Naftali Bennett
„Lawrows Worte sind unwahr“: Ministerpräsident Naftali Bennett / dpa

Russland und Israel - Bruch zwischen Moskau und Jerusalem?

Die Taktik der Führung in Moskau gibt in diesen Tagen viele Rätsel auf – nicht nur in Sachen Militärführung, sondern auch in puncto Öffentlichkeitsarbeit. Mit der Behauptung des russischen Außenministers Sergei Lawrow, Hitler habe jüdische Wurzeln gehabt, hat Russlands Propaganda ein neues Absurditätsniveau erreicht und zugleich ein Land, das sich bisher in der Ukrainekrise zurückhaltend positionierte, ohne erkennbaren Gewinn in Empörung versetzt.

Autoreninfo

Mareike Enghusen berichtet als freie Journalistin über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft im Nahen Osten, vornehmlich aus Israel, Jordanien und den Palästinensergebieten. Sie hat Politik- und Nahostwissenschaften studiert und ihre journalistische Ausbildung an der Henri-Nannen-Schule absolviert.

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Von Beginn an hatte die russische Führung die Invasion in die Ukraine auch mit der angeblichen Notwendigkeit begründet, die Ukraine zu „entnazifizieren“. In der offiziellen russischen Darstellung herrscht in Kiew ein Neonazi-Regime, das es zu entmachten gilt. Dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj selbst jüdisch ist, wie Unterstützer des Landes unermüdlich wiederholen, schien die Kreml-Propagandisten nicht zu stören. Nun aber haben sie ihre Darstellung mit einer neuen Volte in noch groteskere Höhen getrieben: Selenskyjs jüdische Wurzeln dienen nun sogar als Stütze für die Behauptung, in Kiew herrschten Antisemiten. Denn, so behauptete Lawrow am Sonntag im italienischen Fernsehen, „Adolf Hitler hatte auch jüdisches Blut“. Dass Selenskyj Jude sei, „heißt also nichts. Seit Langem hören wir vom weisen jüdischen Volk, dass die größten Antisemiten Juden sind.“  

In Israel riefen diese Worte erwartbare Entrüstung hervor. „Seine Worte sind unwahr, und die Intentionen dahinter sind falsch“, sagte Israels Ministerpräsident Naftali Bennett über den russischen Außenminister. Auch Israels Außenminister Yair Lapid reagierte scharf. „Die Äußerungen von Außenminister Lawrow sind eine unverzeihliche und empörende Aussage, ebenso wie ein furchtbarer historischer Fehler“, teilte er mit. „Die niedrigste Stufe des Rassismus gegen Juden besteht darin, Juden selbst des Antisemitismus zu bezichtigen.“ Die Holocaustgedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem bezeichnete die Äußerungen Lawrows in einer Mitteilung als „absurd, wahnhaft, gefährlich und verurteilenswert“.

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Heidemarie Heim | Mi., 4. Mai 2022 - 17:40

Doch daraus machen solche Menschen und die Propaganda bestimmt auch noch was liebe Frau Enghusen! Wäre er auch noch dem komischen Fach verpflichtet gewesen, wäre sein Schicksal als Nazi und Antisemit wie das Selenskyjs nach der russischen Bauart wohl ebenfalls besiegelt worden. Die damaligen römischen Besatzer hätten den Nazarener der Logik folgend aber vielleicht zum Präfekten ernannt mit der Aufgabe semitische Aufstände zu verhindern? Absurd? Dem Ketzer ist nichts fremd, ebenso wenig graut es Unmenschen, Diktatoren und ihrer totalitären Anhängerschaft offensichtlich noch vor irgend was. Die "Gerechten der Völker" und Hüter ihrer Brüder und Schwestern würden sich mit Grausen abwenden angesichts aktueller Ereignisse und den mit äußerster Absurdität geführten Reden zur Begründung eines erneuten (Bruder-)Völkermordes. Shalom! LG

Karl-Heinz Weiß | Mi., 4. Mai 2022 - 20:13

Zweifellos sind die Äußerungen von Lawrow der Gipfel der Absurdität. Leider wurden aber die jahrelangen Hasskampagnen Putins gegen die Staatlichkeit der Ukraine in den deutschen Medien nahezu komplett ignoriert und von der deutschen Regierung der NS2-Vertrag nach der Krim-Annektion abgeschlossen.
Aktuelle Reaktion der Union: Schweigen.

