Ikea in Moskua

Ikea verlässt Moskau - Der Westen geht

Am 4. März hat das schwedische Möbelhaus Ikea seine Arbeit in Russland eingestellt. Die Fotografen Novaya Vlad Dokshin und Anastasia Tsitsinova haben sich am letzten Öffnungstag in zwei Moskauer Ikea-Filialen umgeschaut. Ihre Bilder dokumentieren nicht nur, wie sich die Moskauer von einer liebgewonnenen Möbelmarke verabschieden, sie zeigen das Ende eines Friedensversprechens durch Konsum.

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Als Ikea Anfang der 2000er Jahre seine erste Filiale in Moskau eröffnete, war das ein Ereignis wie ein Paukenschlag: 37.000 Menschen sollen allein in den ersten Tagen gekommen sein, um sich das schwedische Konsumparadies aus zusammengelegten Regalbrettern und wackeligen Selbstbau-Möbeln einmal aus der Nähe anzuschauen. Klippan goes Post-Kommunismus. Doch der Krieg in der Ukraine hat die Zeit mit Gutvik und Co. jäh beendet. Das schwedische Möbelhaus hat bekannt gegeben, dass alle Filialen in Russland und Belarus zumindest vorübergehend geschlossen werden.

Unter Moskaus Bürgern hat das zu einem letzten Ansturm auf das westliche Konsumversprechen geführt: Ende der Woche kam es bei den Ikea-Filialen in Moskau zu langen Warteschlangen und zu leergefegten Regalen. Tausende Russen versuchten noch einmal zu ergattern, was sie in Zukunft vielleicht schmerzlich vermissen werden: den Anschluss an die freie Welt, vermittelt über ein internationales Wohnambiente. Die russischen Fotografen Anastasia Tsitsinova und Vlad Dokshin haben den Run auf die schnell zusammengeschraubten Symbole eines liberalen und westlich orientierten  Lifestyles in einer vielsagenden Fotoreportage festgehalten. Es sind Bilder, die wie die Vertreibung aus Bullerbü anmuten. Die allzu oft propagierte Parole Wandel durch (Möbel-)handel" ist wohl nicht nur in Moskau vorerst Geschichte. Die Bildreportage, die erstmals in der unabhängigen russischen Zeitung Novaja Gaseta erschienen ist, ist wie ein schmerzlicher Abschied von der globalisierten Welt. 

han

 

 

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Urban Will | Sa., 5. März 2022 - 14:10

Das ist die gute Nachricht.
Nun also auch IKEA. Ein weiteres Kapitelchen im mittlerweile dicken Buch der Sippenhaft gegenüber dem russischen Volk, dem man offensichtlich vermitteln möchte: „jagt Putin weg, dann gehört ihr wieder zu uns“... oder was auch immer.
Warum auch immer man sich davon Erfolg verspricht, weiß ich nicht.

In Buenos Aires weht sie noch, die russische Flagge, inmitten vieler anderer, vor dem Alvear Palace Hotel. Vielleicht ist der Krieg zu weit entfernt, oder man hat vergessen, sie abzuhängen, oder man denkt einfach anders. Letzteres scheint mir das Wahrscheinlichste.
Ein paar Meter weiter, vor der russischen Botschaft, hat man die Strasse gesperrt, viel Polizei aufgefahren. Man rechnet also wohl doch damit, dass der Anti – Russen – Aktionismus über den Äquator schwappt.

Wie soll das weitergehen? Wie soll es enden, wenn dieser Krieg im Sinne Putins endet?
Zeit für ernsthafte Verhandlungen und Rückkehr zur Vernunft.

Das kann jeder machen wie er möchte. Sie wissen werter Hr. Will, dass ich Ihre Ansichten oft teile sowie Ihre Kommentierungen schätze, aber Begriffe wie "zumindest vorübergehend" und/oder "dauerhaft" sowie Verniedlichungen von Kapitel gehen mir im Zusammenhang mit Krieg, Tod und Leid auf beiden Seiten, Schuldfragen oder sonstige Ursachen ziemlich gegen den Strich. Wie schon einzelne meiner Kommentare zeigten, bin ich, da auch meine beste Freundin aus Kasachstan stammend diesem undifferenzierten Aktionismus zum Opfer fiel, auch nicht begeistert von allen gezeigten Gratismut-Bekundungen. Und meine Versuche, die eigene Hilflosigkeit und den Schrecken mit zeitweiligem Humor und Zynismus zu überdecken mögen auch nicht Jedem gefallen, aber für mich gibt es in Sachen aggressiver und ohne Rücksicht auf Verluste geführte Angriffe auf Freiheit und Frieden anderer Menschen keine zwei Meinungen. Ebenso verständnislos reagiere ich u.a. in Sache hiesiger Komfortzonen-Erdogan-Fan-Wähler! MfG

Yvonne Stange | So., 6. März 2022 - 18:52

Antwort auf von Heidemarie Heim

sterben in der Ukraine viele tausende Menschen!! Hat es Sie bislang interessiert, Frau Heim?? Es gibt nicht nur schwarz-weiß und "der Westen" trägt große Mitschuld! Wieso hat er nicht auf die Ukraine eingewirkt, sich endlich an das Minsker Abkommen zu halten? Aber nein... man stocherte noch mehr gegen Rußland....

