Friedrich Schlegel
„Unser Wissen ist nichts, wir horchen allein dem Gerüchte“: Friedrich Schlegel (1772-1829)

250. Geburtstag von Friedrich Schlegel - Der Geistesrevolutionär

Er war einer der brillantesten Köpfe der Frühromantik, Verfasser des Skandalromans „Lucinde“, Übersetzer Shakespeares und Platons, Begründer der deutschen Indologie, Pionier der vergleichenden Sprachwissenschaft, Kulturhistoriker und brillanter Aphoristiker: Friedrich Schlegel. Vor 250 Jahren wurde er geboren.

Autoreninfo

Alexander Grau ist promovierter Philosoph und arbeitet als freier Kultur- und Wissenschaftsjournalist. Er veröffentlichte u.a. „Hypermoral. Die neue Lust an der Empörung“. Zuletzt erschien „Vom Wald. Eine Philosophie der Freiheit“ bei Claudius.

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Friedrich Schlegels Werk ist das Produkt unruhiger Zeiten, von Revolution, Krieg und gesellschaftlichen Erschütterungen. Die scheinbare ewige und heile Welt, in die er hineingeboren wurde, die Welt der Höfe, des Rokoko und aufgeklärten Absolutismus, wurde über Nacht pulverisiert. Was die Zukunft bringen würde, war unklar. Eine neue Ordnung war genau so wenig in Sicht wie neue Orientierung. Stattdessen marschierten die Armeen der Großmächte in mörderische Kriege. Am Ende waren schätzungsweise zwei Millionen Menschen tot und die Welt eine andere.

Friedrich Schlegel steht am Anfang jenes Zeitalters, das wir Moderne nennen und dessen konvulsivischen Niedergang wir soeben erleben. Als er am 10. März 1772 in Hannover geboren wird, ist die Stadt an der Leine eine verlassene Residenzstadt. George III. regiert als britischer König in London. Als Schlegel 1829 stirbt, ist Napoleon seit acht Jahren tot, in England hebt mächtig die Industrialisierung an, und in Deutschland wird nur sechs Jahre später die erste Eisenbahn von Nürnberg nach Fürth ruckeln.

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Thorwald Franke | Mi., 9. März 2022 - 18:32

Friedrich Schlegel war eine Art Universalgenie. So meinte er z.B., dass Amerika das Land sei, das mit Platons Atlantis gemeint ist. Damals war das eine durchaus gängige These, die auch in der Wissenschaft Vertreter fand, z.B. Johann Gottfried Stallbaum 1838 (Vgl. Franke: Kritische Geschichte der Meinungen und Hypothesen zu Platons Atlantis, 2. Aufl., 2. Bd., S. 446f.)

Schlegel befasste sich auch mit der Sprachverwandtschaft von indischen und europäischen Sprachen und prägte die Bezeichnung "Arier" für die Indoeuropäer. Damals hatte das natürlich noch keinen rassistischen Beigeschmack.

Dorothee Sehrt-Irrek | Mi., 9. März 2022 - 18:55

aufmerksam macht auf das Leben, in dem diese Werke möglich waren, beflügelt von der Französischen Revolution und wohl für sehr viele Männer ihrer Zeit geltend, durch diese absolut bemerkenswerte Frau, Caroline Böhme Schlegel Schelling (ff), selbst Goethe scheint gehandelt zu werden als Vater einer Tochter von ihr. Vielleicht war Caroline die Blaupause der Liebe, die Goethe in dem Paar Eduard und Ottilie (Die Wahlverwandtschaften) unsterblich machte, who knows?
Es bleibt in diesen Zeiten nicht aus, daran zu rühren.
Nun also, wenn Putin glaubt, dass er sich aufschwingen könne zu einem Erneuerer Russlands, dann macht er seine Rechnung ohne die Liebe, die ihn hoffentlich in die Knie zwingen wird.
Las heute Herrn Assheuers Mutmassungen über Putins philosophische Anregungen, eine ganz wichtige und tiefe russische Empfindung scheint Putin abhanden gekommen, die Liebe.
"and if you want this world to see a better day
will you carry the words of love with you?" Cat Stevens 1974
Make Love Not War

