Wie ist die schönste Nebensache der Welt evolutionsbiologisch zu erklären? / Matthias Seifarth

Evolutionsbiologie - Warum Sex?

Geschlechtliche Fortpflanzung ist gefährlich, anstrengend und zeitraubend. Der Mensch hat seine Paarungsstrategien zwar verfeinert, indem er ihnen den Anschein von Kultur gibt. Doch so weit liegen Hirschkampf und menschliches Imponiergebaren gar nicht auseinander.

Autoreninfo

Klaus Ungerer ist Autor, Schriftsteller und Mitbegründer der Buchreihe edition schelf. Jüngst erschienen seine Novellen „Das Fehlen“ und „Ich verlasse dich nicht mehr“.

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Jetzt ist wieder Frühjahr, die Sonne kommt raus, alles sprießt, die Erpel vergewaltigen die Enten. Jede zehnte Ente stirbt im Zuge einer sexuellen Nötigung, meist werden sie bis an den Rand der Erschöpfung gejagt, viele werden auf dem Wasser misshandelt und ertrinken dabei. Oft steht auch die Gruppenvergewaltigung auf dem Programm – wer nicht mitmacht, muss seine Gene eben für sich behalten. Manche Entenexperten behaupten, die Ente könne ihre Vagina durch Muskelkontraktionen vor ungewolltem Samen schützen, bis ihr der Richtige erscheint, ein höflicherer, respektvollerer Erpel vielleicht, aber seien wir ehrlich: Der höfliche, respektvolle Erpel wird niemals zum Zug kommen, eher ertrinkt die Ente oder erschlafft und gibt ihre Fortpflanzungskraft an einen der Rüpel hin, die sie jagen. Und schenkt der nächsten Generation von Vergewaltigern das Leben. 

Von allen schrägen Sachen, die die Natur sich ausgedacht hat, ist Sex die wohl seltsamste. Intuitiv nachvollziehbar verhalten sich eigentlich nur Mikroorganismen und einige unspektakuläre Mehrzeller, die aufs Balzen, Schnäbeln und Vögeln verzichten: Vervielfältigen sich brav selbst, wenn ihnen danach ist, oder sie bilden Ableger, aus denen dann neue, friedliche Klone entstehen; sie werden ganz von allein immer mehr im sonnigen Tümpel, derweil neben ihnen die Ente entkräftet ihre letzten Flügelschläge macht. So friedlich kann das Leben sein für Marmorkrebs, Wasserfloh und Amöbe. Die vorgeblich Höherstehenden hingegen sind gefangen in einer Erregungsspirale, im ewigen Kreislauf aus Angeberzwang, Partnerjagd und unhygienischem Gerammel.

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Christa Wallau | So., 3. April 2022 - 12:11

s o läßt sich allerdings auch auf die Welt und den Menschen blicken, wie Sie es hier tun.
Ganz platt positivistisch u. mit entsprechendem Spaß an Zuspitzung.

Der Gedanke, daß Sex viel zu wichtig genommen u. dadurch zum Beherrscher des Menschen wird, ist allerdings bei denen, die auch metaphysiche Betrachtungsweisen zulassen, überhaupt nicht neu. Das Christentum z. B. hat den Sex eingeordnet, wo er nach seiner Überzeugung hingehört: in den liebevollen Umgang von Mann u. Frau miteinander. Da braucht es dann wirklich keine "Verrenkungen" wie in der Biologie.
Es gibt kluge Leute(und es hat sie zu allen Zeiten gegeben), die sich dem Sex-Terror entziehen und ein durchaus glückliches Leben führen, auch ohne daß dafür die Männer abgeschafft und die Frauen ihre "optimierten Eizellen in künstlichen Brütern fachgerecht ausbrüten lassen". Eine persönlich friedvolle Welt ist durchaus zu erreichen, wenn der Mensch von Kind an durch Liebe geprägt wird u. n i c h t von Sex u. seinen Spielarten.

Martin Falter | So., 3. April 2022 - 12:41

ohne die Natur gemacht.
Zudem wenn Männer weg gehören, wer macht dann die Drecksarbeit? Wer betreibt Forschung und betritt Neuland auf allen Ebenen?
Bestimmt nicht die Frauen, die allgemein weniger Risiken eingehen und sich im Großen und Ganzen ( Ausnahmen bestätigen die Regeln) die Hände nicht schmutzig machen möchten.

Dorothee Sehrt-Irrek | So., 3. April 2022 - 13:34

ist doch wohl weltberühmt, andererseits glaube ich, dass der Mensch die bislang ausgefeilteste Fortpflanzungskultur und auch Brutpflege ausübt.
Wenn der Autor so ganz etwas anderes möchte, bietet die Erde aber evtl. nicht die optimalste Heimstatt.
Wie singt Helene Fischer, "Der Mond bewegt die Meere, die Sonne weckt uns auf"?
Natürlich kann Neues enstehen, aber ich bin zugegeben überfragt, was das sein könnte.
Das Panorama der Fortpflanzung scheint den Autor soweit in Anspruch genommen zu haben, dass er vielleicht übersieht, dass Leben evtl. doch in Liebesdingen die vorteilhafteste Verbesserung der Verhältnisse zu leben anstrebt?

W.D. Hohe | So., 3. April 2022 - 13:50

haben mir einige Jahre Menschenstudium erspart.
Exemplarischer Unterschied, weniger Paranoien.
Ausgenommen Futtenneid - identisch konfiguriert.
Insgesamt gesehen, hat die Evolution beim Menschen zu viel herum gebastelt.
Da hat es die Tierwelt besser.
Solange ihr kein Mensch über den Weg läuft.
Was Sexualität betrifft - vergaßen Sie, Herr Ungerer, darauf hinzuweisen, dass "Mensch" zum Ausgeich seiner Multi-Paranoia mehr Verstand mitgegeben wurde.
Manche gehen mit diesem Geschenk leider allzu großzügig um. Mitunter wird es zudem ohne Passwort und gültige IP ausgereicht.
Siehe die Rate seiner Vervielfältgung.
Bis Erstgeborene an Hunger sterben, sind betreits Nachfolger in diese, in Allem begrenzte, Welt gesetzt.
Mensch frißt Planet.
Rettung?? Spenden!!
Eitelkeit & Macht bestimmen unsrer Segler`s Kurs
Sturm !!!
Wende: gegen Wind u Wellen = Kurskontrolle
Halse: quer durch Wind u Wellen = Kontrollverlust´ = Schiffbruch
Schuld hat immer das Wetter.
Sagen politische Kapitäne

Peter Rosenstein | So., 3. April 2022 - 19:23

Abgesehen davon, dass ich solch sexistisches Geschwurbel leid bin: Herr Ungerer, nehmen Sie Ihre eigenen Worte ernst, gehen Sie mit gutem Beispiel voran und entleiben Sie sich. Die anderen Männer werden es Ihnen danken.