte man etwas länger gewartet, dann hätte man (vielleicht) seinen Sprachstil und seinen Charakter besser gekannt, und man hätte gewusst, welche Ansichten er hinsichtlich des PEN vertritt.

In praktisch allen Organisationen Deutschlands gibt es das gravierende Nachwuchsproblem. Junge Leute haben es sich angewöhnt, nur dann irgendwo echt mitzuarbeiten, wenn für sie etwas rausspringt. Um der Sache willen erst einmal mitzuarbeiten und zu lernen, ist noch kaum jemand bereit.

So wählt man sich halt unter Umständen wahre Knalltüten an die Spitze.

„Der baldige Abgang der Deutschen ist Völkersterben von seiner schönsten Seite. Mit den Deutschen gehen nur Dinge verloren, die keiner vermissen wird.“ D. Yücel
Mehr muss man nicht wissen. Ja natürlich noch die menschenverachtende Hass-Aussage gegenüber T. Sarazzin, die ich nicht wiederholen möchte ...
Widerlich unterirdisch!

Herr Johannsen, Sie wollen Herrn Yücel ja gar nicht verstehen. Wahrscheinlich wissen Sie auch nicht, was eine Glosse ist.

Da bringen Sie viel lieber, Friedensfreund wie Sie sind, die Geschosse in Stellung...

Sie können Ihre verletzte Vaterlandsliebe ja mit dem DDR-Schwurbler Tellkamp oder Ernst Jüngers Militaristenherrlichkeit kurieren.

Ganz wie Sie wollen. Kann jeder machen, wie er will. Auch wenn Sie Herrn Yücel wohl lieber heute als morgen den Mund verbieten möchten.

So, wie das in der DDR nun mal eben war. Nur das Feindbild hat sich verändert.

Heute gehören DIE ANDEREN eingesperrt.

Walter Bühler | So., 15. Mai 2022 - 12:03

Antwort auf von Gerhard Lenz

... ich bin mir - solange mir keinem hieb- und stichfesten Gegenbeweise vorliegen - sicher, dass Sie, Herr Lenz, in ihrem Leben niemals denselben Mut, dieselbe Tapferkeit und Standhaftigkeit aufgebracht haben wie Herr Johannsen in der DDR im Vorfeld des Jahres 1989.

Auch dort gab es damals schon Leute, die immer mit der stärksten Strömung mitgeschwommen sind und mit loderndem Feuereifer für die Parolen und für die hehren Ziele gekämpft haben, die ihnen die Partei und das regierungsamtliche Fernsehen vorgesetzt hat.

Solche stromlinienförmige Menschen haben damals die wenigen Andersdenkenden in der DDR ebenso eifrig beschimpft wie manche moralischen Main-Streamer von heute.

Worte und Taten in Übereinstimmung zu bringen, das ist für niemanden leicht. Das sollten wir bedenken, wenn wir öffentlich über andere urteilen. Also sollten wir uns alle um einen zivilen Umgangston bemühen. Schon der Versuch entspannt die Atmosphäre.

Günter Johannsen | Sa., 14. Mai 2022 - 14:02

mehr sog i ned:
„Der baldige Abgang der Deutschen ist Völkersterben von seiner schönsten Seite. Mit den Deutschen gehen nur Dinge verloren, die keiner vermissen wird.“