Sabine Lehmann | Mi., 4. Mai 2022 - 22:21

Dieser Tage kam mir der Gedanke was wohl Trump beigetragen hätte, wäre er noch im Amt? Angeblich haben die beiden sich ja bestens verstanden. Gemeinsam mit Lukaschenko könnten sie jetzt das Trio Infernale abgeben.
Aber vielleicht hätte Trump den Putin sogar von seinem Pferd wieder runter geholt, so als Best-Buddies hört man doch aufeinander;-)

Kai Hügle | Do., 5. Mai 2022 - 14:29

Antwort auf von Sabine Lehmann

Frau Lehmann, Ihre Frage, wie Trump hier vorgegangen wäre, lässt sich beantworten: "Trump sagte, die USA sollten chinesische Flaggen auf ihre F-22-Kampfjets malen und mit diesen direkte Luftangriffe auf Russland starten. 'Wir sagen einfach, China war es, wir haben es nicht getan. Dann fangen sie an, sich zu bekämpfen. Und wir lehnen uns zurück und schauen zu'.“

https://www.focus.de/politik/ausland/china-hat-es-getan-trump-hat-absur…

Stabiles Genie halt...

Herr Kaiser: Hätten Sie seriöse Quellen für Ihre Behauptungen (insbesondere für die angebliche Leugnung des Holocaust), also etwas Belastbareres als "Zitat Knesset"? Ich frage auch deshalb, weil Sie kürzlich angaben, sich von "alternativen Medien" bestens informiert zu fühlen und nun eine Partei (den FN) erwähnen, die es seit vier Jahren so nicht mehr gibt bzw. Rassemblement National heißt.

Herr Hügle, Ironie sagt Ihnen etwas? Mit dieser "Hilfestellung" einfach nochmal lesen. Humor ginge auch, als Alternative......

Rebeca Bok | Fr., 6. Mai 2022 - 22:09

Antwort auf von Sabine Lehmann

Trumps Twitterelektronen werden in Quark, Sub-Quark zerfallen; ebenso wie Europas Meckern gegen 'seine' Abraham Accords. Bleiben wird diese meso-NATO der Levante, pulsierende Stabilitätsvorlage für technol. Fortschritt in Mashreq, Maghreb + wachsenden Teilen Asiens und Afrikas. Ja, aus Europa blickt man darauf noch etwas irritiert.

Polit-Chaoten des demokratischen Lagers, wie Trump, Boris Johnson (oder, nicht zuletzt, ein Karneval-affiner Laschet) wirken viel eher furchteinflößend, verunsichernd, abschreckend auf östliche Tyrannen wie Putin, Raisi, Xi, (in spe) Modi, die mit Unwägbarkeiten, Wirrwarr, Mischmasch nicht gut umgehen können.

Zum Glück haben auch Biden und Scholz frühzeitig die Vorteile des (wohldosierten) Chaos erkannt und reichlich double-bind-Botschaften "für gegen" Putin eingesetzt. Wie Laschet sah auch Scholz (anders als Merkel) die Zeitenwende in den Abraham Accords. Putins Macht in Syrien bröckelt, die Levante entscheidet in der Ukraine mit.

Christoph Kuhlmann | Mi., 4. Mai 2022 - 23:48

"Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus."
Ignazio Silone wurde 1900 in einem kleinen Ort in den Abruzzen in der Provinz L’Aquila als Secondino Tranquilli geboren. Während seiner Untergrundaktivitäten gegen den Faschismus ersetzte er diesen Geburtsnamen durch das Pseudonym Ignazio Silone.

Bernhard Kaiser | Do., 5. Mai 2022 - 01:49

"In der offiziellen russischen Darstellung herrscht in Kiew ein Neonazi-Regime, das es zu entmachten gilt. Dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj selbst jüdisch ist, wie Unterstützer des Landes unermüdlich wiederholen .."
Ein paar Fakten, 2014 war die Partei Svoboda mit in der Regierung und hatte mehrere Ministerposten besetzt, auch den für "Innere Sicherheit". Svoboda ist eindeutig rechtsradikal und pflegt beste Kontakte zu anderen rechtsradikalen Parteien, wie zu unserer NPD oder zur Front National in Frankreich! Svoboda hatte und hat enge Verbindungen zum Rechten Sektor und zu Azov, Splittergruppen und Regimenter, die sich eindeutig zum Nationalsozialismus bekennen und seit 2014 einen Terrorkrieg gegen die Zivilbevölkerung im Donbass führen mit nunmehr über 13 000 Opfern! Und zu Zelinskyi, der hat am 30.03. eine Rede vor der Knesset in Tel Aviv gehalten mit der er hart an der Grenze zur Holocaustleugnung vorbei geschrammt ist, Zitat Knesset!