Dorothee Sehrt-Irrek | Sa., 12. März 2022 - 09:20

Antwort auf von Dorothee Sehrt-Irrek

positiv und konstruktiv.
Vor dem Hintergrund des sehr wichtigen Artikels von Herrn Krischke über die Klima"aussteiger", ist mir das sehr wichtig.
Nicht die Manson Familie war stilbildend, sondern die Hippiebewegung, der Frieden, sinnvolles alternatives Leben.
Andererseits hat die Französische Revolution ganz sicher beigetragen zu einer Radikalisierung des politischen Bewußtseins in Europa.
Nicht jeder wurde später angesehener Professor.
Die Gärigkeit derzeit schätze ich immens ein, vor allem wegen der Durchschlagkraft sozialer und überhaupt von Medien.
Ich bin kein Freund von Revolutionen, aber gerade an der Französischen Revolution sieht man doch, dass sie nicht vom Himmel fiel und trotz vieler grausamer Auswüchse, unfähige und verkrustete Gesellschaftsformen hinwegfegte.
Die Restauration war eher die Ausnahmezeit.
Wenn man so etwas ausmacht, gibt es noch genug Zeit, um politisch umsichtig zu steuern, ich sage nicht gegen-zusteuern.
Meine Jugend war massiv bestimmt vom Weltkriegserbe

Christa Wallau | Mi., 9. März 2022 - 20:45

kennt und achtet heute kaum noch jemand.
Menschen wie er sind weitgehend aus dem Bewußtsein der Deutschen mit Abitur verschwunden, von den anderen ganz zu schweigen.
Kein Lehrstuhl steht an einer Universität für einen Universalgelehrten wie ihn zur Verfügung.
Kein Gymnasium bereitet noch auf ein Studium vor, das wirkliche Geisteswissenschaft beinhaltet, weil man solche Leute anscheinend nicht mehr benötigt. Menschen wie Schlegel mit einer breiten, "klassischen" Bildung gib es daher kaum noch (allenfalls als unbeachtete "Sonderlinge" in gesellschaftlichen Nischen), sondern fast nur noch Spezialisten mit Tunnelblick.
Unsere jetzigen "Eliten" stehen auf dem Standpunkt, daß sich die Beschäftigung mit Geistesgrößen und Dichterfürsten nicht mehr lohnt, falls sie überhaupt anerkennen, daß sie sich jemals gelohnt hat.

Man muß heute vor allem eines, um Karriere zu machen: Sich den Themen des Zeitgeistes andienen und davon im Brustton der Überzeugung schwafeln können, was das Zeug hält.

Liebe Frau Wallau,
Ganz so ist es dann doch nicht. Mein Studium der Geisteswissenschaften ist nunmehr 6 Jahre her. Ich dürfte damit zu den jüngeren Cicero Lesern (Leser:innen) gehören. Die "Beschäftigung mit Geistesgrößen" ist durchaus noch lohnenswert.
Mich überrascht, wie es Ihnen so oft gelingt, völlig neutrale Artikel in einen Kontext zu bringen, der Ihnen wichtig scheint. Man könnte sagen: Immer die alte Leier!

Christa Wallau | Do., 10. März 2022 - 15:50

Antwort auf von Johanna Schulz

Klar gibt es noch immer Abiturienten, die sich für Geisteswissenschaften interessieren. Aber selbst diese Begeisterten studieren oft trotzdem irgend etwas anderes; denn vom persönlichen Gewinn, den die Geisteswissenschaften selbstverständlich zu schenken in der Lage sind, können sie nicht leben.

Wenn ich schrieb, daß junge Leute sagen "Ein geisteswissenschaftliches Studium lohnt sich nicht", meinte ich den finanziellen Lohn, der ja de facto wirklich bei den Allermeisten nicht winkt, die sich intensiv/zeitaufwendig mit Philosophie, Literatur u. ä. beschäftigt haben. Ich kenne jüngere Leute, die mit ihrer hochgeistigen Bildung keine adäquate Arbeitsstelle gefunden haben, sondern sich mit irgendwelchen Jobs über Wasser halten müssen. Selbst in den Gymnasien u. Hochschulen braucht man anscheinend nur noch wenige hochgebildete Leute. Vielmehr wimmelt es dort inzwischen von Tutoren u. "Kompetenzvermittlern", also eine Art von "Führern durch den Dschungel" des
deutschen Bildungswesens.

Achim Koester | Do., 10. März 2022 - 10:20

sondern produziert"
Ein hochaktueller Spruch, der gerade in der heutigen Zeit seine Berechtigung hat.