Heidemarie Heim | Mo., 7. März 2022 - 09:46

Antwort auf von Yvonne Stange

Ich weiß, es wäre mein 3. Beitrag hier liebe Redaktion! Jedoch kann man einen solchen Einwurf nicht stehen lassen angesichts einer Debatte, die wir hier aus dem Warmen führen während die Barbarei des Krieges genau jetzt mit unverminderter Heftigkeit wehrlose Menschen trifft.
Frau Stange möchte ich antworten, dass ich u.a. eine der Ersten war, die bei der Schuldfrage" bezüglich der Vernachlässigung/Durchsetzung des Minsker Abkommens durch den Westen sowie der Ukraine dies bemängelte. Und das ich mich weder Illusionen über Putins noch Selenskys Nationalismus, der Korruption oder dem Einfluss fremder Mächte hingebe. Der MH17-Abschuss und der bis heute im besten Fall als "suspekt" zu bezeichnende Umgang (Aufklärung) damit, hätte uns schon eine Lehre darüber sein müssen, das es selbst in kriegerischen Gewaltauseinandersetzungen nicht darum gehen kann "Wer hat angefangen o. vorher falsch gemacht", um als "Argument" zu dienen für weiteres Morden oder Unterschieden den bei Opfern zu machen!FG

Urban Will | Mo., 7. März 2022 - 10:29

Antwort auf von Heidemarie Heim

ich aus dem Artikel selbst zitiert. Ich verstehe nicht so ganz, warum Sie mir eine „Verniedlichung“ vorwerfen.
Sie werden aus allen meinen Beiträgen zu diesem widerlichen Krieg immer den gleichen Tenor heraus lesen.
Ich möchte ihn gewiss nicht verniedlichen und teile klar die Meinung, dass Putin der Aggressor ist. Aber ich sehe die Hintergründe eben nicht so schwarz/weiß wie der Mainstream hierzulande und auch Putin nicht als den, wie er hier dargestellt wird.
Ich maße mir gewiss nicht an, in seinen Kopf schauen zu können, aber ich habe die letzten 30 Jahre ein wenig die Dinge verfolgt und kenne auch die Zeit davor ein wenig.
Und ich lasse mir meine Meinung nicht vorschreiben (unterstelle ich Ihnen hier nicht).
Dieser Krieg war ebenso unnötig wie diese Sanktionen ihn nun vorzeitig beenden werden. Ebenso wenig wie Waffenlieferungen.
Heute lese ich: China bietet sich als Vermittler an.
Eine sehr gute Nachricht. Ich bete für einen Erfolg und Frieden.

Heidemarie Heim | Sa., 5. März 2022 - 14:34

Im Fall des als unverwüstlich geltenden Klassikers schwedischer Möbelkultur, der sich wahrscheinlich in jeder möglichen Ausführung noch bezahlbarer Moskauer oder St. Petersburger Kleinraumwohnungen ebenso großer Beliebtheit erfreute wie im Westen, geht auch hier eine Legende zu Ende. Was zahlreiche Umzüge, Verbannung in den Keller bei gestiegener Prosperität nicht schafften , hat Putins Bruderpolitik nun zum Abschluss gebracht. Stellt sich mir nur die Frage, ob er da nicht seiner eigenen Propaganda entgegen arbeitet sollten die Ausverkaufskunden "wissen wollen" wieso und warum nicht nur IKEA die Kurve kratzt. Falls sie sich das nicht schon beim vergeblichen Versuch an Bares zu kommen, bzw. Schlange stehen wie in bester sowjetischer, präkapitalistischer Zeit vor dem Geldautomaten stellten. Aber Herr Lawrow hat sich da sicher schon eine einfache wie zynische Erklärung einfallen lassen. OMG, wie habe ich mich gerade in ihm getäuscht;(! Da war mir Wodka-Jelzin doch 1000mal lieber! MfG

Romuald Veselic | Sa., 5. März 2022 - 15:27

Wann ziehen die Fastfood Giganten ab?

Planeta Putina bekommt neue, kantige Parameter.
Wenn Ian Flemming gelebt hätte, hätte sein 007 schon 2014 bemerkt, dass irgendwo Mld von € & $ gehortet worden sind.
Wenn jemand 630 Mld bunkert, wieso ist dies keinem Aufgefallen?
Oder sind alle Aufklärer/Analytiker zu Siebenschläfern geworden?
Und wer rettet das Klima über die Ukraine?
Wo ist das grimmige "Kind" von Greta T, das mich fern an Alexei Gromyko erinnert?
Bevor man Klima rettet, muss man den Weltfrieden bewahren.

Gerhard Lenz | Sa., 5. März 2022 - 16:46

ist nun mal nicht mehr als ein mieser Schurkenstaat.

