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Schwieriger Neuanfang: EU-Kommissarin Ursula von der Leyen im Gespräch mit Chinas Premier Li Keqiang / dpa

EU-China-Gipfel - Die Lehre aus dem Ukrainekrieg

Beim China-EU-Gipfel wollen die Europäer wissen, auf welcher Seite Chinas Staatspräsident Xi Jinping im Ukrainekrieg steht. Dabei müssten sie endlich erkennen, dass sie sich in den vergangenen sechzehn Jahren von China genauso abhängig gemacht haben wie von Russland, schreibt Thomas Jäger. Der Krieg stelle die EU vor die Aufgabe, ihr Verhältnis zu China neu auszubalancieren.

Autoreninfo

Thomas Jäger ist Professor für Internationale Politik und Außenpolitik an der Universität zu Köln. Er ist Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste.

So erreichen Sie Thomas Jäger:

Der militärische Angriff Russlands auf die Ukraine hat auch das Verhältnis der Europäischen Union zu China nachhaltig berührt. Es hat die Grundzüge der Beziehungen nicht geändert, aber einerseits dafür gesorgt, dass die europäischen Regierungen zu einer partiellen Neubewertung gelangen, und es hat andererseits das Verhältnis komplizierter gemacht.

Das Ergebnis wird eine zunehmende Entfremdung sein, die nicht mehr durch quartalsorientierte Profitmaximierung verschüttet wird. Gleichzeitig werden die EU-Staaten die Wohlstandsgewinne durch internationale Kooperation nicht aufgeben wollen, denn ihre wichtigste Ressource, um international gehört zu werden, ist ihre wirtschaftliche Kraft. So gilt es, für die europäisch-chinesischen Beziehungen eine neue Balance zu finden. Das wird auf dem Gipfel nicht geschehen, sondern Jahre in Anspruch nehmen. Wie auch im Verhältnis zu Russland muss in den Beziehungen zu China der Aufschlag einer geostrategisch blinden Wirtschafts- und Energiepolitik der letzten sechzehn Jahre bezahlt werden. Jetzt geht es darum zu überlegen, wie das Verhältnis zukünftig aussieht. Die EU steht vor der Aufgabe, eine entsprechende realitätstüchtige Strategie zu entwickeln.

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Urban Will | Fr., 1. April 2022 - 18:19

Auch sonst ist dieser Artikel eine gute Beschreibung der traurigen Gegenwart.
Europa meldet sich ab von der Welt, das wird immer deutlicher.
Wer Politik fast ausschließlich nach moralischen Maßstäben gestaltet, landet irgendwann in der Muppet – Show der Geschichte.
Wenn man dann auch noch fleißig Doppelmoral pflegt, wird es richtig komisch.
Die Amerikaner können sich moralische Politik leisten, denn sie setzen die Maßstäbe, lassen Europa tanzen und sind weit weg.
Putin gehört nicht zu den Tänzern, er hat nun nach jahrzehntelanger Demütigung agiert.
China wird sich das europäische Gequake anhören, dazu nicken und sein Ding weiter machen.
Wir Trottel erschaffen gerade mit unserer „Moral“ das wohl stärkste Bündnis, das es je wird gegeben haben in der Geschichte: China und Russland.
Die Welt wird unsicherer, die Folgen: u.a. massive Fluchtbewegungen. Wohin die gehen, ist klar. Deppenland.
Meine Prognose: in 10 – 20 J gehört der Osten Europas freiwillig wieder zur russischen Seite.

Enka Hein | Fr., 1. April 2022 - 18:44

....heißt: „Da das nicht reicht, braucht der Neuanfang nach der Schlafphase auch neues Personal.“
Hierbei liegt die Betonung auf neues Personal.
Aber dieses Personal muß Erfahrung mitbringen. In jedem großen Unternehmen stehen in der Regel Manager mit Erfahrung an der Spitze. Auch in den Leitungsebenen darunter werden Mitarbeiter am freien Markt nach Leistungsvermögen gesucht.
In der Politik sieht es komplett anders aus.
Einzelne Beispiele spare ich mir. Siehe Grüne und SPD Minister. Q.E.D.
Wird sich das je ändern? Nein.
Deswegen, werter Herr Jäger, ist der Rest ihres Beitrags nur noch Prosa. Zutreffende Prosa.
Und der MSM ist über 75% linksgrün Ideologisch unterwegs. Verblendet also. Reflektiertes Denken ist ein Fremdwort.
Die Nummer wird nix mehr in Europa.
Frage. Wem würden Sie 1000 € zur Vermehrung geben? Xi oder v.d.Leyen?
Das moralbesoffene linksgrüne Tikatuku Land EU brennt. Aber bevor gelöscht wird, erst mal schauen ob alle schön LBQTxxx sind und BLM geeignet.

