Braunkohlekraftwerk Jänschwalde
Lieber doch nicht wie geplant 2028 abschalten: das Braunkohlekraftwerk Jänschwalde in der Lausitz / dpa

Abhängigkeit von russischem Erdgas - Die deutsche Klima-Ideologie begünstigt den Krieg in der Ukraine

Wer gleichzeitig Kohle- und Kernkraftwerke abschaltet, wie es von allen Industrienationen ausschließlich Deutschland tut, ist zur Wahrung der Energiesicherheit auf russisches Erdgas angewiesen. Das weiß natürlich auch Wladimir Putin sehr gut, der deshalb Sanktionsdrohungen gelassen entgegensieht. Eine verantwortliche Klima- und Energiepolitik darf erst gar nicht in Abhängigkeiten von Autokraten geraten.

Autoreninfo

Julien Reitzenstein befasst sich als Historiker in Forschung und Lehre mit NS-Verbrechen und Ideologiegeschichte. Als Autor betrachtet er aktuelle politische und gesellschaftliche Entwicklungen.

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Deutschland ist das einzige Industrieland, dessen Regierung glaubt, man könne gleichzeitig Kohle- und Kernkraftwerke abschalten, um den Klimawandel zu verhindern – bei gleichbleibendem Wohlstand des Industriestandortes. Doch zwischen Glauben und Realität besteht ein Unterschied. Wer Politik nach Glaubensgrundsätzen statt nach Evidenz und Notwendigkeit gestaltet, ist Ideologe. Wer Ideologie zum Maßstab für Politik genommen hat, ist untergegangen. Immer. Das lehrt die Geschichte. Die rasche Reduzierung des Ausstoßes von Treibhausgasen zur Reduzierung des Klimawandels in ferner Zukunft ist hingegen keine Ideologie, sondern ökonomische und ökologische Notwendigkeit. Doch nur ehrliche Klimapolitik ist erfolgreiche Klimapolitik: Der Klimaforscher Hans von Storch hat vor kurzem in der Welt darauf hingewiesen, dass die für den Klimawandel verantwortlichen Treibhausgase Jahrzehnte, oft Jahrhunderte brauchen, um aus der Atmosphäre zu verschwinden. Selbst wenn die gesamte Weltbevölkerung ab morgen den Ausstoß von klimaschädlichen Substanzen auf Null drücken würde, wird der Klimawandel für viele Jahrzehnte nicht aufzuhalten sein. Vor allem wird dies nicht durch radikale Maßnahmen in Deutschland zu erreichen sein, das für 2% des weltweiten CO²-Ausstoßes verantwortlich ist. Das Gebot der Stunde sollte also lauten, vorhandene Mittel in Reduktion von Treibhausgasen und gleichermaßen in Schlüsseltechnologien zum Umgang mit den Folgen des Klimawandels zu investieren.

Wenn gleichzeitig fossiler Kraftstoff für Fahrzeuge und für Heizungen durch Elektrizität ersetzt werden soll, muss erklärt werden, wo diese zukünftig verlässlich herkommen soll. Die bisherige Stromproduktion reicht dafür nur bedingt aus, und Ergänzungen durch erneuerbare Energien entwickeln sich zu langsam – gleichzeitig können erneuerbare Energiequellen auf kurzfristige Bedarfsschwankungen nicht so gut reagieren wie Gas-, Kohle- und Kernkraftwerke. In diesem Szenario von Elektrizitätsengpässen gleichzeitig Kohle- und Kernkraftwerke abzuschalten, egal von wem man ersatzweise Energie beziehen muss, zeigt eines deutlich: Der Klimaschutz ist von einer ökonomischen und ökologischen Notwendigkeit zu einer erstarrten, dogmatischen Ideologie verkommen.

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Maria Arenz | Mo., 28. Februar 2022 - 16:22

Deutschland das Fehlen einer "Werte-geleitete" Außenpolitik vorzuwerfen. Deuschland hat halt nur mal wieder anderen Werten Priorität eingeräumt als den vom Verstand geleiteten. Es ist auch nicht richtig, Deutschland jetzt die "Schuld" an Putins Überfall auf die Ukraine zu geben. Wer Kausalität und Schuld zu trennen weiß, sieht aber klar, daß die deutsche "Energiewende" mit ihrem Verzicht auf eine vom Russengas unabghängige Grundlastversorgung conditio sine qua non war für seine Entschieidung. Er ist nämich keineswegs verrückt, hielt es nur für ausgeschlossen, daß ein Industriestaat, der ohne absehbar realistische Alternative zum Russengas geichzeitig aus Atomkraft und Kohle aussteigt, sich noch eine andere "Haltung" leisten kann als -maulend aber letztendlich eben doch -das russische Scheißspiel mitzutragen. In Anlehnung an das Vorbild Maria Theresas bei der polnischen Teilung: "Sie weinte, doch sie nahm".

