Viktor Orbán dürfte die anstehenden Wahlen in Ungarn mit hoher Sicherheit gewinnen / dpa

Wahlen in Ungarn - Dr. Evil und sein Klon

Am 3. April wird in Ungarn ein neues Parlament gewählt. Die Opposition tritt zwar mit einem gemeinsamen Kandidaten an, ist aber alles andere als geschlossen. Dennoch steht Viktor Orbán in der Defensive – viele sind seiner überdrüssig.

Alexander Marguier

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Alexander Marguier ist Chefredakteur von Cicero.

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Ein Plakat auf einer Litfaßsäule in der Budapester Innenstadt bringt das Niveau des aktuellen Wahlkampfs ziemlich gut auf den Punkt. Es zeigt den Oppositionsführer Péter Márki-Zay im Outfit des „Mini-Me“ – jener Figur aus der Spion-Komödie „Austin Powers“, die als geklonte Miniaturausgabe des Oberschurken „Dr. Evil“ in die jüngere Filmgeschichte eingegangen ist. Auch „Dr. Evil“ ist auf dem Plakat zu sehen, und zwar in Gestalt von Ferenc Gyurcsány, der von 2004 bis 2009 Ministerpräsident von Ungarn war und das Land nach ziemlich einhelliger Meinung an den Rand der Staatspleite regierte. Der 60 Jahre alte Sozialist gilt bis heute als einer der unbeliebtesten Politiker seines Landes – was ihn nicht daran hindert, weiterhin politisch mitzumischen: Mit der von ihm gegründeten Demokratischen Koalition (DK) ist er Teil des aus sechs höchst unterschiedlichen Parteien bestehenden Oppositionsbündnisses, das bei den Parlamentswahlen am 3. April den seit zwölf Jahren ununterbrochen amtierenden Regierungschef Viktor Orbán niederringen will.

Was gewiss keine leichte Aufgabe ist – aber eben auch nicht völlig ausgeschlossen. Denn in Ungarn macht sich eine gewisse Überdrüssigkeit breit, was den viel gescholtenen „Rechtspopulisten“ Orbán und seine Fidesz-Partei angeht. Und das wiederum ist Anlass genug für den Fidesz, um negatives Campaigning nach dem Motto zu betreiben: Wer für die von Péter Márki-Zay angeführte vereinigte Opposition stimmt, bekommt hinterher niemand anderen als den linken Strippenzieher Ferenc Gyurcsány serviert. Also eben „Dr. Evil“ anstatt „Mini-Me“. Oder wie es auf dem mit „Die Gyurcsány-Show“ betitelten Plakat heißt: „Der Boss hat einen neuen Klon“.

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Robert Hans Stein | Mi., 30. März 2022 - 09:06

Was spricht für, was gegen Orbán. Letztlich haben das die Ungarn zu entscheiden. Sie müssen dabei einfach nur überlegen, was für sie entscheidend ist. Das Beispiel des erratischen Despoten Putin sollte gezeigt haben, dass eine Anlehnung an den jeweils am mächtigsten erscheinenden Akteur in böser Ernüchterung enden wird. Nur soviel zur Sympathie für China.
Besser wäre ein klares Bekenntnis zur westlichen Demokratie ohne Billigung mancher ideologiebedingter Auswüchse der "urbanen Eliten" (Gendern, queere Lebensweisen, überzogene Forderungen in Klima- und Umweltpolitik, Geschichtvergessenheit). Mit anderen Worten, offen für Neues - ja, aber immer noch besser ein ewig Gestriger, als das Kind mit dem Bade ausgeschüttet.

Karl-Heinz Weiß | Mi., 30. März 2022 - 09:59

Ein sehr eindrucksvolles Stimmungsbild der ungarischen Gesellschaft 1989-2022, fokussiert in Viktor Orban. Politisches Lavieren gehört zur dortigen DNA. Im Bezug auf China stößt diese Taktik aber an Grenzen. Nach der russischen Aggression und der eindeutigen Reaktion der EU hat Orban noch rechtzeitig die Kurve gekriegt. Jetzt kann ihn nur noch der Israel-Effekt stürzen, die tiefsitzende Abneigung gegen einen Autokraten.

Gerhard Lenz | Mi., 30. März 2022 - 10:07

angesagt. Vielleicht schicken die Ungarn "Putins Pudel" tatsächlich endlich in die Wüste.