Christoph Kuhlmann | Fr., 1. April 2022 - 18:59

zu geben. Doch sollte Europa erst einmal auf Zeit setzen. Momentan wissen wir nicht einmal inwieweit die chemische Gasindustrie direkt an russischen Gasleitungen hängt und durch das europäische Gasnetz versorgt werden könnte. Da nützen auch keine Extrapolationen von "Wirtschaftsexperten", die meinen es ginge. Der Bau neuer Pipelines kann Jahre dauern. Schon wegen der Genehmigungsverfahren. Ich spreche das deshalb an, weil die Chemie in den Lieferketten der gesamten Wirtschaft auftaucht. Bis hin zum Dienstleistungssektor. Wir gehen zurzeit auf ganz dünnem Eis und der Umfang der bisherigen Schäden ist noch nicht einmal ansatzweise abzusehen. Wie gut, dass es da China auch nicht viel besser geht mit seiner 0 Covid Strategie. Schanghai in Quarantäne. Da wird sich vieles von ganz allein entflechten. Ich denke die Generallinie ist klar. Solange nicht ein erratischer Republikaner in zwei Jahren wieder den Elefanten im Porzellanladen spielt. Dann könnte Europa auf sich allein gestellt sein.

Christa Wallau | Fr., 1. April 2022 - 20:05

kennt im Westen keiner mehr.
Die chinesische Regierung ist hart und entschlossen, und die meisten Bürger Chinas sind es auch. Sie arbeiten mehr als die meisten anderen Menschen auf der Welt und unterwerfen sich willig Anweisungen von oben. Disziplin gehört zu ihren Grundtugenden.

Kaltblütige Geschäftstüchtigkeit ist in meinen Augen jedoch das Haupt-Kennzeichen der Chinesen, eine Eigenschaft, die sie prädestiniert, ehrgeizige Ziele (Machtausdehnung u. materiellen Reichtum für möglichst viele Chinesen) kontinuierlich zu erreichen.

Dem gegenüber steht ein verweichlichte, zerstrittene westliche Welt, die ihre Errungenschaften (Freiheit /Selbstbestimmung/christlich geprägte Kultur) nicht einmal mehr wirklich schätzt, geschweige denn ernsthaft verteidigt. So läßt er u. a. zu, daß der Islam sich auf seinem Gebiet ausbreitet.

Es braucht nicht viel Fantasie, um sich auszumalen, daß China d e r Global-Player des 21. Jahrhunderts sein wird.

Peter Sommerhalder | Fr., 1. April 2022 - 20:23

Europa wird der grosse Verlierer sein.

Sicher nicht die USA oder China...

Annette Seliger | Sa., 2. April 2022 - 09:33

....Herr Jäger, wenn die Amtszeit von Biden vorbei ist.
Erinnern wir uns an die Medien und "Experten" wie sie sich die Finger wund geschrieben und in den tiefsten Abgründen ihrer manipulativen Wortbaukästen gekramt haben, als Trump Präsident war. Er überzog die EU mit Zöllen auf Waren, um das Handelsdefizit auszugleichen und schwups ging im Osten die Sonne auf. Die Chinesen waren unsere Freunde und gefeierte Stars auf der Sause in Davos. Alles war mindestens bilateral und in den U.S.A. herrschte das Böse. Nun haben wir den Krieg in der Ukraine und ich frage mich bis heute wer der Regierung dort eingeflüstert hat einen NATO Beitritt in die Verfassung aufzunehmen. Wenn es keine Sicherheitsvereinbarung gibt, dann ist der Schritt von Putin logisch und konsequent, denn bei einem NATO Beitritt wäre es sowieso zur Konfrontation gekommen. Also, die Analyse der Chinesen ist nachvollziehbar, und sie wehren sich gegen einen Hegemonismus wie ihn die U.S.A. praktizieren, mit der EU als Anhängsel.

Klaus Funke | Sa., 2. April 2022 - 09:53

Der EU ist immer noch nicht klar geworden, das sie am kürzeren Hebel sitzt. Überheblichkeit, Belehrungen und Forderungen wie von Frau von der Leyen zu hören war, sind untaugliche Mittel und im Umgang mit China kontraindiziert. Chinas Schritt zur Weltmacht Nr. 1 ist nicht aufzuhalten. Das muss unseren europäischen Politikern bitte endlich klar werden. Chinas Verhältnis zu Russland ist von taktischen und strategischen Varianten bestimmt. Es wird Russland stützen, solange es für China nützlich ist. Und die unüberlegte, dümmliche und von den USA bestimmte Energiepolitik ist ein Nützlichkeitsindikator. China braucht Rohstoffe für seine Energieproduktion, Erdöl und Gas, und Russland wird das liefern. Russland hat sich, was die kurzsichtigen Cowboys in den USA freut, von Europa abgewandt. China aber profitiert davon. Das muss doch selbst dem Dümmsten klar sein. China wird immer stärker, je schwächer Europa wird. Und Europa schwächt sich z.B. im Energiesektor selbst. Abhängigkeit ausgetauscht

Han Huber | Sa., 2. April 2022 - 10:20

Bin dann mal gespannt, wie die Sanktionen des Westens und speziell auch unsere ausfallen werden, wenn die VR Taiwan‘ heimholt‘. Die Blaupause haben wir ja schon. Das war‘s dann wohl mit neuen IPhones und dem Absatz von Mercedes et al. in der VR - konsequent und mit moralischem Kompass.

