Demo in Köln
Man hat mal wieder Farbe zu bekennen, sogar im Kölner Karneval, wo der Rosenmontagszug durch eine Antikriegsdemo ersetzt wurde / dpa

Ukraine-Konflikt - Kollektive Ambivalenzverweigerung

Was für ein Déjà-vu! Wieder einmal verfällt unsere Gesellschaft samt Medien in kollektive Schnappatmung, in Moralisierung und Bekenntniszwang. Die Empörungsspirale dreht sich, Zwischentöne sind unerwünscht. Ambivalenzverweigerung gilt als Tugend. Doch diesmal geht es nicht um Migration, Klima oder ein läppisches Virus. Diesmal geht es um Krieg und Frieden. Zeit für Vernunft, Selbstkritik und Differenzierungsvermögen.

Autoreninfo

Alexander Grau ist promovierter Philosoph und arbeitet als freier Kultur- und Wissenschaftsjournalist. Er veröffentlichte u.a. „Hypermoral. Die neue Lust an der Empörung“. Zuletzt erschien „Vom Wald. Eine Philosophie der Freiheit“ bei Claudius.

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Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit, lautet ein in diesen Tagen zu Tode zitiertes Bonmot. Klingt gut, ist aber falsch. Denn es suggeriert, dass es die eine Wahrheit gibt. Doch die eine Wahrheit gibt es nicht, allenfalls Wahrheiten. Wir erleben es soeben. Was jedoch auf der Strecke geblieben ist, ist das Differenzierungsvermögen. Der erste Schuss muss es getroffen haben. Nun ist es mausetot.

Statt zu differenzieren und abzuwägen, hat man mal wieder Farbe zu bekennen, vorzugsweise gelb-blau. Seit gut zwei Wochen produziert ein Großteil der Medien, angefangen von den Öffentlich-Rechtlichen bis hin zu den großen Zeitschriftenverlagen, eine hyperventilierende Schlagzeile nach der anderen. Das ist zwar verständlich, da sich vor unseren Augen menschliche Tragödien abspielen, die wir noch vor Wochen für unmöglich gehalten hätten. Gerade deshalb aber wäre es Aufgabe der Medien, ruhig Blut zu bewahren und der Sachlichkeit Raum zu geben. Stattdessen dreht man auch in den Redaktionsstuben an der Eskalationsspirale. Das ging soweit, dass ein verdienter Journalist auf Bild-TV offen einen Mordanschlag auf Wladimir Putin herbeifabulierte – und niemand widersprach. Wahrscheinlich fühlten sich in der Runde alle in diesem Moment als kleine Stauffenbergs. Herzlichen Glückwunsch.

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Dominik Roth | So., 13. März 2022 - 12:13

Einem unprovozierten blutigen Angriffskrieg auf einen souveränen Staat kann man keine Unterkomplexität unterstellen, hier sind die Seiten ganz klar.
Russland hat im 20 Jhd vielfach seinen Nachbarländern Tod und Unterdrückung gebracht. Selbstverständlich wollten diese Länder dem NICHTangriffsbündnis NATO beitreten.
Zu keinem Zeitpunkt wurde Russland von der NATO bedroht. Hier ist gar nichts ambivalent.

Sie sollten sich klar sein dass die NATO von den USA dominiert werden.

Und in dem Zusammenhang sollten Sie sich mal Informieren wer Paul Wolfowitz ist, und was er 1992 im Auftrag der US-Regierung geschrieben hat.
Z.B. hier :
https://de.wikibrief.org/wiki/Wolfowitz_Doctrine

Auch die Aussagen des US-Beraters Zbigniew Brzezinski sind ausgesprochen lehrreich :
Hier ein paar Infos :
https://de.wikipedia.org/wiki/Die_einzige_Weltmacht:_Amerikas_Strategie…

Es gibt auch ausgesprochen erhellende Interviews und Aussagen zum Konflikt "Nato<>Russland" von Robert McNamara, Egon Bahr, Henry Kissinger oder William Burns (CIA Direktor)

Es wurde über 25 Jahre immer wieder vor einem Krieg als Resultat der Nato-Osterweiterung gewarnt.
Jeder muß sich selbst Gedanken darüber machen, warum die Politik und die Medien das ignoriert haben.

den hervorragenden Vortrag von Michael Lüders, liebe Frau Schommer!
Ich kann allem zustimmen, was er ausführt.
Warum wird ein solcher Mann nicht mal in eine der vielen Talkshows eingeladen?
Lüders hat recht mit der Aussage, daß wir Deutschen u. die von uns abhängige EU sowie speziell die Ukrainer wie Bauern auf dem Schachbrett von den USA bewußt in die Zwangslage gebracht wurden, für die Interessen der Vereinigten Staaten u. gegen Rußland einzutreten, obwohl wir uns dabei selbst am meisten schädigen.
Die Angst der Amerikaner vor einem wirtschaftseinigen u. -starken Europa unter Einbeziehung des rohstoffreichen Rußland war immer vorhanden u. hat zu allen Spaltungs-Maßnahmen beigetragen, welche die USA nach dem Ende des Sowjetreiches unternommen haben, vor allem die
Nato-Osterweiterung u. die bewußte Einflußnahme in der Ukraine.
Warum lassen wir uns immer wieder vor den Karren der USA spannen?
Einzig Schröder hat es e i n Mal gewagt, im Irak-Krieg die Gefolgschaft zu verweigern.

... guter Hinweis. Ist natürlich nichts für die Russen-/Putinhasser-Fraktion.
Wie von M. Lüders dargestellt, auch dieser Krieg hat viele Väter und immer wieder dabei, die alte angelsächsische Politik.

