Keossayan
Im Fadenkreuz seiner Kritiker: Der russische Fernseh-Promi Tigran Keossayan / dpa

„Ein Ziegenbock-Provokateur“ - Diplomatischer Eklat zwischen Russland und Kasachstan

Eine Drohung des russischen Fernsehmoderators Tigran Keossayan sorgt in Kasachstan für Entsetzen: Kasachstan würde ein ähnliches Schicksal wie der Ukraine drohen, falls es sich nicht klar aufseiten Russlands positioniert. Jetzt wird in Kasachstan geprüft, ob ihm die Einreise verboten werden soll. Die Beziehungen zwischen beiden Ländern sind angespannt wie selten zuvor.

Autoreninfo

Nathan Giwerzew ist Journalist in Berlin.

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Im Kreml ist man nervös. Die prekäre Stabilität in Kasachstan ist aktuell ausgerechnet wegen der Fernseh-Invektiven eines russischen Propagandisten aus dem Gleichgewicht geraten. Der Grund: Tigran Keossayan – so heißt der Ehemann der Russia Today-Chefredakteurin Margarita Simonjan – hat im russischen Fernsehen die Neutralität Kasachstans im Ukraine-Krieg mit scharfen Worten angegriffen: „Kasachen, Brüder, wie undankbar seid ihr bitte? Leute, habt ihr wirklich entschieden, dass Russland irgendwohin verschwinden wird? Oder dass es zum Mars auswandert? Oder dass ihr emigriert? Schaut aufmerksam auf die Ukraine. Denkt darüber gut nach. Unsere Politiker müssen die russisch-kasachischen Beziehungen gut überdenken. Denn wenn ihr wirklich glaubt, dass ihr uns ungestraft verarschen könnt, dann irrt ihr euch gewaltig.“

Das ist eine unverhohlene Drohung, Kasachstan genau wie die Ukraine zu „entnazifizieren“. Sie sorgte ihrerseits für große Entrüstung innerhalb Kasachstans – mehrere Senatoren haben ein Einreiseverbot für Keossayan gefordert. Und das kasachische Außenministerium schließt zumindest nicht aus, dass diese Maßnahme bald ergriffen werden wird: „Die Äußerungen des russischen Fernsehmoderators über Kasachstan sind beleidigend, voreingenommen und einer strategischen Partnerschaft zwischen den beiden Ländern nicht förderlich“, so das kasachische Außenministerium in einem Statement.

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Gerhard Lenz | Fr., 29. April 2022 - 17:03

als ehemalige Sowjetrepublik ist doch sowieso Privateigentum des großen Zaren Vladimir Adolf Putin.

Der wird aufmüpfigen Untermenschen des gar nicht existierenden Landes Kasachwas ??? schon zeigen, wo der russische Hammer neuester Bauart hängt!

Ach halt: Ein Einmarsch in "Länder", in denen man anders denkt als in Russland - Beispiel Ukraine - ist ja gar nicht vorgesehen und wird nur vom bösartigen Westen herbeigeredet.

Natürlich führt man gegen solche Pseudo-Staaten keinen Krieg, sondern setzt höchstens eine "militärische Spezialoperation" durch, damit auch dort die überlegene russische Zivilisation a la Putin zum Tragen kommt.

Und wer meckert, egal wo, muss mit der russischen Atombombe rechnen!

Ironie Ende.

Tonicek Schwamberger | Sa., 30. April 2022 - 12:35

Antwort auf von Gerhard Lenz

. . . jetzt muß ich aber mal fairerweise sagen: Ich stimme Ihnen vollinhaltlich zu. Ihre Worte entsprechen den Tatsachen. - Ich war in Kasachstan, dann auch gleich noch Kirgistan, ich habe diese Länder mögen gelernt, und das meine ich ehrlich.- Bin jetzt mal gespannt, wie die Sache dort zwischen KZ - RUS weitergeht. Schünen 1. Mai an alle!

Christa Wallau | Fr., 29. April 2022 - 18:11

das Volk so gut wie gar nichts zu entscheiden hat. Vielmehr wechseln sich hier unterschiedliche Familien (Clans) in der Übernahme der Macht ab.
Von wegen Demokratie u. Selbstbestimmung!!!

Als die Nazarbaev-Clique versuchte, die Wut vieler Kasachen wegen wachsender Armut auszunutzen, um Präsident Tokaev zu stürzen, rief dieser die Russen zu Hilfe; und denen gelang es auch (in Zusammenarbeit mit Truppen weiterer Länder) die Ruh ein Kasachstan wiederherzustellen.
Ich kann nachvollziehen, daß Rußland in seinen ehem. Satellitenstaaten seinen Einfluß nicht verlieren will.
Wenn die Russen umgekehrt in einem Land Mittel- und Südamerikas ihre wirtschaftl. u. milit. Interessen gegen die USA auszuspielen versuchten, würde genau dasselbe passieren:
Die Amerikaner würden nicht mit Drohungen u. massiven Sanktionen sparen u. evtl. sogar einen von der CIA gesteuerten Putsch anzetteln, um ihre Interessen in diesem Land zu wahren.