Gerhard Lenz | Do., 5. Mai 2022 - 09:04

Antwort auf von Bernhard Kaiser

wird nicht glaubwürdiger, wenn Sie ständig nur russische Propaganda wiederholen.

Das betrifft besonders die angeblichen Opferzahlen in der Ostukraine.

Was den Einfluss von Svoboda angeht: Der mag nach der Maidan-Revolution relativ signifikant gewesen sein, aber das ist Vergangenheit.

Der Präsidentschaftskandidat von Svoboda erhielt 1,6%, die Partei bei den Wahlen 2,4%. Für Sie scheinbar ein eindeutiges Zeichen einer weitverbreiteten Nazi-Gesinnung!

Selensky wurde nicht kritisiert, weil er den Holocaust leugnete, sondern die Kriegsverbrechen der Russen mit den Holocaust-Morden verglich.

Sie jedoch klingen fast wie der russische Außenminister Lawrow, der in Selensky und anderen ukrainischen Juden gewissenlose Antisemiten entdeckt hat.

Aber egal: Fast täglich verbreiten Sie hier unter dem Deckmäntelchen ihrer angeblichen Meinungsäusserung die offizielle russische Kriegspropaganda, wonach in der Ukraine Nazis regieren.

Ziemlich durchsichtig.

Ernst-Günther Konrad | Do., 5. Mai 2022 - 09:08

Dass die Ukraine keine Demokratie im westlichen Sinne ist und war dürfte niemand bestreiten. Das dort Bestrebungen sind, sich den westlichen Vorstellungen zu einer Demokratie und Freiheit anzunähern, dürfte auch klar sein. Dass es in der Ukraine Menschen gibt, die wir hier als Neo-Nazis bezeichnen, dürfte auch feststehen. Das Russland versucht auf jede erdenkliche Art diesen völkerrechtswidrigen Angriff zu rechtfertigen macht die Sache nicht besser. Natürlich können Juden auch Anti-Semiten sein. Sie sind fmp nicht per se davon ausgenommen. Ja, es kämpfen mit der Asov-Gruppe auch Neo-Nazis mit. Das macht aber aus der Ukraine nicht einen Nazistaat, den es gilt zu bekämpfen. Hier geht es vor allem darum, das Russen das Brudervolk der Ukrainer übernehmen bzw. teilweise auslöschen wollen. Und selbst wenn Hitler eine Jude/Halbjude gewesen sollte, ist es keine Begründung dafür, Krieg gegen andere zu führen. Hier wird bewusst noch Öl ins Feuer gegossen, um brutalst möglichen Hass zu schüren.

Gerhard Lenz | Do., 5. Mai 2022 - 09:13

Eine solche gibt es schon lange nicht mehr - wenn es sie denn überhaupt gab, was den Ukraine-Krieg angeht.

Ein größenwahnsinnig gewordener Putin schickt sich an, der russischen Geschichte seinen Stempel aufzudrücken, indem er neue Territorien erobert.
Dazu überfällt er den unliebsamen Nachbarn, der doch tatsächlich, ohne Putin zu fragen, eine viel zu eigenwillige Politik verfolgt, Innerhalb weniger Tage verwandelt er die Ukraine in eine von Leichen gepflasterte Ödnis. Unterstützern der Ukraine droht er mit einem Atomschlag, den Ukrainern freundlich gesonnene Regierungen unterstellt er Nazi-Gesinnung.

Ende der "Strategie". Alles weitere sind Rundumschläge, denn der Sieg ist keineswegs schnell und triumphal errungen. Das Gequatsche von den Nazis glaubt den Russen niemand (außer, paradoxerweise, Mitglieder div. europäischer rechtsextremistischer Parteien, in denen es wahrscheinlich von Nazis wimmelt).

Da sind Lawrows Verirrungen nicht mehr als "symptomatisch".