Der Beitrag ist sicher differenziert und stellt unterschiedliche Perspektiven des Konfiktes in und mit der Ukraine dar. Nach dem durch den Westen ausgelösten Regime Chace und der danach verkündeten Aufnahme der Ukraine in Nato und EU (wer will das eigentlich außer unseren europäischen Politkaspern?) ist die Situation in der Region heikel. Die imperiale Politk der USA hat Anteil an der Eskalation in der Ukraine. Wäre doch schön gewesen mit einem EU Beitritt der Ukraine die gesamte Eu zu destabilisieren. "Fuck the EU", wie es schon 2012 aus dem Pentagon verlautete.

... ist zwar auch meiner Meinung nach völlig richtig.
Gemäß dieses Mottos Jahrzehnte lang Politik zu machen und die Sicherheitsinteressen Russlands - so diktatorisch und gewalttätig es auch ist (und damit habe ich mich hoffentlich weit genug von jedwedem "Putinverstehertum" abgesetzt) - zu ignorieren und in der Weise selbstgefällig aufzutreten, wie es eben leider allen voran die USA getan haben, ist nun mal alles andere als kluge Politik gewesen, sondern war schlicht strategische Dummheit Und diese Dummheit fällt jetzt auf die Füße.
Der Westen hat sich im vermeintlichen Sieg des kalten Krieges gesonnt und hat unglaublich dumme Entscheidungen getroffen angesichts der Tatsache, daß der "besiegte" Kalte-Krieg-Gegner leider immer noch ein sehr großes Waffenarsenal incl. Tausender Atomwaffen sein eigen nennt.
"Aber wir sind doch die Guten" mag dann zwar tausend mal richtig sein, hilft aber nicht, sondern ist - s.o. - politische Dummheit.
Insofern eben sogar sehr ambivalent, diese Sache!

Lassen wir mal eine Bewertung Russlands aussen vor - aber: "wir sind die Guten" ist so falsch wie irgend etwas nur sein kann.

Kleiner Tipp: Sie mögen von Ihnen selbst - als Deutscher - ausgehen, wenn Sie sich als gut empfinden. Das trifft aber zu 100% auch auf jeden Russen zu!
"Böse" oder besser ausgedrückt: dumm, sind nur die Menschen, die für uns politische Entscheidungen treffen.
Und auch hier unterscheiden sich Russland und Deutschland leider nicht im Geringsten.
Wenn Sie also alle Putins, Scholz, Bidens und wie sie sonst noch heißen in die nächstgelegene Verwahr- Anstalt bringen, dann und nur dann wird alles gut!

Wolfram Fischer | Di., 15. März 2022 - 21:10

Antwort auf von Hans Meiser

Wer Putin, Scholz und Biden auf die gleiche Stufe stellt, dessen Tip würde ich gerne vorziehen abzulehnen...
Die "Guten" - welche Zuweisung Sie ablehnen, haben immerhin - bei allen Schwächen im Detail - eine seit Jahrzehnten funktionierende Rechtsstaatlichkeit vorzuweisen, während dies in Russland definitiv noch nie und nicht anzatzweise der Fall gewesen ist. Insofern ist die Aussage, wir seien die Guten, zwar sicher plakativ (was die meisten Foristen auch verstanden haben dürften...), aber wie ich finde, durchaus einleuchtend begründbar... ich jedenfalls bin glücklich und dankbar dafür, bei den "Guten" gelebt haben und leben zu dürfen... über ein Leben bei "Bösen" würde ich dieses Resumee allerhöchstwahrscheinlich nicht ziehen können...
Insofern - wir gut, Russland böse... das passt schon so, weil es den Realitäten weitaus eher nahekommt, als anders rum...

Christa Wallau | So., 13. März 2022 - 12:21

und zwar eine gehörige Portion davon.
Wenn bei einem Menschen wenig Intellekt, Ratio und Selbstreflexion vorhanden sind, regieren ihn seine Emotionen.
Und genau dies ist in unserem Lande bei sehr vielen Mitbürgern der Fall.
Ob es sich um Corona, das Klimathema, die Migration oder den Krieg in der Ukraine handelt:
Da geht es fast nur noch um Gefühle - um Empörung, Betroffenheit und Aktionismus, um ein Dafür oder Dagegen.
Was Sie einfordern. lieber Herr Grau ("Verantwortung, Nüchternheit und Augenmaß"),
steht leider nicht hoch im Kurs.

Frauen wie Gabriele Krone-Schmalz oder Alice Weidel gelten in ihrer analytischen Schärfe sogar als Schreckgespenster für sehr viele Leute - Männer und vor allem Frauen, wie ich festgestellt habe (Mit den Diversen kenne ich mich nicht aus).
Man will sie nicht anhören, sondern wendet sich angewidert von ihnen ab. Dagegen werden "Dummchen" mit Herz und Sendungsbewußtsein (Typ C. Roth u. A. Baerbock) in der Politik immer beliebter.

Es gibt aber verschiedene Betrachtungswinkel.

Und - ist es eine EINEINDEUTIGE FRAGE,
wo man diese nur mit einen JA oder NEIN oder eine eineindeutige Antwort geben kann - also nicht mit einen JEIN beantwortet kann wie z.B. der Rappe ist schwarz (Eineindeutig!) Der Hengst ist - mehrdeutig!

Und nun zum Krieg?

Egal welche Ansicht, aber Putin wurde NIE auf gleicher Augenhöhe von den Siegermächten der westlichen Ländern betrachtet. Und dies vor allem vom British Empire & selbst an der Stelle, wo der Kälte Krieg vorbei war. Sie emanzipierten sich immer als SIEGER & überlegen bis überheblich.