Das Messen mit zweierlei Maß widert mich einfach nur noch an!

Was widert Sie nicht an, wenn es westliche Interessen stützt? Irgendwie schaffen Sie es immer, kilometerweit am Artikel vorbeizuschreiben und steigern sich dabei in eine ganz private, abgekoppelte Empörungsklimax. Überall Sieh Ei Ey und der übervorteilte Russe. Herrschaftszeitn!

Christa Wallau | Sa., 30. April 2022 - 16:42

Antwort auf von Richard Schneider

Was ich überall nur beobachten kann, das sind n a t i o n a l e Interessen - außer in Deutschland, wo man seit der Umerziehung nach dem letzten Weltkrieg "anders" tickt.
Wenn ich mir allein die EU ansschaue, dann erkenne ich dort bei weitem keine gemeinsamen, "westlichen Interessen", sondern ein einziges Hick-Hack, was die Verteilung der Massen frisch (im Auftrag der EZB) gedruckter Geldscheine anbetrifft, für die einzig u. allein die wenigen Brutto-Zahler-Länder -vor allem Deutschland- (noch!) die Wert-Stabilität garantieren.

Und unsere gemeinsamen Interessen mit den USA?
Wo liegen die denn in diesem speziellen Falle, dem Krieg in der Ukraine?
Ach, so?!
Wir dürfen ja jetzt vier mal so viel für das Fracking-Gas aus den USA bezahlen wie vorher für das russische Gas, und wir kaufen den Amerikanern jede Menge Waffen ab.
Stimmt! Das hört sich für D ganz nach "Interesse" an.

Ich vermute, Sie meinten gar nicht "Interessen", sondern die vielbeschworenen
"westlichen Werte". Stimmt's?

Was also schlagen Sie vor, Frau Wallau?

Das man Vladimir Adolf Putin in seinen Nachbarländern schalten, wüten, toben und morden lässt - denn das sind ja, nach Ihrer Aussage "nur ehemalige Satelitenstaaten Russlands"!

Was natürlich schon völlig falsch ist: Kasachstan oder die Ukraine waren wie Russland vollwertige und gleichberechtigte Republiken der Sowjetunion und keine "folgsamen" Satelliten - sofern das überhaupt eine Rolle spielt.

Ihnen geht es wohl eher um die bedingungslose Unterstützung Putins bei dessen Versuch, ein Russland in der Größe der Sowjetunion zu schaffen. Denn der Feind Ihres Erzfeindes (die USA) ist natürlich Ihr natürlicher Verbündeter - umso mehr als Putin doch so ein wunderbares Vorbild für völkisch-nationalistisch-reaktionäres Denken zu sein scheint.

Die Wut in der "Alternative für Putin" über Kritik an den Umtrieben des Schlächters im Kreml ist ebenso beeindruckend wie die scheinbar bedingungslose Bereitschaft, dessen Vernichtungskriege zu tolerieren.

Ja, liebe Frau Wallau, das ist auch das, was mich immer wieder kritisch kommentieren lßt. Natrülich hat Putin diesen widerlichen Krieg angefangen, der durch nichts zu rechtfertigen ist, der aber, wenn man es will, sich erklären läßt. Weder die USA, noch Russland oder China geben sich das irgendetwas. Wo immer es ihnen wirtschaftlich und/oder geostrategisch in den Kram ßasst, wird zunächst durch Handel, wo es nicht funktioniert durch verdeckte und später offene Unterstützung irgendwelcher "freiheitsliebender" Menschen in einem Land ein Putsch mitorganisiert und wenn es soweit ist, ggfls. auch ein Krieg initiiert.
Nein, Putin hat kein Recht, die Ukraine zu überfallen und auch bereits früher ehem. Länder der UDSSR gewaltsam zurück ins "Reich" zu holen. Das steht außer Frage. Aber auch die USA machen seit Jahrzehnten nichts anderes und vielleicht auch demnächst wieder China. Und deshalb wird für mich die Ukraine als Schlachtfeld der USA gegen Russland angesehen. Das will man nicht sehen.

Wir befinden uns zwischenzeitlich tatsächlich in einer "Zeitenwende".
Nach vielen Beiträgen unseres Mitdiskutanten Gerhard Lenz, der in zurückliegender Zeit nichts unversucht ließ, die überwiegende Leserschaft des Cicero als "Nazis" zu diffamieren, muss ich jetzt feststellen, dass er Verständnis für die nationalen Anliegen der Ukraine äußert. Er hat Verständnis, dass dem aggressiven Angreifer eines anderen Landes mit Waffengewalt begegnet wird. Und das, obwohl doch nach russischer Sicht nur "Nazis" vertrieben werden sollen. So ändern sich die Ansichten.
Andererseits bin ich überrascht, dass ein Großteil der geschätzten Leserschaft sich auf die Seite des Aggressors Russland stellt. Weder die Ukraine noch die Nato haben Russland mit einem Einmarsch gedroht. Den Krieg, der in Russland so nicht gerannt werden darf, hat Putin vom Zaun gebrochen. Das Demokratieverständnis eines anderen Landes und deren Bündnisfreiheit wurde durch Russland infrage gestellt.