Enka Hein | Mo., 28. Februar 2022 - 16:31

...frist Hirn.
Neben den 2% (lt. Statistika 1,85%) für die D verantwortlich ist, sollten im gleichen Zug die grossen Emittenten genannt werden.
China 30%, USA 13%,Indien 7%, Russ 4,5%, Japan 3%, Iran 2,1%, D 1,85%, Saudis 1,8%.
Korea , Indonesien, Kanada sind nah dran an uns.
Ich habe das komische Gefühl daß die Grünen mehr rechts sind, als sie es der AFD immer unterstellen.
Diese Weltklimaretter leben anscheinend immer noch in den Grenzen und eroberten Gebieten von 42. Wer Ironie findet darf sie behalten.
Vorschlag. Durch die neuen SMART Stromzähler wäre eine individuelle Stromregelung möglich.
Jeder Bezieher der unbedingt von Windmühlen und Solar Strom kriegen will, wird bei Dunkelflaute vom Netz genommen. Alle anderen, die Realisten die auch Strom aus Kohle oder Kernkraft beziehen will, erhält dann weiterhin Strom.
Dann löffeln auch diejenigen die eigene Suppe aus.
Mal sehen ob dann nicht doch die ein oder andere Synapse mal wieder in den Normalmodus kommt.

Romuald Veselic | Mo., 28. Februar 2022 - 16:59

Antwort auf von Enka Hein

Die Greens wollen alles opfern um ihre Fetische zu retten oder umgestalten, nur sich selbst nicht. Sie können ihre Idee nicht vorleben, ansonsten würden sie untergehen.
Ansonsten, klimabedingt, will ich nicht gerettet werden. Darf ich das? ?

Fr. Hein, ich gestatte mir zu ergänzen LinxGrüne Ideologie Frist Hirn.
Das fängt in den Medien an und hat sich in Regierungen und Staat hineingefressen. Braucht Zeit und Geduld, um den ganzen Saustall auszumisten.

Gerhard Lenz | Mo., 28. Februar 2022 - 16:35

Herr Reitzenstein ist bekanntlich Historiker, seine energiepolitischen Erkenntnisse wie z.b. "der Verzicht der Nutzung der Brückentechnologie Kernkraft" transportieren nicht mehr als seine ganz persönliche Meinung. Ein Ausbau der Kernenergie, damit man sie später "schmerzfreier" wieder abstellen kann, scheint mir eine eigentümlich nachhaltige Investition zu sein.
Er hat aber zweifellos Recht, wenn er die politische Dimension der deutschen Abhängigkeit vom russischen Gas beschreibt. Diese Abhängigkeit ist jedoch nur deswegen verwerflich, weil man den Diktator im Kreml fälschlicherweise als jemanden eingeschätzt hat, der sich den Sitten und Gebräuchen einer zivilisierten Weltordnung unterwirft. Was erkennbar nicht der Fall ist.

Die Naivität gegenüber Putin und der Wunsch nach breit angelegter Energieversorgung, die dazu geführt haben, dass man sich Gas an der falschen Stelle besorgen wollte, haben Deutschland in die Sackgasse geführt.

Aber dadurch wird Kernkraft kein Deut akzeptabler.

Fritz Elvers | Mo., 28. Februar 2022 - 23:01

Antwort auf von Gerhard Lenz

Lieber Herr Lenz,

ich bin davon überzeugt, dass die RF sich nach Putin wieder demokratiesieren wird, im nächste Anlauf. Noch sind übrigens auch die Kommunisten in der Duma stark vertreten, die Putin unterstützen.

Ich behaupte mal, ohne Russland keine Energiewende, da die RF bald Unmengen an grünem Wasserstoff liefern kann, mit Hilfe von gigantischen Gezeitenkraftwerken. Die dort lagernden Rohstoffe und Potentiale werden auch weiterhin von der Menschheit! gebraucht.

Die Putins kommen und gehen, aber Russland bleibt. Mit dessen Bodenschätzen und hochentwickeltem Engineering ist Russland unverzichtbar.