Und ob einzelne Cliquen auf dieser Welt strategisch einen Krieg provozieren wollten, wissen nur die Sterne.

Aber Tatsache ist auch:

Russland hat in der Geschichte (vor allem kommunistisch) VIELE LÄNDER überfallen? wie unterdrückt, egal ob Finnland, Schweden, Baltische Länder, Mongolei, Georgien, Polen, Ungarn, Tschechien &&&!

KRIEG ANGEFANGEN!

Um so GRÖSSER - Um so GIERIGER? - WELTWEIT - ALLE

Her Grau hat Recht. In vielen Medien versucht man aus den verworrenen Nachrichten, mit Hilfe von Sofa-Strategen den Krieg zu analysieren. Das Schlimmste aber daran ist, dass manche dieser Protagonisten schon einen 3. Weltkrieg nicht ausschliessen. Ich finde diese Betroffenheitsrhetorik eher hinderlich als erfolgsversprechend. Der deutschen Bevölkerung sollte man reinen Wein einschenken, und sagen, daß der Krieg noch eine Menge Leid an unsere Gestade spülen läßt. Alles andere ist tatsächlich Propaganda.

Aber sehr geehrte Frau Wallau, was hat Frau Weigel zu dieser Diskussion beigetragen?
Die AFD gibt sich eher schmallippig und ist ansonsten abgetaucht.
Frau Krone-Schmalz, die persönlich sehr schätze, hat sich so weit ich weiß, seit Jahren sich nicht mehr öffentlich geäußert.
Andereseits hätte ich gerne erfahren, was Sie zum Ukrainekonflikt sagen würde.

das G und das D liegen auf der Tastatur schon etwas weiter auseinander, deswegen unterstelle ich Ihnen, von Frau WeiDel (nicht Weigel) und/oder AfD keine Ahnung zu haben, bzw. nur das, was in den msm zu lesen ist, und das ist noch nie etwas Gutes gewesen. Die AfD hat übrigens keinerlei Anteil daran, dass sich De unter einer GroKo von Russland abhängig gemacht hat. Es gibt ein BundestagsTV, das Debatten überträgt, man kann hören, was alle, auch die AfD, zu Themen beizutragen haben. Da sollten Sie mal reinhören, nicht nur undifferenziert Meinung äußern (was Sie natürlich dürfen). MfG Armin Latell

Das sehe ich ganz genau so.
Die EU hatte zu viele Ost Erweiterungen . ( die eigendlich aus geklammert waren 1990 ) Fakt.
Feinde drängt man nicht in die Ecke. Das Feindbild Russland blüht. Die Indoktrination durch Medien für das Jugendklientel, blüht dem entsprechend.
Neutrale Berichterstattung durch die ÖR , gibt es schon seit Fr. Merkel nicht mehr für mich. Frieden gibt es nur, wenn man den fein zum Freund Macht.

Zu der von Ihnen behaupteten Ausklammerung einer Osterweiterung in 1990sollten Sie vielleicht einmal das ausgezeichnete" Cicero"-Interview mit General a.D. Naumann lesen. Der war nämlich dabei.

Mit diesem Artikel ist Herr Dr. A. Grau bei den „Aussätzigen“ in der rechten Ecke angekommen. Sie, liebe Frau Wallau, schreiben richtigerweise, dass für verantwortungsvolles Handeln Intellekt, Ratio und Selbstreflexion vorhanden sein müssen, in unserem Lande jedoch Politiker mit Emotionen, Betroffenheit und Aktionismus regieren. Wie soll bei diesen vor allem auf Spontanität beruhenden Regungen ein strategisches Handeln herauskommen? Sie wurden gewählt, weil die Medien diese Eigenschaften hochschreiben. Politiker mit diesen E. sind von den Medien leicht manipulierbar, weil sie beliebt sein wollen. Ihnen fehlen oft eigene Fachkenntnisse (=> flexibel einsetzbar) und die fehlende Kompetenz wird durch ideologische Überzeugung ersetzt.
Leider regiert nicht nur bei uns, sondern auch in den USA dieser Politikertyp. Der „Moralist Biden“ wollte Trump rückabwickeln und hat den Frieden für neue Freunde riskiert, weil er alten vor den Kopf stieß. Aus Drohungen entsteht kein Friede.

Gerade eben im TV - Originalton Tino Chrupalla, dunkeldeutscher AfD-Chef von Hoeckes Gnaden: Man müsse ukrainischen Flüchtlingen vor Ort, also im Herkunftsland, helfen.

Das muss man sich konkret vorstellen: Man soll Flüchtlingen IM BOMBENHAGEL helfen (und sie natürlich davon abhalten, nach Deutschland zu kommen) während Putin bei seinen "Entnazifizierungen" das Land in Schutt und Asche legt und mit Leichen pflastert.

Kritscher Verstand und AfD....Das ist wie "Putin und Frieden".

Urban Will | So., 13. März 2022 - 12:55

ist längst fester Bestandteil unserer Kultur.

Erneut treffen Sie die Sache im Kern, Herr Grau.
Seit Beginn des Krieges plädieren interessanterweise – sowohl im BT, wo man sie aber auslachte, aber auch hier im Forum – genau diejenigen, die sich seit Jahren in eine rechte Ecke gestellt sehen müssen, für eine objektive, den Fakten entsprechende Herangehensweise an diesen Konflikt. Und somit für Frieden. Die „Guten“ hetzen weiter.
Ich behaupte nach wie vor: hätte man ersteres in den letzten Jahren, aber auch in den letzten Wochen getan, hätte Putin seine Soldaten nicht in die Ukraine geschickt. Dies nun zu werten, als würde man diesen Feldzug gutheißen, ist maximal boshaft und dämlich. Aber leider ist genau das der nun alles bestimmende Tenor.