Schön wär's. Andererseits hat Orban in seinem Land "vordemokratische", in eigenen Worten "illiberale" Verhältnisse geschaffen. Die Medien sind fast vollständig in den Händen von Parteifreunden, die Opposition kommt kaum vor. Die Justiz ist weitgehend gleichgeschaltet. In diesem Umfeld fällt es selbst einem Orban nicht schwer, den "sorgenden Landesvater" zu schauspielern, der angebliche Gefahren von Außen (Flüchtlinge) oder Innen (NGOs, angebliche jüdische Verschwörer um Herrn Soros) von den Ungarn fernhält.
Der seinen Privatkrieg gegen die EU führt, aber dankend Fördergelder kassiert, um daheim Resultate, die er nur EU-Geldern zu verdanken hat, als eigene Leistung darzustellen.

Natürlich fremdeln Osteuropäer nach 40Jahren Sowjetkommunismus mit der Demokratie - siehe AfD-Dunkeldeutschland.

Dennoch: Irgendwann dürfen sich auch die Ungarn für Demokratie und gegen Orban entscheiden.

"Putins Pudel" tatsächlich in die Wüste.
Wünschen sich die Zwergpinscher an der Leine von Onkel Sam.
Es ist an den Ungarn zu entscheiden wen sie wollen und wenn Herr Orban wiedergewählt wird dann ist das eben so und wenn die Opposition gewählt wird ist das eben so.

Jens Böhme | Mi., 30. März 2022 - 11:11

Ungarn wird mit solch alberner Anti-Orban-Koalition vermutlich Orban abwählen, aber die bekannten politischen Chaoszeiten aus anderen EU-Staaten nicht abwehren können. Die EU ist erledigt und zerbröselt von innen.

Victor Orban ist einer der wenigen Regierungschefs, denen der Wille seiner ungarischen Landsleute (dem Souverän) wichtig und beachtenswert ist!
Darf man das nicht sagen? Wo bleibt mein Kommentar diesbezüglich???

Gerhard Fiedler | Mi., 30. März 2022 - 11:45

Für mich ist Victor Orban ein Politiker ganz nach meinem Geschmack, mit viel Sinn für Realität und Machbarkeit. Ich wünsche ihm Erfolg. Es wäre schade, wenn es seine Stimme in einer verkorksten EU nicht mehr gäbe. Hätte Deutschland ab 2015 einen solchen als Bundeskanzler gehabt, wäre ihm viel erspart geblieben, die Spaltung des Landes und eine grünsozialistische Ausrichtung von Politik, Medien, ÖR und oberster GerichtsbarkeitL. Das ganze Desaster von völlig überforderten Regierungen, Parteien und Politikern wird nun in einer Krise deutlich. Nicht ein "First Deutschland" bestimmt ihre Politik. Nein, für die Interessen einer fremden Ukraine sind sie mit ihrer weltfremden Art sogar bereit - derzeit mit nicht zu Ende gedachten Sanktionen - ganz Deutschland zu opfern, das Wohl seines Volkes wie das seiner einst erfolgreichen Wirtschaft. Es stehen uns düstere Zeiten bevor. Ob das wohl gutgeht, wenn das Volk erst merkt, was es sich da ständig zusammengewählt hat?

Günter Johannsen | Mi., 30. März 2022 - 14:01

Antwort auf von Gerhard Fiedler

"Für mich ist Victor Orban ein Politiker ganz nach meinem Geschmack, mit viel Sinn für Realität und Machbarkeit. Ich wünsche ihm Erfolg."
Da bin ich ganz bei Ihnen. Und ich schließe mich Ihrer Aussage voll an!

Heidemarie Heim | Mi., 30. März 2022 - 12:33

"Hallo Großherzog!" So die üblich launige Begrüßung zwischen Jean Claude und Viktor. Zwei sich auf Augenhöhe begrüßende Alphas, die sich einzuschätzen wussten bzw. was sie von dem Gegenüber zu erwarten hatten. Dies zum immerwährenden Missfallen der übrigen Antipopulisten und Vorzeigedemokraten*innen, die ihn zeitweise oder noch immer am liebsten "aushungern" würden wie die derzeitige deutsche Vizepräsidentin des EU-Parlamentes und ehemalige Bundesjustizministerin Frau Dr. Barley. Und zu deren Verdruss und mehr schlecht als recht verborgenen Verwunderung darüber, dass der Lieblingsgegner Merkel`scher Migrationspolitik seine Grenzen für seine vom Krieg betroffenen Nachbarn ebenso großzügig öffnet, wie auch Russen, die das Weite suchen müssen und anderen, die ihm sozusagen kulturell;) näher stehen. Was sich innenpolitisch abspielt in Ungarn, z.B. wieviel Presse/Medienunabhängigkeit oder Verwaltung und Justiz usw. ist Sache der Ungarn. Kehren wir doch erst mal vor unserer eigenen Tür! MfG

Armin Latell | Mi., 30. März 2022 - 13:06

sich einen Gefallen tun, keine buntesdeutschen, französischen oder italienischen Verhältnisse haben möchten, sollten sie bei dem jetzigen Ministerpräsidenten bleiben. Die "urbanen" Wähler wissen nicht, genau wie im Westen, was sie sich antun, wenn sie "moderner, liberaler, woker" und was sonst noch alles, werden wollen.
Die Buntesrepublik ist das beste, abschreckendste Beispiel für solch eine Entwicklung.