Vorübergehend werden wir auch LNG kaufen können/müssen, wir haben auch bald einen Terminal:

https://www.youtube.com/watch?v=7U7hU8JB5S8

LNG ist aber energetisch viel ungünstiger als Gastransport durch Röhren.

Diese ganze Energiediskussion leidet unter Einseitigkeit und fehlendem Wissen, was ja verständlich ist. Ich arbeite auf diesem Gebiet noch ein paar Jährchen.

Hans Jürgen Wienroth | Mo., 28. Februar 2022 - 16:44

Das ganze ideologische „Lügengebilde“ der klimaneutralen, weil CO²-freien und fälschlicherweise als erneuerbar bezeichneten Energiequellen wird eines nahen Tages zusammenbrechen. Wenn massenweise Windräder den Erdball bedecken und die Luftbewegungen bremsen, was mach das dann mit unserem Klima, das doch von Luftströmungen lebt? Wer erneuert denn den Wind, dem wir mit der Windkraft Energieentziehen? Was geschieht mit der Wärmeerzeugung, in die die Verluste bei der Umwandlung von Luftstrom in el. Energie entstehen, werden die nicht mit der Luft abgeführt?
Wir sind einer großen ideologischen Lüge aufgesessen, die sich nur deshalb halten kann, weil es noch zu wenig Windräder gibt, um die Auswirkungen nicht mehr verbergen zu können.
Bauen wir weiter an unserem Kartenhaus der klimaneutralen Energieerzeugung, bis diese zusammenbricht und wir auf dem Boden der physikalischen Gesetze ankommen.

Romuald Veselic | Mo., 28. Februar 2022 - 16:49

Nichtschwimmer, der ins Wasser gefallen ist.

"Deutschland ist das einzige Industrieland, dessen Regierung glaubt, dass man Klima retten kann." Yahahaha!
Nichts anders als Mein Klimakrampf, um zynisch zu werden.
Und diese manisch-fixe Idee - immer Vorreiter zu sein, eine Art von edlem Ritter zu sein, in allen Belangen. Politisch-ideologischer Voyeurismus.
Wie ich das nicht ausstehen kann, wenn sich Menschen zum Botschafter/Weltretter erklären, denn sie kein Mandat/Ermächtigung besitzen und daran glauben, wenn sie morgens aufstehen, das ihnen die Sonne aus dem Hintern aufgeht.

Sabine Jung | Mo., 28. Februar 2022 - 16:49

um zu begreifen, wie es ist, ohne Strom. Gut, wir die Nutzer sind natürlich auch betroffen, die Betriebe u.s.w. aber dann ist es eh zu spät, die grüne Richtung wurde durchgewunken, die Kohle-und Atomkraftwerke werden nicht wieder angeschaltet. Was abgeschaltet ist, bleibt es auch, sitzen wir doch lieber im Dunkeln. Nun kommt dieser Krieg und der spielt gewaltig auch in das Grünen Manta, weil Gas ist ja auch so umweltschädlich wegen dem Methan. Nord Stream2 ist gecancelt, für Flüssiggas fehlt es noch anjeglicher Infrastruktur. Von wem wollen wir uns dann überhaupt mit dem Flüssiggas anbhängig machen, von den USA oder Katar? Wenn Putin nun den Gashahn zudreht, dann wird es nicht nur dunkel, sondern auch verdammt kalt bei uns.
Ich liebe so das grüne Deutschland.....

ingo Frank | Mo., 28. Februar 2022 - 17:19

Ja, Frau Arenz und Frau Hein ich bin vollkommen bei Ihnen und singe das gleiche Lied. Doch was nützt es? Nichts, nada, nitschewo …. Versuchen sie einen Ochsen ins Horn zu kneifen. Keine Chance. Alles aussichtslos. Andererseits was will man von dem derzeitigen Personal Baerbock & Harbeck oder gar von zukünftigen Personal R. Lang denn verlangen? Ja zugequatscht, ohne Punkt und Komma, aber ohne Substanz. Gehts ans Eingeweckte (Wissen) ist Holland in Not. Und eines können Sie mir glauben, stimmen die Grünen pro Atomenergie und oder Kohle, fliegt sie bei den nächsten Wahlen aus dem BT. Und schon aus dieser Angst heraus, wird das Geeiere mit den Sozen und dem 3. Ampelmännchen (der Name dieser „Wendehalspartei“ ist mir bereits entfallen) noch munter weitergehen, ….. ob wir wollen oder nicht. Leider!
Mit freundlichen Grüßen aus der Erfurter Republik