Ich zitiere noch einmal Kissinger:
„Für den Westen ist die Dämonisierung von Wladimir Putin keine Politik, sondern ein Alibi für das Fehlen einer Politik.“

Das galt vor dem Krieg ganz besonders, es gilt auch jetzt noch.

Detlev Bargatzky | So., 13. März 2022 - 12:56

... der Verhalten (deutscher) Medien könnte darin liegen, dass in vielen relevanten Redaktionen auf den Chefposten "Transatlantiker" sitzen, die hier das Propaganda-Geschäft der Amerikaner betreiben.

Und dass die USA sich in der Ukraine nicht deshalb finanziell und politisch engagieren, weil sie unbedingt einen Erdgas- oder Weizengroßhandel aufziehen wollten, sollte eigentlich jedem klar sein.

Also werden sie die aktuelle Situation (spätestens öffentlich geworden mit den Maidan-Events) auch weiter nutzen, die Ukraine für ihre Anti-Putin-Stimmungsmache zu instrumentalisieren.

Und weil die Amis es nicht nötig haben deutsch zu sprechen und zu schimpfen, übernehmen das die hiesigen Medienhäuser mit den genannten Chefredakteuren.

Ich werde übrigens auch nicht müde darauf hinzuweisen, dass Propaganda sich nicht an die Schlauen einer Gesellschaft wendet, denn die bildet in der Regel nur eine kleine Minderheit.

Clara Schwarze | So., 13. März 2022 - 13:00

Das ist alles absolut richtig. Nur vielleicht will man die Besinnung gar nicht, weil dann dem Westen zwei schreckliche Dinge bevorstehen.
Das eine ist eben die Erkenntnis der Mitverantwortung des Westens.
Das zweite ist die schreckliche Frage, was man denn nun machen soll. Und das stellt den Westen für schier unlösbare Fragen.
Jeder westlichen Verhandlungsversuch, würde nämlich in Mitteleuropa nicht akzeptiert werden und sofort die "neues Rapollo"-Vorwürfe auf den Plan rufen.
Im Ergebnis lässt man die Dinge also laufen - was verantwortungslos ist, aber so ist Politik eben leider.

Robert Hausdorf | So., 13. März 2022 - 13:00

Ich finde den Artikel inhaltlich etwas enttäuschend. Natürlich ist es ziemlich unerträglich, Personen politisch gewünschte öffentliche Bekenntnisse abzuverlangen, oder solchen irgendwelche Bedeutung zuzumessen. Aber es wäre schon vorstellbar, daß viele Leute derzeit tatsächlich das BEDÜRFNIS haben, sich zu Werten zu bekennen, die für anständige Menschen durchaus als universell gültig anzusehen sind.
Und gebieten es nicht auch Nüchternheit und Vernunft, mal die Frage zu stellen, wie eigentlich das Heranrücken eines Bündnisses an die russischen Grenzen als ANGRIFFSbedrohung angesehen werden kann, wenn sich dieses Bündnis derzeit berechtigte Sorgen um seine VERTEIDIGUNGSfähigkeit machen muß? Oder gilt da der identitätspolitische Ansatz: Ich bin das Opfer einer Bedrohung, ich empfinde das so, und deshalb ist das auch so?

Gerhard Lenz | So., 13. März 2022 - 13:35

In der Ukraine setzt nach Presseberichten das russische Militär Phosphorbomben gegen die Bevölkerung ein.
Die Zahl der Toten steigt schnell, Millionen sind auf der Flucht, in den zerbombten, von russischen Truppen eingenommenen Städten werden pro-russische Bürgermeister eingesetzt.

Und da echauffiert sich eine Foristin über die Betroffenheit der Menschen, lässt Putin-Versteher und - fast wie üblich- AfD-Spitzenpersonal hochleben, werden idealistische Grüne mit Häme übergossen.

Aber auch Herr Grau, der offensichtlich solche wirren Reaktionen motiviert, schrammt nur knapp an einer Blamage vorbei.

Philosophiert darüber, ob es DIE eine Wahrheit gibt, unterstellt den Berichterstattern Schwarz-Weiss-Denken und Hyperventilation.

Solche Theoriegebäude gehören vielleicht in Friedenszeiten in irgendwelche Hörsäle, sie sind aber im Moment völlig unangebracht.

Ab wievielen Toten gibt es denn DIE Wahrheit? Oder sind die russischen Kriegsverbrechen auch nur relativ als solche zu sehen?

Walter Bühler | So., 13. März 2022 - 19:28

Antwort auf von Gerhard Lenz

Jeder moderne Krieg ist zuerst ein Propaganda-Krieg. Jugoslawien, Irak, Kurdistan, Syrien, Libyen, Islamischer Staat, Libanon, Kongo-Ruanda usw. Die gewöhnliche Gräuelpropaganda jeweils inbegriffen. Wer die Propaganda-Schlacht gewinnt, kann bestimmen, wer in den Medien der Teufel ist, und wer in den Medien das Reich Gottes vertritt. So habe ich Herrn Graus Artikel verstanden..

Wir alten weißen Männer im Cicero-Forum sind nicht mehr zum Volkssturm oder zur Fremdenlegion fähig,. Und ich habe nach Afghanistan und Mali ernsthafte Zweifel, ob die jüngeren Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr einen entscheidenden Beitrag zur Unterstützung der Ukraine leisten könnten.