Ernst-Günther Konrad | Sa., 2. April 2022 - 10:28

So sehr dieser Krieg zu verabscheuen ist, umso mehr haben Sie völlig recht, das dieses Europa nur mit Russland und nicht ohne, eine solche Brücke bauen könnte. Von wem sind die Europäer denn nicht abhängig, egal auf welche Weise? Es muss heute schon gedacht werden, wie man Russland nach diesem Krieg irgendwie einbindet mit dem nötigen Misstrauen und wie man sich insgesamt in allen Bereichen soweit unabhängig macht, dass Europa auch allein bestehen kann. Und das gilt auch insbesondere militärisch. Auch wenn die USA noch die Schutzhand über uns auszustrecken scheint, sind damit aber auch immer imperialistische Bedingungen an dieses Europa geknüpft. Deshalb muss Europa, wenn es überleben will, auch damit aufhören, innerhalb der EU alles und jeden umerziehen zu wollen. Nur wer auch die nationalen Interessen eines jeden EU-Mitgliedstaates anerkennt und mitdenkt, der kann im Ernstfall auf den Zusammenhalt im Kriegsfall rechnen. Ob mit Putin oder mit einem anderen, es braucht Russland.

Martin Falter | Sa., 2. April 2022 - 10:42

Einlullens und der Schimäre hat hier ganze Arbeit geleistet.

Wir besonders die Deutschen stehen Dank Merkel blank da.

Dabei ist Russland wirklich im Vergleich zu China eine Regionalmacht.

Es wird uns dem Westen viel Kraft und Anstrengungen und auch Verzicht kosten, hier zu bestehen und unsere Werte trotzdem zu wahren.

Gerhard Fiedler | Sa., 2. April 2022 - 11:54

Krieg kann man niemals gut finden, egal welches Land ihn führt. Doch hinsichtlich seiner Verwerflichkeit gibt es große Unterschiede. Der ideologische Krieg Hitler-Deutschlands war mit seiner Bösartigkeit und Rache gewiss nicht zu toppen. Dem jetzigen Ukraine-Krieg Russlands wiederum liegt mit seinem „Bis hierher und nicht weiter“ ein durch die Osterweiterung des Westens entstandenes überzogenes Schutzbedürfnis zugrunde. Die Kriege der USA hingegen sind meist imperialistischer Natur und auf Machtausweitung angelegt. Der Irak-Krieg ist ein Beispiel dafür. Immer aber wird mit seinen Kriegen den Völkern der Welt auch das Signal gesandt, und somit auch an China, „Du sollst keine fremden Götter haben neben mir“. Es steht von daher den USA nicht gut zu Gesicht, sich über den Ukraine-Krieg zu empören, Sanktionen zu fordern und dies von seinen Lakaien, insbesondere von Deutschland, und darüber hinaus auch von China ebenfalls zu erwarten.

Tomas Poth | Sa., 2. April 2022 - 12:18

Aus meiner Sicht:
1. Der US Petro-Dollar Imperialismus muß beendet werden.
2. Die europäischen Kleinstaaten müssen eine eigenständige Verteidigung aufbauen.
3. Deutschland muss seine Bullerbü- Wolkenkuckucksheimer in die Wüste schicken und ideologiefrei seine Risiken hinsichtlich Rohstoffversorgung streuen, reduzieren.

Gisela Fimiani | Sa., 2. April 2022 - 15:03

Die Probleme, welche es zu lösen gilt, sind komplex und profund. Lösen sollen sie nun woke Schönwetterdemokraten, die bisher der Wirklichkeit erfolgreich entkamen und seit Jahren (mit Erfolg) dafür sorgten, dass aus Bürgern infantile, staatshörige, hilflose menschliche Gattungswesen wurden, die sich, bestens dressiert, jeder „Mode“, jeder Angst, jeder Hysterie zu unterwerfen bereit sind. So leben wir in denkbar schlechten Zeiten für Realisten und Verantwortungsethiker - sie sind schlicht nicht vorhanden, weil infantile Narzissten sich nur auf wirklichkeitsferne Gesinnungsethik verstehen. Wo also sollte das „neue Personal“ herkommen? Es wird immer schwieriger, hoffnungsvoll, oder gar optimistisch, in die Zukunft zu blicken. Medial jedenfalls gilt fast allenthalben und ungebrochen die Devise: Es kann nicht sein, was nicht sein darf. So steht zu fürchten, dass uns, „schon länger hier lebenden Menschen“, ein grausames Erwachen vom Trug des Wohlfahrtsstaates bevorsteht.