Ralf Hanselle Peter Sloterdijk
Ralf Hanselle, Peter Sloterdijk / Antonia Jacobsen/Suhrkamp Verlag

Peter Sloterdijk im Gespräch mit Ralf Hanselle - Cicero Podcast Literaturen: „Reif für die Erkenntnis“

Peter Sloterdijk ist einer der einflussreichsten Philosophen der Gegenwart und wurde erst jüngst von „Cicero“ zum wichtigster Intellektuellen gekürt. Als 1983 sein Buch „Kritik der zynischen Vernunft“ erschien, wurde es zum erfolgreichsten philosophischen Werk seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Im Cicero Literaturen Podcast spricht Sloterdijk über sein neues Buch, über die Grautönigkeit der Gegenwart sowie über die Couleur der Welt.

Ralf Hanselle / Antje Berghäuser

Autoreninfo

Ralf Hanselle ist stellvertretender Chefredakteur von Cicero. Im Verlag zu Klampen erschien von ihm zuletzt das Buch „Homo digitalis. Obdachlose im Cyberspace“.

So erreichen Sie Ralf Hanselle:

Solange man kein Grau gemalt hat, sagte Paul Cézanne einmal, sei man kein Maler. Der Philosoph Peter Sloterdijk hat dieses oft zitierte Diktum der modernen Kunst aufgenommen und auf die eigene Disziplin angewandt: Wer noch kein Grau gedacht hat heißt das gerade erschienene neue Buch des 1947 in Karlsruhe geborenen Philosophen und Publizisten. Den zweiten Teil dieses von Cézanne ausgeliehenen Buchtitels muss sich der Leser wohl selber hinzudenken: Ohne das graue Denken nämlich, so Sloterdijk im aktuellen Cicero Literaturen Podcast, sei man kein Philosoph.

bild
Ralf Hanselle und Peter Sloterdijk

Die Farbe Grau, so die Grundthese aus Sloterdijks aktuellen philosophischen Reflexionen, die er selbst im Untertitel als Farbenlehre bezeichnet, zieht sich durch die gesamte Philosophie- und Geistesgeschichte: Sie beginnt mit den grauen Schatten aus Platons Höhlengleichnis, zieht sich durch die Dialektik Hegels und begegnet dem Leser in den Werken Nietzsches oder Heideggers wieder. Und dennoch ist Sloterdijks neues Buch keine fades und somit graues Einerlei: Wenn die Philosophie ihr Grau in Grau malt, ist eine Gestalt des Lebens alt geworden. Alt heißt in diesem Fall: reif für die Erkenntnis, so der renommierte Philosoph und Intellektuelle, den Cicero-Redakteur Ralf Hanselle im durchaus farbenfrohen Wintergarten seiner Berliner Wohnung getroffen hat. Statt der vielen aktuellen Schwarzmaler sehnt sich Peter Sloterdijk nach Graumalern – nach einem Denken der Nuancen und Differenzen. 

Ich denke, dass das ganze Buch ein großes Exerzitium über das Dritte ist. Es kommt zwar begrifflich nicht in dieser Form vor, aber es gibt eine indirekte Einübung in die dritten Werte, in das, was man auch in die Tradition des Weder-noch-Denkens fassen könnte. Grau hat als Farbton eine zivilisatorische Mission. Was in der Farbe noch alles drinsteckt und was das mit unserer regenbogenfarbenen Gegenwart zu tun hat, davon erzählt Peter Sloterdijk in der aktuellen Folge des Cicero Literaturen Podcasts.

Das Gespräch wurde am 7. April 2022 aufgezeichnet.

Sie können den Podcast jetzt hier – klicken Sie dazu „Inhalte aktivieren – hören, oder auch auf allen gängigen Podcast-Portalen.

 

Artikel zu Peter Sloterdijk:

 

Sie sind interessiert an weiteren Themen und noch kein Abonnent von Cicero Plus? Testen Sie uns, gratis für 30 Tage.

 

Mehr Podcast-Episoden:

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.

Dorothee Sehrt-Irrek | Do., 14. April 2022 - 14:16

zu den gewitzten, wenn nicht fröhlichen Denkern, denn wie sonst sollte man Denken passender umschreiben als mit der Farbe Grau, der Farbe der Gehirnmasse?
Mir steht Grau auch für alles, das ich eigentlich nicht sehen kann, das Noch-nicht, wie das Nicht-mehr, das Wasser, wie die Luft, das Licht, wie den Magnetismus, Materie also?
Ich schreibe hier im Cicero auch sehr angenehm auf grauem Hintergrund.
Diese geistigen Umwälzprozesse nehmen dem Einzelnen evtl. sein Spezifisches, aber es fehlt ja vielleicht bei Kant neben dem An- und Für-sich-Sein, das Zu-Anderen-Sein, das Verschwimmen?
Ich übe Vorsicht, auch Widerwillen, etwas festzuschreiben? Kurz ich bekenne, mir reicht zumeist, etwas gedacht zu haben.
"Grausam" wäre man doch nur, wenn man dann nicht wieder bei Lebendigem ankäme.
Die Schleier fallen aber irgendwann, das Durchsichtige führt weiter auf Irgendetwas.
Das mache ich gerne, ich denke etwas, halte daran lange fest, bis mir das je Lebendige vor die Augen kommt.
Er lebe lange