Wenn wir nun unser Land dennoch tapfer als europäisches atomares Schlachtfeld anbieten: wem hilft das? Hilft das den Flüchtlingen aus der Ukraine? Hilft es der Ukraine? Wem hilft die Kriegsbereitschaft eines Landes, das von seinen Regierungen nicht auf einen solchen Kampf vorbereitet worden ist?

Fritz Elvers | Mo., 14. März 2022 - 02:06

Antwort auf von Gerhard Lenz

es sind die falschen Demonstranten, sie tragen fast alle eine Maske.

Ansonsten: Kein Kommentar.

Christoph Kuhlmann | So., 13. März 2022 - 14:08

Allerdings bereitet mir die Diskriminierung von Russen bis hin zu 300 Anschlägen erhebliche Sorgen. Ein bisschen moralische Empörung und die selbsternannten Streiter des Friedens greifen zur Gewalt. Manchmal fordern sie auch den Eintritt der NATO in den Krieg durch die Einrichtung einer Flugverbotszone oder den ökonomischen Selbstmord dieses Landes durch einen sofortigen Gas- und Öl-Boykott. Alle haben eines gemeinsam, sie haben sich nie differenziert mit der Komplexität moderner Gesellschaft auseinandergesetzt, aber ständig überstürzte Sanktionen. Sind es nun die Medien? In maximal 90 Sekunden kann kein Mensch ausgewogen berichten. In den Talkshows fällt man sich gegenseitig ins Wort und kommuniziert beifallsheischend Schlagworte. Nur, das russische Sicherheitsinteresse ignoriert die Sicherheit seiner Nachbarn leider vollständig. Insofern halte ich eine kritische Distanz für notwendig und eine glaubwürdige Abschreckung für geboten. Letztere fehlt und im Krieg sprechen die Waffen.

Berthold Dehn | So., 13. März 2022 - 14:19

Ein exzellenter Artikel, Danke.
Diese kollektive Schnappatmung hat ihren wesentlichen Ursprung im erbärmlichen Niveau der Journaille. Es gibt nur noch wenige Journalisten, die sich ihrer Berufsehre verpflichtet fühlen. Diese Oberflächlichkeit hat aber mittlerweile auf unsere gesamte Gesellschaft übergegriffen. Ich fürchte, ein Umdenken ist erst wieder zu erwarten, nachdem Alle einen brutalen Krieg hautnah am eigenen Leib erlebt hat.

Markus Michaelis | So., 13. März 2022 - 14:32

Osterweiterung zu erklären und in einer realen Welt muss man sich oft zwischen Positionen entscheiden, nachdem der breite Gedankenaustausch beendet ist. Auch das weltoffene Deutschland bleibt in diesem Sinne immer national(istisch) und schließt sich mit Herz dem "Glory to Ukraine" an, um mit diesem, eben nicht nur negativen, Begriff zu spielen.

Jenseits des Ukrainekonflikts sehe ich es glaube ich wie Herr Grau und das Thema hatten wir in Varianten schon öfters: vielleicht jede Gesellschaft, jedenfalls zur Zeit die deutsche Gesellschaft wieder mehr als früher, kreist stark um den Begriff der Wahrheit und absoluter Werte - nicht als wertvoller, feiner Idee, die überall mitschwingt, sondern Wahrheit (und Fakten) als DEM Maßstab für universelles Handeln. Wir schimpfen über Populismus, aber eigentlich nicht, weil der die Welt vereinfacht, sondern oft im Gegenteil weil er die einfachen, klaren, wahren, universellen Sichtweisen nicht anerkennt. Das ist nicht falsch - aber auch nicht alles.

Martin Falter | So., 13. März 2022 - 15:23

diesmal haben sie aber sehr weit vorbei geschossen.

Länder wie Polen, Ungarn usw. wollten und jetzt noch viel mehr in den Westen und in die Nato.

Rußland hat keinen Anspruch diese Länder als sein " Einflussgebiet " anzusehen.

Vielmehr ist es so, dass der Westen Putin und seine Verbrecherbande als Partner gesehen hat.
Putin als Feind und Gegenspieler zu sehen,wäre die richtige Entscheidung des Westen gewesen.

Ein tödlicher Fehler den die Ukrainer jetzt ausbaden müssen.

Hier kann es mit rationalen Denken keine zwei Meinungen geben.

Wer angreift, tötet ist immer im Unrecht.

Ja es gibt viel sinnlose Symbolik, aber der von Ihnen so geschmähte Westen ist einig und stark wie nie.

Putin wird daran scheitern und ja Gefängnis oder Tod sind ihm zu wünschen.

gabriele bondzio | Mo., 14. März 2022 - 08:50

Antwort auf von Martin Falter

diese Länder als sein " Einflussgebiet " anzusehen.

Der Satz ist ist zu bejahen!!!

Aber das betrifft nicht nur Russland.

im Jahre 2003 (Zeit des Bush-Krieges gegen Saddam Hussein) erklärte Karl Rove (engster Gefolgsmann Bush) :
„Wir sind jetzt ein Imperium, und wenn wir handeln, schaffen wir unsere eigene Realität. Und während ihr diese Realität studiert – mit Bedacht, wie ihr wollt – werden wir wieder handeln und andere neue Realitäten schaffen, die ihr ebenfalls studieren könnt, und so werden sich die Dinge klären. Wir sind die Akteure der Geschichte (…) und ihr, ihr alle, werdet nur noch das studieren, was wir tun.”

Das sind so die Gedanken (öffentlich geäußert) der mächtigen, politischen Player...zu denen zweifellos auch Putin zählt.