Und es scheint unwahrscheinlich, dass sich die russische Bevölkerung gegen den Desporten erhebt.

Das kennen wir ja aus unserer eigenen Vergangenheit: "Wir haben von nichts gewusst!"

Dabei konnte, wer wollte, sehr wohl sehen (und wissen).

Aber natürlich werden die Russen vollgeballtert mit Fake-News über den bösen Westen, die kriegerische NATO und Nazis in der Ukraine, die in einem Land, das es ja gar nicht gibt, die einheimische Bevölkerung dermaßen unterdrückt, dass die Menschen jetzt flüchten...

Russische Bomben und Panzer haben damit selbstverständlich nichts zu tun!

Es leuchtet ein, dass Unternehmen einem solchen "Staat" den Rücken kehren. So hart es für die russische Bevölkerung auch werden dürfte: Nur durch einschneidende wirtschaftliche Maßnahmen werden die Menschen vielleicht "erwachen" und den mordlüsternen Tyrannen zum Teufel jagen. Aber eben nur vielleicht.
Nationalismus und Lüge sind nun mal Geschwister.

Sie müssen schon genau lesen Herr Lenz. Hier hat niemand Russland den Rücken gekehrt. Weder IKEA, noch VW, überall steht vorübergehend. Es gibt auch eine Welt ohne IKEA Herr Lenz und da es sich um Verbrauchsgüter handelt wird es auch jemanden geben der Ersatz liefert. Wenn Apple nicht mehr liefert, dann werden halt die Handys von Xiomi gekauft.

Wir sollten in der Debatte zurückkehren und die Gründe für den Angriff auf die Ukraine werten. Die Russen haben Sicherheit verlangt und vom "Westen" keine erhalten. Die Amerikaner haben die Ukraine hochgerüstet und das Militär ausgebildet, um es vor den Russen zu schützen? Was haben die Amerikaner eigentlich in der Ukraine zu suchen? Überall wo die ihre Finger drin haben ist Krieg und das beste ist - die Rechnung zahlen nie die Amerikaner sondern die dummen Europäer. Aber wir haben ja unsere Werte - oder besser gesagt das Geld der Steuerzahler. Sie Herr Lenz interessiert nicht wer die Rechnung zahlt, denn Sie leben von der Umverteilung.

mehr lese ich in Ihrem Kommentar nicht.

Und wie bei anderen Foristen, vermisse ich auch bei Ihnen eine klare Verurteilung des russischen Überfalls auf die Ukraine. Eines Überfalls, der unermessliches menschliches Leid verursacht.

Stattdessen relativieren Sie die konsequente Haltung mancher westlicher Unternehmen. Die werden schon zurückkommen!

Und was haben die Amerikaner in der Ukraine zu suchen? Und die dummen Europäer erst - nur die Zahlmeister.

Das hört sich fast so an, als käme es direkt aus dem Kreml.

Ernst-Günther Konrad | Sa., 5. März 2022 - 18:17

Wenn jemand Putin aufhalten kann, dann ist es die russ. Bevölkerung und ggfls. kriegskritische Politiker und Militärs um Putin herum, wenn es die denn gibt. Bei Krieg hört jedes Verständnis auf. Auch wenn ich noch immer versuche, das Handeln Putins irgendwie zu verstehen. Da kann man viele Für- und Widerargumente hören und darüber nachdenken und dennoch geht es mir in diesem Fall nicht anders als bei den Kriegen der USA auch. Ob Fremdstaaten, wie gerne von der USA bevorzugt von innen heraus destabilisiert werden oder durch offenen Angriffskrieg. Mag es noch so "gute" Gründe geben für die Protagonisten. Gewalt ist kein Mittel zur Konfliktlösung und deshalb gibt es auch keine "guten" Gründe. Und wenn Ikea da auf diese Weise Stellung bezieht ist das in Ordnung. Vielleicht sind das für die Russen erkennbare Vorgänge, die sie überhaupt auf diesen Krieg aufmerksam machen bzw. auf die Folgen mit der Nase drauf stoßen lassen. Nur bei uns lebende Russen auszugrenzen könnte kontraproduktiv sein.

Maximilian Müller | So., 6. März 2022 - 20:35

..zwei mögliche Ergebnisse. Entweder sehen die Russen die wirtschaftlichen Sanktionen als Angriff auf ihre Lebensart und Werte, was zu einer Verschlimmerung des Konfliktes führen wird. Oder sie sehen Putin als Überbringer wirtschaftlichen Abstiegs, was zu Putins Sturz führen wird.

So wie ich Putin einschätze, wird er bei Zweiterem den roten Knopf drücken, weshalb ich die Idee für sehr schlecht halte.

Was sicher nicht passiert ist, dass Putin Schwäche zeigt und die Ukraine dem Westen überlässt. Und was sicher auch nicht passiert ist, dass der Westen zurückrudert.

Meiner Meinung nach hat der Westen mit seinen Sanktionen den Rubikon überschritten.