Gisela Fimiani | Mi., 30. März 2022 - 13:23

Anstatt sich einer wohlfeilen „Gesinnungsethik“ zu befleißigen, deren moralistische Gerichtshöfe keine „Prozessordnung“ kennen, muß dringend die „Vernunftethik“ für Besinnung sorgen. Leider sorgen Bauch und Gefühl dafür, dass die Spirale der hysterischen Besserwisserei sich immer weiter dreht und Sachlichkeit und Verstand auf der Strecke bleiben. Für uns alle, besonders aber für Journalisten und Politiker, muß gelten: Steigen wir herab von unseren Richterstühlen der eitlen Selbstüberhebung, bemühen wir uns um Verständnis und Ausgewogenheit, sowie um ein gerütteltes Maß an historischer Kenntnis und Einsicht. Die Gesinnungsethik zeitigt inzwischen eine jakobinische Raserei gegen alle möglichen in- und ausländischen Feinde, die uns in Wahrheit unserer Menschlichkeit beraubt. Zwischen dem weißen Gut und dem schwarzen Böse gibt es zahlreiche Grautöne. Wer anderes als der Hochmütige wollte den ersten Stein aufheben - und in die Irre gehen. „Darf“ Ungarn für und als Ungarn entscheiden?

Ernst-Günther Konrad | Mi., 30. März 2022 - 13:45

Eine interessante Darstellung der derzeitigen politischen Lage in Ungarn. Eigentlich sind 12 Jahre schon zu viel und wenn Orban gewählt werden wir, kommen mir sofort die 16 Jahre Merkel in den Sinn. Egal wie die politische Arbeit Orbans bewertet wird, so fällt mir in dem Artikel auf, dass es innerhalb der Fidesz offenbar auch keinen geeigneten Nachwuchs gibt. Das erinnert mich an die CDU. Jedenfalls dürfte es für die Ungarn eine klare Botschaft geben. Wollen sie in Zeiten einer Kriegssituation im Nachbarland und der Flüchtlingswelle einen erfahrenen Mann mit eingespieltem Team oder eine zusammengewürfelten Haufen, der anschließend eine Chaosregierung gebiert. Orban hat sicherlich hohe Verdienste, aber eben auch sicher seine Leichen im Keller. Mögen die Ungarn entscheiden, was sie am Ende für schwergewichtiger ansehen. Jedenfalls läuft die Wirtschaft, hat Orban sie vor der Flüchtlingswelle 2015 bewahrt und regierte bislang stabil. Nein, das rechtfertigt nicht die eigene Korruption.

Doch, es gibt Nachwuchs in Fidesz. Der Außenminister, Peter Szijjártó ist intelligent, erfolgreich und beliebt. Seine Interviews mit CNN oder andere US Sender sind wirklich sehenswert!

Ernst-Günther Konrad | Do., 31. März 2022 - 11:00

Antwort auf von Katharine Schön

Leider liest man im Artikel darüber nichts. Denn dann wäre auch zu überlegen, ob dieser Mann -Peter Szijjártó- Orban ablösen könnte, damit auch Ungarn nicht in eine Art Merkelismus verfällt, so sehr ich Orbans Politik in vielen Dingen für gut heiße. Nach meiner Ansicht reichen 8 -10 Jahre für einen Kanzler/Präsidenten aus.

Hubert Sieweke | Fr., 1. April 2022 - 00:17

dieser zusammengewürfelte Haufen von ganz Links bis Jobbik, also rechtsextrem, könnte etwas Positives für Ungarn bewerkstelligen. Ferenc Gyurcsány, dieser Verlierer und unbeliebte Hintermann wäre dann der neue wie alte MP. Da würde den Orban Kritikern aber schnell das Lachen vergehen. Tusk, der unglückliche Verlierer der polnischen Geschichte könnte seine sozialistischen Träume wieder aufleben lassen, all die anderen Linken in dem EU Zirkus Strassburg auch.