Juliana Keppelen | So., 13. März 2022 - 15:27

Wo der Bauch regiert hat das Hirn keine Chance.
"Wollt ihr den totalen Krieg" und alle schreien wieder Jaaa. Und wenn die Medien nicht die Kurve kriegen haben wir wieder brennende Läden und kauft nicht bei den ......(wahlweise wer gerade im Focus steht) und wenn Mordaufrufe wieder geduldet werden, dann gute Nacht. Den Geist wieder in die Flasche zu beordern wird schwer. Und das alles weil man es nicht fertig brachte eine weitere Natoosterweiterung in Richtung Russland auszuschließen und den Kiewer Hasardeuren massiv klarmachte, dass Minsk2 umzusetzen sei sonst kein Geld und keine Unterstützung. Aber offensichtlich fühlte man sich mit US Militärberatern im Rücken so stark alle Verträge zu ignorieren und der Gefahr zu trotzen komme was da wolle. Die unglaubliche Narrenfreiheit die wir diesen Herrschaften ohne jegliche Gegenleistung und Rücksichtnahme auf ihre Geld-Geber gewährt haben können wir jetzt ausbaden. Nun irgend jemand verdient bestimmt an dem Desaster nur wir sind es nicht.

Richtig, Frau Keppelen. Sagen Sie es Herrn Falter -siehe vorstehenden Kommentar-. Er ist alleine des rationalen Denkens mächtig, glaubt es zumimdest. ist bestimmt Parteimitglied der Grünen, Die Leiden an Selbstüberschätzung. Richtig, Putin gehört angeklagt. Post mortem muss Bush, sen,. neben ihm auf der Anklagebank platznehmen. Aber vielleicht meint, Herr Falter, die Opfer des Irakkrieges sind wegen einer guten "Sache" zu Schaden gekommen. Wie war dass, mit zweierlei Maß messen?

Jens Böhme | So., 13. März 2022 - 15:41

Entweder ist in Deutschland der gemeinschaftliche Intelligenzquotient gesunken oder es herrscht ein kollektives, psychiatrisches Virus. Die derzeitige Situation in Deutschland zum Ukrainekrieg kann man nur süffisant so beschreiben: neutral auf Seite der Ukraine. Die Cancel Culture zur russischen Sprache, russischen Kunst, russischen Nahrungsmitteln, zum toten Komponisten Peter Tschaikowski (dessen Musik wurde wegen Ukrainekrieg in München abgesetzt) könnte nur noch in Sachen Irrsinn getoppt werden, die Leningrader Sinfonie von Dmitri Schostakowitsch auf den Index zu setzen. Der Aufruf diverser Spitzenpolitiker, es nicht zu dulden, dass russischsprachige Deutsche und Gäste in Deutschland angegriffen werden, ist Honigschmiererei bezüglich obiger praktizierter Cancel Culture.

Maria Arenz | So., 13. März 2022 - 16:10

das ist mutig. Aber m.E. auch etwas undifferenziert. Daß der arrogant -ignorante Umgang des Westens mit Rußland seit dem Crash der UDSSR kausal geworden ist für den Schlamassel ist keine Frage. Aber genausowenig wie der - zweifellos für das Dritte Reich kausal gewordene- Versailler Vertrag als Erklärung Rechtfertigung für den von Deutschland in seiner Demütigung vom Zaun gebrochene Dritte Weltkrieg mit 50 MIlionen Toten tauge, kann man den von Anfang an als Anreihung von Kriegsverbrechen geplanten Überfall Rußlands auf die Ukraine mit George Bushs d.Ä. idiotischer : "We won the cold war, dammit"-Haltung gegen Rußland relativieren. Allerdings widert auch mich der aktuelle Rausch derer an, die sich mal wieder auf der einzig richtigen udn einzig möglichen Seite sehen. Ich warte nur noch auf die Entlassung von Musikredaktionen, die noch Tschaikowsky spielen und auf einegworfene Fensterschieben von Lokalen, die noch Russische Eier auf der Speisekarte haben.

Ingo Frank | So., 13. März 2022 - 17:06

schließlich sind wir die Guten“
Ja so ist es. Immer wird gegen Andersdenkende und die, die sich eben nicht den Mund verbieten lassen zur Zeit n o c h mit der medialen (Nazi) Keule darauf geschlagen. Die Zeiten können sich schnell ändern. Zwei mal wurden in jüngster Deutscher Geschichte Andersdenkende aus der Gesellschaft ausgegrenzt. Viele bezahlten dafür mit dem Leben. Die Nazis und die Kommunisten hatten eins gemeinsam, den Anspruch der absoluten Wahrheit. Wer nicht für uns ist, ist gegen uns. Beide Systeme sind, Gott sei Dank, untergegangen. Daraus gelernt haben wir offensichtlich nichts. Auch die glaubten, sie seien die Guten.
Mit freundlichen Grüßen aus der Erfurter Republik

Heidemarie Heim | So., 13. März 2022 - 17:24

Was anderes können wir doch gar nicht mehr werter Herr Dr. Grau! Und wir kennen auch so gesehen nichts anderes. Wie dürftig und beschämend unser Wissen politischer Zusammenhänge und der Umgang mit Krisen ist aufgrund betreuten Denkens in der "Mutti macht`s mit vom Ende denkend, cool und noch mehr Geld, (außer für unsere Parlamentsarmee!,) und guten Worten-Republik", was außer der höheren Moral, Solidaritätsbekundungen und verurteilen anderer Sichtweisen bleibt uns übrig? Allein wenn ich mir die scheinbar essentiell deutschen Themen anschaue, mit denen wir uns vor diesem Angriffskrieg täglich beschäftigten, alles außer acht ließen jenseits unseres sicher geglaubten, vom großen NATO-Bruder USA verteidigten Tellerrandes. Ja, es ist Schluss mit lustig, und die gleichen Medien, die Muttis Rockzipfel huldigten und ihre Redaktionsstuben ebenso von billigem Feind-Gas abhängig beheizen, eskalieren und werfen weiterhin Nebelkerzen um unsere und die eigene Malaise (Schwäche) zu überdecken. MfG