Manfred Bühring | Mo., 28. Februar 2022 - 17:25

„Staaten haben keine Freunde, sondern nur Interessen“ (de Gaulle).
Das sollte man wissen, wenn man Außenpolitik beurteilt. Wenn denn die neue deutsche Außenpolitik wertegeleitet sein sollte, dürften selbstverständlich keine Geschäfte mit den arabischen Steinzeitislam-Ländern getätigt werden. Also kein Flüssiggas aus Katar, einem Emirat, in dem Frauen gesteinigt und Männer enthauptet werden. Und an einer Fußball-WM dürfte man schon gar nicht teilnehmen.
Wie man sieht, kann eine sog. „wertegeleitete“ Außen- und Wirtschaftspolitik nicht funktionieren, genauso wenig, wie eine moralgeleitete Energiepolitik nicht funktioniert. „Ich mach mir die Welt - wie sie mir gefällt“ übersteht den Faktencheck Realität eben nicht.

gabriele bondzio | Mo., 28. Februar 2022 - 17:41

beharrlich auf Flüssiggasterminals, wie sie die meisten anderen EU-Staaten gebaut haben – denn sie lindern die Abhängigkeit von nur einem Gaslieferanten, den russischen Pipelines."

Da habe ich mal eine Frage, Herr Reitzenstein.

Warum verzichtet Biden (USA ist Hauptlieferant) auf keinen Tropfen Erdöl bzw. Erdgas aus Russland?
Und schickt uns in seiner "unendlichen Großzügigkeit" und weit, weit übers Meer. Das so mühsam der Umwelt abgerungene und wegen Transport nach Europa, ....verflüssigte Gas?

Er könnte es doch ebenso selbst verbrauchen und Russland die Zunge raus strecken.

Und was ist, wenn er(bzw. Nachfolger) mal nicht so will, wie wir wollen?

Einen Vorschlag hätte ich auch noch für grüne Politik.
Warum nicht Heimtrainer kostenlos verteilen und durch Dauertrampeln künftig Strom erzeugen.
Das hebt zudem noch die Gesundheit der Bevölkerung allgemein.

Hein- Trainer?
Reichen denn die hoch subventionierten Lastenfahrräder nicht aus? Ein grüner Intschenör erfindet bestimmt noch einen Akku, der dann noch beim Wochenendausflug mit der Familie sorry Familie* Innendien? mit geladen wird damit die elektrische Saftpresse wenigstens noch funktioniert.
Ach Frau Bondzio wenn’s nur nicht so ernst wäre ……
Mit freundlichen Grüßen aus der Erfurter Republik

Bernhard Kaiser | Mo., 28. Februar 2022 - 20:04

"Man kann kein Omelett backen, ohne ein Ei zu zerbrechen. Und: Es muss eine Klimapolitik geben, in der Abhängigkeiten von Demokratiefeinden – ob bei der Rohstoffgewinnung im Kongo für die E-Mobilität oder bei Gaslieferungen – gar nicht erst entstehen." Und wie soll das gehen?! Öl und Gas nur noch aus Norwegen und GB oder "umweltfreundliches" Fracking Öl und Gas aus den USA?! Oder doch den Atomstrom aus Frankreich?!

Urban Will | Mo., 28. Februar 2022 - 20:28

neben dem Migrations – Irrsinn, Jahrhundertfehler Energiepolitik in Deutschland.
Gestern bei Will waren sich Lindner und Röttgen nicht mal zu blöde, zu behaupten, die nach wie vor aus Russland (gewiss nicht für Rubel oder Hühnereier) bezogenen Energieträger seien ein „Machtfaktor“ D's gegenüber Russland.
Das war Realsatire, wie vieles andere auch in dieser Sendung.

Aber es ist längst common sense im links – grün durchseuchten D der Gegenwart. Für die „gute Sache“ ist kein Opfer zu viel, der sind solche Dinge wie Auftragsmorde oder so ein Krieg in der Ukraine dann doch Nebensächlichkeiten.
Hauptsache, man schaltet bald das letzte AKW ab und rettet das Weltklima.
Ich nannte die deutsche Regierung schon woanders ein Risikofaktor und wiederhole mich hier.
Hätte sie nicht die fast gesamte Medienwelt hinter sich, wäre sie jetzt schon Geschichte.

Aber auch Lindner hat gemerkt, wie leicht es sich doch pfuschen und lügen lässt, wenn die vierte Gewalt hinter einem steht.