Dorothee Sehrt-Irrek | Sa., 14. Mai 2022 - 14:30

"Wie es Euch gefällt" mit Helen Mirren.
Nach Shakespeare hört sich das nicht an, was Frau Moser beschreibt.
Der war ein Meister der Sprache und Abläufe.
Jeder Tollpatsch, Narr oder Hirte ist Poet mit ihm.
Das Problem mit Herrn Yücel könnte sein, dass es ihm in seiner Sprache an Meisterschaft mangelt, er sie gar nicht anzustreben scheint?
Das ist schade, denn die Idee hinter seiner Wahl zum Vorsitzenden war doch wohl eine gute und ich wäre nicht sofort darauf gekommen, dass da etwas nicht zusammenpasst.
Erfreulich also, dass man ihm noch einmal die Chance geben wollte und wieder okay, dass er sie nicht ergriff.
Es passte also nicht?
Wir hatten nicht gerade poetische Jahre.
Als ob Shakespeare jemals so etwas gekannt hätte.
Dann könnte dieser Roman von Herrn Tellkamp gerade kein redseliges Verstummen sein, sondern eine neue Sprachmelodie?
Wer hören kann, der lese.
Das geforderte Niveau ist sehr hoch!
Ich vernehme es bei Andreas Rebers, mein Votum für "Pen-Präsident".
"Ich helfe gerne":)

kann man auch in der Fremd-Sprache denken - siehe Hamed Abdel-Samad:
"... es scheint tatsächlich so zu sein, dass Deutschland nach wie vor mehr von der Vergangenheit regiert wird. Indem man sich auf sie bezieht, sich von ihr loszusagen versucht, oder sich von ihr abgrenzt... der lange Schatten (der Nazi-Zeit) führt meines Erachtens dazu, dass eine gefestigte Identität verhindert wird. Eine Identität, die sich selbstbewusst gegen jede Form von Unfreiheit, Zensur, Erpressung und Demokratiefeindlichkeit behauptet. Stattdessen gibt es eine Art von Negatividentität, geboren aus dem Impuls des "Nie wieder". Und diese Form der Identität ist anfällig für ideologische Einflussnahme, weil die Notwendigkeit beispielsweise für Toleranz und Offenheit nicht aus sich selbst heraus erkannt wird."
Besser kann es doch kein Eingeborener, der schon länger hier lebt, sagen! Oder?

und Ihnen, Herr Johannsen.
Ergänzen würde ich, dass die Aufarbeitung, die Trauer, die Erinnerung als Wege in die Zukunft eben auch von uns neu zu uns und anderen führen.
Wenn mal Shakespeare kein "Fremdsprachler" war, weshalb ihm Prof. Ernst Theodor Sehrt auch nah gewesen sein mag, neben Wissenschaft auch intuitives Erfassen.
Aber als solcher war er eben Engländer, wie dann Georg Friedrich Händel auch.
In England habe ich sehr schnell englisch geträumt, weshalb die Deutsche Sprache nicht die schlechteste "Komplementärsprache" zu Englisch sein dürfte.
Zu Kleinasien, die Beeinflussung und das Zusammenwachsen könnten sehr tief und fast schon nicht mehr bemerkt sein, Zahlen, Märchen etc.
Bezeichnen sich Muslime nicht als Söhne des Mondes?
Dann sollten sie ihre Frauen als seine Töchter lieben und achten.
Das schliesst jede Unterwerfung aus und viel Magie ein.
Können Sie damit leben, wenn ich sage, dass die Gewissheit der Auferstehung auch mit Letzterer zutun hat?
EWIGKEIT Vereinigte Zeit

Jens Böhme | Sa., 14. Mai 2022 - 16:58

Dass PEN-Mitglieder öffentlich Rücktritt vom eigenen Präsidenten fordern zeigt, in welch kulturellem Niveau sich der PEN befindet. Als ob die öffentlich verkündete Forderung von Yücel - sicherlich nicht PEN-konform - die PEN-Welt zusammenbrechen lassen hätte.

Enka Hein | Sa., 14. Mai 2022 - 19:32

.....PENer eine ganz neue Bedeutung.
@Bachmann, Bühler und Johannsen.
Kann mich diesen Kommentaren nur anschließen.
Und wie schrieb schon 1975! Marcel Reich Ranicki.
"Die Tagungen des PEN, sprach der Kritiker Marcel Reich-Ranicki, seien »weitgehend langweilig«, das Präsidium sei »unfähig oder faul«. »Dieser PEN«, schimpfte der Vorsitzende des Verbandes deutscher Schriftsteller (VS) Horst Bingel, »verrottet still vor sich hin.« Und vom Katheder herab höhnte der Romancier Gerhard Zwerenz, »unser Zentrum mit Thilo Koch als Generalsekretär« gleiche in seiner »mediokren Bürgerlichkeit« und »wohlorganisierten Nutzlosigkeit«, seiner Sucht nach »immer größerer Repräsentanz« und seinem Hang nach »immer mehr Geheimdiplomatie« einem »Verein leicht verkalkter Herrenreiter, deren Pferde lahmen«.