Karla Vetter | So., 13. März 2022 - 18:56

bereisten wir Russland und das Baltikum. Bei den baltischen Staaten hatte man den Eindruck, dass sie ihre EU- Mitgliedschaft unbedingt gerechtfertigt ist. Sie sind voll in Europa und im Westen angekommen. Diese Länder haben natürlich Sorge vor einer Überwältigung durch Russland. Schon deswegen ist die Osterweiterung für sie ein Segen. Anderseits, da haben sie Herr Grau Recht ,sollte man versuchen die Position Russlands zu verstehen. Verstehen heißt aber keinesfalls rechtfertigen. Obamas "Regionalmacht"-Blödsinn und Zuweisung eines internationalen Katzentisch waren kontraproduktiv und dienten dem Frieden nicht. Kann das aber ein Grund sein so etwas wie "Victim Blaming "zu machen ? Nein ,der Westen ist an der momentanen Eskalation nicht schuld. Die Sache ist doch vollkommen aus dem Ruder gelaufen. Selbst die halbe Wahrheit in diesem Krieg ( ich glaube unserem Empörungsmedien sicher nicht alles ) ist schlimm genug.

Gisela Fimiani | So., 13. März 2022 - 19:55

Angst und Verunsicherung lassen wohlstandsverwöhnte, realitätsferne westliche Gesellschaften nach immer neuen Sündenböcken suchen. Die Herausforderungen menschlicher Zivilisation überfordern sie und werden als unerträgliche Last empfunden. Die Reaktion ist Hysterie, der jede Vernunft zum Opfer fällt. Die Menschheitsgeschichte kennt unzählige Beispiele dafür, dass das „sichere“, meist moralistische, „Wissen“ der „Meinungsweisen“ größtes Unheil anrichtete. Man hält nicht mehr inne, um das ganze Bild zu schauen. Corona, Klima, Zuwanderung, selbst der schreckliche derzeitige Krieg lassen sich aber mit wahnhafter Rechtgläubigkeit nicht bewältigen. Große Probleme erfordern große Besinnung. Rechthaberei und das Gefühl, auf Seiten der „Guten“ zu stehen heizen das Feuer an. Benötigt wird eine Feuerwehr, die das Feuer mit Sorgfalt und Besonnenheit löscht, anstatt einer Feuerwehr, die zornentbrannt auf die Brandstifter einprügelt.

Gerhard Fiedler | So., 13. März 2022 - 20:08

wer immer die Möglichkeit hat, mit einer deutlichen Erklärung zum Aus der Osterweiterung für sofortigen Frieden in der Ukraine sorgen kann, dies aber nicht tut, handelt verantwortungslos und wird mitschuldig am Tod noch vieler Menschen, an Flucht und Vertreibung, an der Zerstörung von Infrastrukturen und noch bevorstehenden Wirtschaftskrisen. Da stellt sich die Frage, wann ein solches Unheil dennoch riskiert und gerechtfertigt werden kann. Dass sich viele Länder, wie derzeit die Ukraine, nicht auf ihre Souveränität berufen können, ist leider Realität in unserer Welt. Die Geschichte der Menschheit ist voll von entsprechenden Beispielen. Nicht einmal Deutschland kann machen was es will,. Zu vielen Dingen haben auch bei uns die USA das letzte Wort. Auch der 17. Juni, den ich in der DDR erlebte und begrüßte, hätte fortgesetzt werden müssen, so mein damaliger Wunsch. Gut, dass er nicht in Erfüllung ging! Vieleicht hätte es mich und viele meiner Lieben danach nicht mehr gegeben.

Wolfgang Reuter | So., 13. März 2022 - 20:12

Hallo Herr Grau,
diese Woche haben mir schon Schily, von Dohnanyi, Stefan Aust und Frau Wagenknecht in der Welt die Laune verdorben. Ich brauche nicht noch mehr Putin Verständnis. Dafür brauche ich kein Cicero Abo.
Schöne Grüße W. Reuter

Wilhelm Herbst | So., 13. März 2022 - 20:43

Einen Schritt zurücktreten und nicht gleich mitmachen bei dem, was die Mehrheit tut, ist sicherlich nicht verkehrt. Aber hier liegen Sie daneben. Es ist nicht immer so, dass die Mehrheit nicht Recht hat. Da tötet jemand Kinder, zerbombt Wohnhäuser, verwüstet Städte. Von Ihnen gibt es stattdessen Verständnis und auch eine Schuldzuweisung an den Westen, der mitverantwortlich ist, weil er Wladi nicht den nötigen Respekt und eine Sicherheitszone zugebilligt hat. Das hat nichts mit Schwarz-Weiß-Denken zu tun. Im Christentum gibt es die Vorstellung von der nicht perfekten „gefallenen“ Welt. Weder ist aber die Nato perfekt, noch sind alle westlichen Motive rein im moralischen Sinn. Genauso ist die Demokratie unperfekt und gibt oft ein schlechtes Bild ab. Mit sind Nato und Demokratie lieber als Putins kuscheliges Reich. Den Oligarchen Kolomoisky zu erwähnen, der 2019 die Annäherung Ukraines an Russland fordert, passt nicht. Dies entspricht definitiv nicht den Zielen Selenskyjs.