Heidemarie Heim | Fr., 29. April 2022 - 20:04

Ganz am Anfang des Überfalls auf die Ukraine hitzige Diskussion mit einer Freundin, deren Heimat ein ländliches Gebiet Kasachstans ist und deren dort gebliebene Geschwister/ Verwandte, teils auch in der Hauptstadt mit den zig Namenswechseln;) lebend als ziemlich gute Informationsquellen dienen wie sich das Leben sowie die Politik dort entwickelt hat in den ca. letzten 20 Jahren bzw. seit es die SU nicht mehr gibt. Bei ihrem letzten Besuch dort waren sie und ihre Mitreisenden begeistert über den Fortschritt, wurden zugleich aber familienintern gewarnt, nur ja keine politischen statements oder so in der Öffentlichkeit abzugeben und falsche Aufmerksamkeit zu erregen. Und natürlich hat das Staatswesen und auch das Staatsverständnis dort wenig mit dem unsrigen zu tun wenn ich ihren Erzählungen von früher als auch heute Glauben schenken darf. Doch nichts desto trotz verwahrte sie sich vehement meinem Argument bzw. meiner Ahnung was den Machthunger Putins bzgl. Ex-Bruderstaaten betrifft! MfG

Bernhard Homa | Fr., 29. April 2022 - 22:24

Vielleicht sollte die ARD statt der nichtssagend-nutzlosen Sonntagabend-Talkshows künftig besser kasachische Politik übertragen – der Unterhaltungswert dürfte auf jeden Fall höher sein.
Und der Hintergrund von"Journalist" als Beleidigung könnte für den deutschen Zuschauer womöglich auch erhellend werden ...

Romuald Veselic | Sa., 30. April 2022 - 05:48

da wird der imperiale Kolonisator in Moskwa richtig Probleme bekommen. Kasachstan ist Chinavorhof gen Westen, sowie ländliche Ausgangsposition für die Neue Seidenstraße. Die Reaktivierung der UdSSR, wird nicht stattfinden.

Ich kann mir gut vorstellen, dass die Amis ein Tauschgeschäft mit China eingehen würden, bei Nichteinmischung zur Ukraine Rettung, indem sie nichts dagegen unternehmen werden, wenn China sich Sibirien einverleibt, zwischen Nowosibirsk und Kamtschatka, sowie die Japaner, ihre seit 1945 von RUS besetzten Kurilen Insel zurückbekommen.
Und meinetwegen, kann D russische Kolonie werden, als Kompensation für Sibirien Verlust.

PS Heute ist der letzte Tag für Aprilscherze! ??

Wolfgang Henning | Sa., 30. April 2022 - 15:44

Wie in den meisten islamisch geprägten Ländern herrscht auch in Kasachstan die Autokratie von Familienclans. Das Volk hat in diktatorischen Regimen "so gut wie gar nichts zu entscheiden". Das gilt auch für das Putin-Regime.
Mich wundert das Verständnis, dass diesem Regime entgegengebracht wird, wenn es "seinen Einfluss" auf andere Länder nicht verlieren will.
Welches Demokratieverständnis spricht daraus?
Der Vergleich mit den USA hinkt insofern, dass es durchaus Länder in der Einflusssphäre der USA gibt, die einen radikal sozialistischen Kurs eingeschlagen haben, ohne dass Amerika diese Länder in den letzten Jahrzehnten besetzt und quasi annektiert hatte. Beispiele dafür sind Venezuela und Nicaragua und Cuba. Im Vergleich zu Kasachstan könnte man auch Mexico mit den einflussreichen Verbrecherclans hinzuzählen.
Natürlich gab es Drohungen und wirtschaftliche Sanktionen, aber eben nicht den Einmarsch der amerikanischen Armee, mit dem Ziel einer dauerhaften Besetzung.

Christa Wallau | Mo., 2. Mai 2022 - 00:48

Antwort auf von Wolfgang Henning

geht es bei all diesen Auseinandersetzungen bis hin zu kriegerischer Einmischung n i e um ein - wie auch immer geartetes - Demokratieverständnis, sondern einzig und allein um Macht und wirtschaftlichen Einfluß.
Dies gilt genauso für die USA wie für Rußland und China.
Warum sonst sind die Amerikaner in den Irak oder Afghanistan einmarschiert?
Ach, so, ja: Sie wollten dort die Demokratie verankern!
Ist ihnen ja auch prima gelungen.
Und daß die USA nicht in Kuba und Venezuela vorgehen wie Putin in der Ukraine,
das hängt ausschließlich damit zusammen, daß Rußland eben k e i n e Raketen dort installiert, während die NATO dies an den Grenzen zu Rußland getan hat.
Außerdem haben diese Länder n i e m a l s zu den USA gehört, während die Ukraine und Rußland eine lange gemeinsame Geschichte u. Staatlichkeit verbindet.
Im übrigen: Venezuela brauchten die USA gar nicht militärisch platt zu machen, um das Regime zu treffen u. das Land zu ruinieren. Es reichte der wirtschaftliche Boykott.