Rebeca Bok | So., 15. Mai 2022 - 08:38

Kreml entnazifiziert Ukraine,
Pluralismus entnazifiziert Liberalismus.

Inbari entkleidet Berlin und verbrennt die Klamotten in Dworkins Feuer. (Yücel bleibt indes viel zurückhaltender, er steckt die Bratwurstbude erst gar nicht an.)

Die geneigte Leserin findet den fulminanten Prozess im Azure-Archiv (2008), Assaf Inbari: "The spectacles of Isaiah Berlin". Man will gleich nach dem ersten Absatz auf Barrikaden gehen; dann findet man sich wieder, frei nach F. Mitterrand, an Bratwürsten vergiftet, die man gar nicht gegessen hat.

Erst ohne Brille kann man I. Berlin lieben - dann wird er zum 'hedgefox';)

Franz Jürgens | So., 15. Mai 2022 - 09:04

Was kann man schon erwarten von einem PEN-Vorsitzenden, der sich einmal über den Bevölkerungsschwund der Deutschen, die er zutiefst ablehnt, nicht mehr einkriegte vor Freude: "Völkersterben der schönsten Art"? So jemanden zu wählen, muss sich für jeden Verband aus Anstand selbstverständlich verbieten. Insofern ist das aktuelle Chaos des deutschen PEN hochverdient.

Achim Koester | So., 15. Mai 2022 - 09:17

ihm nicht tun können, als ihn zu inhaftieren, denn durch die von den Medien hochstilisierte Opferrolle wurde ein Mann von sehr fragwürdigem Charakter quasi geadelt. Sein wahres Gesicht hat er, wie Herr Johannsen treffend bemerkt, in seinen Äußerungen gegen Deutschland und Sarrazin gezeigt. Warum eigentlich fallen die eigentlich nicht unter den "Hate speech Bann" der (a)sozialen Medien?

Ernst-Günther Konrad | So., 15. Mai 2022 - 11:01

Aha. Der deutsche PEN ist also eine Bratwurstbude. Immerhin hat sich der muslimische Yücel zunächst als Schweinefleischfreund bekannt und sich wählen lassen. Und nun, nachdem er sein wahres Gesicht als "Führer" des PEN zeigte und Gegenwind zu Recht erhielt ist er bockig, weil sich nicht alle seinem Diktat unterwerfen. Man bockt sich gegenseitig so auf, das dem deutschen Leser die Sprache und damit das Lesen vergrault wird. Bereits die Wahl und die politischen Aussagen Yücels haben ihn disqualifiziert. Das hätten die Schriftsteller aber vorher wissen können, wenn man sich seinen Werdegang und sein öffentliches Verhalten anschaut. Aber man wollte ja solidarisch sein, seine politische Verfolgung - die nicht in Ordnung war - mit dem Amt belohnen wollen und es mit seiner Wahl gerade beschädigt. Ich hoffe, man liest sonst nichts mehr über ihn und von ihm geschrieben schon gar nicht. Warum lebt er eigentlich hier, wenn er die Deutschen nicht mag? Vorsicht bei der nächsten Wahl.

ingo Frank | So., 15. Mai 2022 - 21:25

weil er in die Hand beißt, die ihn füttert.
Einerseits, die unterirdischen Aussagen zu D. ,andererseits wäre er wahrscheinlich im türkischen Gefängnis ohne deutsche Intervention von „Oben“ verrottet.
Mit freundlichen Grüßen aus der Erfurter Republik