Michael Bahr | So., 13. März 2022 - 20:48

Symphonien von Tschaikowsky, Romane von Dostojewski? Alles muss jetzt für Putins Angriffskrieg büßen! Was der 1893 verstorbene Tschaikowsky dafür kann, dass ein russischer Präsident rund 130 Jahre später ein Nachbarland brutal überfällt, bleibt irgendwo im Dunst der haltungsumnebelten Gehirne derer verborgen, die jetzt Konzertprogramme säubern. Gerade die Kulturszene tut sich gerade recht unangenehm hervor mit einer pauschalen Russen-Verdammung. Sonst wird doch in den Sonntagsreden des Kulturbetriebs immer das Völkerverbindende der Kultur hervorgehoben - von all diesem preisgünstigen Geschwätz aus Schönwetterzeiten ist nach nur 2 Wochen Krieg nix übrig geblieben - und Deutschland ist noch nicht einmal Kriegspartei. Erbärmlich!

Helmut Bachmann | So., 13. März 2022 - 23:14

So ist es, Herr Grau. Woher aber kommt Emotionalisierung und Infantilisierung als Voraussetzung für Ambivalenzintoleranz ? In diesem Frühling zeigt sich mal wieder die Gesinnungstäterschaft in neuem Gewand. Man merkt einfach nicht, dass man von der Amygdala regiert wird. Das Ganze kompensiert mit Größenphantasien und Rechthaberei. Der Weg hinein in die Intoleranz des „Guten“. Gibt es aber auch Leute, die heute die Massen damit steuern wollen, oder sind die Führungskräfte dieses Landes einfach wirklich so niveaulos, oder gar auch angstgetrieben? Das frage ich mich.

Brigitte Simon | Mo., 14. März 2022 - 02:50

..überschreibt Heribert Prantl seine politische Wochenschau. Für ihn ist das die Quadratur des zerstörten Kreises und bezieht sich auf den Krieg in der Ukraine. Zu abstrakt für mein Denkvermögen.

Vielleicht schaffte dies Selenskij, "wie der le- gendäre Kampf David gegen den Rie-
sen Goliath aus der Ukraine. Wie man sich mit Charisma gegen den russischen Goliath wehrt". Wer ist David? Für mich ein Phantom ohne Fleisch und Blut. Noch nie öffentlich ge-sehen. Twitter ist sein Ego. Dennoch befällt Prantl plötzliche Sentimentalität. Statt der ge-wohnten Härte und vieles verdammend in "Moralisierung und Bekenntnis-
zwang. Die Empörungsspirale dreht sich., Zwischentöne sind unerwünscht" schreibt hervorragend Alexander Grau. Doch diese Freiheit nehme ich mir. Vor einigen Tagen versprach MP Kretschmer "es gibt kein Denk-verbot. So auch Habeck. Wir sind frei. Nicht vogelfrei, einfach frei. Ich bekenne mich zu meiner Farbe. Nicht vorzugsweise gelb-blau. Schwarz muß Elektra tragen.

gabriele bondzio | Mo., 14. März 2022 - 08:20

die noch anlässlich von Selenskyjs Wahl zu Recht auf dessen dubiose Verbindungen zu dem fragwürdigen Oligarchen Ihor Kolomoisky hinwiesen, ihn nun zur letzten Bastion der offenen Gesellschaft hochjubeln, ist mehr als fragwürdig."

Aber angesichts des Meinungsjournalismus der in DE (bis auf wenige Ausnahmen) fest etabliert ist, keine Besonderheit.
Da wechseln die Fronten zwischen Gut und Böse ganz schnell.
Dem Zuschauer/Leser wird kaum noch eine Chance gelassen, sich eine eigne Meinung zu leisten.

Oder nach Marie von Ebner-Eschenbach:

"Wer nichts weiß, muss alles glauben."

Ihr Artikel, Herr Grau, hat genau den wunden Punkt der Presse getroffen, penetrant mit zweierlei Maß messen.
Man(n) kann hier, ohne zu übertreiben, von modernen Pranger sprechen.

Ernst-Günther Konrad | Mo., 14. März 2022 - 09:45

Vieles wird hier im Forum bereits diskutiert und als eigene Meinung dargestellt. Ich erinnere nur an die orange Revolution 03/04 und anschließend 13/14, an den sog. Euromaidan von den USA durch erhebliche Einflussnahme iniziiert, was zur Folge hatte das Russland sich gegen die geplante Assoziierung der Ukraine in die EU stemmte und dies verhindern konnte. Es bildeten sich zwei von Russen beherrschte Separatistengebiete. Umstritten ist, ob es zu Massakern an Russen in der Ostukraine kam oder ob das nur ein russ. Vorwand war, die "eigenen" Landsleute schützen zu wollen und so ganz nebenbei durch die Annexion der Krim sich geopolitisch einen ungestörten Zugang zum Schwarzen Meer zu verschaffen. Es ist deshalb wichtig zu wissen, wie dieser Konflikt einst begann und wer, welche Interessen in und mit der Ukraine verfolgt.
"Höchste Zeit, gesinnungsethische Blockaden abzubauen und zu Verantwortung, Nüchternheit und Augenmaß zurückzukehren." Das wird schwer, wo selbst hier Emotionen köcheln.

Armin Latell | Mo., 14. März 2022 - 11:54

Sie beschreiben eine Verhaltensweise, die sich gefühlt seit etwa gut 16 Jahren etabliert hat. Das Thema, um das es jeweils geht, ist unerheblich. Denn exakt wie Sie beschrieben haben: wir sind die Guten oder gar "die Besten". Am deutschen Wesen...